Irreführung durch Formularschreiben für kostenpflichtiges Adressverzeichnis

14. September 2016
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zweiteiliges Puzzle, auf deim einen, schwarzen Teil ist eine Lupe zu sehen, auf dem anderen, grünen Teil steht A-Z Urteil des LG Bonn vom 09.12.2015, Az.: 16 O 11/15

Das Verschicken von Formularschreiben an Gewerbetreibende als Angebot zur kostenpflichtigen Eintragung in ein Online-Register ist wettbewerbswidrig, wenn durch die Aufmachung der Schreiben ein amtlicher Charakter vorgespiegelt und der Werbecharakter verschleiert wird. Für den Gewerbetreibenden muss klar und eindeutig erkennbar sein, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelt und nicht um ein Schreiben einer Behörde.

Landgericht Bonn

Urteil vom 09.12.2015

Az.: 16 O 11/15

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an einem Mitglied ihres Vorstandes, zu unterlassen, geschäftlich handelnd

für entgeltliche Einträge in einem Adressensammelwerk mit einem Schreiben zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der Anlage K1;

2.
an den Kläger 246,10 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2015 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Versendung von Formularschreiben in Anspruch sowie auf Zahlung pauschalierter vorgerichtlicher Abmahnkosten.

Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Verein zur Förderung gewerblicher Interessen. Die Beklagte bietet nach ihren Angaben ein Online-Register an, in dem Internet-Nutzer kostenlos nach Unternehmen recherchieren können. Sie versendet im gesamten Bundesgebiet Schreiben an Gewerbetreibende und Freiberufler, um für einen entgeltlichen Eintrag in das von ihr herausgegebene Adressensammelwerk auf der Internetseite www.V.de zu werben. In dem jeweiligen Schreiben enthalten ist ein Angebot auf Abschluss eines entgeltlichen Vertrags mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren zu Kosten von 398,88 EUR zzgl. MWSt pro Jahr.

Die Schreiben bestehen jeweils aus einem auf Recyclingpapier gedruckten Din-A4-Blatt (vgl. Bl. ## d.A.). Auf der Vorderseite befindet sich ein vom jeweiligen Adressaten zu unterzeichnendes Formular. In der linken oberen Ecke befindet sich ein Logo, in dem das Wort „V.de“ herausragt aus einem Kreis kleiner fünfzackiger Sterne. Daneben findet sich die Überschrift „E2 und Registrierung inkl. Umsatzsteuer-Identifikationsnummern“. Im rechten oberen Drittel des Schreibens befinden sich ein Strichcode sowie ein Kasten, in dem mehrere offenbar individualisierende Angaben sowie eine bei Schriftwechsel stets anzugebende „AN-Nummer“ enthalten sind. Über dem Adressfeld wird als Absender angegeben: „E2 inkl. UST-IdNr.“; darunter Name und Anschrift der Beklagte.

Der fettgedruckte Betreff des Schreibens lautet „Erfassung gewerblicher Firmendaten inkl. Umsatzsteuer-IdNr. Eintragungsangebot $$########“. Ebenfalls fettgedruckt ist der Hinweis „Rückantwort gebührenfrei per Fax bis (…)“ sowie eine mit 0800 beginnende Telefonnummer.

Sodann folgen zwei Absätze kleingedruckten Fließtexts, die mit einigen Sätzen zur Rechtslage betreffend die Angabe von Umsatzsteuer-Identifikationsnummern beginnen. Sodann wird erwähnt, dass die von der Beklagten angebotene Datenerfassung eine freiwillige, nicht amtliche und kostenpflichtige Leistung darstellt. Im zweiten Absatz wird in der dritten und vierten von vier Zeilen auf die Kosten und die Mindestlaufzeit des angebotenen Vertrags hingewiesen.

Im unteren Drittel des Schreibens befindet sich sodann ein durch Fettdruck herausgestelltes Korrekturfeld, das aus zwei Spalten besteht. In der linken Spalte sind die Daten des jeweiligen Adressaten teilweise bereits eingetragen, darüber heißt es: „Firmendaten – ggf. ergänzen“. Die rechte Korrekturspalte ist überschrieben mit „durch ankreuzen bestätigen oder korrigieren“. Über dieser Tabelle heißt es fettgedruckt: „Bitte überprüfen Sie nachfolgende Angaben zu Ihrem Unternehmen und bestätigen Sie ggf. durch Ihre rechtsverbindliche Unterschrift die Richtigkeit der Firmendaten sowie die Auftragserteilung zur Erfassung und Veröffentlichung unter V.de“.

Auf der Rückseite des Blattes sind über zwei Spalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten abgedruckt. Dort wird in Ziffer 2 darauf hingewiesen, dass „der Vertrag über einen kostenpflichtigen Firmenregistereintrag“ zustande kommt „durch Rücksendung des vom Besteller unterzeichneten Angebots an die E AG“, sofern der Auftrag nicht binnen Wochenfrist widerrufen wird. Unter Ziffer 3 werden die Kosten pro Monat, pro Jahr und der Gesamtpreis für zwei Jahre genannt. Die Mindestlaufzeit von zwei Jahren wird in Ziffer 4 nochmals erwähnt.

Der Kläger mahnte die Beklagte am 03.03.2015 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf (Anl. K2). Die Beklagte verweigerte dies mit Schreiben vom 24.03.2015 und vom 06.05.2015 (Anl. K3, K4).

Der Kläger ist der Auffassung, dass die beanstandete Werbung gegen das Irreführungsverbot verstoße, indem über den Angebotscharakter des Formulars getäuscht und ein amtlicher bzw. quasiamtlicher Charakter vorgespiegelt werde.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein konkretes Angebot per Briefpost keine Werbung sei. Es liege jedenfalls keine Irreführung vor, weil sie sich an der jüngeren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs orientiert habe. Ihr Angebot richte sich ausschließlich an Gewerbetreibende, von denen erwartet werden könne, dass sie ein solches Schreiben aufmerksam läsen. Aus dem Text gehe ausreichend deutlich hervor, dass es sich um ein Angebot von einem nicht-amtlichen Absender handele und dass die Eintragung freiwillig und kostenpflichtig sei. Dies gelte umso mehr, weil vorab ein Ankündigungsschreiben (Anl. B1, Bl. ## d.A.) versandt werde. Außerdem werde überobligationsmäßig ein einwöchiges Widerrufsrecht eingeräumt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. §§ 4 Nr. 3, Nr. 11, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Er kann darüber hinaus Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Kosten verlangen, § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

I.
1.
Der Kläger ist als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher und selbständiger beruflicher Interessen, dem eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Beklagte vertreiben, klagebefugt. Dies wird von der Beklagten nicht mehr in Abrede gestellt.

2.
Die Beklagte ist nach § 8 Abs. 1 UWG verpflichtet, den Versand der beanstandeten Schreiben zu unterlassen, da es sich um unlautere geschäftliche Handlungen handelt.

a)
Durch Versendung der Schreiben handelt sie im geschäftlichen Verkehr. Eine geschäftliche Handlung ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG „jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt (…)“. Die Versendung von Angeboten per Brief mit der Absicht, die Absender zu einer Annahme und damit zu einem Vertragsschluss zu bewegen, ist danach unzweifelhaft eine geschäftliche Handlung. Auf die Frage, ob der Versand der Sendungen per E-Mail oder per Brief erfolgt, kommt es entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht an.

b)
Die beanstandeten Schreiben sind irreführend, weil in der Gesamtschau durch die Aufmachung ein amtlicher bzw. quasi-amtlicher Charakter vorgespiegelt wird, §§ 3 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 2, Nr. 2, 3 UWG (zur Irreführung nach dieser Variante vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, § 5 UWG Rn. 5.143 m.N.; s.a. OLG Koblenz, Urteil vom 06.08.2014 – 9 U 194/14, BeckRS 2015, 00266 m.N.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.02.2013 – I-20 U 100/11, BeckRS 2012, 04786; LG Berlin, Urteil vom 15.10.2013 – 102 O 80/13, BeckRS 2014, 18133).

Die Schreiben richten sich an Gewerbetreibende und Freiberufler. Maßgeblich für die Frage, wie ihr Inhalt zu verstehen ist, ist das Verkehrsverständnis. Die Kammer kann dies aus eigener Sachkunde beurteilen, denn zum einen sind die Handelsrichter als Unternehmer selbst regelmäßig Adressaten jedenfalls ähnlicher Schreiben, mit denen für die Eintragung in ähnliche Papier- oder Internet-Register geworben wird, zum anderen ist die Kammer mit einer Zuständigkeit für Wettbewerbsrecht aufgrund vorangegangener Befassung vertraut mit vergleichbaren Werbeschreiben.

Das Logo „V.de“ erinnert mit seinem Sternenkranz an die Flagge der Europäischen Union und weckt damit die Assoziation, dass ein amtliches Schreiben vorliegt, das in einem europäischen Kontext zu sehen ist. Die Bezeichnung „Deutsches Firmenregister“ ohne einen auf die Rechtsform der Beklagten hindeutenden Zusatz erweckt den Anschein eines amtlichen Vorgangs mit Geltungsanspruch für das gesamte Bundesgebiet, insbesondere im Zusammenklang mit den Wörtern „Erfassung“ und „Registrierung“, die ebenfalls ein hoheitliches Handeln suggerieren. Auch die Firma „E AG“ sowie die Verwendung von Recyclingpapier erwecken eher den Eindruck eines behördlichen Schreibens als den einer von einer AG stammenden Werbung. Vollkommen untypisch für ein Werbeschreiben und vielmehr den amtlichen Eindruck verstärkend ist schließlich die Tatsache, dass für die Rückantwort eine Frist gesetzt wird.

Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten wird dieser Eindruck nicht dadurch aufgehoben, dass das Logo mit dem Zusatz „.de“ auf eine Internet-Adresse verweist. Abgesehen davon, dass auch Behörden im Internet selbstverständlich präsent sind und mit dem Bürger per E-Mail kommunizieren, gilt dies bereits deshalb, weil die Aufmachung des Schreibens offenlässt, in welcher Beziehung „V.de“, das „Deutsche Firmenregister“ und die „E AG“ zueinander stehen. Insofern kann der Leser den Eindruck gewinnen, der amtliche Absender „Deutsches Firmenregister“ verweise auf den Internet-Auftritt einer anderen Stelle, nämlich der „V.de“.

Auch die Tatsache, dass auf der Rückseite des Schreibens die AGB der Beklagten abgedruckt sind, vermag den Eindruck eines amtlichen bzw. quasi-amtlichen Schreibens nicht aufzuheben. Da der Staat hoheitliche Aufgaben auch in privater Rechtsform wahrnehmen kann, ist der Verweis auf die AGB kein Hinweis darauf, dass das Schreiben nicht von einer staatlichen Stelle stammen kann. Beispielhaft verwiesen sei auf den in der Rechtsform einer GmbH organisierten Bundesanzeiger-Verlag, der sowohl für die Pflichtveröffentlichung amtlicher Bekanntmachungen als auch für gesetzlich vorgeschriebene Bekanntmachungen privatrechtlicher Gesellschaften u.a. zuständig ist und in seinem Internetauftritt private Kunden auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweist.

Ebenfalls unerheblich ist, dass sich im kleingedruckten Fließtext der Hinweis darauf findet, dass die „Erfassung Ihrer Unternehmensdaten unter V.de (…) eine freiwillige, nicht amtliche, kostenpflichtige Eintragung ist, die von der E AG“ angeboten wird. Dieser Text ist nach Größe und Anordnung (Zeile 6/7 in einem Absatz von insgesamt acht Zeilen) vielmehr darauf angelegt, überlesen zu werden.

c)
Die Schreiben der Beklagten sind außerdem irreführend, weil über ihren Angebotscharakter getäuscht und der Werbecharakter verschleiert wird, § 4 Nr. 3 UWG.

Eine Verschleierung liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild einer geschäftlichen Handlung so gestaltet ist, dass die Marktteilnehmer den geschäftlichen Charakter nicht klar und eindeutig erkennen (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 3.11). An einer hinreichend klaren und eindeutigen Erkennbarkeit fehlt es, wenn der Werbeadressat zur Annahme eines vom Unternehmer unterbreiteten Angebots verleitet werden soll, dessen werbender Charakter dadurch getarnt wird, dass der unzutreffende Eindruck vermittelt wird, die beworbene Ware oder Dienstleistung sei bereits bestellt (vgl. Köhler in: Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rn. 3.49; BGH, Urteil vom 30.06.2011 – I ZR 157/10, NJW 2012, 1449 Rn. 18).

Für die Frage, wie Werbung verstanden wird, ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Marktteilnehmers maßgebend (vgl. BGH, Urteil vom 30.06.2011 – I ZR 157/10, NJW 2012, 1449 Rn. 19 m.w.N.). Hier richtet sich die Werbung, wie bereits dargelegt, an Gewerbetreibende und Freiberufler.

Durch die beanstandete Werbung wird bei einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise eine Fehlvorstellung hervorgerufen über den Angebotscharakter des Schreibens und darüber, dass es nicht lediglich eine bestätige Funktion hat (s.a. BGH, Urteil vom 30.06.2011 – I ZR 157/10, NJW 2012, 1449 Rn. 20 ff.; BGH Urteil vom 26.11.1997 – I ZR 109/95, GRUR 1998, 514; OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.02.2012 – I-20 U 100/11, BeckRS 2012, 04786; LG Düsseldorf, Urteil vom 14.08.2012 – 37 O 8/11, BeckRS 2012, 22035; LG Freiburg, Urteil vom 18.07.2008 – 12 O 25/08, BeckRS 2015, 00136). Diese Bewertung stützt sich – wie unter b) bereits dargelegt – darauf, dass die Textteile, in denen der Angebotscharakter erwähnt wird, durch die geringe Schriftgröße und die versteckte Anordnung im späteren Verlauf eines längeren Textabschnitts bei flüchtigem Lesen nicht auffallen. Vielmehr ist die Gestaltung gerade darauf angelegt, den Leser dazu zu bringen, diese Informationen zu überlesen.

Durch die Aufforderung, die in den beiden Korrekturspalten enthaltenen Angaben zu ergänzen, zu bestätigen oder zu korrigieren, wird stattdessen der Eindruck erweckt, es bestehe bereits eine rechtliche Beziehung zu dem Adressaten.

Dass eine Fehlvorstellung tatsächlich erfolgreich hervorgerufen wird und die Adressaten zum Vertragsschluss veranlasst werden, wird bestätigt durch die Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen, in denen es um die Frage geht, unter welchen Voraussetzungen sich der Kunde durch Anfechtung oder wegen Unwirksamkeit der Entgeltabrede vom Vertrag lösen kann (siehe beispielsweise BGH, Urteil vom 26.07.2012 – VII ZR 262/11, NJW-RR 2012, 1261; LG Saarbrücken, Urteil vom 06.09.2013 – 10 S 185/12 – NJOZ 2014, 83; LG Bonn, Urteil vom 22.08.2012 – 5 S 82/12, BeckRS 2012, 21228).

Es kann dahin stehen, ob die Beklagte den beanstandeten Schreiben jeweils eine Ankündigung (Anl. B1 Bl. ## d.A.) vorausschickt. Auch wenn dies der Fall wäre, was die Klägerin bestritten hat, würde dies die Verschleierung des Angebotscharakters nicht aufheben:

So enthält das Briefpapier, auf dem diese (angebliche) Ankündigung gedruckt ist, dieselben Merkmale, die über den amtlichen bzw. quasi-amtlichen Charakter täuschen. Zu den oben bereits erwähnten Merkmalen kommt noch hinzu, dass das Schreiben an der Stelle einer Unterschrift als Unterzeichner „Deutsches Firmenregister / Erfassung“ nennt, mithin wiederum nicht die auf die Privatrechtsnatur der Beklagten verweisende Bezeichnung „AG“, sondern eine hoheitlich anmutende Bezeichnung. Sodann heißt es „Dieses Schreiben wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig“. Diese Formulierung wird ebenfalls üblicherweise in Verwaltungsschreiben, nicht aber in Werbeschreiben verwendet. Als Betreff wird die „Erfassung gewerblicher Firmendaten (§ 14 BGB)“ genannt, mithin der unzutreffende Eindruck erweckt, es werde auf eine Rechtsgrundlage verwiesen.

Außerdem ist das Schreiben trotz der Formulierung „Angebot“ darauf gerichtet, den Eindruck zu erwecken, dass mit dem Ausfüllen des Formulars einer gesetzlichen Pflicht genügt werde und es sich um eine „bloße Formalität“ handele. So wird das „Angebot“ nicht in einen Zusammenhang mit einem Vertragsschluss gesetzt, weil weder von einer Annahme noch von einem Vertrag oder Auftrag die Rede ist. Stattdessen wird – für Werbung untypisch – eine Frist gesetzt, innerhalb das ausgefüllte Formular zurückzusenden ist.

d)
Schließlich sind auch die Spürbarkeit des Verstoßes und seine Eignung zur Beeinflussung der Verkehrsteilnehmer gegeben.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass Versand eines Schreibens per Briefpost grundsätzlich zulässig sei und nicht der Rechtfertigung bedürfe. Dies ist unerheblich, weil es darauf ankommt, ob – wie hier – der Inhalt eine unlautere Irreführung darstellt.

Die unzutreffenden Angaben in dem beanstandeten Schreiben sind geeignet, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen. Insoweit gibt das Verhalten der Beklagten als dem Werbenden selbst einen Anhaltspunkt für die Relevanz (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rn 2.181).

Es liegt eine Irreführung über ein Merkmal von zentraler Bedeutung vor, nämlich der Frage der konstitutiven Wirkung der Erklärung bzw. der Entgeltlichkeit. Der Lauterkeitsverstoß ist objektiv geeignet, den jeweiligen Adressaten zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte.

e)
Die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ist durch die Erstbegehung indiziert.

II.
Der Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten ist in der zugesprochenen Höhe begründet § 12 Abs. 1 S. 2 UWG. Der Unterlassungsgläubiger kann Erstattung der erforderlichen Aufwendungen für eine berechtigte Abmahnung verlangen. Für einen Verband wie den Kläger kommt ein Anspruch auf anteiligen Ersatz seiner Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale in Betracht (vgl. Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 12 Rn. 1.98; OLG Hamburg, Urteil vom 28.11.2001 – 5 U 111/01, BeckRS 2001, 30222988; LG Berlin, Urteil vom 15.10.2013 – 102 O 80/13, BeckRS 2014, 18133). Der vom Kläger geltend gemachte Betrag, gegen dessen Höhe die Beklagte keine Einwendungen erhoben hat, war danach ohne Weiteres zuzusprechen.

Der Zinsanspruch ist begründet nach §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 S. 2 ZPO.

Streitwert: 25.000,00 EUR (§ 3 ZPO)

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