FG Münster – DENIC ist Drittschuldner bei Pfändung von .de-Domains
Was ist passiert?
Die DENIC eG hatte mit dem Betreiber eines Online-Shops für Unterhaltungselektronik einen Registrierungsvertrag über eine Internet-Domain geschlossen. Gegenstand dieses Vertrags war es – wie bei jedem Standard-Domainvertrag mit der DENIC, dass die DENIC sich zur Zurverfügungstellung und Unterhaltung der Internet-Domain verpflichtet.
Der Unternehmer war jedoch der Zahlung seiner Steuerrückstände in Höhe von ca. 90.000 € nicht nachgekommen, weswegen das zuständige Finanzamt eine Pfändungsverfügung gegen den Shop-Betreiber erließ und dessen Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung der streitgegenständlichen Domain für seinen Online-Shop einfach bei der DENIC pfändete.
Die DENIC als Registrierungsstelle der Domain wollte dies nicht hinnehmen und legte Einspruch gegen die Pfändungsverfügung ein, um die Aufhebung der Pfändung zu erreichen. Ihrer Ansicht nach sei sie nicht als Drittschuldnerin und damit nicht als Adressatin der Pfändungsverfügung anzusehen, zudem war die Pfändungsverfügung mangels Bestimmtheit nicht rechtmäßig erfolgt. Schließlich wolle das Finanzamt gar keine Verwertung der Forderung durchführen, sondern lediglich Druck auf den Domaininhaber ausüben, so die DENIC.
Nachdem das Finanzamt den Einspruch zurückgewiesen hatte, beschritt die DENIC den Klageweg und beantragte Aufhebung der Pfändungsverfügung.
Entscheidung des Gerichts
Das Finanzgericht Münster wies mit Urteil von Mitte September 2015 (Urteil vom 16.09.2015 – Az.: 7 K 781/14 AO) die Klage ab, weil es die Pfändungsverfügung als rechtmäßig ansah und die DENIC nicht in Ihren Rechten verletzt habe. Das Gericht entschied, dass das Finanzamt Ansprüche aus einem Internet-Domainvertrag pfänden kann und die DENIC eG als Drittschuldnerin im Hinblick auf die Pfändung einer Internetdomain anzusehen ist.
Die Rechte des Unternehmers aus dem Domainvertrags seien pfändbare „andere Vermögenswerte“ i.S.d. § 321 der Abgabenordnung. Gepfändet werde auch nicht die Internet-Domain an sich als „technische Adresse“, sondern vielmehr die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Domaininhaber gegenüber der DENIC als Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustehen. Neben dem Anspruch auf Eintragung und Konnektierung der Domain sei hiervon die Aufrechterhaltung der Eintragung im Primary Nameserver erfasst.
Die Pfändung war auch nicht deswegen unwirksam, weil das beklagte Finanzamt mit der Pfändung etwaige pfändungsfremden Ziele verfolgt hätte. Vielmehr wollte sie lediglich das Zugriffsrecht auf die Ansprüche des Unternehmers aus dem Domainvertrag absichern.
Die DENIC als Registrierungsstelle kann dabei als Drittschuldnerin in Anspruch genommen werden, da sie Schuldnerin aus dem Domainvertrag sei und damit an dem zu pfändenden Recht (neben dem Domaininhaber als Schuldner) beteiligt war. Eine Unbestimmtheit der Pfändung konnte das Gericht ebenfalls nicht erkennen, da die DENIC durch die Pfändungsverfügung schlicht nicht mehr berechtigt war, an den Vollstreckungsschuldner zu leisten.
Durch die Pfändung kommt es auch nicht zur Dekonnektierung der Domain, sondern lediglich dürfe die DENIC die Leistung (u.a. Aufrechterhaltung der Registrierung der Domain) nicht mehr gegenüber dem Domaininhaber erbringen sowie Verfügungen des Vollstreckungsschuldners wie z.B. Änderung der Kontaktdaten durchführen, so das Gericht. Folge ist, dass die Domain in dem Zustand verbleibt, in dem sie zum Zeitpunkt der Pfändung war.
Fazit
Das Finanzgericht Münster könnte mit seiner Entscheidung dafür sorgen, dass es künftig zu einer zunehmenden Zahl an Pfändungen von .de-Domains kommen kann, mit der Folge eines erheblichen Arbeits- und Verwaltungsaufwands für die DENIC. Dies stuften die Richter des FG Münster allerdings als unerheblich für Ihre Entscheidung ein, ließen jedoch wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage die Revision zum Bundesfinanzhof zu. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass die DENIC Rechtsmittel einlegen wird, um hier eine höchstrichterliche Entscheidung zu erreichen.