BGH bejaht im Grundsatz Werktitelschutz für Internet-Domains und Apps
Was ist passiert?
Die Betreiberin der Internet-Domain wetter.de hält auf der zugehörigen Internet-Seite neben allgemein abrufbaren Informationen zum Thema Wetter auch ortsspezifisch aufbereitete Wetterdaten vor. Daneben gibt es seit dem Jahr 2009 eine Applikation für Smartphones und Tablets unter dem Titel „wetter.de“.
Neben der vorgenannten App gibt es bekanntermaßen noch zahlreiche andere Weter-Applikationen, darunter unter anderem Apps mit den Bezeichnungen „wetter DE“, „wetter-de“ sowie „wetter-DE“, die seit dem Jahr 2011 von der Betreiberin der Seite wetter.at sowie wetter-deutschland.com zur Verfügung gestellt werden.
In der Benutzung dieser Bezeichnungen für die Wetter-Apps sah die Betreiberin von wetter.de eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte an der Domain wetter.de und der von ihr betriebenen Wetter-App und nahm daher die Betreiberin von wetter.at in der Folge auf Unterlassung, Auskunft, Ersatz der Abmahnkosten sowie Feststellung einer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Nachdem die Klägerin in den Vorinstanzen erfolglos blieb, legte sie Revision zum BGH ein.
Entscheidung des Gerichts
Der Bundesgerichtshof wies mit Urteil von Ende Januar 2016 (Urteil vom 28.01.2016 – Az.: I ZR 202/14) die Revision zurück.
Die Karlsruher Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass Domainnamen von Internetangeboten sowie für Mobilfon-Applikationen im Grundsatz titelschutzfähige Werke im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG sein können. Erforderlich hierfür sei jedoch, dass der Bezeichnung eine für den Werktitelschutz hinreichende originäre Unterscheidungskraft zukomme.
Im Fall der Applikation „wetter.de“ fehlt es der Bezeichnung jedoch gerade an dieser Unterscheidungskraft, da sich die Bezeichnung nach deren Wortwahl, Gestaltung und der vom Verkehr zugemessenen Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft. Der Titel „Wetter.de“ ist für eine Webseite und Smartphone-App, die Wetterinformationen für Deutschland bereithält, schlichtweg beschreibend.
Dies gelte trotz der Tatsache, dass von der Rechtsprechung an den erforderlichen Grad der Unterscheidungskraft in bestimmten Fällen lediglich geringe Anforderungen zu stellen sind, nämlich dann, wenn der Verkehr seit längerem daran gewöhnt ist, dass Titel mit beschreibenden Bezeichnungen gekennzeichnet werden und der Verkehr auf feine Unterschiede achten wird, wie dies beispielsweise im Bereich von Zeitungen und Zeitschriften der Fall ist. Der Bundesgerichtshof sieht diese Grundsätze jedoch nicht auf die Bezeichnung von Smartphone-Apps und Internetseiten übertragbar.
Trotz fehlender Unterscheidungskraft könne zwar ein Werktitelschutz auch unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung erlangt werden, aber auch dies lehnten die Karlsruher Richter im vorliegenden Fall ab. Es fehlte seitens der Klägerin an dem Beleg, dass sich die Bezeichnung „wetter.de“ innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise als Werktitel durchgesetzt hat. Erforderlich wäre der Nachweis gewesen, dass mindestens 50% des angesprochenen Verkehrskreises in der Bezeichnung „wetter.de“ einen Hinweis auf eine bestimmte Website mit Wetterinformationen sähen. Dies war jedoch nicht der Fall.
Kommentar von Rechts- und Fachanwalt Hagen Hild
Nicht nachvollziehbar bleibt in der Begründung des BGH, dass die Grundsätze der Rechtsprechung zur Unterscheidungskraft von Titeln von Zeitungen und Zeitschriften nicht auf Domains übertragbar sein sollen, da der Verkehr auch hier sehr wohl – aufgrund der hohen Vielzahl der mittlerweile existierenden Domains und Apps – auch an feine Unterschiede in den Bezeichnungen gewöhnt ist.
Dennoch ist erfreulich, dass der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung von Ende Januar 2016 im Grundsatz den Werktitelschutz von Apps und Internet-Domains bejaht, ihn jedoch im konkreten Fall von „wetter.de“ verneint, da der Titel schlichtweg beschreibend sei. Umgekehrt kann jedoch bei gerade nicht-beschreibenden Internet-Domains ein Werktitelschutz zu bejahen sein, so dass gegen entsprechende Apps mit identischer Bezeichnung u.a. ein Unterlassungsanspruch bestehen kann.