Top-Urteil

Hinweis auf knappe Verfügbarkeit von Waren keine unlautere Werbung

26. August 2022
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
630 mal gelesen
0 Shares
Rabattaktion Plakate Urteil des OLG Nürnberg vom 16.08.2022, Az.: 3 U 29/22

Das Werben für den Kauf von Lebensmitteln in Werbeprospekten unter Nennung konkreter Kaufpreise ist auch dann erlaubt, wenn einzelne beworbene Waren nicht in allen Filialen erhältlich sein sollen und wenn der Discounter den Verbraucher nicht am Blickfang der beworbenen Waren teilnehmend darüber informiert, wo der Verbraucher Informationen dazu einholen könne, in welchen Filialen die beworbenen Waren (nicht) verfügbar seien. Zudem ist auch der Hinweis auf ein begrenztes Angebot kein Indiz dafür, dass von vornherein eine unangemessene Menge in einem unangemessenen Zeitraum bereit gestellt wurde. Grund hierfür ist, dass es sich bei den Aussagen zum einen um Hinweise und zum anderen um Absicherungen davor handelt, dass Produkte trotz eigentlich angemessener Bevorratung aufgrund nicht vorhersehbarer Sonderumstände nicht überall und die ganze Zeit erhältlich sein können. Die Werbung ist folglich nicht als unlauter anzusehen, so das OLG Nürnberg.

Oberlandesgericht Nürnberg

Urteil vom 16.08.2022

Az.: 3 U 29/22

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Amberg vom 06.12.2021, Az. 41 HK O 542/21, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.000,00 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

A.

Bei der Klägerin – einer Verbraucherzentrale – handelt es sich um einen rechtsfähigen Verein, welcher in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 UKlaG aufgenommen ist.

Die Beklagte ist ein Discounter und betreibt insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel bundesweit Filialen. In ihrem schriftlichen Prospekt für die Woche vom 08.03.2021 bis zum 13.03.2021 bewarb sie verschiedene Produkte, wobei diese teilweise mit Aktionspreisen ausgezeichnet waren. Auf der ersten Seite des Prospekts befand sich in der Fußzeile der Hinweis: „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein.“ Darunter war nach „*Erhältlich bei N. City (nicht in allen Sorten)“ der Zusatz aufgedruckt: „Weitere Informationen unter n.-online.de / 0800 200 00 15 (gebührenfrei).“ Am linken oder rechten Seitenrand enthielt der Prospekt auf Seiten 4 bis 7 den Hinweis „Angebot gilt nur in ausgewählten Filialen mit Backofen“ sowie auf Seiten 2 und 10 den Hinweis „Fleischartikel nur erhältlich in Filialen mit Fleisch und Wurst in Selbstbedienung“. Auf allen ungeraden Seiten des Prospekts war unten folgender Disclaimer abgedruckt: „*Erhältlich bei N. City (nicht in allen Sorten). Die abgebildeten Artikel können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein.“

Auf Seite 3 bewarb die Beklagte unter anderem das Produkt „A. Mineralwasser“ zum Preis von 4,44 € für zwei Kästen Wasser.

Das Landgericht Amberg verbot der Beklagten mit Endurteil vom 04.12.2021, gegenüber Verbrauchern in Werbeprospekten für den Kauf von Lebensmitteln unter Nennung konkreter Kaufpreise zu werben, wenn einzelne beworbene Waren nicht in allen Filialen erhältlich sein sollen und wenn die Beklagte den Verbraucher nicht am Blickfang der beworbenen Waren teilnehmend darüber informiert, wo der Verbraucher Informationen dazu einholen könne, in welchen Filialen die beworbenen Waren (nicht) verfügbar seien, wenn dies geschieht wie auf Seiten 1 und 3 in dem folgenden Werbeprospekt: [es folgte die Einblendung von Seiten 1 und 3 des streitgegenständlichen Werbeprospekts] Außerdem verurteilte es die Beklagte, an die Klägerin 243,51 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2021 zu zahlen.

Zur Begründung führte das Landgericht aus, dass die Beklagte in dem gegenständlichen Werbe-Prospekt den Verbrauchern die wesentliche Information vorenthalte, in welchen konkreten Märkten diese die angebotenen, verbilligten Lebensmittel erwerben können. Dabei könne es dahinstehen, ob in dem Markt in S. das „A. Mineralwasser“ verfügbar war. Denn unlauter sei vorliegend bereits die Werbung für sich: Die Beklagte gebe in der Fußnote auf Seite 1 zu verstehen, dass die angebotenen Waren nur in bestimmten Märkten erworben werden könnten. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass diese Angabe in dem Prospekt falsch sei, so dass das Gericht von der Richtigkeit der Angabe in dem Prospekt ausgehe. Nicht angegeben werde jedoch, wo genau die Waren erworben werden könnten.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte in ihrer Berufung. Sie beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Amberg vom 06.12.2021 die Klage abzuweisen. In dem streitgegenständlichen Werbeprospekt sei eine Angabe der konkreten Märkte, bei welchen die angebotenen Waren erhältlich beziehungsweise nicht erhältlich sind, nicht erforderlich. Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne es auch nicht dahinstehen, ob in einem Markt in S. das streitgegenständliche Mineralwasser verfügbar war. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der bestrittene Sachvortrag des Klägers, wonach das Mineralwasser in der streitgegenständlichen Filiale der Beklagten angeblich von Anfang an nicht geliefert worden sein soll, unsubstantiiert sei.

Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie stellt klar, dass der Streitgegenstand der begehrten Unterlassung nicht eine fehlende Warenbevorratung – erst recht nicht von Mineralwasser – betreffe. Für die Begründetheit des Unterlassungsanspruchs komme es daher nicht darauf an, ob in der Filiale der Beklagten in S. das beworbene „A. Mineralwasser“ ausreichend vorhanden war oder nicht, weshalb es auch einer entsprechenden Beweisaufnahme nicht bedürfe. Vielmehr beanstande die Klägerin den intransparenten Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikeln sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein.“ Sie beanstande, dass die Beklagte im Prospekt einen bereits für sich genommen versteckten (zu kleinen) und darüber hinaus auch inhaltlich intransparenten Vorbehalt zur fehlenden Verfügbarkeit der beworbenen Waren verwende, ohne den Verbraucher darüber zu informieren, in welchen Filialen der Beklagten die beworbenen Artikel (nicht) verfügbar sind bzw. ohne dem Verbraucher zumindest Informationen dazu zu geben, wie dieser sich in zumutbarer Weise über die Warenverfügbarkeit informieren kann.

In der Terminsladung erteilte der Senat rechtliche Hinweise, auf die Bezug genommen wird.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze der Klägerin vom 14.07.2022 und der Beklagten vom 10.08.2022 lagen dem Senat bei seiner Entscheidung vor.
B.

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Zwar ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten die Klage zulässig. Dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wird im Unterlassungstenor durch die Beschränkung des gerichtlichen Verbots auf das streitgegenständliche Werbeprospekt als konkrete Verletzungsform (Anlage K 2) hinreichend entsprochen (vgl. BGH, GRUR 2021, 1400 Rn. 19 ff. – Influencer I). In einem solchen Fall wie dem hier vorliegenden, in dem die Klagepartei auf eine konkrete Verletzungshandlung abstellt, ist es auch nicht Sache der Unterlassungsklägerin, die Beklagte darauf hinzuweisen, was dieser erlaubt ist. Vielmehr obliegt es der Beklagten selbst, Wege zu finden, die aus dem Verbot herausführen (vgl. OLG Nürnberg, GRUR-RS 2020, 18222 Rn. 29 – Doppelbestellung über Button).

Die Klage ist jedoch unbegründet, da die streitgegenständliche Werbung der Beklagten nach Maßgabe des zugrunde zu legenden Sachverhalts nicht unlauter ist.
I.

Der geltend gemachte Verletzungsunterlassungsanspruch kann nicht mit einem Verstoß gegen Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG – wonach Warenangebote zu einem bestimmten Preis unzulässige geschäftliche Handlungen darstellen, wenn der Unternehmer nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren für einen angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen – begründet werden.

1. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch ist nur begründet, wenn das beanstandete Verhalten sowohl nach dem zum Zeitpunkt seiner Vornahme geltenden Recht wettbewerbswidrig war als auch nach dem zur Zeit der Berufungsentscheidung geltenden Recht wettbewerbswidrig ist (vgl. BGH, GRUR 2022, 729 Rn. 10 – Zweitmarkt für Lebensversicherungen II). Nach der beanstandeten Verhaltensweise der Beklagten im März 2021 ist das im Streitfall maßgebliche Recht mit Wirkung vom 28.05.2022 novelliert worden. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage folgt daraus jedoch nicht.

2. Nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden (BGH, GRUR 2016, 395 Rn. 20 – Smartphone-Werbung). Es muss dabei für einen durchschnittlichen Unternehmer in dieser Branche vorhersehbar sein, dass er die nach Menge und Zeitraum zu erwartende Nachfrage nach den konkret angebotenen Waren oder Dienstleistungen zum genannten Preis wahrscheinlich nicht (vollständig) erfüllen kann (Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, Anhang zu § 3 Rn. 5.18). Die danach verbotene Irreführung kann nicht nur durch hinreichende Aufklärung über tatsächliche Verhältnisse über den unzulänglichen Warenvorrat, sondern auch durch Einwirkung auf die relevanten Tatsachen selbst – nämlich die Sicherstellung einer hinreichenden Lagerhaltung – vermieden werden (BGH, a.a.O. Rn. 43 – Smartphone-Werbung).

Der Anspruchsteller muss die Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die durchschnittliche Verbrauchererwartung hinsichtlich Zeitraum und Menge der zur Verfügung stehenden Waren oder Dienstleistungen ergibt. Ferner muss er darlegen und ggf. beweisen, dass die tatsächliche Vorratsmenge nicht ausreichend war, um die voraussichtliche Nachfrage zu befriedigen (Alexander, in MüKoUWG, 3. Aufl. 2020, Anh. § 3 Abs. 3 Nr. 5 UWG Rn. 32; Köhler, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, Anhang zu § 3 Abs. 3 Rn. 5.30). Nach Anhang § 3 Abs. 3 UWG Nr. 5 S. 2 a.F. obliegt es nur dann dem Unternehmer, die Angemessenheit der Bevorratung nachzuweisen, wenn diese kürzer als zwei Tage ist. Dieser Ausnahmefall ist vorliegend jedoch nicht einschlägig.

3. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte ein in dem Katalog aufgeführtes konkretes Produkt in einer Filiale – wie beispielsweise das Produkt „A. Mineralwasser“ in der Filiale der Beklagten in S. – im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich nicht hinreichend vorrätig gehalten hat.

Zum einen reicht – insbesondere unter Berücksichtigung des Sachvortrags der Beklagten zur Belieferung der Filiale der Beklagten in S. in der KW 10/21 mit Kästen des Produkts „A. Mineralwasser“ und des Verkaufs dieser Mineralwasserkisten sowie der Vorlage von Kassenbons dieser Filiale (Anlage B 1) – der klägerische Vortrag zu einer Mitteilung einer Mitarbeiterin an einen Kunden, dass das beworbene Mineralwasser nicht in die Filiale geliefert worden sei, nicht aus, um von einer nicht angemessenen Bevorratung des Produktes „A. Mineralwasser“ in dieser Filiale ausgehen zu können, weshalb es auf die Einvernahme des angebotenen Zeugen nicht ankommt.

Zum anderen beschränkte die Klägerin den Streitgegenstand, indem sie auf den Hinweis des Senats, dass der entsprechende Sachvortrag für eine nicht ausreichende Bevorratung des Produkts „A. Mineralwasser“ nicht hinreichend substantiiert sei, ausführte, dass der Streitgegenstand der begehrten Unterlassung nicht eine fehlende Warenbevorratung – erst recht nicht von Mineralwasser – betreffe. Für die Begründetheit des Unterlassungsanspruchs komme es daher nicht darauf an, ob in der Filiale der Beklagten in S. das beworbene „A. Mineralwasser“ ausreichend vorhanden war oder nicht, weshalb es auch einer entsprechenden Beweisaufnahme nicht bedürfe.

Da die Klägerin somit eine nicht angemessene Bevorratung in einem konkreten Fall nicht hinreichend substantiiert dargetan und zudem ihre Ansprüche ausdrücklich nicht mit einem konkreten Lockangebot eines tatsächlich in einer Filiale nicht vorrätigen Produkts begründet und weder im Klageantrag noch in der Klagebegründung auf den Umstand der nicht angemessenen Bevorratung einer bestimmten Ware stützt, muss der Senat seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde legen, dass es keinen konkreten Fall gab, in welchem die Beklagte die in dem Katalog beworbenen Produkte im streitgegenständlichen Zeitraum in einer Filiale tatsächlich in nicht angemessener Menge vorrätig hielt.

Soweit die Klägerin im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 14.07.2022 pauschal ausführt, dass der Senat über die Frage der Verfügbarkeit des betreffenden Mineralwassers in der Filiale in S. Beweis erheben müsse, ist dieses Vorbringen nach § 525 S. 1, § 296a ZPO präkludiert. Ein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung besteht nicht. Der Senat hatte ausdrücklich in der Terminsladung darauf hingewiesen, dass der klägerische Vortrag nicht ausreiche, um davon ausgehen zu können, dass die Beklagte die in dem streitgegenständlichen Katalog aufgeführten Produkte in einer Filiale – wie beispielsweise das Produkt „A. Mineralwasser“ in der Filiale der Beklagten in S. – tatsächlich nicht hinreichend vorrätig gehalten hat. Dieser Einschätzung widersprach die Klägerin nicht. Im Gegenteil führte sie aus, dass es auf die Einvernahme des Zeugen nicht ankomme, da sich der geltend gemachte Streitgegenstand nicht auf eine fehlende Warenbevorratung eines konkreten Produktes erstrecke. Daher führt der nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte pauschale Hinweis auf die angebliche Notwendigkeit der Beweisaufnahme nicht zu der Notwendigkeit einer Wiedereröffnung der Verhandlung.

4. Die Klägerin bleibt auch darlegungs- und beweisfällig dafür, dass die Beklagte allgemein irgendwelche in dem Katalog beworbenen Produkte nicht angemessen bevorratet habe. Sie stützt die Annahme der nicht hinreichenden Bevorratung ausschließlich auf den im Prospekt enthaltenen Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“. Die angesprochenen Verkehrskreise entnehmen – wie der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen kann – diesem Disclaimer jedoch nicht die Aussage, dass die Beklagte für sich in Anspruch nimmt, irgendwelche Artikel im Prospekt nicht angemessen vorrätig zu halten. Vor diesem Hintergrund war die Beklagte prozessual auch nicht dazu verpflichtet vorzutragen, dass sämtliche beworbenen Artikel während des gesamten Aktionszeitraums laufend verfügbar gewesen seien.

a) Bei der Prüfung, wie eine Werbeangabe zu verstehen ist, kommt es nicht auf den objektiven Wortsinn an. Entscheidend ist die Auffassung der Verkehrskreise, an die sich die Werbung richtet (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 1.57).

Die streitgegenständliche Werbung richtet sich an den Durchschnittsverbraucher. Dessen Auffassung, wie die Angaben in dem Werbeprospekt zu verstehen sind, kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Seine Mitglieder gehören selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen, da sie selbst gelegentlich in Lebensmitteldiscountern einkaufen und entsprechende Werbeanzeigen lesen. Sie werden daher durch die fragliche Werbung unmittelbar angesprochen.

Einen Vortrag der Beklagten dazu, wie die streitgegenständliche Werbeaussage zu verstehen sei, ist nicht erforderlich. Zum einen ist – da bei der Feststellung der maßgeblichen Verkehrsauffassung auf den Empfängerhorizont abzustellen ist – unbeachtlich, wie der Werbende selbst seine Aussage über die Ware oder gewerbliche Leistung verstanden haben will (vgl. Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 1.57). Zum anderen handelt es sich bei der Ermittlung der Verkehrsauffassung nicht um eine Tatsachenfeststellung im eigentlichen Sinn, sondern um die Anwendung eines spezifischen Erfahrungswissens (BGH, GRUR 2021, 746 Rn. 43 – Dr. Z).

b) Die angesprochenen Verkehrskreise entnehmen der Aussage „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“ kein Eingeständnis der Beklagten für eine von vornherein nicht angemessene Bevorratung irgendwelcher beworbener Waren, sondern zum einen die Wiederholung der bereits an anderer Stelle erfolgten Hinweise, dass bestimmte Artikel nur in speziellen Filialen – beispielsweise mit Backofen, mit Fleisch und Wurst in Selbstbedienung oder bei N. City – erhältlich sind, und zum anderen eine allgemeine Absicherung der Beklagten davor, dass bestimmte Produkte trotz eigentlich angemessener Bevorratung aufgrund bestimmter Sonderumstände nicht überall und nicht über den gesamten Zeitraum erhältlich sein können.

aa) Im Rahmen der Beurteilung des Verkehrsverständnisses hat der Senat allgemein, berücksichtigt, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Flyer um einen Werbeprospekt handelt und bei diesem nicht ohne weiteres angenommen werden kann, dass die Beklagte als die darin Werbende die beworbenen Produkte mit der wenig werbewirksamen Tatsache „anpreist“, dass diese von vornherein teilweise nicht angemessen vorrätig gehalten würden. Bei einem anderen Verständnis würde die Werbepublikation nicht nur Kaufargumente beinhalten, sondern im Gegenteil auch eine in Kauf genommene Verbraucherenttäuschung dahingehend propagieren, dass es sich bei den Angeboten teilweise um bloße Lockangebote handelt, die tatsächlich nicht oder nicht in ausreichender Menge vorhanden sind. Davon kann jedoch in einem Werbeprospekt ohne nähere Anhaltspunkte nicht ausgegangen werden.

Darüber hinaus ergibt es keinen Sinn, dass ein Unternehmer in einer Werbepublikation einen Hinweis aufnimmt, der einen Verstoß gegen die Regelerwartung der hinreichenden Warenbevorratung darstellt. Damit würde er – ohne Not und ohne ersichtliche Vorteile – einen Verstoß gegen ein „Per-Se-Verbot“ aus der „Schwarze Liste“ einräumen.

Vor diesem Hintergrund kann der Senat der Beklagten ohne entsprechende Anhaltspunkte nicht unterstellen, dass sie sich mit dem streitgegenständlichen Disclaimer für Verstöße gegen Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG „freizeichnen“ und sehenden Auges Lockangebote mit nicht ausreichend vorhandenen Waren machen wollte. Derartige Anhaltspunkte wären beispielsweise tatsächlich auftretende Fälle von nicht hinreichender Bevorratung von beworbenen Produkten, wovon vorliegend jedoch – wie bereits ausgeführt – nicht ausgegangen werden kann.

bb) Vielmehr wollte sich die Beklagte ersichtlich mit dem Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel […] können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“ nur für die Eventualität absichern, dass bestimmte beworbene Produkte – trotz eigentlich angemessener Bevorratung – in bestimmten Filialen aufgrund von Sonderumständen, auf welche die Beklagte keinen Einfluss hat, nicht vorhanden oder schnell ausverkauft sein können, weil beispielsweise der Ansturm unerwartet groß war, es unverschuldete Lieferschwierigkeiten in Bezug auf eine bestimmte Filiale gab oder es sich um leicht verderbliche und nicht hinreichend gekühlte Lebensmittel handelte. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Verwendung der Worte „begrenztes Angebot“, da es in der Natur der Sache liegt, dass ein angebotenes Produkt nur in begrenztem Umfang vorhanden ist. Dem Hinweis kann jedoch kein Indiz dafür entnommen werden, dass die Umfangsbegrenzung durch die Beklagte in einer Größenordnung erfolgt, in welcher der Zeitraum und die Menge als von vornherein unangemessen anzusehen sind.

cc) Der Disclaimer „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich […]“ hat über die sonstigen in dem Werbeprospekt enthaltenen konkreten Aussagen zur Nichtverfügbarkeit bestimmter Waren in einzelnen Filialen keine eigenständige Bedeutung.

Der streitgegenständliche Werbeflyer enthielt am linken oder rechten Seitenrand auf den Seiten 4 bis 7 mit Angeboten aus der „Backstube“ den Hinweis „Angebot gilt nur in ausgewählten Filialen mit Backofen“ sowie auf den Seiten 2 und 10 den auf Metzgerprodukte bezogenen Hinweis „Fleischartikel nur erhältlich in Filialen mit Fleisch und Wurst in Selbstbedienung“. Schließlich war auf allen ungeraden Seiten des Prospekts am unteren Rand folgender auf bestimmte mit Sternchen versehene Produkte bezogener Hinweis abgedruckt: „*Erhältlich bei N. City (nicht in allen Sorten) […].“ Vor dem Hintergrund dieser konkreten Einschränkungen des Warenangebots in bestimmten Filialen entnimmt der Verkehr in der Gesamtschau dem allgemeinen Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich“ keine zusätzliche Bedeutung und geht nicht davon aus, dass damit eine darüber hinausgehende und bereits im Zeitpunkt der Bewerbung feststehende Teilbeschränkung der Möglichkeit des Erwerbs der beworbenen Produkte in bestimmten Filialen gemeint ist. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass sich – wie sich aus Seite 2 des Werbeprospekts mit der Überschrift „Knüller aus der Region“ ergibt – die Sortimente der Filialen der Beklagten regional unterscheiden.

Für dieses Verkehrsverständnis spricht auch, dass der Handzettel auf allen ungeraden Seiten am unteren Rand den Hinweis „Die abgebildeten Artikel können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“ ohne den Zusatz, dass die Artikel nicht in allen Filialen erhältlich seien, enthielt. Nur auf Seite 1 des Prospekts war der Disclaimer mit diesem Appendix abgedruckt. Auch aufgrund dessen meint der angesprochene Verbraucher, dass der Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich […]“ nur die allgemeine Wiederholung der anderen Verfügbarkeitsaussagen darstellt.

c) Da es vor diesem Hintergrund bereits an der Darlegung einer nicht angemessenen Bevorratung durch die darlegungsbelastete Klägerin fehlt, bestand für die Beklagte keine Veranlassung, im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorzutragen, dass sämtliche beworbenen Artikel während des gesamten Aktionszeitraums laufend verfügbar gewesen seien, zumal die Beklagte derzeit ca. 4.270 Verkaufsstellen im gesamten Bundesgebiet betreibt und ihr daher ein Vortrag, dass jeder der in der streitgegenständlichen Werbung abgebildeten Artikel in jeder Filiale erhältlich war, weder möglich noch zumutbar ist. Denn der Grad der Substantiierungslast des Gegners ist nach der Rechtsprechung aufgrund eines Wechselspiels von Vortrag und Gegenvortrag zu bestimmen, wobei die beweisbelastete Partei zunächst „vorlegen“ muss (Stadler, in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 138 Rn. 10a). Und im vorliegenden Fall ist eine derartige Darlegung durch die Klägerin nicht erfolgt. Daher war es prozessual ausreichend, dass die Beklagte substantiiert lediglich das angeblich nicht hinreichende Vorrätighalten von Mineralwasser in der Filiale Stuttgart-Stammheim bestritt, da insoweit die Klägerin ihrer Darlegungslast nachgekommen war.

Insofern unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt auch von den Umständen, die der Entscheidung des Senats „Günstigere Preise“ (OLG Nürnberg, WRP 2019, 128) zugrunde lagen. In dem damaligen Urteil ging es um eine widersprüchliche und damit zweideutige Auslobung, da die dortige Beklagte einerseits ausführte: „Diese Angebote gelten in allen N.-Filialen in Z.“, während sie andererseits angab: „Die abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich“. Nur vor diesem Hintergrund hatte der Senat in der Entscheidung darauf abgestellt, dass die Beklagte vorgetragen habe, dass sämtliche beworbenen Artikel während des gesamten Aktionszeitraums in einem begrenzten Gebiet laufend verfügbar gewesen seien, und der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht das Gegenteil unter Beweis gestellt habe. Diese Rechtsprechung kann jedoch auf den vorliegenden Fall – bei der eine derartige Blickfangwerbung über die Verfügbarkeit sämtlicher Produkte in allen Filialen im Stadtgebiet (und damit in einer überschaubaren Anzahl von Filialen) nicht streitgegenständlich ist – nicht übertragen werden.
II.

Ein auf eine unangemessene Bevorratung gestützter Unterlassungsanspruch besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr, d.h. der erstmalig ernstlich drohenden Gefahr von rechtswidrigen „Lockangeboten“ i.S.v. Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG.

1. Die Annahme einer Erstbegehungsgefahr setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Anspruchsgegner sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten wird. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind. Die Darlegungs- und Beweislast dafür liegt beim Anspruchsteller (BGH, GRUR 2021, 607 Rn. 50 – Neuausgabe).

2. Im vorliegenden Fall hat die Klagepartei keine hinreichend konkreten und greifbaren Anhaltspunkte dafür dargelegt, dass die Beklagte in naher Zukunft über eine unzulängliche Bevorratung unzureichend aufklären wird. Im Gegenteil hat die Klägerin mehrfach betont, dass sie die begehrte Unterlassung nicht auf eine fehlende Bevorratung konkreter Produkte stützt. Derartige ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte können auch nicht dem streitgegenständlichen Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“ entnommen werden, da dieser Hinweis – wie bereits ausgeführt – nur die Wiederholung der bereits an anderer Stelle erfolgten Hinweise, dass bestimmte Artikel nur in speziellen Filialen erhältlich sind, sowie eine Absicherung dafür, dass bestimmte beworbene Produkte trotz eigentlich angemessener Bevorratung in bestimmten Filialen aufgrund von Sonderumständen nicht vorhanden oder schnell ausverkauft sein können, darstellen soll.

Es fehlt auch an den Voraussetzungen einer Berühmung, da die Beklagte nicht behauptet, zur nicht angemessenen Bevorratung aufgrund dieses Hinweises berechtigt zu sein und sie jederzeit und gegenüber jedermann vornehmen zu dürfen (vgl. BGH, GRUR 2001, 1174 (1175) – Berühmungsaufgabe). Eine derartige Berühmung kann insbesondere nicht in dem Prozessverhalten der Beklagten und der Tatsache, dass der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung auf die Frage des Senats, wie die Beklagte den streitgegenständlichen Disclaimer gemeint habe, keine Angaben machen konnte, gesehen werden.
III.

Der in der streitgegenständlichen Werbeanzeige enthaltene Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“ ist schließlich auch nicht losgelöst von einer unangemessenen Bevorratung von Produkten nach § 5a Abs. 2 UWG a.F. unlauter.

1. Die Klagepartei beanstandet diesen Hinweis unter zwei Gesichtspunkten. Zum einen moniert sie, dass die Beklagte den Verbraucher nicht am Blickfang der beworbenen Waren teilnehmend darüber informiere, wo der Verbraucher Informationen dazu einholen könne, in welchen Filialen die beworbenen Waren (nicht) verfügbar seien. Zum anderen sei der Hinweis an sich intransparent und damit unlauter.

Dass die Klagepartei im Klageantrag nur den ersten Aspekt ausdrücklich aufgenommen hat, steht einer Prüfung auch des zweiten Umstands unter Berücksichtigung des lauterkeitsrechtlichen Streitgegenstands (vgl. BGH, GRUR 2020, 1226 Rn. 24 – LTE-Geschwindigkeit) nicht entgegen. Denn die Klage richtet sich gegen die konkrete Verletzungsform, und in der Klagebegründung führte die Klägerin ausdrücklich aus, dass sie sich auch gegen die Intransparenz des Hinweises an sich wende.

2. In rechtlicher Hinsicht ist von folgenden Grundsätzen auszugehen.

Nach § 5a Abs. 2 UWG a.F. handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Als Vorenthalten gilt auch die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise.

Eine Information ist nur dann wesentlich i.S.d. § 5a Abs. 2 UWG a.F., wenn ihre Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann und ihr für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers zudem ein erhebliches Gewicht zukommt. Die Frage, ob eine Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von besonderem Gewicht ist, ist nach dem Erwartungs- und Verständnishorizont des Durchschnittsverbrauchers zu beurteilen (BGH, GRUR 2017, 1265 Rn. 19 Preisportal). Die Wesentlichkeit einer Information ergibt sich insbesondere anhand des Angebots, der Beschaffenheit und der Merkmale eines Produkts (BGH, GRUR 2014, 584 Rn. 11 – Typenbezeichnung). Bei der Frage, ob eine Information wesentlich ist, ist auch danach zu fragen, ob sich die Information auf einen gewöhnlichen oder ungewöhnlichen Umstand bezieht; Informationen sind umso eher als wesentlich anzusehen, je ungewöhnlicher die Umstände sind, auf die sie sich beziehen (Alexander, in MüKoUWG, 3. Aufl. 2020, § 5a UWG Rn. 228; Dreyer, in Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021, § 5a Rn. 90).

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG müssen die Bedingungen für die Inanspruchnahme von Angeboten zur Verkaufsförderung wie Preisnachlässe, Zugaben und Geschenke leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden. Bei geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern im nicht-elektronischen Geschäftsverkehr sind diese Wertungen über § 5a Abs. 2 und 3 UWG a.F. einzubeziehen (Alexander, in MüKoUWG, 3. Aufl. 2020, § 5a UWG Rn. 544). Denn ein unterschiedliches Schutzniveau für elektronischen und nichtelektronischen Geschäftsverkehr ist nicht zu rechtfertigen (BGH, GRUR 2018, 199 Rn. 30 – 19% MwSt. GESCHENKT). Die geschäftliche Transparenz gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 TMG gebietet, Informationen zur verfügbaren Angebotsmenge bereitzustellen, wenn beispielsweise Zugabeartikel oder Werbegeschenke nur in bestimmter Anzahl verfügbar sind und damit naturgemäß das zeitliche Auslaufen der Werbeaktion nicht genau vorhergesagt werden kann (Alexander, a.a.O., § 5a UWG Rn. 579). In diesem Fall ist der auf die Zugabe bezogene Hinweis „solange der Vorrat reicht” notwendig, aber auch ausreichend. Weitere Angaben darüber, in welchem Umfang die als Zugabe zu gewährende Ware vorhanden ist, sind im Interesse der Transparenz nicht geboten. Durch den auf die Zugabe bezogenen Hinweis „solange der Vorrat reicht” erfährt der Verbraucher, dass die Zugabe nicht unbegrenzt und auch nicht im selben Umfang wie die beworbene Hauptware verfügbar ist. Er weiß in diesem Fall, dass keine Gewähr besteht, beim Erwerb der Hauptware auch in den Genuss der Zugabe zu kommen, und erkennt, dass sich seine Chancen durch einen raschen Kaufentschluss erhöhen. Weitere Informationen, etwa über die Anzahl der vom Unternehmen am Erscheinungstag der Werbung vor Geschäftsöffnung bereitgehaltenen Zugaben, könnten dem Verbraucher ohnehin keinen Aufschluss darüber geben, ob er zu einem bestimmten Zeitpunkt, zu dem er das fragliche Geschäftslokal aufsuchen möchte, noch in den Genuss der Zugabe kommen kann (BGH, GRUR 2010, 247 Rn. 15 – Solange der Vorrat reicht). Diese Rechtsprechung ist nicht auf Zugaben beschränkt.

3. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs stellt der Umstand, dass die Beklagte es unterlassen hat, den Verbraucher am Blickfang der beworbenen Waren teilnehmend darüber zu informieren, wo der Verbraucher Informationen dazu einholen könne, in welchen Filialen die beworbenen Waren (nicht) verfügbar seien, keinen Verstoß gegen § 5a Abs. 2 UWG a.F. dar.

a) Zum einen rechnet der durchschnittliche Leser bei einer Werbung eines Discounters mit Sonderangeboten – wie der streitgegenständlichen – damit, dass die beworbenen Produkte nicht uneingeschränkt verfügbar sind. Die Tatsache der beschränkten Verfügbarkeit ist daher kein ungewöhnlicher Umstand.

Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass ein Discounter wie die Beklagte mit über 4.000 Verkaufsstellen im gesamten Bundesgebiet eine Vielzahl von Artikeln im Niedrigstpreissegment mit hoher Warenrotation im Angebot hat. Der angesprochene Verbraucher erwartet daher – wie die Mitglieder des Senats aus eigener Sachkunde feststellen können – nicht, dass er an einer zentralen Stelle vor Einkaufsbeginn Informationen dazu einholen kann, in welchen Filialen die beworbenen Waren (nicht) verfügbar sind, zumal sich diese Information zum Zeitpunkt des späteren Einkaufs bereits als veraltet herausstellen kann. Vielmehr kann der Verbraucher eine informierte Entscheidung bereits dadurch treffen, dass ihm in der Werbung mitgeteilt wird, dass die im Handzettel abgebildeten Artikel nicht in allen Filialen erhältlich sind und es passieren kann, dass die Waren wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein können. Durch diesen Hinweis erfährt der Verbraucher, dass bestimmte klar definierbare Waren nur in N.-Filialen mit Backofen, mit Fleisch und Wurst in Selbstbedienung oder – soweit mit Sternchen gekennzeichnet – bei N. City erhältlich sind. Darüber hinaus wird er über die begrenzte Verfügbarkeit informiert; er weiß damit, dass keine Gewähr dafür besteht, dass beim Betreten des Supermarktes das Sonderangebot noch verfügbar ist, und erkennt, dass sich seine Chancen durch einen raschen Kaufentschluss erhöhen. Weitere Informationen können dem Verbraucher ohnehin keinen Aufschluss darüber geben, ob er zu einem bestimmten Zeitpunkt, zu dem er das fragliche Geschäftslokal aufsuchen möchte, noch in den Genuss des Sonderangebots kommen kann.

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass auf Seite 1 des Prospekts der Zusatz aufgedruckt ist: „Weitere Informationen unter n.-online.de / 0800 200 00 15 (gebührenfrei)“. Es ist trotz ausdrücklichen Hinweises durch den Senat von der Klägerin nicht dargetan, dass der Verbraucher bei diesen angegebenen Möglichkeiten der Informationseinholung nicht auch darüber aufgeklärt werden kann, in welchen Filialen die beworbenen Waren (nicht) verfügbar sind. Dies gilt insbesondere für die Waren, deren Verfügbarkeit von einer bestimmten Ausstattung der Filialen (mit Backofen, mit Fleischtheke etc.) abhängig ist. Zwar ist diese Information nur auf Seite 1 des Prospekts und nicht „am Blickfang der beworbenen Waren teilnehmend“ abgedruckt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss jedoch nur in dem hier nicht gegebenen Fall, in dem der Blickfang für sich genommen eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, der dadurch veranlasste Irrtum durch einen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (BGH, GRUR 2015, 698 Rn. 16 – Schlafzimmer komplett).

b) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Fressnapf“, wonach wesentliche Information dann vorenthalten werden, wenn der Werbende in dem Werbeprospekt nicht angibt, welche der von ihm in dem Prospekts genannten selbständigen Märkte an der beworbenen Verkaufsaktion teilnehmen (BGH, GRUR 2016, 403 Rn. 29 – Fressnapf). Denn bei dieser Information handelt es sich um eine von Gesetzes wegen wesentliche Information (vgl. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG a.F.). Eine solche steht vorliegend jedoch nicht im Raum, da – anders als bei Fressnapf – die einzelnen Filialen von N. nicht von selbständigen Unternehmern eigenverantwortlich geführt werden. Darüber hinaus nahmen im vorliegenden Fall alle Filialen im Verbreitungsgebiet des Prospekts an der Werbeaktion teil.

4. Der in dem Werbeprospekt auf Seite 1 enthaltene Hinweis „Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein“ ist auch nicht aufgrund sonstiger Umstände unter Transparenzgesichtspunkten nach § 5a Abs. 2 UWG a.F. als unlauter anzusehen.

Die wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit dieses Hinweises ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Klagepartei nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Smartphone-Werbung“ (GRUR 2016, 395). Zwar hat der Bundesgerichtshof in diesem Urteil ausgeführt, dass der – mit dem streitgegenständlichen Disclaimer vergleichbare – Hinweis „Dieser Artikel kann auf Grund begrenzter Vorratsmenge bereits im Laufe des ersten Angebotstages ausverkauft sein“ nicht ausreiche, um das durch die Werbung angesprochene Publikum über eine mangelnde Verfügbarkeit der Smartphones aufzuklären (BGH, a.a.O. Rn. 21 – Smartphone-Werbung). In diesem Fall lag jedoch – anders als im Streitfall – tatsächlich eine unzureichende Bevorratung vor. Vorliegend ist dagegen – ohne bewiesenen Verstoß gegen eine hinreichende Warenbevorratung – die (abstrakte) Verwendung dieses Hinweises streitgegenständlich. Aussagen zur Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines derartigen Disclaimers – auch wenn nicht feststeht, dass die tatsächliche Vorratsmenge nicht ausreichend war, um die voraussichtliche Nachfrage zu befriedigen – lassen sich der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht entnehmen.

Nach Maßgabe der obigen Ausführungen und dem zu Grunde zu legenden Verbraucherleitbild hat die Beklagte in diesem Hinweis im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher keine wesentliche Information vorenthalten, die er je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Es werden dadurch auch keine wesentlichen Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise bereitgestellt (vgl. § 5a Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UWG). Insbesondere ist der streitgegenständliche Hinweis im Zusammenspiel mit den sonstigen im Prospekt enthaltenen Informationen nicht unklar formuliert. Vielmehr ist der Disclaimer in der Zusammenschau mit den an anderer Stelle erfolgten Hinweisen geeignet, den Verbraucher hinreichend deutlich darüber zu informieren, dass bestimmte Artikel nur in speziellen Filialen mit bestimmter Ausstattung erhältlich sind, und dass es passieren kann, dass bestimmte Produkte trotz eigentlich angemessener Bevorratung aufgrund bestimmter Sonderumstände nicht überall und nicht über den gesamten Zeitraum erhältlich sein können (vgl. zur hier nicht gegebenen Blickfangwerbung auch Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 1.92; BGH, GRUR 2003, 163 juris-Rn. 23 – Computerwerbung II).
C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Der Senat sieht keinen Anlass für eine Zulassung der Revision nach Maßgabe des § 543 Abs. 1 Nr. 1 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch gebietet die Fortbildung des Rechts eine Zulassung der Revision. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, insbesondere um eine Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise die streitgegenständlichen Werbeaussagen verstehen. Die der tatrichterlichen Würdigung des Senats zugrunde liegenden Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt. Divergierende Gerichtsentscheidungen anderer Gerichte liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt in Anwendung von §§ 3 ZPO, 47, 48, 51 Abs. 2 GKG und entspricht der erstinstanzlichen Festsetzung, gegen die sich die Parteien nicht gewendet haben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a