Berichterstattung über den Gesundheitszustand eines Verstorbenen verletzt nicht das postmortale Persönlichkeitsrecht

14. August 2018
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Würfel mit Kreuz auf Tastatur Urteil des OLG Köln vom 12.07.2018, Az.: 15 U 151/17

Die Berichterstattung auf einer Internetseite über den Gesundheitszustand, speziell die Alkoholerkrankung eines Verstorbenen, ist nicht generell unzulässig und verletzt ferner nicht das postmortale Persönlichkeitsrecht. Der allgemeine Achtungsanspruch des Verstorbenen wird dadurch nicht beeinträchtigt, da der Verstorbene durch die Offenbarung der Erkrankung weder ausgegrenzt, verächtlich gemacht oder verspottet wird; dass eine bestimmte Krankheit als unschicklich gilt, genügt im Bereich des postmortalen Persönlichkeitsrechts nicht. Auch der sittliche, personale und soziale Geltungswert des Verstorbenen ist erst verletzt, wenn es zu einer groben Entstellung seines Lebensbildes kommt. Folglich kann ein Unterlassungsanspruch durch die Witwe nicht geltend gemacht werden.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 12.07.2018

Az.: 15 U 151/17

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Abänderung des am 13.09.2017 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln – 28 O 86/17 – die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin ist die Witwe des verstorbenen Herrn C B, des Sohns des B2-Mitbegründers U B. Sie nimmt die Beklagte, die verantwortlich für die Internetseite www.G.de ist, im Nachgang an ein vorangegangenes einstweiliges Verfügungsverfahren (LG Köln – 28 O 352/16) vorliegend auf Unterlassung sowie Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gemäß der Rechnung Anlage K 5, Bl. 39 d.A. in Anspruch und zwar wegen fünf Passagen einer am 20.11.2016 veröffentlichten Berichterstattung unter der Überschrift „B2-Familienstreit eskaliert: Witwe von B2-Erbe C: Er war nicht geschäftsfähig – dann tötete ihn der Alkohol.“ Herr C B hatte stets zurückgezogen gelebt und über sein Privatleben war öffentlich nichts Näheres bekannt. Im Zuge eines Gerichtsverfahrens gegen den Kunsthändler B3 wurde allein kundgetan, dass der Verstorbene Oldtimer und Kunst gesammelt hatte; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berichterstattung in Anlagenkonvolut BE3, Bl. 144 ff. d.A. Bezug genommen. Herr C B war zu Lebzeiten unter anderem im Vorstand der K-Stiftung tätig, einer der Familienstiftungen, die den Großteil des Vermögens der Erben des U B verwalten. Er war neben seinem drei Jahre älteren Bruder U B jun. zudem Mitglied im fünfköpfigen Verwaltungsrat, einem Führungsgremium des Lebensmittelhändlers. Er kümmerte sich dort insbesondere um den US-Markt, auf dem B2-Nord mit dem Einzelhändler „U2“ vertreten ist. Die operativen Geschäfte des Konzerns sind jedoch seit vielen Jahren familienfremden Managern überlassen. Die den Konzern haltenden insgesamt drei Familienstiftungen müssen bei maßgeblichen Finanzierungsentscheidungen allesamt zustimmen.

In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur Nachfolge des Herrn C B im Vorstand der K-Stiftung machte die Klägerin Ausführungen zur Alkoholkrankheit ihres Ehemannes und dessen angeblicher Handlungs- bzw. Geschäftsfähigkeit im Zeitpunkt einer von diesem mitgetragenen Satzungsänderung. U.a. aus „Gründen des Respekts vor dem Verstorbenen“ erfolgten zunächst im Schriftsatz vom 20.04.2015 gegenüber dem Verwaltungsgericht noch keine konkreten Ausführungen zur Erkrankung (Anlage K 3, Bl. 11 AH). Im späteren Verlauf des Verfahrens brachte die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.01.2016 u.a. vor, dass „C B […] aufgrund seiner schweren Alkoholkrankheit an der er letztlich auch verstarb, nicht geschäftsfähig“ gewesen sei. Sie bat ausdrücklich darum, die Ausführungen über den Gesundheitszustand vertraulich zu behandeln und nicht öffentlich zu thematisieren, wobei wegen der Einzelheiten auf Anlage K 4 (Bl. 12 f. AH) Bezug genommen wird. Die Alkoholkrankheit des Herrn C B wurde weder in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht noch in dessen Urteil erwähnt. Zu Lebzeiten hatten Herr C B und seine Familie die Alkoholkrankheit ebenfalls nicht bekannt gemacht. Es gibt keine öffentliche Stellungnahme der Klägerin über den Gesundheitszustand des verstorbenen Herrn C B, noch war dieser Umstand allgemein bekannt.

Der innerfamiliäre Streit zwischen den B-Familienmitgliedern nach dem Tod des Herrn C B wurde in verschiedenen Medien thematisiert, wobei wegen der Einzelheiten auf die Berichterstattungen in Anlagenkonvolut B1, Bl. 20 ff. AH Bezug genommen wird. Am 19.11.2016 erschienen auf www.C2.de und am 20.11.2016 in der Zeitung „C2B“ Artikel, die den Verwaltungsgerichtsprozess und die dort vorgetragene Alkoholkrankheit des Herrn C B thematisierten. Unter Bezugnahme darauf veröffentlichte die Beklagte am 20.11.2016 auf www.G.de den streitgegenständlichen Artikel, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf Anlage K1 (Bl. 1 ff. AH) Bezug genommen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlichen Sachanträge wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils (Bl. 50 ff. d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 13.09.2017 die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, in Bezug auf den verstorbenen Herrn C B zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen:

a) „Witwe von B2-Erbe C: Er war nicht geschäftsfähig – dann tötete ihn der Alkohol“

und/oder

b) „der Alkohol habe ihn zuerst geschäftsunfähig gemacht – und dann getötet.“

und/oder

c) „Grund sei ‚seine schwere Alkohol-Krankheit‘ gewesen, die ihm letztendlich auch das Leben gekostet habe. Die Witwe weiter: ‚Todesursache war ein durch die Alkoholkrankheit hervorgerufenes multiples Organversagen.‘“

und/oder

d) „hohe Dosis von Alkohol und Beruhigungsmitteln“

und/oder

e) „‚Mein Mann, der krankheitsbedingt nachts kaum schlafen konnte, hatte die Angewohnheit, nachts aufgrund seiner Alkohol-Krankheit eine hohe Dosis von Alkohol und Beruhigungsmitteln zu sich zu nehmen.‘ Detailliert schildert sie dem Bericht zufolge, wie aus ihrer Sicht der Alkohol das Leben ihres Mannes zerstört hat. Von einer ‚Leberzirrhose‘ sei dabei die Rede, von Aufenthalten in der Entzugskliniken und ‚einer Persönlichkeitsveränderung‘.“

wie in dem Beitrag auf www.G.de vom 20. November 2016 unter der Überschrift „B2-Familienstreit eskaliert: Witwe von B2-Erbe C: Er war nicht geschäftsfähig – dann tötete ihn der Alkohol“ geschehen. Ferner hat es die Beklagte verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.358,86 EUR zzgl. Zinsen zu zahlen. Das Landgericht hat sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Klägerin als Witwe wahrnehmungsberechtigt sei zur Geltendmachung des postmortalen Persönlichkeitsrechts; aus diesem folge hier jedoch ein entsprechender Unterlassungsanspruch. Zwar sei der Schutzbereich des postmortalen Persönlichkeitsrechts enger als der des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer lebenden Person. Die Offenbarung der geheim gehaltenen Alkoholkrankheit, deren öffentliche Erörterung in weiten Teilen der Gesellschaft als unschicklich gelte, deren Bekanntwerden von dem Betroffenen als peinlich empfunden werde und die nachteilige Reaktionen der Umwelt auslösen könne, verletze jedoch den allgemeinen Achtungsanspruch, der den Verstorbenen davor bewahren soll, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden. Es komme nicht darauf an, ob eine Berichterstattung über – wie hier – nicht wahrnehmbare Gebrechen, gesundheitliche Zustände oder Krankheiten zu Lebzeiten der Intim- oder der Privatsphäre zuzurechnen sei. Denn jedenfalls eine so private Sache wie eine Krankheit, deren öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gelte, bei der das Bekanntwerden als peinlich empfunden werde und nachteilige Reaktion der Umwelt auslöse – wozu die Alkoholkrankheit gehöre -, habe in der Öffentlichkeit nichts zu suchen, wenn der Betroffene dies nicht wünsche – zumal Tatsachen, die die physische oder psychische Gesundheit betreffen, höchstpersönlich und dem engsten Bereich der menschlichen Existenz zuzurechnen seien. Könne so – abgesehen von Politikern und Wirtschaftsführern – zu Lebzeiten jeder selbst entschieden, ob er mit seiner Krankheit an die Öffentlichkeit geht, sei eine solche Entscheidung mit dem Tod nicht mehr möglich. Dann greife nach dem Tod der Schutz des personalen Geltungswerts, der durch die Lebensleistung erworben worden sei. Sei – wie hier – die Krankheit zu Lebzeiten und nach dem Tod geheim gehalten worden, würde der Geltungsanspruch grob entstellt, wenn die stigmatisierende Alkoholerkrankung an die Öffentlichkeit gelange und dem Betroffenen so eine das ganze Leben beherrschende Schwäche unterstellt werde, die sein geschaffenes Lebenswerk und seine diesbezüglichen Entscheidungen in ein anderes Licht rücke. Eine Alkoholkrankheit werde in der Öffentlichkeit zudem als eigenes Versagen des Betroffenen klassifiziert, so dass der Betroffene mit einem Makel behaftet bleibe. Dies gelte insbesondere, weil krankheitsbedingte Persönlichkeitsveränderungen im angegriffenen Artikel thematisiert würden. Die (unstreitige) Wahrheit der Behauptungen ändere nichts, zumal keine sachliche Einordnung in den Hintergrund der Auseinandersetzungen in der Stiftung erfolgt, sondern reißerisch die Alkoholkrankheit zum wesentlichen Thema der Berichterstattung gemacht worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angegriffenen Entscheidung (Bl. 50 ff. d.A.) Bezug genommen.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Klageabweisungsverlangen weiterverfolgt. Sie rügt eine Verletzung der Meinungsfreiheit (Art 5 Abs. 1 GG). Das Landgericht habe zu Unrecht die Grundsätze zum Privatsphärenschutz im Rahmen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Lebender zur Bestimmung eines Eingriffs in das vom Schutzbereich her engere postmortale Persönlichkeitsrecht herangezogen und so dann letztlich jedweder Abwägung entzogen, welche bei Bejahung eines Eingriffs ins postmortale Persönlichkeitsrecht nach der Rechtsprechung nicht mehr möglich sei. Der Schutz Verstorbener könne aber per se nicht weiter reichen als der Schutz Lebender und es könne insbesondere nicht mit dem Tod eine Art „Zementierung“ des Lebensbildes eintreten, weil der Betroffene nicht mehr über die Offenbarung von etwaigen Geheimnissen entscheiden könne. Insgesamt verkenne das Landgericht, dass die Offenbarung von Erkrankungen schon zu Lebzeiten nur der Privatsphäre zuzurechnen sei (BGH v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15, GRUR 2017, 304 Tz. 16) und deswegen eine Offenbarung nicht absolut und ohne Abwägung unzulässig sei. Das postmortale Persönlichkeitsrecht führe ebenso wenig wie das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu Lebzeiten nicht dazu, dass eine Person in der Öffentlichkeit nur so dargestellt werden dürfe, wie sie es selbst wünsche. Eine Alkoholerkrankung sei nicht generell stigmatisierend, wie es das Landgericht unterstelle; allein etwaige negative Reaktionen der Umwelt könnten den bloßen Privatsphäreverstoß nicht in eine Verletzung der absolut und „abwägungsfest“ geschützten Menschenwürde mit postmortaler Relevanz umwidmen. Eine unstreitig wahre Berichterstattung könne keine Entstellung des Lebensbildes sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 104 ff. d.A.) und den Schriftsatz vom 15.05.2018 (Bl. 166 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 13.09.2017 – 28 O 86/17 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Über einen Menschen, der – wie C B – zu Lebzeiten bewusst nie die Öffentlichkeit gesucht hat und dort nicht vertreten war, dürften auch nach dem Tod keine Details der Todesumstände offenbart werden, zumal der Betroffene nicht allein durch eine gleichsam rechtswidrige Vorberichterstattung in der C2 zu einer herausgehobenen „Leitfigur“ oder zum Vorbild geworden sei. Es liege daher durch die Offenbarung der zuvor geheim gehaltenen Alkoholkrankheit eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts vor in Form einer Erniedrigung des Lebensbildes, welches den personalen und sozialen Geltungswert des Verstorbenen beeinträchtige. Wegen des aus der Öffentlichkeit zurückgezogenen Lebens habe es insbesondere kein „Bild in der Öffentlichkeit“ gegeben, dass es von Seiten der Presse aufrecht zu erhalten oder zu korrigieren gegeben habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung (Bl. 117 ff. d.A.) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

1. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt zu, insbesondere nicht aus §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art 1 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des postmortalen Persönlichkeitsrechts des Ehemannes der Klägerin.

a) Die Klägerin ist zwar mit dem Landgericht als Wahrnehmungsberechtigte für die Geltendmachung des postmortalen Persönlichkeitsrechts ihres verstorbenen Mannes anzusehen.

b) Indes steht aufgrund des nur beschränkten Schutzumfangs des postmortalen Persönlichkeitsrechts der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, wobei es nicht auf die rein hypothetische Frage ankommt, ob eine Berichterstattung über die Alkoholerkrankung von C B zu dessen Lebzeiten zulässig gewesen wäre. Denn jedenfalls postmortal ist es weder generell unzulässig, über den Gesundheitszustand eines Verstorbenen zu berichten noch verletzt im konkreten Fall die Mitteilung dieser unstreitig wahren Tatsache den allgemeinen Achtungsanspruch von C B oder spricht ihm den sittlichen, personalen oder sozialen Geltungswert ab, den er durch seine Lebensleistung erworben hat.

aa) Für den Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts aus §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, der hier zulässigerweise durch die Klägerin als Wahrnehmungsberechtigte geltend gemacht wird, gelten die folgenden Grundsätze:

Während das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG nur einer lebenden Person zukommen kann, weil es auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit ausgerichtet ist und damit die Existenz einer wenigstens potentiell oder zukünftig handlungsfähigen Person, also eines lebenden Menschen als unabdingbar voraussetzt, wird die Persönlichkeit eines Menschen im Hinblick auf die nach Art. 1 Abs. 1 GG unantastbare Menschenwürde über den Tod hinaus geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, NJW 2006, 3409; BGH, Urt. v. 06.12.2005 – VI ZR 265/04, VersR 2006, 276 m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 25.08.2000 – 1 BvR 2707/95, NJW 2001, 594; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957). Erlischt damit der Schutz des Art. 2 Abs. 1 GG mit dem Tod des Betroffenen, so bedeutet dies aber nicht, dass auch der rechtliche Schutz der Persönlichkeit nach Art. 1 Abs. 1 GG endet. Die Schutzwirkung des Art. 1 Abs. 1 GG ist bei der Frage, ob nach dem Tod des Betroffenen weiterhin Schutzansprüche bestehen, wertend mit heranzuziehen und führt zum Fortbestand des allgemeinen Wert- und Achtungsanspruchs, der das fortwirkende Lebensbild eines Verstorbenen weiterhin wenigstens gegen grobe ehrverletzende Beeinträchtigungen schützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.02.1971 – 1 BvR 435/68, NJW 1971, 1645; BGH, Urt. v. 20.03.1968 – I ZR 44/66, NJW 1968, 1773; BGH, Urt. v. 08.06.1989 – I ZR 135/87, NJW 1990, 1986; BGH, Urt. v. 17.05.1984 – I ZR 73/82, MDR 1984, 997; BGH, Urt. v. 04.06.1974 – VI ZR 68/73, NJW 1974, 1371; OLG München, Urt v. 28.07.1989 – 21 U 2754/88, NJW-RR 1990, 1435).

Die Schutzwirkungen des postmortalen Persönlichkeitsrechts sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht nicht identisch mit denen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG für den Schutz lebender Personen ergeben. Postmortal geschützt wird zum einen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem Menschen als solchem zusteht. Dieser Schutz bewahrt den Verstorbenen insbesondere davor, in einer die Menschenwürde verletzenden Art und Weise ausgegrenzt, verächtlich gemacht, verspottet oder auf sonstige Weise herabgewürdigt bzw. erniedrigt zu werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.02.1971 – 1 BvR 435/68, BVerfGE 30, 173; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl. 2003, Kap. 7 Rn. 55). Geschützt wird zum anderen auch der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat und der nicht in einer Art und Weise tangiert werden darf, dass das Lebensbild des Betroffenen schwerwiegend entstellt wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.01.2018 – 1 BvR 2465/13, NJW 2018, 770; BVerfG, Beschl. v. 19.12.2007 – 1 BvR 1533/07, NJW 2008, 1657; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957).

Beeinträchtigt eine Handlung das postmortale Persönlichkeitsrecht, dann steht zugleich ihre Rechtswidrigkeit fest, ohne dass der Schutz im Zuge einer anschließenden Güterabwägung relativiert werden kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.08.2000 – 1 BvR 2707/95, NJW 2001, 594; BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957; BVerfG, Beschl. v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, NJW 2006, 3409; BGH, Urt. v. 16.09.2008 – VI ZR 244/07, GRUR 2009, 83). Dieser Ausschluss der Abwägung bedeutet jedoch nicht, dass der Gegenstand der Berichterstattung völlig unberücksichtigt bliebe. Zwar können Beeinträchtigungen der Menschenwürde nicht durch die grundrechtliche Gewährleistung kollidierender Freiheitsrechte wie etwa der Meinungsfreiheit gerechtfertigt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.06.1987 – 1 BvR 313/85, BVerfGE 75, 369). Da aber nicht nur einzelne, sondern sämtliche Grundrechte Konkretisierungen des Prinzips der Menschenwürde sind, bedarf es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets einer sorgfältigen Begründung, wenn angenommen werden soll, dass der Gebrauch eines Grundrechts auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.1995 – 1 BvR 1476/91, juris Rn. 121). Dafür genügt ein Berühren der Menschenwürde nicht, sondern es ist eine sie treffende Verletzung erforderlich. Bei Angriffen auf den durch die Lebensstellung erworbenen Geltungsanspruch genügt beispielsweise nicht dessen Infragestellung, wohl aber deren grobe Entstellung z.B. durch unwahre oder zumindest nicht beweisbare Tatsachenbehauptungen, gegen die der Betroffene sich selbst nicht mehr wehren kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957; BGH, Urt. v. 20.03.1968 – I ZR 44/66, BGHZ 50, 133; BGH Urt. v. 08.06.1989 – I ZR 135/87, NJW 1990, 1986; OLG Köln, Urt. v. 24.09.1998 – 15 U 122/98, AfP 1998, 647; OLG Köln, Urt. v. 30.11.2017 – 15 U 67/17, BeckRS 2017, 139939; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.06.1999 – 15 U 171/98, AfP 2000, 468; OLG Frankfurt, Urt. v. 15.10.2009 – 16 U 39/09, AfP 2009, 612; OLG Hamm, Urt. 05.10.2001 – 9 U 149/01, NJW 2002, 609; OLG Köln, Urt. v. 24.09.1998 – 15 U 122/98, AfP 1998, 647), durch Meinungsäußerungen, die als Schmähkritik einzuordnen sind (vgl. OLG Köln, Urt. v. 24.09.1998 – 15 U 122/98, AfP 1998, 647) oder durch die kommerzielle Ausbeutung der Persönlichkeit eines Verstorbenen in Form einer erniedrigenden oder entstellenden Werbung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, juris Rn. 26). Ein Verstoß gegen die Regeln des politischen Anstandes und des guten Geschmacks allein genügt nicht, solange keine nachhaltige Kampagne festzustellen ist (BVerfG, Beschl. v. 05.04.2001 – 1 BvR 932/94, NJW 2001, 2957). Ob eine solche Verletzung der Menschenwürde bei einer konkreten Meinungsäußerung gegeben ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung ihres Sinns klären, für dessen Deutung der Kontext einzubeziehen ist. Bei der Prüfung der Eignung zur Verletzung der Menschenwürde kann ebenfalls erheblich werden, ob es sich um eine Tatsachenbehauptung handelt und der Wahrheitsbeweis gelingt oder misslingt oder ob eine subjektiv-wertende Stellungnahme vorliegt (vgl. BVerfG, a.a.O., juris Rn. 20).

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann im vorliegenden Fall keine Verletzung der Menschenwürde C Bs durch die Berichterstattung der Beklagten festgestellt werden.

(1) Eine generelle Unzulässigkeit der Berichterstattung über die Erkrankung des verstorbenen C B liegt nicht vor.

(a) Sie kann insbesondere nicht darauf gestützt werden, dass die Information über Erkrankungen des Verstorbenen dessen Intimsphäre zuzurechnen wäre und bei dieser eine Berichterstattung wegen eines Eingriffs in den personalen Geltungsanspruch der Person des Verstorbenen ausnahmslos unzulässig ist.

Zwar wird im Schrifttum vertreten, dass das postmortale Persönlichkeitsrecht einer Berichterstattung über wahre Tatsachen aus der Intimsphäre auch nach dem Tode (weiterhin) Grenzen setzen können soll (vgl. Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts II/2, 13. Auflage 1994, § 80 VI 3a, S. 535). Ob das generell so zutrifft, bedarf keiner Entscheidung durch den Senat. Denn im vorliegenden Fall wäre auch zu Lebzeiten die Intimsphäre des Verstorbenen entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin nicht betroffen gewesen, da die Offenbarung einer möglicherweise zur Geschäftsunfähigkeit führenden Alkoholerkrankung nicht mehr der Intim-, sondern lediglich der (inneren) Privatsphäre zuzuordnen gewesen wäre. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betreffen Offenbarungen zum Gesundheitszustand regelmäßig (nur) die Privatsphäre (BGH, Urt. v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15, GRUR 2017, 304 m.w.N.; vgl. dazu auch Soehring, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 16 Rn. 16 f.). Die Offenbarung solcher Einzelheiten steht damit schon zu Lebzeiten einer Abwägung widerstreitender Interessen offen; ein absoluter Schutz besteht selbst zu Lebzeiten gerade nicht (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 26.02.2008 – 1 BvR 1602/07, NJW 2008, 1793; EGMR, Urt. v. 07.02.2012 − 40660/08 u. 60641/08, NJW 2012, 1053). Damit wird deutlich, dass mit der postmortalen Offenbarung solcher Details erst recht nicht jeweils zwingend die Menschenwürde verletzt sein kann, auf der aufgrund der staatlichen Schutzpflicht der postmortale Persönlichkeitsschutz aufbaut.

Selbst wenn zugunsten der wahrnehmungsberechtigten Klägerin bei der Offenbarung von äußerlich nicht wahrnehmbaren Krankheiten ein Eingriff in die Intimsphäre angenommen würde (vgl. Burkhardt, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Auflage 2003, Kap. 4 Rn. 48/57; OLG Köln, Urt. v. 30.11.2017 – 15 U 67/17 und 15 U 68/17, juris), gilt dies aber nur insoweit, als die Krankheit nicht relevant nach außen dringen konnte und damit noch keine soziale Dimension erlangt hat. Bei der hier von der Klägerin behaupteten Erkrankung, die aufgrund ihrer Schwere und Ausprägung sogar auf die Geschäftsfähigkeit des Verstorbenen und damit auf sein gesamtes Handeln und Auftreten im sozialen und wirtschaftlichen Leben unter Beteiligung anderer Personen von Bedeutung gewesen sein soll, liegt jedoch eine solche soziale Dimension auf der Hand.

(b) Ein genereller postmortaler Schutz ergibt sich des Weiteren auch nicht daraus, dass dem Verstorbenen mit dem Tod zwangsläufig die Möglichkeit fehlt, seine Befugnis zur Öffnung der Privatsphäre im Hinblick auf seine Erkrankung selbst auszuüben und damit ein Bedürfnis besteht, seine lebzeitige Privatsphäre gleichsam zu „zementieren“. Zwar wird im älteren Schrifttum vertreten, dass über den oben dargestellten Intimsphärenschutz hinaus ein postmortaler Schutz auch gegen andere Veröffentlichungen aus der Geheim- bzw. Privatsphäre besteht (vgl. ausgehend von dem sog. mittelbaren Schutzkonzept über die Persönlichkeitsrechte der Angehörigen etwa Lehmann, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, 1973, S. 128, Hoch, Fortwirken zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes nach dem Tode, 1975, S. 238/242; siehe zudem May, NJW 1958, 2101; Neumann-Duesberg, JZ 1968, 703). Für einen solchen Ansatz mag sprechen, dass das postmortale Persönlichkeitsrecht den Betroffenen zu Lebzeiten schützt, weil er sein Tun im Rahmen eines selbstbestimmten Lebens und Wirkens im Vertrauen darauf ausrichten können soll, mit seinem Tod nicht zum „Freiwild“ zu werden (vgl. Schack, GRUR 1985, 352 m.w.N.). Dennoch ist ein derart weitgehender Schutz des postmortalen Persönlichkeitsrechts aus der oben angeführten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs gerade nicht abzuleiten. Der Senat hat deswegen bereits in den Urteilen vom 30.11.2017 (15 U 67/17 und 15 U 68/17, juris) ausgeführt, dass schon für Lebende die Privatsphäre nicht uneingeschränkt gewährleistet ist, sondern ein Eingriff in dieselbe durch eine Berichterstattung an den ebenfalls durch Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 Abs. 1 EMRK garantierten Rechten der Presse zu messen ist. Ist aber der postmortale Persönlichkeitsschutz gegenüber diesem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes sogar noch eingeschränkt, so kann mit einer solchen postmortalen Berichterstattung – mag auch das Anliegen des Verstorbenen zu Lebzeiten, Details seiner Erkrankung auch über den Tod hinaus geheim zu halten, rein tatsächlich tangiert sein – nicht zwingend eine Verletzung der durch Art. 1 Abs. 1 GG garantierten Würde verbunden sein, wenn nach dem Gesamtkontext mit der Berichterstattung erhebliche und anerkennenswerte Interessen der Öffentlichkeit befriedigt werden.

So liegt aber der Fall hier: Anlass für die Berichterstattung über die Erkrankung von C B war nicht lediglich das Interesse an seiner Person bzw. seiner Familie und auch nicht allein die Befriedigung voyeuristischer Interessen mancher Leserkreise. Es ging vielmehr – gerade im Hinblick auf den in der Berichterstattung dargestellten Streitgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens – um eine die Öffentlichkeit erheblich interessierende Frage, nämlich die künftige Willensbildung in der Familienstiftung, die einen der größten deutschen Lebensmittelhandelskonzerne trägt und dabei um die möglichen Auswirkungen der Erkrankung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin. Dass an diesen Umständen ein ganz erhebliches Berichterstattungsinteresse der Öffentlichkeit besteht, hat auch das Landgericht zutreffend nicht in Frage gestellt; im Einzelnen ist dazu unten noch auszuführen.

(c) Ein genereller postmortaler Schutz ergibt sich zugunsten des Verstorbenen schließlich auch nicht daraus, dass vorliegend Gesundheitsangaben betroffen sind und teilweise eine postmortale Schweigepflicht von Ärzten zu solchen Tatsachen bejaht wird (vgl. Bender, VersR 2001, 815). Denn zum einen wird eine solche Pflicht nicht auf die Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts gestützt, sondern es existiert mit § 203 Abs. 4 S. 3 Nr. 3 StGB eine ausdrückliche gesetzliche Regelung (vgl. auch Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts II/2, 13. Auflage 1994, § 80 VI 3a, S. 535), auch wenn diese in der zivilrechtlichen Praxis schon deswegen regelmäßig ohne Belang sein wird, weil aus der vertraglichen Beziehung zum Arzt regelmäßig entsprechende schuldrechtliche Nebenpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB) folgen, die einen Rückgriff auf deliktische Anspruchsgrundlage entbehrlich erscheinen lassen. Zum anderen geht es im Fall der Berichterstattung der Beklagten nicht um die Indiskretion eines Berufsgeheimnisträgers, sondern allein – anderes ist weder vorgetragen noch ersichtlich – um eine solche von sonstigen Dritten gegenüber der Beklagten, gegen die auch nach diesem Ansatz kein deliktischer Schutz bestehen würde.

(2) Ist damit die Berichterstattung über die Erkrankung des verstorbenen Ehemanns der Klägerin nicht schon aus generellen Erwägungen unzulässig, so ergibt sich eine solche Unzulässigkeit auch nicht aus den Gesichtspunkten einer Verletzung des allgemeinen Achtungsanspruchs des Verstorbenen oder einer schwerwiegenden Entstellung seines Lebensbildes.

(a) Der allgemeine Achtungsanspruch des Verstorbenen ist durch die streitgegenständliche Berichterstattung der Beklagten nicht verletzt. Denn durch die Offenbarung seiner Alkoholerkrankung wird er unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes des Beitrags weder in einer die Menschenwürde verletzenden Art und Weise ausgegrenzt, verächtlich gemacht oder verspottet noch in einer solchen Art und Weise herabgewürdigt bzw. erniedrigt.

(aa) Der Senat hält es schon für fraglich, ob – wie in der angefochtenen Entscheidung angenommen wird (vgl. für Abwehranspruch gegen Offenbarung einer ehrenrührigen Krankheit in einer Randüberlegung zum mittelbaren Schutzkonzept wohl auch Bender, VersR 2001, 815 zu IV.3) – ein Betroffener generell durch die Offenbarung seiner Alkoholabhängigkeit in einer die Menschenwürde verletzenden Art und Weise ausgrenzt, herabwürdigt oder erniedrigt wird. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die öffentliche Erörterung einer solchen Erkrankung als unschicklich gilt, nachteilige Reaktionen der Umwelt auslösen kann oder vom Betroffenen als peinlich empfunden wird. Die Beklagte rügt in diesem Zusammenhang zu Recht, dass dies durchweg Erwägungen sind, welche die höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Frage eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG im Hinblick auf die Privatsphäre des Betroffenen heranzieht (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2016 – VI ZR 382/15, GRUR 2017, 304 sowie BVerfG, Beschl. v. 15.12.1999 – 1 BvR 653/96, BVerfGE 101, 761 jeweils m.w.N.). Dieser Schutz greift jedoch zugunsten des im Zeitpunkt der Berichterstattung bereits seit vier Jahren verstorbenen C B nicht mehr ein. Auch wenn der Klägerin sicherlich zu konzedieren ist, dass eine Alkoholabhängigkeit in der öffentlichen Wahrnehmung immer noch einen anderen Stellenwert hat als sonstige schwere Erkrankungen und dass sie überwiegend mit dem unterschwelligen Vorwurf „selbstverschuldet“ belegt ist, ist mit der Preisgabe einer solchen Erkrankung aber doch nicht zwangsläufig eine Ausgrenzung oder Stigmatisierung des Betroffenen verbunden. Denn anders als bei der Frage eines Eingriffs in das (lebzeitige) allgemeine Persönlichkeitsrecht durch einen Geheimnisverrat über Details der (inneren) Privatsphäre reicht es im Bereich des postmortalen Persönlichkeitsrechts gerade nicht aus, dass die Erörterung des betreffenden Details als peinlich empfunden wird oder in der Öffentlichkeit als unschicklich gilt. Insofern wird auch im Schrifttum vertreten, dass richtige Angaben über eine Person nie deren (postmortalen) Achtungsanspruch verletzten können (so für wahre Mitteilung, dass der Verstorbene Mitglied in der Stasi bzw. NSDAP war, Bizer, NVwZ 1993, 653; vgl. auch Nikoletopoulos, Die zeitliche Begrenzung des Persönlichkeitsschutzes nach dem Tode, 1984, S. 54).

(bb) Letztlich kommt es jedoch auf diese Frage nicht an, da unabhängig von einer solchen generellen Betrachtung jedenfalls im vorliegenden konkreten Fall eine Verletzung der Menschenwürde in Form des allgemeinen Achtungsanspruchs nicht gegeben ist. Durch die Mitteilung der Alkoholkrankheit an die Öffentlichkeit als wahre Tatsachenbehauptung kann keine Ausgrenzung, Stigmatisierung, Verächtlichmachung, Herabwürdigung und/oder Erniedrigung festgestellt werden.

Soweit die Beklagte rügt, dass in der angefochtenen Entscheidung eine Abwägung im Hinblick auf die beteiligten Grundrechtspositionen durchgeführt wurde, kann sie mit diesem formellen Einwand im Ergebnis nicht durchdringen. Zwar ist mit dem eingangs Gesagten bei der Prüfung eines Eingriffs in das postmortale Persönlichkeitsrecht in der Tat keine Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen vorzunehmen, weil die Menschenwürde nicht abwägungsfähig ist. Indes bedarf es – wie ebenfalls ausgeführt – auf Tatbestandsebene stets einer sorgfältigen Begründung, wenn angenommen werden soll, dass der Gebrauch eines Grundrechts wie der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) auf die unantastbare Menschenwürde durchschlägt. Die Bewertung der Frage, ob in der hier streitgegenständlichen Berichterstattung der Beklagten und der darin erfolgten Offenbarung der Alkoholerkrankung eine Verletzung der Menschenwürde von C B in Form des allgemeinen Achtungsanspruchs vorliegt, ist dann aber in Abweichung von der angefochtenen Entscheidung zu Gunsten der Beklagten zu treffen. Denn unter Berücksichtigung zum einen des Berichtsanlasses als auch der Art der Darstellung im Gesamtkontext der streitgegenständlichen Berichterstattung liegt in der Mitteilung der Alkoholkrankheit als wahrer Tatsachenbehauptung aus der Privatsphäre des Verstorbenen weder eine Ausgrenzung oder Verächtlichmachung noch eine Herabwürdigung oder Erniedrigung.

((1)) Hinsichtlich des Berichtsanlasses ist – insofern entgegen der Auffassung des Landgerichts – zugunsten der Beklagten in die Bewertung einzustellen, dass die Offenbarung der Erkrankung gerade nicht anlasslos und damit allein zur Befriedigung der Neugier der Leser an den (früheren) privaten Lebensumständen des Betroffenen erfolgte. Es wird gerade nicht – wie es die Klägerin darstellt – aus nichtigem Anlass ein Detail der Krankheitsgeschichte ihres Ehemanns an die Öffentlichkeit gezerrt. Vielmehr handelt es sich um Umstände, die in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Hinblick auf die von der Klägerin dort selbst geltend gemachte fehlende Geschäftsfähigkeit ihres Mannes bei einer augenscheinlich bedeutsamen Satzungsänderung der Trägerstiftung eine wichtige, wenn nicht – jedenfalls aus Sicht der Klägerin in ihrem dortigen Parteivortrag – sogar die entscheidende Rolle spielten. Der Beitrag berichtet, dass der Streit in der B2-Familie „eskaliert“ und im „Streit um das Erbe“ die bisherigen „Gepflogenheiten geopfert“ werden, nämlich die „Diskretion als wichtigstes B2-Prinzip.“ Die Erkrankung wird insofern also nicht nur mit voyeuristischem Interesse an die Öffentlichkeit gezerrt, sondern vor dem Hintergrund des sich entfesselnden Streits um die „Macht im Konzern“, bei der die drei Stiftungen „die entscheidende Rolle“ spielen und bei denen die fragliche Satzungsänderung offenbar gerade aktuell im Vordergrund stand. Erfahren die Leser auch nichts zu den genauen Einzelheiten dieser Satzungsänderung, wird jedoch deutlich, dass diese im Kampf der beiden Familienteile um Einflussmöglichkeiten im Konzern (vermittelt über die Stiftungen) von ganz erheblicher Bedeutung sein muss und daher umso bedeutsamer ist, ob eine von C B unterzeichnete Satzungsänderung wirklich – wie die Klägerin meint – wegen fehlender Geschäftsfähigkeit unwirksam war. Keine tragende Rolle spielen kann in diesem Zusammenhang, ob und wie die Frage der Geschäftsunfähigkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren später dann tatsächlich umfassend erörtert und/oder in Entscheidungen eingeflossen ist, weil die Berichterstattung nur den Prozessvortrag der Klägerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgegriffen hat und im Kern über den von der Klägerin mitgesteuerten Verwaltungsgerichtsprozess vor dem Hintergrund der nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin vorherrschenden innerfamiliären Spannungen in einer der mächtigsten deutschen Familiendynastien berichtet. Berichtsanlass war vor diesem Hintergrund nicht allein die Befriedigung boulevardmäßiger Sensationsinteressen, sondern eine Gerichtsberichterstattung über einen die Zukunft des B2-Konzerns maßgeblich beeinflussenden Prozess. Der verstorbene Ehemann der Klägerin war zwar nicht im operativen (Tages-)Geschäft des Konzerns tätig. Er hatte jedoch immerhin Leitungsaufgaben im Konzern und war direkt an der Ausgestaltung der den Konzern tragenden Familienstiftungen beteiligt – was hier mit Blick auf seine Alkoholerkrankung nach dem Klägervortrag gerade zum Problem mit erheblichen Auswirkungen für die Zukunft geworden sein soll. Berücksichtigt man noch, dass ein Konsens der Familienstiftungen jedenfalls bei wesentlichen Entscheidungen im Konzern nötig ist, liegt auf der Hand, dass ein ganz erhebliches öffentliches Interesse an dem Gesamtgeschehen begründet wird, dass dann den Anlass der angegriffenen Berichterstattung darstellte.

((2)) Im Hinblick auf diesen konkreten Berichtsgegenstand sind durchaus auch die genaueren Umstände der Krankheit von Bedeutung, da die wenigsten Erkrankungen ohne weiteres zu einer Geschäftsunfähigkeit des Betroffenen führen und der durchschnittliche Rezipient daher allein mit der Mitteilung einer „schweren Erkrankung“ deren mögliche Relevanz für die rechtliche Wirksamkeit der Unterschrift von C B nicht vollumfänglich im Sinne der Zielrichtung der Berichterstattung nachvollziehen könnte. Soweit die Klägerin geltend macht, dass es im verwaltungsrechtlichen Rechtsstreit gar nicht direkt um den von der Beklagten im Beitrag propagierten „Kampf ums Erbe“ gehe, spielt dies für die Frage einer Verletzung der Menschenwürde in Form des allgemeinen Achtungsanspruchs ebenfalls keine entscheidende Rolle. Denn auch wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht die unmittelbare Verteilung der Vermögenswerte des vier Jahre zuvor verstorbenen C B unter den potentiellen Erben geklärt werden sollte, ging es unstreitig jedoch zumindest um die Frage, ob die von der Klägern angegriffene Satzungsänderung wirksam war und dies dazu geführt hatte, dass innerhalb der K-Stiftung – in die das Vermögen einer der reichsten Familien Deutschlands eingebracht ist und die gleichzeitig die wirtschaftlichen Geschicke eines der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Unternehmen leitet – Streitigkeiten zwischen den Organen und den Destinatären bestanden, die einer rechtlichen Klärung zugeführt werden sollten. Dass der Verstorbene – anders als in den Entscheidung des Senats vom 30.11.2017 (15 U 67/17 und 15 U 68/17, juris) – selbst nicht als Unternehmer bzw. Firmenführer in der Öffentlichkeit stand, ist vorliegend ohne Bedeutung, weil das Gesamtgeschehen für die Zukunft des Gesamtkonzerns bedeutsam ist und es letztlich um die Zukunft eines der größten deutschen Unternehmen geht. Zuzugeben ist zwar, dass die Geschicke des Konzerns in der Berichterstattung der Beklagten eher eine untergeordnete Rolle spielen. Ungeachtet dessen ist aber auch das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anstehende Streitthema der Parteien wegen der Leitbild- und Vorbildfunktion prominenter Familien – hier im Hinblick auf eine mitschwingende „Selbstbedienungsmentalität“ der Klägerin und ihrer Kinder zu Lasten des anderen Familienteils bzw. des von den als sehr sparsam geltenden Firmengründen geschaffene Unternehmens – von hohem Berichterstattungsinteresse.

Letztlich steht aufgrund dieser Einbindung der angegriffenen Äußerungen in die Gesamtberichterstattung der Beklagten nicht die Enthüllung des Geheimnisses (Krankheit von C B) im Vordergrund, sondern vielmehr die daran anschließende Frage, ob und gegebenenfalls wie sich diese unstreitig vorhandene Erkrankung auf rechtlich relevante Vorgänge von wirtschaftlich erheblicher Tragweite ausgewirkt hat. Darüber hinaus ist auch zu berücksichtigen, dass die Berichterstattung der Beklagten nicht nur die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erfolgten Angaben der Klägerin zur Alkoholkrankheit ihres Mannes wiedergibt, sondern auch die Stellungnahmen von Managern des Unternehmens, die in der Zusammenarbeit mit C B keine Anzeichen für eine bestehende Geschäftsunfähigkeit wahrgenommen haben wollen, womit sich die Eingriffstiefe deutlich mindert und für den durchschnittlichen Rezipienten auch erkennbar wird, dass es der Beklagten gerade nicht um Voyeurismus und eine Ehrminderung durch Offenlegung einer Erkrankung, sondern um eine sachliche und ausgewogene Gerichtsberichterstattung unter Darstellung auch der gegenteiligen Sichtweise geht.

((3)) Auch wenn die Klägerin zu Recht geltend macht, dass diese wahre Tatsache vom Betroffenen bzw. der Familie zu Lebzeiten stets geheim gehalten und der Öffentlichkeit damit erst durch die Berichterstattung der Beklagten bzw. der zeitlich vorangegangenen Berichterstattung in der C2-Zeitung enthüllt wurde, ist aber zugleich zu berücksichtigen, dass es nicht die Beklagte war, die durch investigativen Journalismus o.ä. dieses geheime Detail an die Öffentlichkeit gebracht hat. Vielmehr hat sich die Klägerin, die nunmehr den postmortalen Schutz ihres Ehemanns geltend macht, zunächst selbst dazu entschieden, dieses Detail – den inneren Familienkreis verlassend – jedenfalls in einem Rechtsstreit publik zu machen, um ihre wirtschaftliche Stellung bzw. die ihrer Kinder zu verbessern. Damit ist zwar keine sog. Selbstöffnung (vgl. BGH, Urt. v. 02.05.2017 – VI ZR 262/16, GRUR 2017, 850) verbunden, weil sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unter Verweis auf § 171b GVG auf eine besondere Vertraulichkeit gedrängt hat. Jedoch ist dennoch in die Bewertung des Eingriffscharakters einzustellen, dass die Klägerin damit gegenüber Dritten Auskünfte zur bisher geheimen Krankheitsgeschichte ihres Ehemanns gegeben und letztlich den eigentlichen Anlass für die Berichterstattung der Beklagten geschaffen hat.

((4)) Auch hinsichtlich der Art der Darstellung kann eine Verletzung der Menschenwürde des Verstorbenen durch die Berichterstattung der Beklagten nicht festgestellt werden. Es handelt sich nicht um eine in reißerischer Manier erfolgte Mitteilung der bislang geheim gehaltenen Krankheit. Vielmehr werden die Erkrankung C Bs sowie die daraus resultierenden möglichen gesundheitlichen und rechtlichen Auswirkungen (multiples Organversagen, Geschäftsunfähigkeit, Leberzirrhose, Schlafstörungen, Persönlichkeitsveränderungen, Veränderung der Zurechnungsfähigkeit etc.) in der angegriffenen Berichterstattung in eher nüchternen Worten bzw. in den Worten der gerichtlichen Stellungnahme der Klägerin dargestellt. Dieser Schilderung werden sodann die Angaben der Manager des Unternehmens gegenüber gestellt, die in der Zusammenarbeit mit C B keine Anzeichen für eine Geschäftsunfähigkeit entdeckt haben wollen. Es werden zudem – bis auf die Frage der Wirksamkeit der Unterschrift unter die Satzungsänderung – keine weiteren Details mitgeteilt, die die Person des Verstorbenen herabwürdigen oder erniedrigen, wie dies beispielsweise durch die Schilderung eines aggressiven Verhaltens gegenüber Familienmitgliedern oder Dritten, von sonstigen Ausfallerscheinungen unter Alkohol oder durch die Beschreibung einer körperlichen Verwahrlosung hätte geschehen können. Solche Details, die gegebenenfalls als postmortale Herabwürdigung bzw. Erniedrigung der Person des Verstorbenen eine Verletzung seines postmortalen Achtungsanspruchs hätten darstellen können, sind in der angegriffenen Berichterstattung sämtlich nicht zu finden; allein der Verweis auf Schlafstörungen und die Angewohnheit eine „hohe Dosis von Alkohol und Beruhigungsmitteln zu sich zu nehmen“, genügt dafür ersichtlich noch nicht.

(b) Schließlich wird durch die Berichterstattung der Beklagten auch nicht der sittliche, personale und soziale Geltungswert verletzt, den C B durch seine eigene Lebensleistung erworben hat. Denn durch die Bekanntgabe der tatsächlich bestehenden Alkoholkrankheit wird unter Abwägung der vorliegenden Umstände des Einzelfalls sein Geltungswert nicht in einer Art und Weise tangiert, dass es dadurch – was nach dem eingangs Gesagten erforderlich wäre, um einen postmortalen Abwehranspruch zu begründen – zu einer schwerwiegenden Entstellung seines Lebensbildes kommt. Dabei genügt im Hinblick auf die fehlende Möglichkeit der Abwägung bei Eingriffen in die Menschenwürde auf Tatbestandsebene gerade nicht schon die bloße Infragestellung des durch die Lebensstellung erworbenen Geltungsanspruchs, sondern es bedarf dessen grober Entstellung, beispielsweise durch Behauptung unwahrer oder zumindest nicht beweisbarer Tatsachen (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.06.1999 – 15 U 171/98, AfP 2000, 468; OLG Frankfurt, Urt. v. 15.10.2009 – 16 U 39/09, AfP 2009, 612; OLG Hamm, Urt. 05.10.2001 – 9 U 149/01, NJW 2002, 609; OLG Köln, Urt. v. 24.09.1998 – 15 U 122/98, AfP 1998, 647), durch Schmähkritik (vgl. OLG Köln, Urt. v. 24.09.1998 – 15 U 122/98, AfP 1998, 647) oder – was freilich die sog. vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts betreffen würde – durch kommerzielle Ausbeutung in Form einer erniedrigenden oder entstellenden Werbung (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.08.2006 – 1 BvR 1168/04, juris Rn. 26). Vorliegend ist jedoch keine dieser Fallgestaltungen gegeben:

Eine Schmähkritik oder aber eine kommerzielle Ausbeutung wird nicht einmal von Seiten der Klägerin behauptet und auch eine grobe Entstellung des Lebensbildes kann nicht festgestellt werden. Diese scheitert schon daran, dass – nach dem Vortrag der Klägerin – in der Öffentlichkeit überhaupt kein konkretes Lebensbild von C B bestand, da er weder als Führungskraft des Familienunternehmens noch in sonstiger Art und Weise für die breite Öffentlichkeit wahrnehmbar aufgetreten ist, sondern sich vielmehr stets aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und lediglich Unternehmensaufgaben im Innenbereich bzw. im außereuropäischen Ausland übernommen hatte. Besteht damit aber aus Sicht der Öffentlichkeit kein konkretes Bild der Person C Bs – weder im Hinblick auf seinen Krankheitszustand noch im Hinblick auf andere persönliche Umstände – so kann ein solches, nicht existentes Bild auch nicht verfälscht werden.

Im Übrigen hat der Senat auch erhebliche Bedenken, ob eine grobe Entstellung des Lebensbildes bei Mitteilung einer auch nach dem Klägervortrag wahren Tatsache überhaupt als solche denkbar ist, weil schon sprachlich eine Verfälschung, Verzerrung oder Entstellung durch Mitteilung unstreitig wahrer Tatsachen schwerlich vorstellbar sein dürfte. Letztlich wird dies auch durch den Klägervortrag deutlich, der nicht die Verfälschung eines existierenden Lebensbildes, sondern vielmehr den Geheimnisverrat in den Vordergrund stellt. Im Ergebnis kann diese Frage hier jedoch auch dahinstehen, da – selbst wenn eine grobe Entstellung des Lebensbildes des Verstorbenen durch die Mitteilung wahrer, aber zu Lebzeiten geheim gehaltener Tatsachen grundsätzlich in Betracht käme – vorliegend der Unterlassungsanspruch aus anderen Gründen scheitert. Denn an eine Lebensbildverfälschung sind – wie ausgeführt – jedenfalls stets strenge Anforderungen zu stellen; insbesondere genügt eine schlichte Infragestellung des durch die Lebensstellung erworbenen Geltungsanspruchs nicht, sondern erforderlich ist eine grobe Entstellung. Der Senat hat in den Urteilen vom 30.11.2017 (15 U 67/17 und 15 U 68/17) zu einem vergleichbaren Sachverhalt bereits ausgeführt, dass in diesem Zusammenhang nicht darauf abgestellt werden kann, welches Bild der Verstorbene von sich selbst in der Öffentlichkeit lanciert hat und/oder welche postmortale Darstellung seiner Person ihm gefallen hätte. Entscheidend ist vielmehr allein, welches Bild von der Person des Verstorbenen aufgrund seiner Lebensleistung gerechtfertigt ist. Von seiner objektiven Lebensleistung her war der Verstorbene eben nicht nur ein – sei es nicht mehr operativ tätiger – Unternehmer, sondern er war jedenfalls am Ende seines Lebens schwer alkoholkrank und nach laienhafter Betrachtung der Klägerin in seiner Lebensführung und Persönlichkeit in hohem Maße beeinträchtigt. Wie ein Lebender hat ein Verstorbener jedoch keinen Anspruch darauf, dass generell keine (wahren) Tatsachen über ihn an die Öffentlichkeit gelangen und/oder ein gegebenenfalls nur in Teilbereichen zutreffendes Bild von ihm in der Öffentlichkeit aufrechterhalten bzw. gezeichnet wird. In diesem Zusammenhang spielt es auch keine Rolle, dass der Verstorbene zu Lebzeiten seine Alkoholerkrankung geheim gehalten hat, weil dies allein nicht zu einer entsprechenden Gestaltung des durch die Lebensstellung erlangten sozialen Geltungsanspruchs führt, der hier das Lebensbild entsprechend begrenzen und so eine Offenbarung des Geheimnisses automatisch zur Verfälschung des Lebensbildes würde, weil der Verstorbene es unter Geheimhaltung der tatsächlich bestehenden Krankheit eigentlich selbst verzerrt gestaltet hat. In Betracht kommt ein solcher postmortaler Geheimnisschutz allenfalls bei Vorliegen besonderer Umstände, die hier weder vorgetragen noch ersichtlich sind.

c) Damit kam es nicht mehr auf die weiteren Fragen, insbesondere die genaue Angriffsrichtung des Klageantrages (§ 308 Abs. 1 ZPO) mit seiner Differenzierung zwischen einem „Veröffentlichen“ und „Verbreiten“, das unterschiedliche Ausmaß der Unterstreichungen in den Klageanträgen verglichen mit den Anträgen in einigen Parallelverfahren und auch die Frage des Zu-Eigen-Machens der Äußerungen, an.

e) Eine eigene Verletzung (auch) der Klägerin, war hier nicht, auch nicht hilfsweise, geltend gemacht, so dass sich Ausführungen dazu hier erübrigen.

2. Mangels Unterlassungsanspruch kann die Klägerin auch die außergerichtlichen Anwaltskosten von der Beklagten nicht verlangen.

3. Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich hinsichtlich der Kosten aus § 91 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, da die Beurteilung des Rechtsstreits auf der Anwendung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und im Übrigen auf den Einzelfallumständen beruht. Soweit der vorliegende Rechtsstreit die Frage berührt, ob ein rechtswidriger Eingriff in das postmortale Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Ehemannes der Klägerin vorliegt, sind die hierbei zur Anwendung kommenden Rechtsgrundsätze bereits durch gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung als geklärt anzusehen; die oben zitierten gegenteiligen Stimmen aus dem zumeist älteren Schrifttum rechtfertigen allein keine andere Sichtweise und haben insbesondere in der Rechtsprechung auch keinen Eingang gefunden.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 50.000 EUR

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