Werbung für Medizinprodukte mit wissenschaftlich nicht gesicherten Wirkungsaussagen ist irreführend

19. Dezember 2016
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Stethoskop und Medikamente liegen auf einem hellblauen Hintergrund. Daneben liegt ein weißer Zettel mit der Aufschrift „DIAGNOSIS PLACEBO EFFECT“ Urteil des LG München I vom 11.04.2016, Az.: 4 HK O 11063/13

Wer im geschäftlichen Verkehr im Medizinbereich mit wissenschaftlich nicht gesicherten Wirkungsaussagen wirbt, ist für die Richtigkeit seiner Aussagen darlegungs- und beweispflichtig. Fehlen, wie bei der Bioresonanztherapie, objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten und hängt der Wirksamkeitsnachweis allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfindens des Probanden ab, so ist für den Wirksamkeitsnachweis grundsätzlich die Vorlage einer placebokontrollierten Doppelblindstudie erforderlich.

Landgericht München I

Urteil vom 11.04.2016

Az.: 4 HK O 11063/13

Tenor

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Beklagten,

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr für eine Bioresonanztherapie, insbesondere für eine Bioresonanztherapie mit dem Gerätesystem „…® …“, zu werben:

1. „… die Folgeprogramme … führen auch schneller zum Behandlungserfolg“;

2. „Aufgrund der markanten Therapieerfolge sind wir der Meinung, dass sich das Gerät … das Prädikat ‚sehr gut‘ verdient hat“,

3. „Es ist wirklich eine neue Generation … zur Optimierung der Behandlung … sowie zur Verbesserung der Therapieerfolge …“

4. „Oft kann man bereits während einer einzigen Therapie Veränderungen wahrnehmen. So zum Beispiel auch bei einer Patientin, die schon seit Jahren wegen Problemen aufgrund einer Infektion mit dem Eppstein-Barr-Virus bei den verschiedensten Therapeuten in Behandlung war. Als sie zu mir in die Praxis kam therapierte ich sie mit der Programmkette ‚Schockbehandlung‘ … Schon während der Behandlung veränderte sich ihr Aussehen, sie sah viel besser aus. Außerdem hatte sie nach der Therapie wesentlich mehr Energie und ist viel stabiler geworden“.

5. „Einer anderen Patientin … wurde vor eineinhalb Jahren eine Niere entfernt. Danach hatte sie einen Darmverschluss und wurde ein weiteres Mal operiert. Während der OP erlitt sie einen Schock. Hinzu kam eine Lungenembolie. Seit dieser OP litt sie unter Atembeschwerden und Asthma. Ihr Gesamtzustand war sehr schlecht, sie konnte fast nicht mehr gehen und nicht mehr arbeiten. Sie war bei diversen Ärzten und auch bei einem Lungenspezialisten in Behandlung. Aber keiner konnte helfen. Als sie zu mir in die Praxis kam, arbeitete ich noch mit meinem alten … Gerät. Ich habe sie über einen längeren Zeitraum damit behandelt, es ging ihr zwar etwas besser, aber einen richtigen Durchbruch habe ich nicht geschafft. Dann habe ich sie 4-5-mal mit dem Optima behandelt und es trat eine erstaunliche Besserung ein. Sie bekommt wesentlich leichter Luft, kann wieder besser gehen und ist insgesamt viel belastbarer geworden“,

6. „… ‚Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger‘. Ich habe festgestellt, dass sich der Behandlungserfolg deutlich schneller einstellt, wenn ich dieses Programm zusätzlich zur Ausleitung von Bakterien oder Pilzen einsetze“,

7. „Größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“,

8. „Durch den Einsatz der Tiefstfrequenzen und durch den 2. Kanal … beobachte ich größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“,

9. „Grippe

Ende letzten Jahres behandelte ich zum Beispiel eine Patientin mit sehr starken Grippesymptomen. Die Patientin war überzeugt, dass sie an Schweinegrippe litt. Nachdem ich sie mit dem neuen Grundprogramm … therapiert hatte, testete ich folgende Programme aus und applizierte diese:

Programmkette … (Grippe) Programmkette …

(Infektanfälligkeit), Tiefstfrequenzprogramm …

(Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger).

Am übernächsten Tag rief mich diese Patientin an und sagte wortwörtlich: ‚So gut wie jetzt ging es mir nicht mal vor der Schweinegrippe!‘ Sie musste kein zweites Mal behandelt werden“

10. „Ein … Patient litt seit vier Jahren unter starken Schmerzen aufgrund eines Tennisarmes. Er war es leid, von Orthopäden, Neurochirurgen und Neurologen zu hören: ‚Wir können nur noch operieren und spritzen‘. Zum Glück erfuhr er von der Bioresonanz und kam in meine Praxis. Wir applizierten eine Grundtherapie … sowie die Programmketten …, ‚Tennisarm‘ und … ‚Ellenbogengelenk-Beschwerden‘ … Im Kanal 2 ließ ich die ‚Stabilisierungsampullen Gelenke klein + groß‘ … mitlaufen und speicherte die gesamte Therapie auf einem Chip ab, den er sich auf die schmerzende Stelle am Arm klebte. Direkt nach der ersten Behandlung hatte er Schmerzen – für mich ein Zeichen, dass die Regulation in Gang gekommen war. Insgesamt benötigte er drei Behandlungen. Seitdem sind die Schmerzen komplett weg und er kann den Arm wieder ganz normal belasten“

11. „Im Bereich ‚Gelenke‘ kann man mit dem … Optima innerhalb kurzer Zeit sehr große Erfolge erreichen“,

12. „Wie … erwähnt, gibt es beim Optima manchmal intensive Reaktionen während der Behandlung und die Patienten merken, dass sich etwas tut. Und das finden sie richtig gut. Es passiert wirklich jeden Tag was Tolles mit dem … Optima. Man kann so viel erreichen – man muss es nur tun“,

13. „… Heilpraktiker

‚Ich habe Erfolge, dass es kracht …‘

Diese Aussage habe ich vor kurzem in Bezug auf das … Optima gemacht – und es ist definitiv so“,

14. „… ich kann z. B. sagen: ‚Ich will die Therapie auf der Leber haben‘ und in Kanal 2 zum Beispiel die Leberampulle aus dem 5-E-Testkasten und ein Lebermittel geben, während zeitgleich die Therapie mit körpereigenen Frequenzmustern läuft und so gleichzeitig die Entgiftung der Leber fördern“,

15. „Es gibt weniger ‚Entgleisungen‘. Wenn man zum Beispiel (zu) viele Schwermetalle auf einmal ausleitet, kann es meiner Erfahrung nach mit dem … 2000 schon mal vorkommen, dass es dem Patienten ziemlich zu schaffen macht. Das erlebe ich mit dem … Optima überhaut nicht“,

16. „Mit dem … Optima bin ich definitiv schneller, erfolgreicher und ich benötige weniger Behandlungen“,

jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage K 1 wiedergegeben.

II.

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger € 166,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.06.2013 zu zahlen.

III.

Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits.

IV.

Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 50.000,-, im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt die Unterlassung der Werbung für ein Gerätesystem, mit dem Bioresonanztherpie betrieben wird.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, ist Herausgeberin des als Anlage K 1 vorgelegten Flyers, auf dem sich die vom Kläger angegriffenen streitgegenständlichen Aussagen befinden.

Diese waren bereits Gegenstand der am 04.04.2013 erlassenen, als Anlage K 2 vorgelegten einstweiligen Verfügung.

Der Kläger trägt vor, ihm gehörten – wie sich aus der als Anlage K 9 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ergebe – alle diejenigen Mitglieder an, die in der als Anlage K 8 vorgelegten Liste aufgeführt seien. Er sei deshalb klagebefugt.

Der Kläger habe von der Broschüre gemäß Anlage K 1 dadurch Kenntnis erlangt, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers diese am 08. März 2013 an den Kläger übergeben habe. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers habe das Flugblatt am Vortag in einer Physiotherapie-Praxis in Berlin-Lichterfelde beim Warten auf einen Termin am schwarzen Brett entdeckt.

Wie sich aus dem als Anlage K 4 vorgelegten Auszug aus dem „Handbuch Die andere Medizin“ und dem als Anlage K 5 vorgelegten Auszug aus dem „Wörterbuch Naturheilkunde und alternative Heilverfahren“ ergebe, handle es sich bei der Bioresonanztherapie um ein wissenschaftlich nicht belegtes Verfahren. Auch aus dem als Anlage K 6 vorgelegten Auszug aus dem Lexikon der Parawissenschaften ergebe sich, dass bereits das Grundprinzip des Bioresonanztherapieverfahrens, nämlich das Verbringen angeblicher körpereigener pathologischer Schwingungen in ein Gerät, wo die Schwingungen dann zum Gesunden hin verändert werden sollen, in keiner Weise bestätigt werden konnten und dass die Methode unsinnig und wegen fehlenden Wirkungsnachweises ungeeignet sei. Sämtliche in den Anträgen angegriffenen Behauptungen fehle die notwendige Tatsachengrundlage zu einem Wirksamkeitsnachweis. Die Werbung sei daher zur Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet und gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 MPG zu unterlassen.

Der Kläger stellt folgende Anträge:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Beklagten,

zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr für eine Bioresonanztherapie, insbesondere für eine Bioresonanztherapie mit dem Gerätesystem „…® …“, zu werben:

1 „… die Folgeprogramme … führen auch schneller zum Behandlungserfolg“

2. „Aufgrund der markanten Therapieerfolge sind wir der Meinung, dass sich das Gerät … das Prädikat ‚sehr gut‘ verdient hat“,

3. „Es ist wirklich eine neue Generation … zur Optimierung der Behandlung … sowie zur Verbesserung der Therapieerfolge …“

4. „Oft kann man bereits während einer einzigen Therapie Veränderungen wahrnehmen. So zum Beispiel auch bei einer Patientin, die schon seit Jahren wegen Problemen aufgrund einer Infektion mit dem Eppstein-Barr-Virus bei den verschiedensten Therapeuten in Behandlung war. Als sie zu mir in die Praxis kam therapierte ich sie mit der Programmkette ‚Schockbehandlung‘ … Schon während der Behandlung veränderte sich ihr Aussehen, sie sah viel besser aus. Außerdem hatte sie nach der Therapie wesentlich mehr Energie und ist viel stabiler geworden“.

5. „Einer anderen Patientin … wurde vor eineinhalb Jahren eine Niere entfernt. Danach hatte sie einen Darmverschluss und wurde ein weiteres Mal operiert. Während der OP erlitt sie einen Schock. Hinzu kam eine Lungenembolie. Seit dieser OP litt sie unter Atembeschwerden und Asthma. Ihr Gesamtzustand war sehr schlecht, sie konnte fast nicht mehr gehen und nicht mehr arbeiten. Sie war bei diversen Ärzten und auch bei einem Lungenspezialisten in Behandlung. Aber keiner konnte helfen. Als sie zu mir in die Praxis kam, arbeitete ich noch mit meinem alten … Gerät. Ich habe sie über einen längeren Zeitraum damit behandelt, es ging ihr zwar etwas besser, aber einen richtigen Durchbruch habe ich nicht geschafft. Dann habe ich sie 4-5-mal mit dem Optima behandelt und es trat eine erstaunliche Besserung ein. Sie bekommt wesentlich leichter Luft, kann wieder besser gehen und ist insgesamt viel belastbarer geworden“,

6. „… ‚Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger‘. Ich habe festgestellt, dass sich der Behandlungserfolg deutlich schneller einstellt, wenn ich dieses Programm zusätzlich zur Ausleitung von Bakterien oder Pilzen einsetze“,

7. „Größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“,

8. „Durch den Einsatz der Tiefstfrequenzen und durch den 2. Kanal … beobachte ich größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“,

9. „Grippe

Ende letzten Jahres behandelte ich zum Beispiel eine Patientin mit sehr starken Grippesymptomen. Die Patientin war überzeugt, dass sie an Schweinegrippe litt. Nachdem ich sie mit dem neuen Grundprogramm … therapiert hatte, testete ich folgende Programme aus und applizierte diese:

Programmkette … (Grippe) Programmkette …

(Infektanfälligkeit), Tiefstfrequenzprogramm …

(Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger).

Am übernächsten Tag rief mich diese Patientin an und sagte wortwörtlich: ‚So gut wie jetzt ging es mir nicht mal vor der Schweinegrippe!‘ Sie musste kein zweites Mal behandelt werden“

10. „Ein … Patient litt seit vier Jahren unter starken Schmerzen aufgrund eines Tennisarmes. Er war es leid, von Orthopäden, Neurochirurgen und Neurologen zu hören: ‚Wir können nur noch operieren und spritzen‘. Zum Glück erfuhr er von der Bioresonanz und kam in meine Praxis. Wir applizierten eine Grundtherapie … sowie die Programmketten …, ‚Tennisarm‘ und … ‚Ellenbogengelenk-Beschwerden‘ … Im Kanal 2 ließ ich die ‚Stabilisierungsampullen Gelenke klein + groß‘ … mitlaufen und speicherte die gesamte Therapie auf einem Chip ab, den er sich auf die schmerzende Stelle am Arm klebte. Direkt nach der ersten Behandlung hatte er Schmerzen – für mich ein Zeichen, dass die Regulation in Gang gekommen war. Insgesamt benötigte er drei Behandlungen. Seitdem sind die Schmerzen komplett weg und er kann den Arm wieder ganz normal belasten“

11. „Im Bereich ‚Gelenke‘ kann man mit dem … Optima innerhalb kurzer Zeit sehr große Erfolge erreichen“,

12. „Wie … erwähnt, gibt es beim Optima manchmal intensive Reaktionen während der Behandlung und die Patienten merken, dass sich etwas tut. Und das finden sie richtig gut. Es passiert wirklich jeden Tag was Tolles mit dem … Optima. Man kann so viel erreichen – man muss es nur tun“,

13 „… Heilpraktiker

‚Ich habe Erfolge, dass es kracht …‘

Diese Aussage habe ich vor kurzem in Bezug auf das … Optima gemacht – und es ist definitiv so“,

14. „… ich kann z. B. sagen: ‚Ich will die Therapie auf der Leber haben‘ und in Kanal 2 zum Beispiel die Leberampulle aus dem 5-E-Testkasten und ein Lebermittel geben, während zeitgleich die Therapie mit körpereigenen Frequenzmustern läuft und so gleichzeitig die Entgiftung der Leber fördern“,

15. „Es gibt weniger ‚Entgleisungen‘. Wenn man zum Beispiel (zu) viele Schwermetalle auf einmal ausleitet, kann es meiner Erfahrung nach mit dem … 2000 schon mal vorkommen, dass es dem Patienten ziemlich zu schaffen macht. Das erlebe ich mit dem … Optima überhaut nicht“,

16. „Mit dem … Optima bin ich definitiv schneller, erfolgreicher und ich benötige weniger Behandlungen“,

jeweils sofern dies geschieht, wie in Anlage K 1 wiedergegeben.

II.

Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger € 166,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen:

Klageabweisung.

Sie bestreiten die Klagebefugnis des Klägers. Insbesondere werde bestritten, dass der Kläger eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden als Mitglieder habe, die Medizinprodukte vertreiben, die mit dem von der Beklagten hergestellten und vertriebenen …-Gerät vergleichbar seien. Darüber hinaus werde bestritten, dass der Kläger personell, sachlich und finanziell in der Lage sei, seinen satzungsgemäßen Aufgaben wahrzunehmen. Vielmehr seiner Kläger personell, sachlich und finanziell ein Anhängsel der Rechtsanwaltskanzlei …. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers für das Jahr 2004 habe der Kläger in jenem Jahr 49% der sich auf insgesamt 442.123,65 € belaufenden Erträge aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit für „Anwälte“ aufgewendet.

Nach der Gewinn- und Verlustrechnung des Klägers für das 2005 hätten die dort geleisteten Anwaltskosten 245.098,97 € betragen. Diese Tatsachen würden belegen, dass der klagende Verband lediglich ein gut organisierter Dienstleistungsbetrieb zur Unterstützung der Rechtsanwälte … sei (Beweisangebot für beide Behauptungen: Frau … als Zeugin).

Darüber hinaus sei die Geltendmachung der Klageansprüche rechtsmissbräuchlich, da es dem Kläger nur darum gehe, die Beklagten zu behindern, er Rechtsverstöße eigener Mitglieder dulde und er letztendlich nur Werkzeug oder Handlanger eines Dritten sei.

Auch werde die Einrede der Verjährung erhoben. Die streitgegenständliche Broschüre sei mehrere Wochen vor dem 11.04.2013 (hierbei handelt es sich wohl um ein Versehen beim Vortrag der Beklagten) gedruckt und jedenfalls vor dem 11.04.2010 versandt worden. Sie sei nur ein einziges Mal verschickt worden, und zwar an Kunden, die bereits ein …-Gerät besessen hätten (Beweisangebot Zeuge F. M.). Wenn die Behauptung des Klägers, wonach der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 07.03.2013 in einer Physiotherapiepraxis in … beim Warten auf einen Termin die Broschüre am schwarzen Brett gesehen haben wolle, zutreffe, so sei dieses Aushängen nicht der Beklagten als Wettbewerbshandlung zuzurechnen. Es sei darüber hinaus von Vornherein höchst unwahrscheinlich, dass eine solche Broschüre drei Jahre lang an einem schwarzen Brett hängen solle, ohne dass sie von jemandem abgenommen werde.

Im Übrigen sei die Broschüre der Beklagten nicht irreführend i. S. v. § 3 HWG. Da sich die streitgegenständliche Broschüre allein an die relativ kleine und hoch spezialisierte Gruppe von niedergelassenen Ärzten richte, die dem … Optima vorangehende Version des … 2000 erworben hätten und in ihrer ärztlichen Praxis verwendeten, sei bei Ermittlung der Verkehrsauffassung auch alleine auf diese abzustellen.

Der Kläger müsse für eine schlüssige und substantiierte Begründung seiner Klage für jede einzelne und angegriffene Behauptung konkret darlegen, wie ein …-Bioresonanztherapeut, der sei Jahren mit dem …-Gerät in seiner Praxis arbeite, durch die Berichte in der Broschüre irregeführt werde.

Wie sich aus Seite 67 bis 96 des Schriftsatzes vom 15.08.2013 und den hiermit vorgelegten Unterlagen ergebe, seien sämtliche der angegriffenen Angaben, soweit es sich überhaupt um Wirkungsangaben oder Wirksamkeitsangaben i. S. v. § 3 HWG handle, wahrheitsgemäß und gerechtfertigt. Aus den als Anlagen B 7 bis B 10 vorgelegten Gutachten ergebe sich, dass und wie die Bioresonanztherapie wirke. Gleiches gelte für die als Anlagen B 87 bis B 94 vorgelegten medizinischen Veröffentlichungen aus China.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 23.06.2014 durch Einvernahme der Zeugen … und ….

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.01.2015 (Bl. 148/151 d. A.) Bezug genommen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet, da dem Kläger die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 4 Nr. 11 UWG i. V. m. § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MPG zusteht und deshalb auch ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Abmahnkosten aus § 12 Abs. 2 UWG besteht.

Im einzelnen gilt folgendes:

1. Klagebefugnis

Die Einvernahme der Zeugin … hat ergeben, dass die Liste gemäß Anlage K 8 von einer Mitarbeiterin des Verbandes unter ihrer Anleitung und Kontrolle erstellt und ständig fortgeschrieben wird.

In der Liste gemäß Anlage K 8 sind unter der Rubrik „Gesundheitswesen/Dienstleistungen“ auf Seiten 6 bis 23 zahlreiche Medizintechnikfirmen aufgeführt, aus deren Mitgliedschaft der Kläger seine Klagebefugnis im Hinblick auf die Beklagten ableiten kann. Dass diese nicht dieselben Geräte wie die Beklagten vertreiben, liegt auf der Hand, ändert jedoch nichts daran, dass dem Kläger zahlreiche Firmen angehören, die durch den Vertrieb von Medizinprodukten im unmittelbaren Wettbewerb zur Beklagten zu 1) stehen.

Der Einwand der Beklagten, aus dem unter Beweis gestellten Vortrag zu den Anlagen B 4 und B 5 ergebe sich, dass der Kläger nicht über die ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung verfüge sondern lediglich ein Anhängsel der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers sei, verfängt schon deshalb nicht, weil diese Anlagen die Jahre 2004 und 2005 betreffen und sich hieraus nichts ableiten lässt für den Zeitpunkt der Abmahnung im Jahr 2013.

2. Rechtsmissbrauch

Die Kammer kann nicht erkennen, dass der Kläger mit der Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt, und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. hierzu BGH GRUR 2001, 260, 261 – Vielfachabmahner).

Dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers den von der Beklagten zu 1) vertriebenen Geräten jegliche Wirkung abspricht und dies teilweise recht plakativ und salopp formuliert, lässt allenfalls darauf schließen, dass der Kläger sein Ziel, die streitgegenständlichen Behauptungen zu verbieten, relativ vehement verfolgt, nicht jedoch darauf, dass es dem Kläger darum ginge, die Beklagten zu behindern oder dass er lediglich Werkzeug oder Handlanger eines Dritten sei.

3. Unterlassungsanspruch aus § 11 Nr. 4 UWG i. V. m. § 4 Abs. 2 MPG:

a. Gemäß § 4 Abs. 2 MPG ist es verboten, Medizinprodukte in den Verkehr zu bringen, wenn sie mit irreführender Bezeichnung, Angaben oder Aufmachung versehen sind. Dabei liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn Medizinprodukten eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht haben oder fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann.

Dabei hat derjenige, der im geschäftlichen Verkehr im Medizinbereich mit Wirkungsaussagen Werbung treibt, die wissenschaftlich ungesichert sind, darzulegen und zu beweisen, dass seine Angaben zutreffend und richtig sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH GRUR 2009, 75 – Priorin, m. w. N.).

In Fällen, in denen objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfinden des Probanden abhängt, ist grundsätzlich zum Wirksamkeitsnachweis die Vorlage einer placebokontrollierten Doppelblindstudie erforderlich. Nach der Rechtsprechung des BGH ist bei der Bewerbung von Mitteln, bei denen objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfinden des Probanden abhängt, eine mittelbare Gesundheitsgefährdung dadurch gegeben, dass eine Placebowirkung des Präparats den Patienten einen unzutreffenden Eindruck vom Voranschreiten des Grundleidens vermittelt und ihn dadurch davon abhält, sich rechtzeitig in ärztliche Behandlung zu begeben. Der Nachweis, dass von dem Mittel keine solche die Gesundheit schädigende oder zumindest gefährdende Wirkung ausgeht, kann nach der Natur der Sache allein durch eine randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie erbracht werden (BGH Urteil vom 15.03.2012 – 1 ZR 44/11-ARTROSTAR COMPACT m. w. N.).

Diese Rechtsprechung lässt sich nach Auffassung der Kammer auch auf das von den Beklagten beworbene …-Gerät und die angegriffenen Werbeaussagen übertragen.

Die angegriffenen Werbepassagen betreffen, soweit sie nicht sowieso sehr generell gehalten werden (z. B. die Behauptungen „führen auch schneller zum Behandlungserfolg“, „markante Therapieerfolge“, „zum Verbessern der Therapieerfolge“, „größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“, „ich habe Erfolge, dass es kracht“, „mit dem … Optima bin ich definitiv schneller, erfolgreicher und ich benötige weniger Behandlungen“) Leiden, bei denen alleine auf das subjektive Empfinden des Probanden abgestellt wird und keine objektiv messbaren organischen Befundmöglichkeiten zur Verfügung stehen. So wird damit geworben, dass eine Patientin mit Eppstein-Barr-Virus schon während der Behandlung viel besser aussah und mehr Energie hatte sowie stabiler geworden war, eine Patientin mit einer entfernten Niere und einem Darmverschluss nach der Behandlung mit dem …-Gerät erstaunlich leichter Luft bekam, sich ein Behandlungserfolg bei Belastung durch Erreger deutlich schneller einstellt, eine Patientin mit Grippesymptomen sich nach der Behandlung deutlich besser fühlte, Schmerzen eines Tennisarmes komplett weg waren und damit, dass die Behandlung mit dem …-Gerät die Entgiftung der Leber fördert und man mit ihnen Schwermetalle ausleiten kann. All dies sind Wirksamkeitsverprechen, bei denen objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfinden des Probanden abhängt. Diese Wirksamkeitsversprechen bergen eine mittelbare Gesundheitsgefährdung dadurch, dass sie durch eine Placebowirkung der Behandlung dem Patienten einen unzutreffenden Eindruck vom Voranschreiten des Grundleidens vermitteln und ihn dadurch davon abhalten, sich rechtzeitig in anderweitige ärztliche Behandlung zu begeben, um dieses Grundleiden nicht nur symptomatisch sonder kurativ behandeln zu lassen. Der Nachweis, dass von einer solchen Behandlung keine solche die gesundheitsschädigende oder zumindest gefährdende Wirkung ausgeht, kann nach der Natur der Sache allein durch eine randomisierte placebokontrollierte Doppelblindstudie erbracht werden.

Die diesbezüglich darlegungs- und beweisbelastete Beklagten haben jedoch weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass es sich bei den von ihr vorgelegten Gutachten und Befundberichten um randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien handelt.

b. Auch der Einwand der Beklagten, eine Irreführung liege schon deshalb nicht vor, weil sich die angegriffene Broschüre lediglich an …-Therapeuten wende, verfängt nicht.

Zum einen kann der Broschüre in keinerlei Hinsicht entnommen werden, dass diese lediglich für Therapeuten bestimmt war. Die Tatsache, dass sie ganz offensichtlich nicht nur einmal sondern in mehrfacher Ausfertigung an Therapeuten versendet wurde mit der Folge, dass sie (an welcher Stelle auch immer) in der Praxis des Physiotherapeuten, die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers aufgesucht wurde, auslag, spricht vielmehr dafür, dass es sich um eine allgemeine Werbebroschüre handelte, die nicht nur von Therapeuten sondern auch von Patienten zur Kenntnis genommen werden sollte. Die dort niedergelegten Wirksamkeitsversprechen richten sich daher nicht nur an …-Therapeuten, sondern auch an Patienten, zu denen auch die Mitglieder der Kammer gehören.

Zum anderen sind nach § 4 Abs. 2 MPG nicht nur diejenigen Angaben irreführend, die sich an mutmaßliche Patienten wenden, sondern – sofern sie wie hier eine Leistung beigelegt wird, die sie nicht nachweislich haben, auch dann unzulässig, wenn die irreführenden Bezeichnungen gegenüber Ärzten oder Therapeuten verwendet werden.

c. Auch wenn die unter Klageantrag I. 1., 2., 3., 7., 8, 10, 13 und 16 angegriffenen Aussagen lediglich von allgemeiner Bedeutung sind und keine spezielle Krankheit bzw. Wirksamkeit betreffen, sind sie nach Auffassung der Kammer dadurch, dass sie im unmittelbaren Zusammenhang mit den übrigen Wirksamkeitsverprechen benutzt werden, wie in der Anlage K 1 geschehen, unzulässig, weil sie gegen § 4 Abs. 2 MPG verstoßen.

4. Passivlegitimation

Die Klageanträge sind, obwohl in Klageantrag I. und II. ausdrücklich nur „die Beklagte“ steht, dahingehend auszulegen, dass sie sich gegen sämtliche drei Beklagten richten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass in der Klageschrift nicht nur die Beklagte zu 1) sondern auch deren Geschäftsführer, die Beklagte zu 2) und zu 3) genannt sind und aus der Tatsache, dass im folgenden im Fließtext der Klageschrift jeweils von „die Beklagten“ die Rede ist.

Sind mehrere nebeneinander für einen Wettbewerbsverstoß verantwortlich, z. B. der GmbH-Geschäftsführer neben der GmbH, so steht es dem Gläubiger grundsätzlich frei, ob er gegen alle oder nur einzelne Verantwortliche vorgeht (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm, 34. Aufl., Rz. 2.30 zu § 8 UWG m. w. N.).

5. Verjährung

Die durchgeführte Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Zeuge … im März 2013 in einer Physiotherapiepraxis war, in der er das streitgegenständliche Flugblatt mitgenommen hat. Da er es erst nach diesem Zeitpunkt einem Mitarbeiter des Klägers übergeben konnte steht fest, dass die Klageforderung zum Zeitpunkt der Einreichung der Klageschrift vom 16. Mai 2013 noch nicht verjährt war.

Der Klage war daher in vollem Umfang mit der Kostenfolge des § 91 ZPO stattzugeben.

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