Fernabsatzvertäge und das Werben mit einer Garantie

14. November 2016
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weiße Würfel mit der Aufschrift Garantie Urteil des OLG Hamm vom 25.08.2016, Az.: 4 U 1/16

Wird in einem Online-Handel mit dem Bestehen einer Garantie geworben, so muss der Unternehmer den Verbraucher noch vor Vertragsschluss über die weiteren Bedingungen informieren. Der pauschale Hinweis „5 Jahre Garantie“ genügt demnach nicht. Zwar wird der Verbraucher über das Bestehen einer Garantie informiert, weitere Informationen über die Ausgestaltung bleiben ihm jedoch verwehrt. Gerade bei Angeboten klassischer Onlineshops wie auch bei Angeboten auf sonstigen Internetmarktplätzen wird der Verbraucher regelmäßig nicht mehr rechtzeitig, d.h. vorvertraglich, über die Bedingungen unterrichtet werden können. Denn in diesen Fällen gibt der Unternehmer eine bindende Erklärung regelmäßig erst ab, nachdem der Verbraucher bereits seine Bestellung aufgegeben und damit ein bindendes Vertragsangebot abgegeben hat. Eine rechtzeitige Vorabinformation ist naturgemäß ausgeschlossen.

Oberlandesgericht Hamm

Urteil vom 25.08.2016

Az.: 4 U 1/16

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 05. November 2016 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung, soweit sie zur Unterlassung verurteilt worden ist, durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

A.

Die Klägerin handelt mit Fahrrädern und Zubehör im Rahmen eines stationären Einzelhandelsgeschäfts und im Internet auf ihrer Website „www.#####.de“.

Die Beklagte handelt ebenfalls mit Waren aus dem Bereich des Radsports. Sie bot am 12.05.2015 auf der Handelsplattform H eine „U Damen, Herren Fahrradhalterung“ zum Kauf an. In der Produktbeschreibung findet sich der im weiteren Angebot nicht näher erläuterte Zusatz „5 Jahre Garantie“ (Anlage HKMW1 – Bl. 28 ff. der Akten).

Die Klägerin mahnte die Beklagte deshalb mit Schreiben vom 12.05.2015 ab (Anlage HKMW2 – Bl. 33 ff. der Akten) und forderte sie letztlich erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterwerfungserklärung auf.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte handle wettbewerbswidrig, wenn sie in ihrem Angebot mit dem Zusatz „fünf Jahre Garantie“ werbe. Denn sie mache entgegen § 477 BGB keine Angaben zu Art und Inhalt der gewährten Garantie, weise nicht darauf hin, dass die gesetzlichen Gewährleistungsrechte durch diese Garantie nicht beeinträchtigt würden und gebe schließlich nicht an, gegenüber wem und in welchem Geltungsbereich diese Garantie geltend zu machen sei. Dies sei gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 7 UWG wettbewerbswidrig. Der Gesetzgeber habe zudem nunmehr in Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU) ergänzend in Art. 246 § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EGBGB vorgeschrieben, dass der Verbraucher rechtzeitig, und zwar gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB vor Abgabe seiner Vertragserklärung über die Bedingung für Garantien in klarer und unverständlicher Weise zu informieren sei. Da die Beklagte hiermit gemeinschaftsrechtlich begründete Informationspflichten im Sinne des § 5a Abs. 4 UWG verletze, liege eine spürbare Beeinträchtigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG vor.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen,

1. unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,– €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, jedoch insgesamt aufgrund dieser Verfügung Ordnungshaft von höchstens zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Bereich des Handels mit Radsport und Radsportzubehör Waren unter Hinweis auf Garantien anzubieten, ohne hierbei einen Hinweis auf die gesetzlichen Gewährleistungsrechte des Verbrauchers sowie darauf, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden, zu erteilen und/oder ohne den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, insbesondere den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers mitzuteilen, wie am 12.05.2015 auf der Handelsplattform H im Angebot ASIN B007FOGCZ6 „U Damen, Herren Fahrradhalterung“ und aus der Anlage HKMW 1 ersichtlich, mit den Worten: „5 Jahre Garantie“, geschehen,

2. die Klägerin von auf dieses Verfahren nicht anzurechnende Anwaltskosten für die Abmahnung Anlage HKMW 2 in Höhe von 580,95 € freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass schon kein Lauterkeitsverstoß vorliege.

Bei dem Hinweis „5 Jahre Garantie“ handele es sich eben nicht um eine Garantieerklärung i.S.d. § 477 Abs. 1 BGB, sondern (lediglich) um eine Werbung.

Dies gelte auch nach Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie. Denn diese habe die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie in diesem Punkt nicht geändert. Dies zeige schon die Neufassung des Wortlauts des § 443 Abs. 1 BGB, wo nach wie vor zwischen Garantieerklärung und Werbung unterschieden werde. Nichts anderes gelte für die Verbraucherrechterichtlinie. Vielmehr setze Art. 246a § 1 Abs. 1 Z. 9 EGBGB und auch Art. 6 Abs. 1 Buchst. m) der RL 2011/83/EU seinem Wortlaut nach das Bestehen einer Garantie voraus. Eine Garantie bestehe jedoch erst dann, wenn hierüber ein Vertrag abgeschlossen worden sei. Dies entspreche auch einer teleologischen Auslegung der Norm. Es könne nicht Sinn und Zweck der Vorschrift sein, dass der Händler den Verbraucher über Garantien und Garantiebedingungen des Herstellers informiere, die ihm möglicherweise im Detail nicht bekannt seien. Eine solche Informationspflicht sei praktisch unmöglich. Sinn und Zweck der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie sei es aber gewesen, die Händler vor unsinnigen Informationspflichten zu schützen.

Eine Herstellergarantie werde nicht im Internet abgeschlossen. Vielmehr liege dem Angebot des Herstellers auf Abschluss eines Garantievertrages mitsamt den vollständigen Garantiebedingungen regelmäßig der Lieferung des im Internet bestellten Produktes bei. Das Angebot werde durch den Verbraucher angenommen, indem er das Garantiekärtchen ausfülle und an den Händler zurückschicke, der dieses bei sich aufbewahre. Es sei klar, dass ein Händler nicht über Vertragsbedingung informieren müsse, die ihn selbst nicht betreffen.

Die Klägerin handele zudem mit ihren Abmahnungen gegenüber zahlreichen „angehängten“ Verkäufern rechtsmissbräuchlich im Sinne des §§ 8 Abs. 4 UWG.

Für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch fehle es an einem nachvollziehbaren Grund, da sie, die Beklagte, das, was gerügt werde, nicht selbst begangen habe und auch nicht in der Lage sei, den angeblichen Verstoß zu beseitigen. Sie Beklagte sei nicht Ersteller der ASIN und der ursprünglichen Produktdetailseite. Sie habe daher kein Schreibrecht an dieser. Ersteller der Produktseite sei vielmehr H. Die Fahrradhalterung der Firma U werde von H unter der ASIN B007FOGCZ6 angeboten. Eine Korrektur der Produktdetailseite liege damit allein im Ermessen von H.

Den Betreiber der Internetplattform habe die Klägerin jedoch nicht in Anspruch genommen. Stattdessen habe sie systematisch die „angehängten“ Anbieter abgemahnt. Auf diese Weise habe sie erheblich mehr Abmahnungen aussprechen können und die Wahrscheinlichkeit erhöht, Vertragsstrafen zu generieren. Für jeden Abgemahnten entstehe eine Haftungsfalle. Denn es sei nicht damit getan, beim Anhängen zu prüfen, ob das Angebot gesetzeskonform sei. Vielmehr müsse permanent überwacht werden, ob sich in der Angebotsbeschreibung etwas ändere – und dies sei schon angesichts der Vielzahl der von ihr, der Beklagten, angebotenen Produkte unmöglich.

Ein vermeintlicher Lauterkeitsverstoß der Beklagten sei auch nicht spürbar gewesen, da das Angebot der Beklagten aufgrund des hohen Preises erst am Ende der Angebotsliste erscheine.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die 14. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum hat mit am 05.11.2016 verkündetem Urteil der Klage stattgegeben. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagte richtet sich mit der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens wie folgt gegen das landgerichtliche Urteil:

Der Hinweis „5 Jahre Garantie“ sei keine Garantieerklärung i.S.d. § 477 Abs. 1 BGB. Das Landgericht habe sich insoweit nicht mit der Entscheidung des BGH, Urt. v. 14.04.2011 – I ZR 133/09 auseinandergesetzt. Diese Grundsatzentscheidung sei auch nach Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie einschlägig. Die dortige Unterscheidung zwischen Garantie und Werbung sei ein zentrales Argument gewesen, warum in einem Onlineshop keine vollständige Garantieerklärung zur Verfügung gestellt werden müsse. Hieran habe sich nichts geändert.

Sie, die Beklagte, habe den fraglichen Lauterkeitsverstoß nicht selbst begangen. Sie scheide als Täter oder Teilnehmer einer rechtwidrigen Handlung aus. Denn sie sei mit ihrem Angebot an das Angebot lediglich eines anderen Angebots angehängt worden, ohne dass sie dessen Inhalt habe kennen oder gar beeinflussen können.

Auch die Novelle des UWG enthalte keine ausdrückliche Regelung für das Anbieten auf Plattformen. Nach § 3 Abs. 2 UWG sei das Verhalten der Beklagten demzufolge nur unlauter, wenn sie ihre unternehmerischen Sorgfalt verletzt habe. Dies habe sie nicht getan. Denn das Einstellen von Angeboten auf der Plattform H sei keine Handlung, die schon per se der unternehmerischen Sorgfalt widerspreche.

Eine Zurechnung der von H erstellten und damit für die „angehängten“ Anbieter fremden Angebotstexte scheide aus. Ein „zu Eigen machen“ scheitere bereits mangels aktiven, positiven Handelns.

Damit komme für die Zurechnung nur ein Dulden oder Unterlassen in Betracht. Dieses entspreche aber nur dann nicht der unternehmerischen Sorgfalt, wenn eine Erfolgsabwendungspflicht bestehe. Eine solche sei nicht ersichtlich. Die „angehängten“ Anbieter seien mit einem Hoster vergleichbar. Dementsprechend seien sie nicht verpflichtet, Informationen ohne Anlass zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf rechtswidrige Inhalte hinweisen. Ein Anbieter müsse erst tätig werden, wenn er von der rechtswidrigen Handlung Kenntnis erhalte.

Die Richtigkeit dieses Ergebnisses zeige sich beim Vergleich mit den H2-Teilnahmebedingungen. Hierin finde sich gerade keine Prüfpflicht.

Letztlich entspreche dies auch dem Sinn und Zweck des Lauterkeitsrechts. Verpflichte sich ein Anbieter zum Unterlassen, könne er faktisch seine Tätigkeit auf H gänzlich einstellen. Dies führe im Ergebnis zur Verknappung des Wettbewerbs.

Die Klägerin handle schließlich rechtsmissbräuchlich, wenn sie „angehängte“ Verkäufer abmahne, obwohl damit das Grundangebot nach wie vor online bleibe. Ihr Vorgehen sei nicht darauf gerichtet, Wettbewerbsverstöße zu beseitigen, sondern sich eine Geldeinnahmequelle zu verschaffen oder Wettbewerber mit Kosten zu belasten.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 05.11.2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Bochum, Az. I-14 O 101/15 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens das angefochtene Urteil wie folgt:

Ein einen Rechtsmissbrauch und damit die Unzulässigkeit der Klage begründender Sachverhalt sei nicht vorgetragen worden.

Nach der eindeutigen Anordnung in Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB müsse die Beklagte die die Garantien betreffenden Informationen dem Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung zur Verfügung stellen. Zweck der Norm sei, den Verbraucher vor Vertragsschluss vollständig und umfassend zu informieren.

Die Beklagte hafte als H – Händler – so der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 3.3.2016 (Az. I. ZR 110 / 15) – auch für seine Verkaufsmaßnahmen auf dieser Handelsplattform.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

Der zulässige Klageantrag zu 1. ist begründet.

1.

Der schon durch die Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmte Unterlassungsantrag ist zulässig.

Die Klägerin ist klagebefugt i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG. Das nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG hierfür erforderliche konkrete Wettbewerbsverhältnis ist vorliegend mit dem über die jeweiligen Internetauftritte bundesweitem Angebot von Fahrrädern und Zubehör fraglos gegeben.

Dem steht nicht der von der Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 8 Abs. 4 UWG entgegen.

Ein Missbrauch im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG setzt voraus, dass das beherrschende Motiv des Mitbewerbers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs sachfremde Ziele sind. Als typischen Beispielsfall des sachfremden Motivs umschreibt das Gesetz das Gebührenerzielungsinteresse. Damit wird die Art der unzulässigen Geltendmachung eines solchen Anspruchs näher charakterisiert, aber der Weg zu anderen Missbrauchsformen durch die Rechtsverfolgung offen gelassen. Das beschriebene Vorgehen selbst oder jedenfalls die Art des Vorgehens muss rechtsmissbräuchlich sein. Der Anspruchsberechtigte muss mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen verfolgen und diese müssen unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. u.a. BGH GRUR 2002, 260 – Vielfachabmahner; Senat, GRUR-RR 2005, 141, 142; Köhler/Bornkamm/Köhler/Feddersen, 34. Aufl., § 8 UWG, Rn. 4.10).

Darlegungs- und beweispflichtig für die Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 UWG, die zwar von Amts wegen im Wege der Freibeweises, jedoch nicht mittels Amtsermittlung zu prüfen sind, ist der Verletzer, mithin hier die Beklagte. Erst wenn in ausreichendem Umfang Indizien vorgetragen sind, die für eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Unterlassungsanspruches sprechen, obliegt es sodann dem Anspruchsteller, diese zu widerlegen (BGH, GRUR 2001, 178 – Impfstoffversand an Ärzte; GRUR 2006, 243 – MEGA-Sale; Köhler/Bornkamm/Köhler/Feddersen, UWG, 34. Aufl., § 8 UWG, Rn. 4.25).

Die hierzu seitens der Beklagten angeführten Indizien lassen nicht den Schluss zu, dass die Klägerin überwiegend sachfremde, mithin keine schutzwürdigen wettbewerbsrechtlichen Interessen verfolgt. Der Umstand, dass die Klägerin „angehängte“ Anbieter des H-Angebotes und nicht etwa H selbst auf Unterlassung in Anspruch nimmt, genügt hierfür nicht. Denn der Beklagten steht es grundsätzlich offen, ihrerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen von H vorzugehen (vgl. u.a. BGH WRP 1999, 924, 926 – Bonusmeilen; Köhler/Bornkamm/Köhler/Feddersen, UWG, 34. Aufl., § 8 Rn. 4.21 mwN).

2.
Der Unterlassungsantrag ist auch begründet.

Der aktivlegitimierten Klägerin steht der mit dem Klageantrag verfolgte Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1; 3a UWG zu.

a)

Bei dem in Rede stehenden Auftritt der Beklagten auf der Internetplattform H handelt es sich um eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG.

Diese war zum Zeitpunkt ihrer Vornahme im Mai 2015 gemäß § 4 Nr. 11 UWG und ist auch nunmehr zum Zeitpunkt der Entscheidung in der Berufungsinstanz gemäß § 3a UWG unlauter und damit nach § 3 Abs. 1 UWG unzulässig.

aa)

Denn sie verstößt gegen die (vorvertragliche) Informationspflicht der § 312d Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB und damit gegen Marktverhaltensregelungen i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG a.F. bzw. § 3a UWG (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 3a Rn. 1.311, 1. 315).

Gemäß § 312d Abs. 1 S. 1 BGB muss der Unternehmer den Verbraucher bei Fernabsatzverträgen der hier in Rede stehenden Art nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB informieren. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher Informationen über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien zur Verfügung zu stellen, und zwar gemäß Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB in klarer und verständlicher Weise vor dessen Vertragserklärung.

Dem wird im vorliegenden Fall nicht Rechnung getragen.

(1)

Denn mit der Angabe „5 Jahre Garantie“ wird der Verbraucher zwar über das Bestehen einer Garantie informiert, jede weitere Angabe zu den Bedingungen dieser Garantie wird ihm jedoch vorenthalten. Dass dem Verbraucher im folgenden Verlauf des Bestellvorgangs, und zwar noch vor Abgabe seiner endgültigen Bestellung weitere Informationen zur Verfügung gestellt werden, behauptet die Beklagte selbst nicht.

(2)

Solcher Angaben bedarf es jedoch, auch wenn es sich bei der in Rede stehenden Erklärung (lediglich) um Werbung mit einer Garantie und nicht etwa um eine Garantieerklärung handeln sollte. Denn hierauf kommt es im Rahmen des Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB nicht an.

Diese Vorschrift setzt Art. 6 Abs. 1 Buchst. m) der RL 2011/83/EU (im Weiteren VRRL) um, wonach eine entsprechende Informationspflicht des Unternehmers bei Fernabsatzverträgen besteht. Hierbei sind die Informationen dem Verbraucher rechtzeitig zu erteilen, bevor er durch einen Vertrag im Fernabsatz oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist. Denn die Vorabinformation soll ihn in die Lage versetzen, das Für und Wider des Vertrags – und die beworbene Garantie stellt aus Sicht des Verbrauchers zweifellos einen Vorteil dar – abzuwägen, um sodann eine überlegte Entscheidung zu treffen (MünchKomm-Wendehorst, BGB, 7.Aufl., § 312d Rn. 2). Allein dies ist maßgeblich, entspricht dem Erwägungsgrund (35) der VRRL und steht mit dem in Art. 1 der VRRL ausdrücklich genannten Zweck, zum Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus beizutragen, in Einklang.

Dem steht nicht entgegen, dass Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB dem Unternehmer zur Information über das „Bestehen und die Bedingungen … von Garantien“ verpflichtet. Denn hiermit wird lediglich die Existenz – so auch beispielsweise der Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 Buchst. m) in der englischen, französischen und spanischen Ausgabe der VRRL – einer Garantieerklärung vorausgesetzt, ohne dass der Unternehmer bereits in vertragsmäßig bindender Weise eine solche Gewähr übernommen haben müsste. Andernfalls liefe die Informationspflicht im Fernabsatz weitgehend leer. Gerade bei Angeboten klassischer Onlineshops wie aber auch bei Angeboten auf Internetplattformen der vorliegenden Art würde der Verbraucher nämlich regelmäßig nicht mehr rechtzeitig vor Abgabe seiner Vertragserklärung informiert. Denn die in diesen Fällen durch das Internet übermittelte Aufforderung zur Bestellung ist im Zweifel als bloße invitatio ad offerendum des Unternehmers aufzufassen (BGH GRUR 2011, 638 – Werbung mit Garantie). Das heißt, der Unternehmer gibt eine bindende Erklärung ohnehin erst ab, nachdem der Verbraucher bereits seine Bestellung aufgegeben, mithin ein bindendes Vertragsangebot abgegeben hat (vgl. hierzu Palandt/Ellenberg, BGB, 75. Aufl., § 145 Rdnr. 2). Für eine rechtzeitige Vorabinformation des Verbrauchers ist es dann naturgemäß zu spät.

Hiervon zu unterscheiden sind die Anforderungen, die § 477 BGB an die sog. Verbrauchsgütergarantie als solche stellt. Diese Vorschrift, die Art. 6 Abs. 2, 3 und 5 der RL 1999/44/EG (Verbrauchergüterkaufrichtlinie) umsetzt, soll zum Schutz des Verbrauchers mit Absatz 1 Satz 2 eine Irreführung durch unklare, unvollständige oder missverständliche Garantieerklärungen verhindern, während der Anspruch auf eine Garantieurkunde in Textform (§ 126b BGB) gemäß Absatz 2 die Beweisführung erleichtern soll (Ball in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 477 BGB, Rn. 1). Sie bezieht sich damit nur auf Willenserklärungen, die zum Abschluss eines Kaufvertrags (unselbständige Garantie) oder eines eigenständigen Garantievertrags führen (BGH WRP 2013, 1027 – Internetwerbung mit Herstellergarantie).

bb)

Das in Rede stehende geschäftliche Handeln verstößt aber letzten Endes auch gegen § 477 Abs. 1 S. 2 BGB und damit eine weitere Marktverhaltensregelung.

Unstreitig handelt es sich nämlich bei der Angabe „5 Jahre Garantie“ um die einzige Information, die der Verbraucher im Laufe des gesamten Bestellvorgangs zum Inhalt der gewährten Garantie, mithin bis zum Abschluss des Kaufvertrages und damit auch des Garantievertrages erhält. Allein damit wird letztlich die Garantieerklärung als solche den in § 477 Abs. 1 S. 2 BGB bestimmten Erfordernissen nicht gerecht.

Dem steht nicht entgegen, dass Herstellergarantien jedenfalls bis zur Umsetzung der Verbrauchergüterkaufrichtlinie durch Änderung der §§ 443, 477 BGB üblicherweise dadurch zustande kamen, dass der Ware eine auf den Abschluss eines solchen Vertrages gerichtete Willenserklärung – wie auch hier in Form einer Garantiekarte – beilag und die Annahme dieser Erklärung durch den Käufer gemäß § 151 BGB unter Verzicht auf eine Willenserklärung und deren Zugang gegenüber dem Hersteller erfolgte (vgl. hierzu BGH WRP 2013, 1027 – Internetwerbung mit Herstellergarantie).

Denn im Gegensatz hierzu kommt der Garantievertrag vorliegend bereits zum selben Zeitpunkt wie der Kaufvertrag zustande. Die in Aussicht gestellte Garantie ist nämlich Bestandteil des Kaufvertrages über das Produkt, für das die Garantie gelten soll. Die Beklagte weist mit der schlichten Angabe „5 Jahre Garantie“ ohne nähere Erläuterung nicht etwa auf eine Hersteller-, sondern auf eine Verkäufergarantie hin. Der angesprochene Verkehr versteht diesen Hinweis dementsprechend, und zwar dahin dass der Kaufvertrag nicht allein im Austausch von Ware und Geld bestehen, sondern auch eine seitens des Verkäufers gewährte „Garantiezeit von 5 Jahren“ umfassen soll (vgl. zur Verkäufergarantie Palandt-Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 443 Rn. 2).

cc)

Diese Zuwiderhandlung war i.S.d. § 3 Abs. 1 UWG a.F. und ist i.S.d. nunmehrigen § 3a UWG geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen.

Die nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB zu erteilende Information gilt ‑ gleichermaßen diejenige nach § 477 BGB ‑ gemäß § 5a Abs. 4 UWG als wesentlich. Eine gesonderte Prüfung der spürbaren Beeinträchtigung erübrigt sich damit (vgl. zu § 4 Nr. 11 UWG aF u.a. BGH GRUR 2010, 852 Rn 21 – Gallardo Spyder; BGH GRUR 2010, 1142 Rn 24 – Holzhocker; BGH GRUR 2011, 82 Rn 33 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; BGH GRUR 2012, 842 Rn 25 – Neue Personenkraftwagen; Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5a Rn. 57; Bornkamm WRP 2012, 1, 5), und zwar auch im Rahmen der nunmehrigen Fassung des § 3a UWG.

b)

Für dieses geschäftliche Handeln haftet die Beklagte als Täter.

Denn sie bewirbt hiermit aus objektiver Sicht des verständigen Durchschnittsnutzers ihr eigenes Angebot. Die Veröffentlichung dieses Angebots hat sie selbst veranlasst (vgl. hierzu BGH GRUR 2011, 340 – Irische Markenbutter). Ihr Handeln ist damit adäquat-kausal für die hierdurch nur unzureichende Information des Verbrauchers.

Dem steht nicht entgegen, dass im Rahmen eines Angebots auf der Internetplattform www.H.de dem diese Plattform nutzenden Händler die Erstellung einer neuen  Produktdetailseite für ein bereits im Katalog von H unter einer sog. ASIN geführtes Produkt ebenso wenig möglich ist wie die Einflussnahme auf den Inhalt der in diesem Fall schon vorhandenen Produktdetailseite (vgl. BGH, Urteil vom 03. März 2016 – I ZR 110/15, juris – Herstellerpreisempfehlung bei H; Senat, Urteil vom 09. Juli 2015 – 4 U 59/15 -, juris).

Mit der Nutzung der Plattform lässt der Händler im eigenen Namen ein Angebot veröffentlichen, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dies dem Plattformbetreiber vorbehalten ist. Diese Möglichkeit der Einflussnahme des Plattformbetreibers auf die inhaltliche Gestaltung führt – wie dem objektiven Betrachter im Vorhinein ohne weiteres erkennbar ist – gegebenenfalls zu fehlerhaften, da unzureichenden Angebotstexten. Ein entsprechender Fehler des Plattformbetreibers kann nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden, die die Adäquanz entfallen ließe. Die dem Plattformbetreiber eingeräumte Möglichkeit, dem Angebot des Händlers von diesem nicht kontrollierte Informationen hinzuzufügen oder wegzulassen, erweist sich ggf. sogar als Wettbewerbsvorteil. Die Zurechnung der Gefahr, in dieser Konstellation für unzureichende Angaben Dritter zu haften, stellt deshalb keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der von den Händlern in Anspruch genommenen Vorteile einer internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt. Wenn es zur Wahrung der Einheitlichkeit und Übersichtlichkeit des Produktangebots im Internetportal erforderlich ist, identische Produkte unter einer Identifikationsnummer aufzulisten, und Händler sich in diesem Zusammenhang einer inhaltlichen Einflussnahmemöglichkeit des Plattformbetreibers unterwerfen, müssen sie auch mit der hiermit potentiell verbundenen Verfälschung ihres Angebots rechnen (BGH, Urteil vom 03. März 2016 – I ZR 110/15, juris – Herstellerpreisempfehlung bei H).

Der Annahme der adäquaten Verursachung der Irreführung steht nicht entgegen, dass selbst bei Löschung des vorliegend beanstandeten Angebots der beanstandete Wettbewerbsverstoß im Zusammenhang mit anderen Angeboten im Internetportal fortgesetzt wird. Denn mit der Löschung entfällt jedenfalls das vorliegend beanstandete unlautere Handeln der Beklagten. Zudem kann derjenige, der wettbewerbswidrig handelt, seiner Haftung nicht dadurch entgehen, dass er darauf verweist, gleichgelagerte Wettbewerbsverstöße Dritter dauerten fort (BGH, aaO.; GRUR 2016, 268 Rn. 47 – Störerhaftung des Accessproviders).

c)

Die Wiederholungsgefahr wird aufgrund des bereits verwirklichten Verstoßes tatsächlich vermutet (Köhler/Bornkamm, 34. Aufl., § 8 UWG, Rn. 1.33). Eine wettbewerbliche Unterwerfungserklärung seitens der Beklagten liegt nicht vor.

II.

Der zulässige Klageantrag zu 2. ist gleichermaßen begründet. Der Anspruch auf Freistellung von den Abmahnkosten – und diese stellt die Beklagte der Höhe nach mit der Berufung nicht in Frage – folgt aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Denn die Abmahnung vom 12.05.2015 war aus den vorstehenden Gründen zu I. berechtigt.

C.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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