Kostenauferlegung trotz unpräziser Abmahnung?

27. Februar 2025
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Mann übergibt Brief mit Abmahnung Anerkenntnisurteil des LG Kiel vom 20.11.2024, Az.: 14 O 77/24

Das LG Kiel hat mit Anerkenntnisurteil entschieden, dass eine (unpräzise) Abmahnung zwar für sich genommen nicht den Anforderungen der Grundsätze eines fairen Verfahrens entspricht. Dennoch wurden unserem Mandanten trotz sofortigen Anerkenntnisses die Kosten des Verfahrens auferlegt. Unserem Mandanten sei sein rechtsverletzendes Verhalten bekannt gewesen sei, mit der Folge, dass dessen Verhalten zur Erhebung einer Klage Veranlassung gegeben habe. Einer weiteren Präzisierung der Abmahnung bedürfe es laut dem Landgericht Kiel nicht. Dieser Auffassung schloss sich das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht jedoch nicht an, sondern hob das Urteil mit Beschluss vom 25.02.2025, Az. 6 W 12/24 auf.

Landgericht Kiel

Anerkenntnisurteil vom 20.11.2024

Az.: 14 O 77/24

 

Im Namen des Volkes
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
xxx, vertreten durch d. xxx
– Verfügungsklägerin –
Verfahrensbevollmächtigte: xxx
gegen
xxx
– Verfügungsbeklagte –
Prozessbevollmächtigter:Rechtsanwalt Hagen Hild, Konrad-Adenauer-Allee 55, 86150 Augsburg,
wegen Unterlassung
hat die 14. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen I – des Landgerichts Kiel am 20.11.2024 ohne mündliche Verhandlung gemäß § 307 Satz 2 ZPO für Recht erkannt:
1. Dem Verfügungsbeklagten wird es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000, 00; Ordnungshaft
Beglaubigte Abschrift
insgesamt höchstens zwei Jahre) untersagt, im geschäftlichen Verkehr auf dem Ge-
biet der Bundesrepublik Deutschland ohne Zustimmung der Verfügungsklägerin auf Nachfrage nach dem Parfüm „XXX“ der Verfügungsklägerin Par-
füms anzubieten und/oder zu vertreiben, die nicht von der Verfügungsklägerin stam-
men und/oder mit ihrer Zustimmung in den Verkehr gebracht wurden.
2. Der Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Entscheidungsgründe
Der Verfügungsbeklagte hat den Antrag (Tenor zu 1.) auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vor der mündlichen Verhandlung unter Protest gegen die Kosten anerkannt.
Er hat dazu ausgeführt, keine Veranlassung für die Beantragung des Erlasses der sofort aner-
kannten einstweiligen Verfügung gegeben zu haben (§ 93 ZPO), weil die Abmahnung formelhaft gewesen sei und daher der tatsächliche Sachverhalt jedenfalls seinem Prozessvertreter nicht er-
kennbar gewesen sei, sodass dieser die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung nicht habe empfehlen können. Erst aus der Antragsschrift sei der tatsächliche Vorgang ersichtlich ge-
wesen.
Damit dringt der Verfügungsbeklagte im Ergebnis nicht durch.
Allerdings ist ihm zuzugestehen, dass die Abmahnung vom 11.09.2024 (Anlage Ast 8) für sich genommen nicht den Anforderungen der Grundsätze eines fairen Verfahrens entspricht. Denn danach sind in der Abmahnung der Sachverhalt und die rechtliche Bewertung so zu schildern, wie er bei Nichtabgabe der Unterlassungserklärung mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichtlich weiterverfolgt werden. Dabei sind dem (vermeintlichen) Störer auch etwaige Beweismittel – wie insbesondere eidesstattliche Versicherungen – zur Kenntnis zu geben, soweit es sich nicht um Sachverhalte handelt, von denen er eigene Kenntnisse hat oder zwingend haben muss (vgl. BVerfG, Beschluss v. 10.11.2022; 1 BvR 1941/22). Diesen Anforderungen genügt die
14 O 77/24

Abmahnung nicht. Denn der dem Verfahren zugrundeliegende Testkauf wird nur abstrakt be-
schrieben und die eidesstattlichen Versicherungen der Testkäufer wurden dem Verfügungsbe-
klagten nicht zur Kenntnis gegeben. Da er das Verkaufsgespräch nicht selbst geführt hatte, war es ihm auch nicht ohne Weiteres möglich, dieses aufzuklären. Dagegen wäre es für die Verfü-
gungsklägerin unschwer möglich gewesen, ihm die konkreten Angaben zu übermitteln. Zudem weicht auch der Text der mit der Abmahnung geforderten Unterlassungserklärung von dem Text der beantragten einstweiligen Verfügung ab. In ihrem Schriftsatz vom 06.11.2024 hat die Verfügungsklägerin jedoch unwidersprochen darge-
legt, dass das beanstandete Verkaufsgespräch der allgemeinen Geschäftspraxis des Verfü-
gungsbeklagten entsprach und es sich daher nicht um einen Einzelfall handelte. Vielmehr liegt ein sich wiederholender Vorgang vor, der seinen Anweisungen an seine Verkäufer entspricht und ihm damit bekannt ist bzw. sein musste. Nach den oben dargelegten Grundsätzen bedurfte es daher keiner weiteren Präzisierung der Abmahnung und auch keiner Beifügung der eidesstattlichen Ver-
sicherungen. Auch unter Berücksichtigung der Abweichung des Textes der mit der Abmahnung geforderten Unterlassungserklärung von dem Text der beantragten einstweiligen Verfügung hat der Verfügungsbeklagte Anlass für das einstweilige Verfügungsverfahren i. S. d. § 93 ZPO gege-
ben.

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