Keine Kostenauferlegung bei unpräziser Abmahnung!

28. Februar 2025
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Mann übergibt Brief mit Abmahnung Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht vom 25.02.2025, Az.: 6 W 12/24

In einem von uns vertreten Fall, hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zugunsten unseres Mandanten entschieden. Eine Abmahnung, welche die konkrete Verletzungshandlung nicht verständlich benennt, und somit keinen hinreichenden zu verantwortenden Verstoß erkennen lässt, kann die im Anerkenntnisurteil enthaltene Kostenentscheidung nicht auf den (Verfügungs-) Beklagten auferlegen. Das Schleswig-Holsteinische OLG stellte hierbei u.a. darauf ab, dass der Testkauf, der Anlass der Abmahnung war völlig unzureichend beschrieben wurde. Weiter stellte das OLG klar, dass selbst für den Fall, dass der von der Verfügungsklägerin gerügte Verstoß gegen ihre Markenrechte kein Einzelfall war und bekannt sein musste, dies nichts daran ändert, dass die Abmahnung der Verfügungsklägerin dies nicht verständlich benannt hatte.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht

Beschluss vom 25.02.2025

Az.: 6 W 12/24

 

In Sachen

xxx

– Antragsgegner und Beschwerdeführer –
Prozessbevollmächtigter:Rechtsanwalt Hagen Hild, Konrad-Adenauer-Allee 55, 86150 Augsburg, xxx

gegen

xxx

– Antragstellerin und Beschwerdegegnerin –
Verfahrensbevollmächtigte: xxx

hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 25.02.2025 beschlossen:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 20.11.2024, Az. 14 O 77/24, im Kostenausspruch abgeändert:
Die Kosten des Verfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.
2. Die Verfügungsklägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe:

Wegen des Sachverhaltes wird auf das Urteil des Landgerichts vom 20.11.2024 und die Nichtab-
hilfeentscheidung vom 09.12.2024 Bezug genommen.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist gemäß § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO der statthafte Rechtsbehelf ge-
gen die im Anerkenntnisurteil enthaltene Kostenentscheidung.
Sie hat auch in der Sache Erfolg.
Gemäß § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort aner-
kennt. Diese Vorschrift findet auch bei Eilverfahren wie dem hier vorliegenden einstweiligen Verfü-
gungsverfahren Anwendung (Zöller-Herget, ZPO, 35. Aufl., § 93 Rn. 1). Zur Klageerhebung hat der Beklagte Veranlassung gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn gegenüber dem Kläger so war, dass dieser annehmen musste, er werde ohne die Klage nicht zu seinem Recht kommen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Das Landgericht hat zutreffend im Anerkenntnisurteil vom 20.11.2024 dargestellt, dass die Ab-
mahnung der Klägerin nicht den Anforderungen an die Grundsätze eines fairen Verfahrens ent-
sprach. Der Testkauf, der Anlass der Abmahnung war, wurde hierin völlig unzureichend beschrie-
ben und keine Beweismittel beigefügt, da die eidesstattlichen Versicherungen der Testkäufer nicht mit übersandt wurden. Der eigentliche Verstoß wurde mit der Beschreibung des Verstoßes (Vertrieb eines Parfums unter dem Zeichen „xxx“) nur unkonkret beschrieben und durch den Hinweis auf die Bewerbung auf einer mazedonischen Internetpräsenz, deren Zu-
sammenhang mit dem Beklagten nicht erkennbar ist, ein unzutreffender Eindruck vom Gegen-
stand des Unterlassungsbegehrens der Klägerin erweckt. Hieran ändert auch der Hinweis nicht, auf Nachfrage würde ein Parfüm aus dem Hause des Beklagten veräußert. Auf die Ausführungen des Landgerichts wird insoweit Bezug genommen. Hinzukommt, dass auch die der Abmahnung (Anlage Ast 8 zur Antragsschrift) beigefügte vorbereitete Unterlassungserklärung keine konkrete Verletzungshandlung erkennen lässt.
Der Senat teilt hingegen nicht die Auffassung des Landgerichtes, durch die Darlegungen im Schriftsatz der Verfügungsklägerin vom 06.11.2024 hätten sich als unstreitig zu behandelnde Tatsachen ergeben, die die Annahme rechtfertigen würden, die Verfügungsklägerin komme ohne die Einleitung eines Verfahrens nicht zu ihrem Recht. Hierbei kann unentschieden bleiben, ob in der Verwertung dieses Schriftsatzes ohne Setzen einer Stellungnahmefrist ein Verstoß gegen Verfahrensgrundsätze begründet ist. Denn auch wenn zutreffen sollte, dass der von der Verfügungsklägerin gerügte Verstoß gegen ihre Markenrechte kein Einzelfall war und bekannt sein musste, ändert dies nichts daran, dass die Abmahnung der Verfügungsklägerin dies nicht verständlich benannt hat. Wie bereits dargestellt, lässt sich der Abmahnung kein hinreichend konkreter vom Beklagten zu verantwortender Verstoß in Form einer konkreten Verletzungshandlung entnehmen. Die Schlussfolgerung, dass „Anbieten“ und „Vertreiben“ von Parfums unter der Marke der Verfügungsklägerin im Sinne der Abmahnung so zu verstehen ist, wie dies in der Antragsschrift beschrieben ist, drängt sich auch dann nicht auf, wenn dieses Verhalten im Geschäft des Klägers häufiger vorgenommen würde. Wie von der Beschwerdeführerin ausgeführt, könnten unterschiedliche Handlungen unter diese Begriffe gefasst werden, wie die Kennzeichnung des Parfums als solchem, eine Werbung in Flyern etc.
Die in der Abmahnung genannte Veräußerung eines eigenen Parfums des Beklagten bei Nachfra-
ge nach xxx wird durch eine ggf. erfolgte Wiederholung der konkre-
ten Verletzungshandlung nicht verständlicher, da diese Beschreibung derart unkonkret ist, dass ein Verstoß nicht nachvollziehbar ist. Dies gilt umso mehr, als die Abmahnung auch den insoweit verwirrenden Hinweis auf eine Bewerbung im Internet aufweist, die dem Verfügungsbeklagten unstreitig nicht zuzurechnen ist.
Der Verfügungsbeklagte hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass der Umstand einer Ver-
letzung als solcher und ggf. auch einer Wiederholung oder Wiederholungsgefahr Gegenstand der durch Anerkenntnis erledigten Hauptsache ist. Aus ihm lässt sich nicht der Anlass zur Klageerhe-
bung i. S. d. § 93 ZPO entnehmen, da die Vorschrift ansonsten zirkelschlüssig wäre.
Vielmehr hat der Verfügungsbeklagte durch das unmittelbar nach Konkretisierung des Verstoßes erfolgte Anerkenntnis deutlich gemacht, dass bei ordnungsgemäßer Abmahnung ein Verfahren vermieden worden wäre. Ein Verhalten, dass dieser Annahme widersprechen würde, ist nicht er-kennbar.
Der wegen der Festgebühr in Nr. 1810 KV-GKG nur für die Anwaltsgebühren maßgebliche Be-
schwerdewert beträgt 6.297,19 €.

 

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