Geheime Fan-Datenbank der Polizei Bayern verfassungswidrig?
„EASy Gewalt und Sport“
Um effektiver gegen gewaltbereite Fans auf Sportveranstaltungen vorgehen zu können, hat die Polizei Bayern im Januar 2020 beim bayerischen Landeskriminalamt eine Datenbank, die sogenannte „EASy Gewalt und Sport“, eingeführt. Diese Datenbank soll es ermöglichen, mithilfe einer Analysesoftware durch Auswertung personenbezogener Daten die Personen im Freistaat herauszufinden, die mehrfach bei Sportveranstaltungen durch ihr Verhalten Aufsehen erregt haben. Als aufsehenerregende Handlungen gelten hierbei beispielsweise „Gewalttaten gegen Personen oder Sachen“, „Anbringen von Aufklebern“ oder auch „fremdenfeindliche, extremistische Handlungen“. Die Auswahl der Personen, die in die Datenbank aufgenommen werden, erfolgt hierbei mittels einer sogenannten Individualprognose und nicht etwa anhand eines einzelnen relevanten Sachverhalts. Bearbeitet wird die Datenbank von „szenekundigen Beamten“, die im Bereich Gewalt und Sport tätig sind.
Mehr gelistete Personen als in der Bundesdatenbank
Nach einer Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Katharina Schulze und Maximilian Deisenhofer wurde nun bekannt, dass mittlerweile ca. 1650 Personen in der Datenbank erfasst werden – und damit um ein Vielfaches mehr als in der bundesweiten Datei Gewalttäter Sport (DGS), die ungefähr 500 Personen mit Wohnsitz in Bayern listet.
AG Fananwälte: Zu geringe Anforderungen an eine Auflistung
Dies gibt der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, die regelmäßig in diesem Bereich tätig ist, Anlass zur Kritik an der Datenbank des Freistaats. Bemängelt werden insbesondere die geringen Anforderungen, die an eine Aufnahme in die Datenbank gestellt werden. Durch die offene Formulierung und durch die Durchführung einer Individualprognose sei es auch möglich Personen in die Datenbank aufzunehmen, gegen die kein Verdacht auf eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit bestünde. So sei es laut Strafverteidiger Marco Noli, der zu den Mitgliedern der AG Fananwälte zählt, möglich, aufgrund des Verdachts der Polizei wegen der Gefahr des Anbringens von Aufklebern in der Datenbank aufgeführt zu werden. Demnach reichen bereits kleinste Vermutungen und die subjektive Einschätzung eines Polizeibeamten aus, um eine Person in die Datenbank aufzunehmen.
Keine klare Speicherfrist
Weiterhin wird die mögliche Speicherdauer von bis zu zehn Jahren bemängelt. Solange es „zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben erforderlich ist“, sei es gerechtfertigt, die Daten zu speichern. Die Betroffenen hätten während dieses Zeitraumes die Möglichkeit ihre Unschuld darzulegen, um aus der EASy GS gelöscht zu werden.
Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung?
Schließlich wird es auch als problematisch angesehen, dass die betroffenen Personen über ihre Aufnahme in die Datenbank nicht informiert werden. Datenschützer sehen in diesem Vorgehen der Polizei eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG. Nach Ansicht der Fananwälte sei die Datenbank der Polizei Bayern mithin verfassungswidrig.
Im Austausch mit Datenschutzbeauftragtem
Nach Angaben des Ministeriums habe es den Landesbeauftragten für Datenschutz zur Hilfe gezogen, um über die Datenbank zu beraten. Derzeit konnte noch kein Ergebnis mitgeteilt werden. Es bleibt folglich abzuwarten, wie mit der Datenbank EASy GS in Zukunft umgegangen wird.