Update: Abmahnung der Swiss Fragrance GmbH durch die VON HAVE FEY Rechtsanwälte wegen Markenrechtsverletzungen an „Gisada“ und „Ambassador“
Die Abmahnung der Swiss Fragrance GmbH im Einzelnen
In dem Abmahnschreiben der VON HAVE FEY Rechtsanwälte wird näher aufgeführt, dass unser Mandant in seinem Geschäft Duftzwillinge anbiete. Bei Nachfrage nach dem Parfum „Gisada“ oder „Gisada Ambassador“ werde ein Duftzwilling (anderer Kennzeichnung) angeboten und vertrieben.
Infolgedessen wird unser Mandant zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgefordert, wobei dem Schreiben ein entsprechendes Exemplar beigefügt wurde. Außerdem wird ein Schadensersatz in Höhe aller dadurch bereits entstandenen und noch zukünftig entstehenden Schäden geltend gemacht. Zusätzlich soll unser Mandant die Testkaufkosten (EUR 16,99), die Gewerberegisterauskunft (EUR 20,23) und die Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 2.538,10 tragen. Die zuletzt genannten Kosten errechnen die VON HAVE FEY Rechtsanwälte anhand eines Gegenstandswertes von EUR 150.000,00.
Was fällt auf an der Abmahnung der Swiss Fragrance GmbH
Einzige Anlage der gerügten Verletzung ist ein 1 Jahr alter Ausdruck eines mazedonischen Instagram-Accounts, der zweifellos weder von unserem Mandanten stammt und ebenfalls wohl nicht vom Franchisegeber der Franchise-Parfüme. Weiter liegt uns eine Abmahnung vor, die bis auf den Namen des Ladens (wohl) wörtlich identisch ist und ebenfalls allein diese Anlage als Belege der Verletzung enthält. Tatsächlich soll sich die Verletzung daraus ergeben, dass Testkäufer bzw. Detektive ein solches Kaufgespräch im Laden unseres Mandanten mit einem Verkäufer geführt haben. Da weder bekannt ist, wann ein solcher Testkauf stattgefunden hat noch was der genaue Wortlaut der angeblichen Aussage des Verkäufers gewesen sein soll, wird der Abgemahnte bewusst im Dunkeln gelassen. Gleiches gilt aus anwaltlicher Sicht, wenn nicht bekannt ist, welche Aussagen von einem Verkäufer konkret getätigt wurden. Es dürfte jedenfalls kein Zufall sein, dass die Kanzlei VON HAVE FEY in der Abmahnung keinerlei Aussagen zu Datum des Testkaufs und genauem wörtlichen Inhalt des Verkaufsgesprächs gemacht hat.
Bemerkenswert ist weiter, dass der Franchisegeber laut Mitteilung des Mandanten selbst noch nicht abgemahnt worden ist, bezieht sich doch die Anlage in der Abmahnung explizit auf die „Gruppe“, die mit den Duftzwillingen werbe.
Ebenso fällt auf, dass eine 1,3-fache Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 150.000 € geltend gemacht wird, obwohl anscheinend wörtlich gleiche Abmahnungen verschickt werden und in denen jeweils Franchisenehmer abgemahnt werden. Es dürfte rechtlich fraglich sein, ob diese Gebühren so gefordert werden können.
Unsere Empfehlung: Keinesfalls untätig bleiben bei Abmahnungen der Swiss Fragrance GmbH
Bei einer vorformulierten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ist stets besondere Vorsicht geboten, da diese oft unnötige Verpflichtungen enthält oder zu weit gefasst ist und Sie ein Leben lang rechtlich an die Unterlassung gebunden sind. Daher sollte jedes Abmahnschreiben einer genauen rechtlichen Überprüfung unterzogen werden. Das gilt insbesondere und gerade auch dann, wenn tatsächlich eine Rechtsverletzung vorlag und die Abmahnung grundsätzlich berechtigt war.
Haben Sie vielleicht selbst eine solche oder ähnliche Abmahnung erhalten?
Dann sollten Sie keinesfalls untätig bleiben, da ansonsten ein gerichtliches Verfahren droht, wenn keine oder eine unzureichende Unterlassungserklärung abgegeben wird. Dieses ist mit erheblichen (vermeidbaren) Kosten verbunden. Wir beraten Sie umfassend zu allen relevanten Punkten der jeweiligen Abmahnung ,wie Unterlassung, Unterlassungserklärung, Beseitigung, Auskunft, Schadensersatz und Kostenerstattung. Zögern Sie daher nicht, uns anzurufen oder uns unverbindlich eine E-Mail mit Ihrer Abmahnung zu übersenden. Gerne helfen wir Ihnen schnell und kompetent mir einer günstigen und kompetenten Erstberatung weiter oder vertreten Sie bundesweit außergerichtlich oder gerichtlich.
Update 27.02.2025:
Swiss Fragrance GmbH muss alle gerichtlichen Kosten tragen
Angesichts des Umstands, dass sich aus unserer Sicht aus der Abmahnung keine Markenverletzung unseres Mandanten erkennen ließ, wurde dies den Rechtsanwälten VON HAVE FEY mitgeteilt und die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt. Auch aus der weiteren Kommunikation ergab sich aus unserer Sicht keine Markenverletzung.
Sofortiges Anerkenntnis vor dem Landgericht Kiel:
Die Swiss Fragrance GmbH hat daraufhin durch die Rechtsanwälte VON HAVE FEY beim Landgericht Kiel eine einstweilige Verfügung beantragt. Dort wurde erstmals der konkrete Wortlaut eines Testkaufs mit einem Verkäufer unseres Mandanten geschildert und eidesstattlich versichert, aus dem sich aus unserer Sicht eine Markenverletzung ergab. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde daher von uns sofort anerkannt (§ 93 ZPO).
Bei einem sofortigen Anerkenntnis gem. § 93 ZPO wird und kann nicht mehr darüber gestritten werden, ob die geltend gemachte Rechtsverletzung tatsächlich gegeben war. Im Rahmen des § 93 ZPO wird ausschließlich entschieden, ob der Beklagte (hier: Antragsgegner) durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage (hier: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung) Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Hat dieser durch sein Verhalten keinen Anlass zur Erhebung der Klage gegeben und den Anspruch sofort anerkannt, muss der Kläger (hier: die Antragstellerin Swiss Fragrance GmbH) sämtliche Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten, eigene Anwaltskosten und die Anwaltskosten des Beklagten) bezahlen.
Das Landgericht Kiel hat sodann mit Anerkenntnisurteil vom 20.11.2024 zwar die Unzulänglichkeit der ausgesprochenen Abmahnung erkannt, dann aber mit einem Kunstgriff argumentiert, dem Beklagten sei sein rechtsverletzendes Verhalten bekannt gewesen. Als Folge hat das Landgericht Kiel dem Beklagten die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Dahingehend wurde von uns Beschwerde gegen die Kostentragung beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht eingelegt.
OLG Schleswig gibt unserer Beschwerde statt und legt Swiss Fragrance GmbH sämtliche Kosten auf
Mit Beschluss vom 25.02.2025 hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht die Kostenentscheidung des Landgerichts Kiel aufgehoben und der Swiss Fragrance GmbH sämtliche Kosten des Verfahrens, einschließlich des Beschwerdeverfahrens auferlegt. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat hierbei deutliche Worte zur unzureichenden Abmahnung der Swiss Fragrance GmbH gefunden.
Bemerkenswert war an diesem Fall nicht nur der Aktionsmuss der Swiss Fragrance GmbH und der Rechtsanwälte VON HAVE FEY, die nachgerichtlich – im Gegensatz zur nicht passenden, „past and copy-formulierten“ Abmahnung – einen Aktionismus an den Tag legten, einschließlich nachgerichtlicher Testkäufe ganz anderer (nicht eigener) Parfummarken. Befremdlich war auch insbesondere, dass die Rechtsanwälte VON HAVE FEY durch Druck auf den Mandanten mit angeblichen Straftaten des Mandanten (Stichwort: strafbare Markenverletzung und angeblich falscher Vortrag vor Gericht) diesen dazu bringen wollten die Beschwerde vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht zurück zu nehmen.
Dass der Mandant dem Druck nicht nachgegeben hat, hat diesem nun allein im gerichtlichen Verfahren etwa 10.000 € an Kosten gespart. Dies unabhängig von der Frage, des aus unserer Sicht nicht gegebenen Erstattungsanspruchs der Abmahnkosten der Swiss Fragrance GmbH für die ausgesprochene Abmahnung und dem Erstattungsanspruch unserer Mandanten für die Kosten unserer Inanspruchnahme infolge der unzureichenden Abmahnung.
Urteil des Landgerichts Kiel vom 20.11.2024, Az. 14 O 77/24
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 25.02.2025, Az. 6 W 12/24