Die Aussage „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ ist irreführend

22. April 2022
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Kind füttert Hühner im Gras Urteil des OLG Celle vom 11.11.2021, Az.: 13 U 84/20

Die Aufschrift „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ auf einem Eier-Karton ist irreführend. Die Hühner des Beklagten werden alle zwei Wochen durch repräsentative Probenentnahmen auf Salmonellen getestet. Alle Vorkehrungen des Beklagten führen zu einer sehr niedrigen Wahrscheinlichkeit eines Salmonellenbefalls. Trotzdem ist davon auszugehen, dass der durchschnittliche Verbraucher die Aussage dahingehend versteht, dass die Hühner, die die in dem Karton befindlichen Eier gelegt haben, nachweislich salmonellenfrei sind.

Oberlandesgericht Celle

Urteil vom 11.11.2021

Az.: 13 U 84/20

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 23. November 2020 wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Tenor des angefochtenen Urteils zu Ziffer 1 klarstellend hinzugefügt wird:

und Salmonellentests nur zweiwöchentlich anhand einer repräsentativen Beprobung des Stalls der betreffenden Hühnerherde durchgeführt wurden.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil des Landgerichts Hannover sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers hinsichtlich des ausgesprochenen Verbots durch Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für die erste Instanz und für das Berufungsverfahren auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

A.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer Werbeaussage in Anspruch.

Die zur dänischen D.-Gruppe gehörende Beklagte vertreibt in Dänemark produzierte Eier in Deutschland. Die Beklagte hat unter anderem Bio-Eier, Eier aus Freilandhaltung und Eier aus Bodenhaltung im Sortiment. Die Eierkartons der Beklagten tragen je nach Haltungsform und Packungsgröße (6er-Karton oder 10er Karton) unterschiedliche Bezeichnungen. Auf den Kartons befindet sich jeweils ein Aufkleber mit einem Barcode, der u.a. das Mindesthaltbarkeitsdatum ausweist. Diesen Aufkleber versieht die Beklagte mit der Angabe „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“. Die Angabe ist drucktechnisch hervorgehoben (schwarze Schrift auf gelbem Grund mit einer roten Umrandung, vgl. Bl. 5 d.A.).

In Dänemark müssen seit 2013 die Legehennen-Herden alle zwei Wochen auf Salmonellen getestet werden (Bl. 36 d.A.). Wegen dieses staatlichen Kontrollprogramms nimmt Dänemark – neben Schweden und Finnland – in der EU eine Sonderstellung in Bezug auf die Bekämpfung von Salmonellen bei Tieren und tierischen Produkten ein.

Der Kläger mahnte die Beklagte wegen der Verwendung der streitgegenständlichen Werbeaussage „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ in Bezug auf die Bio-Eier „g. G.“ ab (Anlage K 5, Bl. 18 ff. d.A).

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erwarb am 15. November 2019 in einem Lebensmittelgeschäft die in der Anlage K 2 (Bl. 14 d.A.) abgebildeten Eier-Kartons der Beklagten (Anlage K 1, Bl. 13). Der erworbene Sechserkarton mit Bio-Eiern ist in den Klagantrag zu 1 eingeblendet.

Der Kläger hat gemeint, die Angabe „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ bei den Bio- und Freilandeiern sei unlauter, weil sie gegen das lebensmittelrechtliche und das allgemeine Irreführungsverbot verstoße. Die Angabe erwecke bei den Kaufinteressenten die Vorstellung, dass die hiermit beworbenen Eier tatsächlich salmonellenfrei seien. Diese Erwartung werde enttäuscht. Auch wenn die Hühnerherden in Dänemark alle zwei Wochen kontrolliert würden, könne dies nicht die Salmonellenfreiheit jedes Eies gewährleisten. Diese Kontrolldichte sei nicht ausreichend, weil die Inkubationszeit der Salmonelleninfektion nur 6 bis 27 Stunden, in seltenen Fällen bis zu sieben Tagen, betrage. Weil die Hühner bei Bio- und Freiland-Eiern Freilauf haben müssten, sei es ohne weiteres möglich, dass die Legehennen – etwa durch Wildvögel oder andere freilebende Tiere – zwischen den Prüfungsintervallen mit Salmonellen kontaminiert würden, ohne dass der Betrieb oder die Beklagte dies bemerke. Die Salmonellenfreiheit könne nur dann garantiert werden, wenn ein amtlicher Kontrolleur jeder Legehenne Salmonellenfreiheit bescheinigt hätte und nur die vor der Untersuchung gelegten Eier in den Handel gelangen würden. Ergänzend stütze sich der Kläger darauf, dass es sich um Werbung mit einer Selbstverständlichkeit handele, wenn die Aussage als wahr anzusehen wäre. Denn dann gelte die Aussage für alle dänischen, finnischen und schwedischen Eier, nicht nur für die von der Beklagten vertriebenen Eier. Darüber hinaus sei das Ziel der Salmonellenfreiheit auch in Deutschland eigentlich eine gesetzlich vorgeschriebene Selbstverständlichkeit. Zudem handele es sich um eine unzulässige krankheitsbezogene Werbeangabe, da der Eindruck erweckt werde, der Verzehr der Eier der Beklagten sei zur Vorbeugung einer salmonellenbedingten Gastroenteritis geeignet.

Der Kläger hat beantragt (Bl. 2, 111 d.A.),

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Hühnereier mit der Angabe auf der Produktverpackung „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn dies – wie nachstehend eingeblendet –

[Abbildung]

im Hauptsichtfeld des handelsüblichen Eierkartons drucktechnisch hervorgehoben auf einem sogenannten „Störer“ (mit schwarzer Schrift auf gelbem Grund mit rotem Rahmen) geschieht,

2. der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, anzudrohen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 299,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. September 2019 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt (Bl. 111 d.A.),

die Klage abzuweisen.

Sie hat eine Irreführung in Abrede genommen. Der durchschnittliche Verbraucher verstehe die Werbeaussage dahin, dass die beworbenen Eier von salmonellenfreien Hühnern gelegt seien und dieser Umstand durch regelmäßige Kontrollen nachgewiesen sei. Damit werde aber nicht garantiert, dass jede Legehenne von einem Amtstierarzt untersucht werde. Aus der Werbeaussage könne nicht herausgelesen werden, dass die Beklagte zu 100 % garantieren könne, dass die Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern stammten (Bl. 41 d.A.). Eine Sicherheit von 100 % bestehe nicht. Es komme aber nicht darauf an, dass die Auslobung theoretisch unzutreffend sein könne, entscheidend sei, dass sie tatsächlich zutreffe.

Dieses Verbraucherverständnis entspreche den tatsächlichen Verhältnissen. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass die streitgegenständlichen Eier von nicht salmonellenfreien Hühnern gelegt worden seien. Dass die Eier salmonellenfrei seien, könne aufgrund der repräsentativen, 2-wöchentlichen Kontrollen angenommen werden. Durch den erhöhten Kontrollturnus habe sich in Dänemark das Risiko, dass ein Ei aus einer mit Salmonellen infizierten Herde in den Verkauf gelange, auf 0,003 % reduziert. Seit der Umstellung auf einen 2-wöchigen Kontrollturnus sei es in den Legehennen-Herden der Beklagten, die Eier für den deutschen Markt produzierten, zu keiner Salmonelleninfektion mehr gekommen (Bl. 37 d.A.). Inzwischen habe sie ihren Kontrollturnus noch einmal verdichtet und nehme teilweise schon wöchentlich entsprechende Untersuchungen vor (Bl. 107R d.A). Die Beklagte werde von dem beauftragten Labor bei dem geringsten Salmonellenverdacht sofort informiert und könne daher umgehend Maßnahmen ergreifen, um die Auslieferung von Eiern der von dem Verdacht betroffenen Hühner verhindern. Sie könne sicherstellen, dass selbst bei einem positiven Salmonellentest die Eier nicht nach Deutschland ausgeliefert würden (Bl. 107 f. d.A.). Außerdem weise auch ein Ei von einer infizierten Henne nicht zwingend Salmonellen auf. Die Inkubationszeit betrage bei Geflügel entgegen dem Vorbringen des Klägers mindestens mehrere Tage, sie sei vorliegend aber irrelevant. Eine nach den gesetzlichen Vorschriften untersuchte Legehennen-Herde gelte als salmonellenfrei, wie sich aus Ziff. 2.2.1, 2.2.2 und 4 des Anhangs zur EU-VO Nr. 517/2011 ergebe. Sie ergreife auch Maßnahmen, um eine Infektion durch Wildvögel auszuschließen, zum Beispiel erfolge die Fütterung nicht unter freiem Himmel, sondern nur überdacht. Es sei unerheblich, ob eine Salmonelleninfektion der Legehennen-Herden durch Wildvögel theoretisch denkbar sei. Maßgeblich sei, ob es rein praktisch denkbar sei, dass Eier in den Einzelhandel gelangen, die von nicht nachweislich salmonellenfreien Hühnern gelegt worden seien.

Die Beklagte hat weiter gemeint, es handele sich auch nicht um die Werbung mit einer Selbstverständlichkeit. Anders als in Dänemark müsse in Deutschland eine Legehennen-Herde nach der Geflügelsalmonellenverordnung nicht frei von allen Salmonellen sein, damit die von ihr produzierten Eier verkehrsfähig seien (Bl. 87 f. d.A.). Hinzu komme in Deutschland die erhöhte Gefahr einer Infektion mit Salmonellen der Kategorie 1 aufgrund des 15-wöchigen Testintervalls. Außerdem würden von anderen Erzeugern aus Dänemark, Finnland und Schweden keine nennenswerten Mengen an Konsumeiern exportiert.

Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 23. November 2020 antragsgemäß stattgegeben (Bl. 115 ff. d.A.). Dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch zu. Er sei gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert. Die streitgegenständliche Angabe sei gemäß § 5 Abs. 1 UWG irreführend. Der angesprochene Verbraucher dürfe die Werbeaussage dahin verstehen, dass die Beklagte garantiere, dass die Eier in der Packung von nachweislich salmonellenfreien Hühnern stammen. Unter einem entsprechenden Nachweis verstehe der Käufer, dass jedes Ei im Nachhinein einer entsprechenden Henne zugeordnet werden könne und deren Salmonellenfreiheit zum Zeitpunkt des Eier-Legens nachgewiesen werden könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten verstehe der Verbraucher die Aussage nicht lediglich dahin, dass die Eier nachweislich von sehr regelmäßig getesteten Hühnerherden stammen, wodurch das Risiko des Salmonellenbefalles gegen Null tendiere. Der Verbraucher habe regelmäßig keine Vorstellung davon, welches Zeitintervall bei der Testung von Hühnerherden engmaschig oder welches weiträumig sei. Von regelmäßigen Salmonellentests gehe der durchschnittliche Verbraucher ohnehin aus. Die durch eine rote Umrandung hervorgehobene Aussage werde der Verbraucher deshalb dahin verstehen, dass die Salmonellenfreiheit in jedem einzelnen Fall nachgewiesen und damit garantiert werden könne. Es treffe aber nicht zu, dass die Beklagte einen Salmonellenbefall in jedem einzelnen Fall zu 100 % ausschließen könne. Daran ändere es auch nichts, dass in Dänemark alle zwei Wochen – häufiger als in anderen EU-Staaten – kontrolliert werde, nach der Behauptung der Beklagten in Dänemark im Jahr 2015 kein Salmonellenbefall einer Hühnerherde festgestellt worden sei, es bei der Beklagten seit 2013 keinen Salmonellenbefall in einer Herde, die für Deutschland Eier produziere, gegeben habe und die Beklagte teilweise sogar wöchentliche Tests durchführe. Trotzdem sei es theoretisch möglich, dass es ausnahmsweise – etwa durch Wildvögel – zu einem Salmonellenbefall in dem Bestand der Beklagten kommen könne. Dies bestreite auch die Beklagte nicht. Zwar behaupte die Beklagte, dass das Risiko in ganz Dänemark bei 0,003 % liege. Die Chance auf einen Hauptgewinn im Lotto sei jedoch weitaus niedriger; trotzdem behaupte wohl niemand ein Lottospiel sei nachweislich ohne Gewinn. Auch aus den Regelungen 2.2.1, 2.2.2 und 4. im Anhang der EU-Verordnung Nr. 517/2011 ergebe sich nicht, dass eine nach den gesetzlichen Vorschriften untersuchte Legehennenherde als salmonellenfrei gelte. Der Vortrag der Beklagten, es sei außerdem ausgeschlossen, dass Eier bei einer ausnahmsweise positiv getesteten Herde in Deutschland in den Vertrieb gelangten, sei ohne ausreichende Substanz. Weil ein Salmonellenbefall zwischen den einzelnen Tests theoretisch denkbar sei, könnten die Eier unbemerkt in den Vertrieb gelangen. Auch bei einer umgehenden Sperrung der Eier im Falle eines positiven Testergebnisses könnten die Eier zuvor dem Verbraucher im Laden zugänglich gewesen sein. Der Werbeaufdruck könne den Verbraucher zu einer geschäftlich relevanten Entscheidung – dem Erwerb der Eier – veranlassen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt (Bl. 149 d.A). Die Werbeaussage sei zutreffend. Die Salmonellenfreiheit der Hühner, die die Bio-Eier „g. G.“ legten, sei durch ihre engmaschigen, mittlerweile wöchentlichen, Testungen nachgewiesen. Wenn einzelne Hühner trotz negativer Testung der Herde mit Salmonellen infiziert sein sollten, würde sich die Infektion in den Folgewochen so stark im Bestand ausbreiten, dass sie bei einer der Folgetestungen entdeckt werden würde (Bl. 150 d.A.). Aufgrund der getroffenen Schutzmaßnahmen sei eine Infektion aber praktisch unmöglich, wie sich daran zeige, dass es nie zu einer Infektion gekommen sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts verstehe ein durchschnittlicher Verbraucher ihre Werbeaussage nicht dahin, dass jedes Ei von einer zum Zeitpunkt des Eierlegens negativ getesteten Henne stamme. Einem gut informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher sei bekannt, dass eine solche Testung unmöglich zu realisieren sei. Diesem sei bekannt, dass im Lebensmittelbereich repräsentative Untersuchungen ausreichend seien. Auf die besonders strengen Salmonellenkontrollen in Dänemark werde auf der Innenseite der Eierverpackung hingewiesen (Bl. 157 d.A.). Das Verständnis des Durchschnittsverbrauchers könne durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden, was von der Beklagten beantragt werden würde (Bl. 154 d.A.). Das Landgericht habe auch zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte bei Feststellung einer Salmonelleninfektion die Eier nicht mehr rechtzeitig vor der Auslieferung an den Einzelhandel stoppen könne. Dies sei im Regelfall möglich (Bl. 155 d.A). Es vergingen mehrere Tage, bevor die Eier die Verkaufsregale erreichten.

Die Beklagte beantragt (Bl. 148 f., 221 d. A.),

unter Abänderung des am 23. November 2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover das Urteil aufzuheben und die Klage zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt (Bl. 139, 222 d. A.),

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der Berufungsverhandlung klargestellt, dass der Unterlassungsantrag sich nur auf die abgemahnte Verletzungshandlung in der konkret begangenen Form beziehen soll, d. h. auf die im Antrag eingeblendete Verpackungsaufschrift „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ vor dem Hintergrund der damals von der Beklagten praktizierten Salmonellenkontrollmaßnahmen (Bl. 222 d.A). Mit dieser Maßgabe verteidigt der Kläger das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Auch eine Verkürzung des Kontrollturnus auf eine Woche könne jedoch das Risiko einer Kontamination von Bio-Hühnern nicht verhindern (Bl. 177 d.A.).

Nach Erörterung in der Berufungsverhandlung hat die Beklagte in Bezug auf die Rückholmöglichkeit bei ausgelieferten Eiern in einem nachgelassenen Schriftsatz vorgetragen, bei dem in der Klagschrift abgebildeten Sechser-Karton sei – wie ersichtlich – auch bei einem zweiwöchigen Testrhythmus eine Rückholung der Eier vor der Auslieferung an den Endverbraucher ohne weiteres möglich gewesen. Die Eier des vorgelegten Zehnerpacks mit dem Packdatum 7. November 2019 seien am 3. November 2019 gelegt worden. Zuvor sei die betreffende Herde am 24. Oktober 2019 negativ getestet worden. Die Folgeprobe sei 5. November 2019 an das Labor weitergeleitet worden, das (negative) Ergebnis der Salmonellentestung sei am 8. November 2019 gefolgt. Am 9. November seien die Eier an R. ausgeliefert worden. Sie könne nicht mehr nachvollziehen, wann anschließend die Auslieferung an den Einzelhandel erfolgt sei. Jedenfalls seien die Abläufe so organisiert, dass die Auslieferung noch rechtzeitig gestoppt werden könne, obwohl zwischen dem Packdatum und dem Verkauf im Einzelhandel nur knapp eine Woche liege. Dies sei auch bei einem zweiwöchigen Testrhythmus bei richtiger Taktung von Testung und Auslieferung der Fall gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des
erstinstanzlichen Urteils sowie auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

B.

Die Berufung ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 513 Abs. 1, 1. Alt., § 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO).

I.

Die auch in der Rechtsmittelinstanz von Amts wegen zu prüfende Sachentscheidungsvoraussetzung der internationalen Zuständigkeit ist gemäß Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO gegeben, weil der Kläger eine Werbeaussage beanstandet, die die Beklagte beim Vertrieb ihrer Produkte in Deutschland gebraucht.

II.

1. Der Unterlassungsantrag ist – ebenso wie das angefochtene Urteil – dahin auszulegen, dass die streitgegenständliche Werbeaussage in Bezug auf Bio-Eier untersagt werden soll.

Der Antrag ist mit der Wendung „wenn dies – wie nachstehend eingeblendet – (…) geschieht“ ausdrücklich auf eine konkrete Verletzungsform gerichtet. Hierzu ist im Antrag das Foto eines Bio-Eier-Kartons eingeblendet. Auch die vorgerichtliche Abmahnung, auf die der Kläger in der Klagschrift Bezug genommen hat (Bl. 6 d.A.) bezieht sich explizit nur auf Bio-Eier (Anlage K 5.1 Bl. 18 d.A.). Zwar vertreibt die Beklagte auch Eier aus anderen Haltungsformen (konventionelle Freilandeier und Eier aus Bodenhaltung), wie auch in der Klagschrift dargestellt worden ist (Bl. 4 d.A.). Auch wird in der Klagschrift ausgeführt, dass die verwendete Werbeaussage in Bezug auf Bio-Eier und Freiland-Eier unzulässig sei (Bl. 8 d.A.). Im weiteren Verlauf des Rechtsstreits hat der Kläger dann jedoch wieder explizit zu Bio-Eiern vorgetragen (Schriftsatz vom 23. Juni 2020, Bl. 81R; auch in der Berufungserwiderung, Bl. 177 d.A.). In der Gesamtschau ist nicht hinreichend deutlich geworden, dass – anders als auf dem als konkrete Verletzungsform eingeblendeten Foto – sich der Unterlassungsantrag auch auf Eier aus konventioneller Freilandhaltung beziehen soll. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich ebenfalls nicht, dass das Landgericht von einer anderen Auslegung ausgegangen ist. Auch die Beklagte ist in der Berufungsbegründung davon ausgegangen, dass nur ihre Bio-Eier streitgegenständlich sind (Bl. 150 d.A.).

Nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist hätte der Kläger seinen Klagantrag nicht mehr dahin erweitern können, dass er sich auch auf Eier aus (konventioneller) Freilandhaltung erstreckt (§ 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Der Senat weist jedoch vorsorglich darauf hin, dass es sich bei der Verwendung der Werbeaussage in Bezug auf konventionelle Freilandeier um einen kerngleichen Verstoß handeln dürfte, weil die Unzulässigkeit der Werbeaussage nicht auf Besonderheiten bei der Produktion von Bio-Eiern beruht, sondern die Erwägungen in gleicher Weise für Eier aus konventioneller Freilandhaltung gelten würden.

2. Weiter ist unklar gewesen, ob der Kläger die Aussage generell – unabhängig von möglichen Verbesserungen der Testmethoden in Bezug auf Salmonellenerkrankungen der Hühnerbestände – verbieten lassen will, worauf die Ausführungen in der Berufungserwiderung und seinem Schriftsatz vom 26. Mai 2021 hindeuteten, oder sich der Unterlassungsantrag nur darauf bezieht, dass die Werbeaussage auf dem abgebildeten Bio-Eier-Karton mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 22. November 2019 unzulässig gewesen sei, weil die von der Beklagten zu diesem Zeitpunkt angewandten Testmethoden die Zusicherung nicht haben rechtfertigen können. Aufgrund der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Berufungsverhandlung vorgenommenen Klarstellung ist der Unterlassungsantrag dahin zu verstehen, dass die beanstandete konkrete Verletzungsform das Inverkehrbringen des abgebildeten Bio-Eierkartons mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum 22. November 2019 mit der aufgedruckten Werbeaussage vor dem Hintergrund der damals von der Beklagten praktizierten Salmonellenkontrollmaßnahmen ist.

III.

Mit dem vorstehend dargestellten Inhalt ist der Unterlassungsantrag hinreichend bestimmt und auch begründet, wobei im Hinblick auf die praktizierten Salmonellenkontrollmaßnahmen eine klarstellende Ergänzung des Tenors des angefochtenen Urteils vorzunehmen war.

1. Der Kläger hat insoweit einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (LMIV) bzw. § 5 Abs. 1 UWG, weil die Angabe „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ eine irreführende Information über die Eigenschaften der verkauften Bio-Eier darstellte.

a) Die Aktivlegitimation des Klägers gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist gegeben. Sie steht auch nicht im Streit.

b) Die beanstandete Angabe „Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ verstieß gegen eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG, weil sie eine irreführende Information über die in Verkehr gebrachten Eier gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. a LMIV darstellte und mithin gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verboten ist.

aa) Das vom Landgericht zugrunde gelegte Verständnis dieser Angabe ist zutreffend.

(1) Abzustellen ist auf den durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 39. Aufl. 2021, UWG § 5 Rn. 1.76, mwN). Das Verbraucherleitbild des deutschen Lauterkeitsrechts entspricht dem des europäischen Rechts (aaO, mwN). Bei geringwertigen Gegenständen des täglichen Bedarfs ist die Aufmerksamkeit des Verbrauchers regelmäßig eher gering, so dass er die Werbung eher flüchtig zur Kenntnis nehmen wird (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2017 – I ZR 78/16 –, Rn. 27, juris).

Das Verbraucherverständnis kann der Senat, dessen Mitglieder zu den angesprochenen Verbrauchern zählen, aus eigener Sachkunde feststellen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens ist nicht veranlasst.

(2) Die angesprochenen Verbraucher verstehen die Angabe dahin, dass die Eier, die sich in dem abgepackten Karton mit der streitgegenständlichen Angabe befinden, von Hühnern stammen, deren Salmonellenfreiheit zum Zeitpunkt des Eierlegens oder aber jedenfalls vor dem Inverkehrbringen der Eier durch die Beklagte jeweils durch einen entsprechenden Test nachgewiesen ist. Dieses Verständnis entspricht dem Wortlaut der Angabe. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Angabe sich nicht auf dem vorgedruckten Etikett befindet, sondern auf dem jeweils individuell hergestellten Etikett, dass die Packstelle mit dem jeweiligen Packdatum und einem Barcode ausweist. Dies bestärkt die schon durch den Wortlaut bedingte Vorstellung, dass diejenigen Hühner, die die in dem Karton befindlichen Eier gelegt haben, nachweislich salmonellenfrei sind. Für den Verbraucher bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich tatsächlich nur um regelmäßige – zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verstoßes zweiwöchentliche – Salmonellentests handelt, bei der auch nicht die einzelnen Hühner, sondern Ausscheidungen aus der Herde getestet werden. Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Vorbringen der Beklagten, dass eine solche Testung der einzelnen Hühner unmöglich zu realisieren sei und dies den Verbrauchern bekannt sei. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten hat der durchschnittlich informierte Verbraucher keine konkreten Kenntnisse darüber, welche Testverfahren in Bezug auf Salmonellen bei der Eierproduktion eingesetzt werden. Der Verbraucher wird sich daher auch – zumal in der konkreten Verkaufssituation im Lebensmittelgeschäft – keine Gedanken darüber machen, ob das Versprechen der Beklagten unrealistisch sein könnte und ihre Aussage daher in einem eingeschränkten, vom Wortlaut abweichenden Sinn gemeint sein könnte.

bb) Das Verständnis, das der durchschnittliche Verbraucher demnach von der beanstandete Aussage hat, stimmt nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen überein. Unstreitig war bei dem Inverkehrbringen der Eier – der Auslieferung an die Lebensmittelhändler – nicht durch einen Test nachgewiesen, dass die jeweiligen Hühner salmonellenfrei waren, als sie die in dem Karton befindlichen Eier legten.

Die Beklagte testet nach ihrem eigenen Vorbringen nicht die einzelnen Hühner zum Zeitpunkt des Eierlegens oder des Inverkehrbringens der Eier, sondern lediglich den Bestand in regelmäßigen Intervallen, zum Zeitpunkt der Produktion der streitgegenständlichen Bio-Eier zweiwöchentlich. Dabei erfolge die Beprobung nach Maßgabe der EU-Verordnung Nr. 517/2011.

Nach Nr. 2.2.1 b) des Anhangs zu dieser Verordnung wird die Beprobung wie folgt durchgeführt:

„In Scheunen- oder Bodenhaltungsställen sind zwei Paar Stiefelüberzieher oder Socken für die Probenahme zu verwenden.

Die verwendeten Stiefelüberzieher müssen aus saugfähigem Material bestehen, damit sie Feuchtigkeit aufnehmen können. Die Oberfläche des Stiefelüberziehers muss mit einem geeigneten Verdünnungsmittel befeuchtet werden.

Die Proben müssen im Rahmen einer Begehung so entnommen werden, dass sie für alle Teile des Stalls oder des entsprechenden Bereichs repräsentativ sind. Begangen werden auch Bereiche mit Einstreu oder Latten, falls diese sicher begehbar sind. Alle gesonderten Buchten eines Stalls müssen in die Beprobung einbezogen werden. Am Ende der Beprobung des gewählten Bereichs müssen die Stiefelüberzieher vorsichtig abgenommen werden, damit sich daran haftendes Material nicht löst.“

Mit dieser im Zweiwochenturnus durchgeführten Testmethode war bei dem Inverkehrbringen der Eier nicht nachgewiesen, dass jedes Huhn beim Legen eines Eies salmonellenfrei war.

Selbst wenn die einzelnen Hühner zum Nachweis ihrer Salmonellenfreiheit getestet würden, kann bei einem zweiwöchentlichen Testturnus nicht ausgeschlossen werden, dass Hühner zwischen zwei Testungen infiziert wurden und das zweite Testergebnis bei dem Inverkehrbringen der Eier noch nicht vorlag. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten in ihrem nachgelassenen Schriftsatz die Eier in dem geschilderten Fall schon sechs Tage nach dem Legen ausgeliefert wurden und zwischen der Weiterleitung der Folgeprobe an das Labor und der Mitteilung des Testergebnisses drei Tage vergingen.

Darüber hinaus wird durch eine negative Testung der Herde aber auch nicht nachgewiesen, dass alle Hühner zum Testzeitpunkt salmonellenfrei waren. Durch die Entnahme „repräsentativer“ Proben soll eine Ausbreitung von Salmonelleninfektionen im Bestand entdeckt werden; sie ist ersichtlich nicht darauf ausgerichtet, die Salmonellenfreiheit jedes einzelnen Huhns nachzuweisen. Die Beklagte geht auch selbst nicht davon aus, dass eine Salmonelleninfektion einzelner Hühner, zu der es – unstreitig – trotz aller Vorsichtsmaßnahmen bei freilaufenden Hühnern, insbesondere durch den Kontakt mit infizierten Wildvögeln, kommen kann, bei einem Test der Herde sofort entdeckt werden würde. Vielmehr trägt sie vor, wenn trotz negativer Testung der Herde einzelne Hühner unentdeckt mit Salmonellen infiziert sein sollten, würde sich die Infektion in den Folgewochen so stark im Bestand ausbreiten, bis ein Großteil oder alle Hühner der Herde infiziert seien, sodass spätestens „bei einer der Folgetestungen“ die Salmonelleninfektion zwangsläufig aufgedeckt würde (Bl. 150 d.A.).

Es mag sehr unwahrscheinlich sein, dass trotz der getroffenen Vorsichtsmaßnahmen Hühner zum Zeitpunkt des Eierlegens von Salmonellen befallen sind, obwohl die regelmäßigen Bestandstests negativ waren. Diese Schlussfolgerung ändert jedoch nichts daran, dass die Aussage, die Salmonellenfreiheit der einzelnen Hühner, die die Eier in der Packung gelegt haben, sei nachgewiesen, nicht zutrifft. Aus Sicht des Verbrauchers besteht ein erheblicher Unterschied zwischen dieser plakativen und für ihn sehr eingängigen Werbeaussage und der von der Beklagten gezogenen Schlussfolgerung, dass eine unentdeckte Salmonelleninfektion von Hühnern sehr unwahrscheinlich sei, weil sie Schutzmaßnahmen gegen den Eintrag von Salmonellen treffe und alle zwei Wochen repräsentative Proben aus dem Stall der Herde getestet würden.

Einer Irreführung steht es entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht entgegen, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. auf der von ihm betriebenen Internetseite lebensmittelklarheit.de, davon ausgeht, dass die Werbung zulässig sei (https://www.lebensmittelklarheit.de/forum/werbung-mit-salmonellenfreien-huehnern, Anlage B 4) . Diese Einschätzung beruht nicht auf einer abweichenden Beurteilung des Verbraucherverständnisses, sondern auf einer – ersichtlich unzutreffenden – rechtlichen Beurteilung. Dort wird ausgeführt:

„(…) In der Folge wurde eine EU-Verordnung erlassen, die dänische Anbieter dazu berechtigt, mit besonderen Garantien in Bezug auf die Salmonellenfreiheit ihrer Hühner zu werben. Die Werbung mit „nachweislich salmonellenfreien Hühnern“ ist daher aus unserer Sicht zulässig.“

Es existiert jedoch keine europarechtliche Regelung, die dänische Anbieter zu der Verwendung der streitgegenständlichen Aussage berechtigt.

cc) Der dargestellten Irreführung steht es auch nicht entgegen, wenn die Beklagte sich im Fall einer nachträglich festgestellten Salmonelleninfektion der Herde noch um eine Rückholung der an die Lebensmittelhändler ausgelieferter Eier bemüht hätte.

(1) Zum einen wäre die Werbeaussage auch dann unzutreffend und irreführend, wenn bei einem nachträglich festgestellten Salmonellenbefall noch verhindert werden könnte, dass bereits von der Beklagten ausgelieferte Eier an die Endkunden verkauft werden. Die Werbeaussage wird – wie ausgeführt – als Zusicherung der Beklagten verstanden, dass jedenfalls bei dem Inverkehrbringen der Eier durch die Beklagte ein Nachweis vorlag, dass die betreffenden Hühner beim Legen der Eier salmonellenfrei waren. Es macht aus Sicht des Verbrauchers einen erheblichen Unterschied, ob dieser Nachweis bei der Auslieferung der Eier durch die Beklagte tatsächlich vorlag oder die Beklagte lediglich versprechen will, dass sie bereits an Lebensmittelhändler ausgelieferte Eier bei einem nachträglich festgestellten Salmonellenbefall noch rechtzeitig zurückholen wird, bevor sie dem Endkunden zum Kauf angeboten werden. Denn bei einer nachträglichen Rückholung wäre die Beklagte auf die Mitwirkung ihrer Abnehmer angewiesen. Ob diese bei einem Rückruf unverzüglich und fehlerfrei reagieren, hat die Beklagte nicht in der Hand. Sie kann darüber keine verlässlichen Zusagen abgeben. Der Verbraucher geht nicht davon aus, dass die Beklagte lediglich eine solche Rückholung zusagen will.

(2) Darüber hinaus ist auch nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten davon auszugehen, dass der Verkauf salmonellenbelasteter Eier an Endkunden nicht sicher ausgeschlossen werden kann. Auch die Beklagte hält es für möglich, dass eine Salmonelleninfektion von Hühnern bei der Herdentestung noch nicht entdeckt wird, sondern erst infolge der weiteren Ausbreitung bei einer der Folgetestungen festgestellt wird. Hingegen unterstellt sie in ihrem nachgelassenen Schriftsatz, dass ein Salmonellenbefall bereits bei der ersten Herdentestung nach dem Legedatum festgestellt worden wäre. Es ist aber nach ihrem eigenen Vortrag möglich, dass ein Salmonellenbefall erst bei einer der Folgetestungen – das heißt noch einmal zwei oder mehr Wochen später – bemerkt wird. In diesem Fall würden die Eier auch bei den von der Beklagten für den Beispielsfall vorgetragenen Abläufen in den Verkauf gelangen, bevor sie Rückrufmaßnahmen ergreifen kann. Im Beispielsfall lagen nach ihrem Vortrag nur 12 Tage zwischen dem Legedatum (3. November 2019) und dem Kauf der Eier (15. November 2019).

c) Der Verstoß gegen das lebensmittelrechtliche Irreführungsverbot ist auch zu seiner spürbaren Beeinträchtigung der Verbraucherinteressen im Sinne von § 3a UWG geeignet, weil die Kaufentscheidung des Verbrauchers hierdurch beeinflusst werden kann. Ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher wird großen Wert auf die zugesagte nachgewiesene Salmonellenfreiheit legen, daher die derart beworbenen Eier bei gleichem Preis bevorzugen und auch bereit sein, hierfür einen gewissen Preisaufschlag zu zahlen. Der Spürbarkeit des Verstoßes steht es nicht entgegen, dass das Risiko einer Salmonellenbelastung der verkauften Eier sehr gering sein mag. Aus Sicht des Verbraucher ist von Bedeutung, ob der Produzent klar und eindeutig zusagt, dass die Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern stammen oder er – mit für den Verbraucher nicht im Einzelnen nachvollziehbaren und überprüfbaren Erwägungen – ausführt, dass das Risiko einer Salmonellenbelastung aufgrund verschiedener Maßnahmen äußerst gering sei.

d) Die gemäß § 8 Abs. 1 UWG erforderliche Wiederholungsgefahr wird vermutet. Die Vermutung ist nicht dadurch entkräftet, dass die Beklagte das zum Zeitpunkt des streitgegenständlichen Verstoßes praktizierte zweiwöchige Testintervall nach ihrem Vorbringen inzwischen weiter verkürzt hat. Dies bietet noch keine hinreichende Sicherheit dafür, dass die Beklagte nicht wieder zu dem zweiwöchigen Testintervall zurückkehrt. Es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob die Werbeaussage bei einer bestimmten Verkürzung des Testintervalls zulässig sein könnte, was allerdings bei dem vorgetragenen Wochenrhythmus zweifelhaft erscheint.

2. Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG in der bis zum 1. Dezember 2020 geltenden Fassung kann der Kläger auch die Erstattung seiner Abmahnkosten verlangen, deren Höhe angemessen ist und von der Beklagte auch nicht beanstandet wird.

3. Der Zinsanspruch ist unter dem Gesichtspunkt des Zahlungsverzugs begründet (§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3, § 288 BGB). Eine Fristsetzung war entbehrlich, nachdem die Beklagte die Abmahnung mit Schreiben vom 13. September 2019 (Anlage K 6, Bl. 24 ff. d.A.) zurückgewiesen hatte.

C.

I.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

II.

Bei der Festsetzung des Streitwerts wird der Angabe des Klägers in der Klagschrift gefolgt, der die Beklagte nicht entgegengetreten ist. Maßgeblich ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers, das ebenso zu bewerten ist, wie das eines gewichtigen Mitbewerbers. Das Risiko einer Salmonellenbelastung von Frischeiern ist für die Verbraucher regelmäßig von großer Bedeutung. Es ist daher davon auszugehen, dass die beanstandete Werbeaussage bei einem erheblichen Teil der angesprochenen Verbraucher die Kaufentscheidung zu Gunsten der Beklagten beeinflussen kann.

III.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Parteien geben dem Senat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 233 ZPO). Wie vorstehend ausgeführt, ist das neue Vorbringen der Beklagten aus dem nachgelassenen Schriftsatz unerheblich, sodass dem Kläger insoweit keine Gelegenheit zur Stellungnahme mehr gegeben werden musste. Auch der vom Kläger noch vorgetragene Produktrückruf der Beklagten vom 30. Oktober 2021 wegen eines möglichen Salmonellenbefalls von Freilandeiern mit den Mindesthaltbarkeitsdaten 1. November bis 15. November 2021 gebietet nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Weil der Senat davon ausgeht, dass die vorgenommenen Testungen auch unter Berücksichtigung der vorgetragenen Rückrufmöglichkeit die Werbeaussage nicht rechtfertigen würden, kann dahingestellt bleiben, ob der vorgetragene Produktrückruf belegt, dass gleichwohl salmonellenbelastete Eier zu den Verbrauchern gelangen können.

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