Keine unlautere Herabsetzung durch kritischen Blog-Beitrag

28. November 2016
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Softwarelizenz mit CD Urteil des OLG Düsseldorf vom 12.07.2016, Az.: 20 U 117/15

Ein Blog-Posting auf dem gewerblichen Internetauftritt eines Mitbewerbers, welcher vor möglichen Rechtsrisiken beim Kauf von aufgespaltenen Volumen-Lizenzen warnt, stellt keine wettbewerbswidrige Herabsetzung des betroffenen Unternehmens dar. Zwar sei die Behauptung eines mit dem Kauf solcher Lizenzen verbundenen rechtlichen Risikos grundsätzlich als Herabsetzung einzuordnen, diese ist jedoch nicht als unlauter im Sinne von §§ 3, 4 Nr. 3 UWG anzusehen, da es sich bei dem Beitrag um die Darstellung einer persönlichen Rechtsansicht handelt, welche vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 I GG gedeckt ist.

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 12.07.2016

Az.: 20 U 117/15

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 05. August 2015 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf, Az. 12 O 76/15, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Entscheidungsgründe

A.

Die Parteien handeln jeweils mit gebrauchter Software. Die Klägerin wendet sich gegen Äußerungen der Beklagten, die diese in einem Eintrag vom 13.01.2015 in einem von ihr unterhaltenen, in ihren gewerblichen Internetauftritt eingebundenen Blog unter der Adresse www.blog.x.de über gebrauchte Software getätigt hat, und die die Klägerin für wettbewerbswidrig hält. Seite 1 des streitgegenständlichen Blogeintrags (Anlage A) ist nachstehend eingefügt:

(Abbildung)

Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 05.08.2015 (Bl. 96 ff. GA) Bezug genommen.

Durch dieses hat das Landgericht die Klage abgewiesen, mit der die Klägerin eine Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung der Werbung begehrt hat, wie sie sich in Anlage A in dem Absatz mit der Überschrift „Kritische Fallbeispiele aus der Praxis“ bzw. der Überschrift des Blogeintrags „Nach wie vor Vorsicht beim Kauf von aufgespaltenen Volumenlizenzen“ selbst findet.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass kein Unterlassungsanspruch wegen einer unlauteren Irreführung bestehe, da der streitgegenständliche Blogbeitrag keine Tatsachenbehauptungen, sondern Meinungsäußerungen enthalte. Für die Aussage zu Ziff. 1 ergebe sich ein solches Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, die aus Unternehmen bestünden, die mehrere Computerarbeitsplätze bestücken müssten, aus dem vorangehenden Absatz. Dort werde nicht nur – objektiv nachprüfbar – der Inhalt des oberlandesgerichtlichen Urteils vom 18.12.2012 dargestellt, sondern vielmehr Meinungen Dritter und der Beklagten präsentiert, wobei der Schwerpunkt im meinungsäußernden Teil liege. Der wiedergegebene Inhalt einer oberlandesgerichtlichen Entscheidung diene nur dazu, den Anlass für die aufkommende Diskussion bei der aktuellen Rechtsprechung zu verorten und in diesen Kontext die eigene Meinung einzuordnen. Mit der angegriffenen Aussage zu Ziff. 1 verdeutliche die Beklagte ihren Standpunkt sodann mit einem Beispiel. Mit diesem stelle sie einen „umgekehrten Subsumtionsvorgang“ dar, was ersichtlich einen Wertungsvorgang beinhalte. Demgemäß sei auch die mit dem Antrag zu Ziff. 2 angegriffene Überschrift des Blogs schwerpunktmäßig als Meinungsäußerung zu verstehen, was darüber hinaus auch durch den Begriff der „Vorsicht“ gezeigt werde, der bereits von einer Einschätzung des Äußernden geprägt sei.

Es liege auch keine unlautere Herabwürdigung im Sinne des § 4 Nr. 7 UWG vor, da es zu keiner Verringerung der Wertschätzung komme. Im Rahmen der umfassenden Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit dem Bericht auf das kurz zuvor veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.12.2014 und darauf bezogene Stellungnahmen Dritter bzw. der Klägerin reagiere, die in diesem Zusammenhang die Aufspaltung von „Volumen-Lizenzen“ für zulässig erachtet hätten. Eine Reaktion hierauf müsse der Beklagten möglich sein, jedenfalls wenn sie sich – wie vorliegend – in sachlicher Art und Weise mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs auseinandersetze. Letztlich vertrete sie hierzu auch keine andere Ansicht als die Klägerin, da auch diese davon ausgehe, dass die von der Beklagten in Bezug genommenen sog. Client-Server-Lizenzen nicht aufgespalten werden dürften. Lediglich im Hinblick auf das Verständnis des Begriffs „Volumen-Lizenz“ bestehe Uneinigkeit. Eine Irreführung durch die Beklagte insoweit liege aber nicht vor, da das Verkehrsverständnis des Begriffs nicht mit dem der Klägerin identisch sei. Schließlich sei die aus dem Fallbeispiel hervorgehende Wertung der Beklagten, dass die Aufspaltung von Volumen-Lizenzen immer unzulässig sei, wenn die Software auf einem Client-Server installiert worden sei, und zwar auch dann, wenn die rechtliche und technische Möglichkeit einer Installation an mehreren Arbeitsplätzen bestanden habe, von ihrer Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt. Aus den vorstehenden Erwägungen liege auch keine gezielte Behinderung der Klägerin im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG vor.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der form- und fristgemäß eingelegten und begründeten Berufung. Sie macht unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen geltend, das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagte in ihrem Blog-Eintrag die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts Frankfurt in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht korrekt wiedergegeben habe und hierhin eine unwahre Tatsachenbehauptung liege. Auf die Wiedergabe dieser unzutreffenden Tatsachenbehauptungen wiederum stütze die Beklagte ihre ebenfalls fälschlichen Schlussfolgerungen. Eine Meinungsäußerung sei hierin nicht zu erkennen, jedenfalls trete eine solche hinter der fehlerhaften Darstellung der höchstrichterlichen Urteile zurück. In dem streitgegenständlichen Blog-Eintrag bringe die Beklagte die Begriffe „Volumen-Lizenz“ und „Client-Server-Lizenz“ bewusst durcheinander, da sie einerseits ein Beispiel zu „Volumen-Lizenzen“ konstruiere und in der Überschrift auf diese abstelle, aber zur Begründung die Rechtsprechung zu „Client-Server-Lizenzen“ heranziehe. Eine synonyme Verwendung der Begriffe „Volumen-Lizenz“ und „Client-Server-Lizenz“ scheide aber schon deshalb aus, weil ersteres ein „Bündelmodell“ aus vielen Einzellizenzen sei, letztere aber gerade nur eine Lizenz; dieses Verständnis sei gefestigt, die entsprechenden Begrifflichkeiten würden auch von der Rechtsprechung in derselben Weise verwendet. Die dringende Warnung der Beklagten vor Käufen von Lizenzen aus aufgespaltenen Volumenverträgen enthalte deshalb die Aussage, dass solche Käufe mit einem erheblichen Rechtsrisiko belastet seien. Diese Aussage sei unwahr, insbesondere wende sich Microsoft nicht gegen die Aufspaltung von Volumenlizenzen. Irreführend sei weiterhin, dass die Beklagte durch das von ihr gewählte Beispiel den unzutreffenden Eindruck vermittle, Microsoft-Office-Lizenzen gebe es auch als Client-Server-Lizenzen. Tatsächlich handele es sich bei den in Bezug genommenen Microsoft-Volumen-Lizenzen um Einzelplatzlizenzen, da diese unstreitig für jeden Nutzer eine lokale Installation ohne Zugriff auf den Server erlaubten. Hieran ändere sich dadurch, dass die Software als rechtliches Minus auch als Client-Server-Installation in Betrieb genommen werden dürfe, nichts.

Weiterhin hätte sich das Landgericht aus den dargestellten Gründen mit § 4 Nr. 8 UWG befassen müssen, da eine unwahre, den Warenabsatz der Klägerin schädigende Tatsachenbehauptung gegeben sei. Aber selbst wenn man vom Vorliegen einer Meinungsäußerung ausginge, so sei diese für ihre Gebrauchtsoftwareverkäufe herabsetzend. Die vom Landgericht insoweit vorgenommene Abwägung sei rechtsfehlerhaft, da es insbesondere die Vorgeschichte nicht hinreichend gewürdigt habe und sich die Äußerungen nicht mehr im Rahmen des Erforderlichen bewegten. Die Grenze der Meinungsäußerung sei überschritten, wenn bewusst wahrheitswidrig Rechtsprechung verdreht und Darstellungen von Urteilen der Anschein objektiver Berichterstattung gegeben werde, obwohl diese gerade nicht sachlich sei. Die Äußerungen führten zu einer neuen Verunsicherung, obwohl diese von der Rechtsprechung gerade erst beseitigt worden sei.

Schließlich sei das Landgericht zu Unrecht nicht auf § 4 Nr. 10 UWG eingegangen, obgleich eine Behinderung unter verschiedenen Gesichtspunkten vorliege.

Die Klägerin verfolgt ihr ursprüngliches Klagebegehren vollumfänglich weiter und beantragt,

das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 15.07.2015, Az. 12 O 76/15, dahingehend abzuändern, dass die Beklagte verurteilt wird, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,– EUR, ersatzweise einer an den Geschäftsführern zu vollstreckenden Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr wie folgt zu werben und/oder werben zu lassen:

(Abbildung)

jeweils wenn dies geschieht wie in Anlage A.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen als zutreffend. Insbesondere stelle es eine zutreffende Tatsachenbehauptung dar, dass es nach der Rechtsprechung unzulässig sei, Microsoft Volumen-Lizenzen bei einer Client-Server-Installation von Office aufzuspalten. Sie behaupte dies gerade nicht für alle Volumen-Lizenzen, sondern nur für diese konkrete Konstellation. Das von ihr zitierte Praxisbeispiel, in dem nicht von einer Client-Server-Lizenz, sondern von einer Client-Server-Installation die Rede sei, die bei Volumen-Lizenzen für  Office von Microsoft gestattet und wohl die Regel sein dürfte, gebe es gerade. Letztlich seien allein deshalb, weil Microsoft aus einer Volumen-Lizenz abgespaltene Office-Lizenzen nicht als rechtmäßige Lizenzen akzeptiere, die angegriffenen Bewertungen der Beklagten gerechtfertigt.

Wegen des Parteienvorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung hat aus den zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung keinen Erfolg.

I.

In den beanstandeten Textpassagen in dem von der Beklagten unterhaltenen, in ihren gewerblichen Internetauftritt eingebundenen Blog liegt entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung keine Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG durch die Beklagte.

1.

Eine Angabe ist irreführend im Sinne von § 5 UWG, wenn sie die Wirkung einer unzutreffenden Angabe erzeugt, d.h. den von ihr angesprochenen Verkehrskreisen einen unrichtigen Eindruck vermittelt (BGH GRUR 1991, 852, 854 – Aquavit; GRUR 1995, 612, 613 f. – Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie; GRUR 2000, 911, 913 – Computerwerbung I; GRUR 2005, 442, 443 – Direkt ab Werk; vgl. auch Ohly/Sonitza-Sosnitza, UWG, 6. Aufl., § 5 Rn. 105 m.w.N.). Keine Angaben im Sinne des § 5 sind Meinungsäußerungen (Werturteile), deren Wahrheitsgehalt objektiver Nachprüfung nicht zugänglich ist. Meinungsäußerungen sind durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung, d.h. durch das Element der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt und lassen sich deshalb nicht als wahr oder unwahr erweisen (BVerfG NJW 1994, 1779 – Versammlungsgesetz; BGH NJW 1999, 2736 – Verdachtsdiagnose; Ohly/Sosnitza-Sosnitza, a.a.O., § 5 Rn. 87). Sofern sich Tatsachenbehauptung und Wertung miteinander vermengen, kommt es darauf an, ob die Grenze zwischen einer Aussage mit nachprüfbarem Tatsachenkern und einer bloßen Meinungsäußerung gezogen werden kann; dann ist ersterer im Rahmen des § 5 UWG auf seine objektive Richtigkeit überprüfbar (Ohly/Sosnitza-Sonitza, a.a.O.; Köhler/Bornkamm-Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 5 Rn. 2.49 f.).

2.

Nach diesen Maßstäben lässt sich keine Irreführung im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 UWG wegen einer unwahren Angabe über wesentliche Merkmale der von der Klägerin angebotenen Waren feststellen.

Die Klägerin geht mit ihrem Berufungsangriff von der Annahme aus, die Beklagte stelle die Rechtsprechung „verdreht“ dar. Dies ist aber aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise nicht der Fall. Zutreffend hat das Landgericht diese nicht als Verbraucher angesehen, sondern als solche Unternehmen, die sich für die Anschaffung von Softwarelizenzen für mehrere Arbeitsplätze interessieren. Angesichts der Komplexität der behandelten Rechtsfrage ist davon auszugehen, dass diese schon im Ausgangspunkt aufmerksamen und an Details interessierten Verkehrskreise nicht nur die Überschrift oder einzelne Textpassagen isoliert lesen werden, sondern den gesamten, vom Umfang her überschaubaren Blogbeitrag. Die angegriffenen Äußerungen werden deshalb von den angesprochenen Verkehrskreisen in ihrem Kontext zur Kenntnis genommen und gewürdigt.

a)

In der mit dem Antrag zu Ziff. 1. angegriffenen Textpassage findet sich keine tatsächliche Feststellung betreffend den Inhalt von in diesem Kontext ergangenen Gerichtsentscheidungen.

Durch den Satz

„“Exakt diese Aufspaltung einer klassischen Client Server Lösung hat unserer Meinung nach der BGH und EuGH untersagt“, betont Y Geschäftsführer Z.“

wird nicht der Eindruck erweckt, dass der von der Beklagten unmittelbar vorangestellter Beispielsfall, der sich auf die – unstreitig von Microsoft erlaubte – Installation eines „Microsoft-Volumenpakts“ als „Client-Server-Installation“ bezieht, Gegenstand der in Bezug genommenen höchstrichterlichen Entscheidungen gewesen ist. Vielmehr wird durch die Formulierung „unserer Meinung nach“ unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Subsumtion des von der Beklagten gebildeten Fallbeispiels unter diese Rechtsprechung der Gegenstand einer Wertung der Beklagten ist. Dies wäre nicht erforderlich, wenn sich die Entscheidungen gerade auf den Beispielsfall bzw. die diesem zugrunde liegende Fallgestaltung bezögen. Gleiches ergibt sich auch, wie vom Landgericht bereits ausführlich und im Einzelnen zutreffend dargelegt, aus dem Kontext des im Blog-Eintrag vorangehenden Absatzes.

Soweit die Beklagte in diesem vorangehenden Absatz zunächst das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das durch das Urteil des Bundesgerichtshof vom 18.12.2012 bestätigt worden ist, in Bezug nimmt und zu dessen Inhalt Ausführungen macht, so ist die diesbezügliche Darstellung durch die Beklagte nicht streitgegenständlich.

b)

Die Klägerin kann auch nicht geltend machen, dass dadurch, dass die Beklagte in ihrem Praxisbeispiel von einem „Volumenpaket“ und im weiteren Text von „aufgespaltenen Volumen-Lizenzen“ spricht, der unzutreffende Eindruck erweckt werde, die Gerichte hätten die Übertragung eines Bündels von Einzelplatzlizenzen für unzulässig erklärt. Eine feststehende Begrifflichkeit dahingehend, dass unter „Volumen-Lizenzen“ stets ein Bündel von Einzelplatzlizenzen zu verstehen ist, lässt sich gerade nicht feststellen.

Die im Blogeintrag in Bezug genommenen Entscheidungen betreffen einerseits den Fall einer Weiterveräußerung eines Teils einer sog. Client-Server-Software (EuGH, GRUR 2012, 904 – Oracle/UsedSoft, Anlage K 6, und dem nachfolgend BGH WRP 2014, 308 – Usedsoft II, Anlage K 7) und andererseits den eines Teils aus einem „Bündel“ von 40 Einzelplatzlizenzen (BGH GRUR 2015, 772 – usedSoft III, Anlage K 16, Bl. 72 ff. GA; OLG Frankfurt, GRUR 2013, 279 – adobe/usedSoft, Anlage K 9). Der Bundesgerichtshof hat in seiner „usedSoft III“-Entscheidung (a.a.O., Rn. 44 f.) hierzu den Stand der Rechtsprechung zusammengefasst und wie folgt zwischen den beiden Fallkonstellationen differenziert:

„Dabei ist zu beachten, dass die Erschöpfung des Verbreitungsrechts den Ersterwerber nicht dazu berechtigt, die von ihm erworbene Lizenz aufzuspalten und das Recht zur Nutzung des betreffenden Computerprogramms nur für eine von ihm bestimmte Nutzerzahl weiterzuverkaufen und die auf seinem Server installierte Kopie weiter zu nutzen (vgl. EuGH, ECLI:EU:C:2012:407 Rn. 69–71 und 86 = GRUR 2012, 904 = NJW 2012, 2565 – UsedSoft/Oracle). Hat der Ersterwerber eine Lizenz erworben, die die Nutzung der auf einem Server installierten Kopie des Computerprogramms durch mehrere Nutzer gestattet (sog. Client-Server-Lizenz), kann sich der Nacherwerber der Kopie dieses Programms daher nur dann mit Erfolg auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an dieser Kopie berufen, wenn der Ersterwerber diese Kopie unbrauchbar gemacht hat.

Hat der Ersterwerber dagegen eine Lizenz erworben, die die Nutzung mehrerer eigenständiger Kopien des Computerprogramms erlaubt (sog. Volumen-Lizenz), ist er dazu berechtigt, das Recht zur Nutzung des betreffenden Programms für eine von ihm bestimmte Zahl von Nutzern weiterzuverkaufen und für die verbleibende Zahl von Nutzern weiter zu nutzen. Bei den einzelnen Lizenzen handelt es sich um jeweils selbstständige Nutzungsrechte, die eigenständig übertragen werden können. In einem solchen Fall kann sich der Nacherwerber von Kopien dieses Computerprogramms daher bereits dann mit Erfolg auf die Erschöpfung des Verbreitungsrechts an diesen Kopien berufen, wenn der Ersterwerber eine entsprechende Anzahl von Kopien unbrauchbar gemacht hat.“

Der von der Beklagten vorgetragene Beispielsfall bezieht sich hingegen weder eindeutig auf den Fall einer klassischen „Client-Server-Lizenz“ noch auf den Fall einer „Volumen-Lizenz“ in dem vom Bundesgerichtshof verwendeten Sinne, dass die Lizenz die Nutzung mehrerer eigenständiger Kopien des Computerprogramms erlaubt, und auf den auch die Klägerin stets abstellt. Die sog. „Volumen-Lizenz“ von Microsoft betreffend „Microsoft Office“ ist zwar, wie zwischen den Parteien  unstreitig geblieben ist und sich auch den von den Parteien diesbezüglich vorgelegten Unterlagen von Microsoft (Anlagen K 7, B 3 – B 6) entnehmen lässt, zunächst einmal eine „Volumen-Lizenz“ im letztgenannten Sinne. Gleichzeitig ermöglicht sie aber neben einer Installation an den einzelnen Arbeitsplätzen auch eine ausschließliche Nutzung im Wege der „Client-Server-Installation“. Die „Microsoft-Volumen-Lizenz“ ist jedenfalls dann, wenn sie auf einem Server zur gemeinsamen Nutzung durch alle Lizenzberechtigten installiert wird, nicht ohne Weiteres mit der sog. „Volumen-Lizenz“ bestehend aus einem Bündel von Einzelplatzlizenzen, wie sie den vom Bundesgerichtshof und Oberlandesgericht Frankfurt entschiedenen Fällen betreffend eine A.-Software zugrundelag, gleichzusetzen. Denn nach der zitierten Rechtsprechung ist der Verkauf einzelner Lizenzen aus einem Paket nur dann unbedenklich, wenn eine entsprechende Anzahl von Kopien durch den Ersterwerber untauglich gemacht wird. Eben dies kann bei solchen „Microsoft-Volumen-Lizenzen“ Schwierigkeiten begegnen, die als „Client-Server-Installation“ genutzt werden und bei denen von der auch bestehenden Nutzungsmöglichkeit einer lokalen Installation auf einzelnen Arbeitsplätzen kein Gebrauch gemacht wird. Denn letzteres kann unter Umständen vom Ersterwerber nicht gewünscht oder schlicht technisch nicht möglich sein, worauf Microsoft in seinem als Anlage B 4 vorgelegten „Licensing Brief“, dort S. 3 unten, auch ausdrücklich hinweist.

Hieraus ergibt sich gleichzeitig, dass der Begriff der „Volumen-Lizenz“ nicht ausschließlich auf reine Bündel von Einzelplatzlizenzen Anwendung findet, sondern auch auf solche, die eine „Client-Server-Installation“ erlauben. Denn es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass die Benutzung durch Microsoft als einem der bedeutendsten Softwarehersteller für ein entsprechendes Produkt das Verkehrsverständnis mitzuprägen geeignet ist. Sonstige Gründe, weshalb sich – entgegen der tatsächlichen Übung und auch der einen weiten Anwendungsbereich zulassenden Wortbedeutung – ein eindeutiges Verständnis des Begriffs der „Volumen-Lizenz“ ausschließlich bezogen auf ein Bündel von Einzelplatzlizenzen ohne die Möglichkeiten einer Client-Server-Installation herausgebildet haben sollte, hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

Schließlich ergibt sich aus dem der angegriffenen Textpassage vorausgehenden Absatz unmissverständlich, dass die Beklagte unter dem Begriff der „Volumen-Lizenz“ gerade das Gegenstück zur „Einzelplatzlizenz“ gemäß den durch die Rechtsprechung entschiedenen A.-Lizenz-Fällen versteht, wenn es dort heißt:

„Dieses Urteil betraf A.-Lizenzen, die laut dem Urteil grundsätzlich keine Volumen-Lizenzen sondern Einzelplatzlizenzen sind, die entsprechend einzeln verkauft werden können.“

d)

Eine Irreführung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte als Beispielfall für eine „klassische Client-Server-Lösung“ auf Microsoft-Office-Lizenzen Bezug genommen hat. Denn hierin steckt nicht gleichzeitig die – unrichtige – Tatsachenbehauptung, dass Microsoft-Office-Lizenzen auch als reine „Client-Server-Lizenzen“ auf dem Markt angeboten würden. Die Beklagte benutzt den Begriff „Client-Server-Lizenz“ nicht, sondern schildert ersichtlich eine Konstellation, in der ein aus einzelnen Microsoft-Office-Lizenzen bestehendes Volumenpaket auf einem Terminal Server installiert wird. Dass bei Kauf eines solchen Pakets die Nutzung der Software durch Installation auf den einzelnen Arbeitsplätzen der Nutzer ausgeschlossen sei, lässt sich dieser Behauptung nicht entnehmen. Hiergegen spricht bereits, dass die Beklagte von „1000 Microsoft Office Lizenzen“ spricht, was wiederum mit einer ausschließlichen „Client-Server-Lizenz“ im herkömmlichen Sinne nicht vereinbar wäre.

2.

Die mit dem Klageantrag zu 2. angegriffene Überschrift des Blog-Eintrags enthält ebenfalls keine Tatsachenbehauptung, sondern das von Elementen des subjektiven Dafürhaltens geprägte Werturteil „Nach wie vor Vorsicht beim Kauf von aufgespalteten Volumen-Lizenzen“. Dass es sich um ein Werturteil handelt, ergibt sich, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, sowohl aus dem Wortlaut der Überschrift als auch aus dem Kontext des Blog-Eintrags, der neben der Darstellung der zu dem streitgegenständlichen Thema ergangenen Rechtsprechung als Tatsachenbehauptungen überwiegend deren Wertung durch die Beklagte zum Gegenstand hat.

II.

Die geltend gemachten Unterlassungsansprüche ergeben sich auch nicht aus einer Verletzung von §§ 3, 4 Nr. 2 UWG in der seit dem 15.12.2015 geltenden Fassung (UWG n.F.) bzw. – insoweit textgleich – der Vorgängervorschrift §§ 3, 4 Nr. 8 UWG a.F., da wie bereits ausgeführt die beanstandete Textpassagen keine Tatsachenbehauptungen enthalten.

III.

Auch ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 3 UWG n.F. bzw. – insoweit ebenfalls textgleich – §§ 3, 4 Nr. 7 UWG a.F. liegt nicht vor, da die angegriffenen Äußerungen für die Gebrauchtsoftwareverkäufe der Klägerin nicht in unlauterer Weise herabsetzend sind.

Zwar liegt in der Warnung vor dem Kauf „aufgespaltener Volumen-Lizenzen“ eine Herabsetzung der Klägerin, die mit solchen „Volumen-Lizenzen“, wie sie in dem von der Beklagten gebildeten Beispielfall genannt sind, handelt. Die Behauptung eines mit dem Kauf solcher Lizenzen verbundenen rechtlichen Risikos führt zu einer Verringerung der Wertschätzung der von der Klägerin vertriebenen Waren.

Die Herabsetzung ist aber nicht unlauter. Eine stets unzulässige Formalbeleidigung oder Schmähkritik bezogen auf die Klägerin liegt in den beanstandeten Äußerungen ersichtlich nicht. Es ist deshalb eine umfassende Interessenabwägung unter Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen (BGH GRUR 2012, 74, Rn. 31 – Coaching Newsletter), deren Gegenstand insbesondere auch das Grundrecht der Beklagten auf Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG ist. Werturteile sind umso eher zulässig, je breiter ihre tatsächliche Grundlage ist, je sachlicher sie präsentiert werden und je eher sie geeignet sind, Verbraucher und andere Marktteilnehmer zu informieren (Ohly/Sosnitza-Ohly, a.a.O. § 4 Rn. 7/20).

Die Interessenabwägung muss vorliegend zugunsten der Beklagten ausfallen. Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, gehen die angegriffenen Aussagen auf einen aktuellen Anlass zurück, nämlich ein kurz zuvor verkündetes Urteil des Bundesgerichtshof vom 11.11.2014, welches ein oberlandesgerichtliches Urteil vom 18.12.2012 bestätigt hat und sich zur Frage der Zulässigkeit der Aufspaltung von Lizenzen im Rahmen des Gebrauchtsoftwarevertriebs verhält. Dieses Urteil war Anlass für die Veröffentlichung von Berichten der Klägerin und Dritter, die sich mit dem Entscheidungsinhalt befassen und in diesem Zusammenhang die Aufspaltung von „Volumen-Lizenzen“ für zulässig erachten. So veranlasste das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 11.12.2014 die Klägerin noch am Tag der Urteilsverkündung zu einer Mitteilung auf der von ihr betriebenen Homepage unter der Überschrift „Bundesgerichtshof: Aufsplittung von Volumen-Lizenzen ist rechtmäßig“ (Anlage K 11). Auch die Zeitschrift „Computerwoche“ veröffentlichte am 12.12.2014 als Reaktion auf das Urteil des Bundesgerichtshofs einen Artikel unter der Überschrift „BGH erklärt Entbündelung von Volumen-Lizenzen für rechtens“ (Anlage K 13). Auf der Homepage mit der Adresse www.zdnet.de befand sich ebenfalls am 12.12.2014 ein Artikel, dessen Überschrift lautete „Gebrauchtsoftware: BGH erklärt Aufsplittung von Volumen-Lizenzen für rechtens“ (Anlage K 12).

Auf diese Berichterstattung hat die Beklagte reagiert und dieser ihre eigene Rechtsansicht entgegengesetzt. Dies ist zulässig, da sich die Beklagte in sachlicher Art und Weise mit den von ihr zitierten Entscheidungen auseinandersetzt und diese ausdrücklich in Bezug nimmt, teilweise sogar unmittelbar verlinkt. Der sachliche Rahmen ist dabei ohne Weiteres mit dem der klägerischen Berichterstattung vergleichbar. Auch macht die Beklagte nicht nur ihr eigenes Verständnis der sich aus den gerichtlichen Entscheidungen ergebenden Rechtslage deutlich, sondern stellt gleichzeitig heraus, dass es Stimmen gibt, die die Rechtslage anders beurteilen. Dass der Blog-Beitrag weitere Links auf Beiträge enthält, die sich mit der Frage der Zulässigkeit der Aufspaltung von Softwarelizenzen beschäftigen, unterstreicht zusätzlich die Sachlichkeit der Auseinandersetzung.

Die von der Beklagten vertretene Rechtsmeinung entbehrt auch nicht jeder Grundlage. Es ist unstreitig geblieben, dass der von ihr konkret als Beispielsfall genannte Fall einer sog. „Volumen-Lizenz“ mit „Client-Server-Installationsmöglichkeit“, wie er von Microsoft angeboten wird, nicht Gegenstand der in Bezug genommenen Entscheidungen war. Er ist – wie bereits ausgeführt – in rechtlicher Hinsicht auch nicht offensichtlich mit einer der dort entschiedenen Fallkonstellationen identisch. Dies allein muss ausreichen, um die Meinungsäußerung im Lichte des Art. 5 Abs. 1 GG als gerechtfertigt erscheinen zu lassen, ohne dass es auf deren Richtigkeit ankäme.

Es kann schließlich offenbleiben, ob sich Microsoft unmittelbar oder mittelbar unter Vorschieben anderer Gründe gegen Gebrauchtverkäufe aufgespaltener Volumenlizenzen wie in der von der Beklagten geschilderten Fallkonstellation zur Wehr setzt bzw. diese nicht anerkennt, wie zwischen den Parteien streitig ist. Denn die diesbezüglich von Microsoft vertretene Rechtsansicht ist für die Beklagte nicht bindend. Es fehlt auch nicht an einem berechtigten Interesse der Beklagten, entsprechende Zweifel am Verkauf aufgespaltener Volumen-Lizenzen wie geschehen zu äußern, wenn Microsoft selbst diesbezüglich solche Bedenken nicht geäußert hat, jedenfalls solange Microsoft ausdrücklich und unmissverständlich die gegenteilige Auffassung vertritt. Denn hierdurch ist nicht schon ausgeschlossen, dass Microsoft möglicherweise zukünftig eine der der Beklagten entsprechende Rechtsmeinung vertritt. Allein deshalb ist eine Warnung vor Softwareverkäufen der streitgegenständlichen Art im Ausgangspunkt nicht unberechtigt.

IV.

Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der vorstehend vorgenommenen Interessenabwägung liegt aus den zutreffenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung schließlich auch keine unzulässige Mitbewerberbehinderung (§ 4 Nr. 10 UWG a.F. bzw. § 4 Nr. 4 UWG n.F.) vor.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

VI.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

1 Kommentar

  1. Frank Schumacher, 22. November 2017

    Vielen Dank für den spannenden und informativen Artikel, der wieder etwas Licht ins Dunkel des Jura-Dschungels bez. gebrauchter Software gebracht hat. Für mich jedenfalls. Dadurch wird vieles klarer!

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