Lichtshows am Düsseldorfer Rheinturm weiterhin möglich

05. März 2021
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
735 mal gelesen
0 Shares
Richterhammer auf einem Tisch Urteil des LG Düsseldorf vom 13.01.2021, Az.: 12 O 240/20

Die Lichtinstallation „Rheinkomet“ am Düsseldorfer Rheinturm aus dem Jahre 2016 ist ein Werk der bildenden Kunst i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG, weil sie eine hinreichende Individualität im Sinne einer künstlerischen Gestaltungshöhe aufweist. Eine 4 Jahre später, an derselben Stelle durchgeführte Lichtshow eines Düsseldorfer Großhandelsunternehmens verletze den urheberrechtlichen Schutz von „Rheinkomet“ jedoch nicht. Vielmehr handele es sich um eine zulässige freie Benutzung gemäß § 24 UrhG, da sich das Hauptaugenmerk der zweiten Lichtshow vom Hauptaugenmerk von „Rheinkomet“ unterscheide.

Landgericht Düsseldorf

Urteil vom 13.01.2021

Az.: 12 O 240/20

 

Tenor

Die einstweilige Verfügung vom 09.10.2020 (Az. 12 O 240/20) wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn die Antragsgegnerin leistet vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Antragstellerin macht unter dem Gesichtspunkt der Urheberrechtsverletzung, der Verletzung von Markenrecht sowie der Verletzung von Wettbewerbsrecht einen Unterlassungsanspruch gegen die von der Antragsgegnerin auf der Kuppel des Rheinturms in Düsseldorf aufgeführte Lichtinstallation geltend.

Die Antragstellerin ist eine gemeinnützige Stiftung, die zum Ziel hat, an die zur Zeit des Kurfürsten Carl Theodor initiierte Düsseldorfer Illuminations-Tradition anzuknüpfen und dem urbanen Raum durch Licht eine höhere Lebensqualität zu geben. Die Antragsgegnerin ist ein bekanntes Handelsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf.

Im Jahr 2016 führte die Antragstellerin anlässlich der 70-Jahr-Feier der Gründung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen den Rheinkomet® auf, eine Lichtinstallation auf der Kuppel des Rheinturms. Die Installation umfasst 56 Xenon-Gasentladungslampen, die auf einer Höhe von 195 Metern einzeln bewegt und gesteuert werden können. Die nachstehend eingeblendeten Fotografien bilden die Aufführung des Rheinkomet® aus dem Jahr 2016 ab.

Die Installation entwarf der international tätige Produzent und Multimediakünstler L im Auftrag der Antragstellerin. Der Rheinkomet® enthielt die stärkste gebündelte Lichtstrahlung weltweit und löste damit den Lichtstrahl am Hotel Luxor in Las Vegas ab.

Die Bezeichnung „Rheinkomet®“ ist für die Antragstellerin als Wortmarke unter der Registernummer 3020161035226 beim Deutschen Patent- und Markenamt geschützt. Die Marke wurde am 15. April 2016 angemeldet; die Eintragung steht in Kraft.

Die Antragsgegnerin führte anlässlich der von ihr durchgeführten Aktion „Own Business Day“ in der Zeit vom 8. Oktober bis 13. Oktober 2020 ein Event am Fuße des Rheinturms in Düsseldorf durch, wobei am 7. Oktober 2020 im Vorfeld dieser Veranstaltung ein Test der Lichtshow durchgeführt wurde. Bei dieser Aufführung wurde auf den Schaft des Rheinturms eine Farbfläche projiziert, wie nachstehend ersichtlich. Diese Projektion beinhaltete zum einen den Hinweis auf die Webseite der Aktion „Own Business Day“ und zum anderen wurden die Namen Düsseldorfer Unternehmen auf den Schaft projiziert, um auf diese gegenüber dem Publikum aufmerksam zu machen, wie nachstehend beispielhaft dargestellt:

Zeitgleich zu der Projektion auf dem Schaft wurden von der Kuppel mittels 25 Leuchtstrahlern Strahlen erzeugt und bewegt, wie auf den vorstehenden Lichtbildern ersichtlich. Dazu war von der Unteren Landschaftsbehörde der Stadt Düsseldorf eine Genehmigung erteilt worden mit der Maßgabe, dass die Lichtinszenierung eine um 80 % geringere Lichtintensität aufweise, als der Rheinkomet®. Darüber hinaus durfte die Lichtshow immer nur 3 bis 5 Minuten am Stück dauern.

Mit Schreiben vom 08.10.2020 (Anlage AST 12) mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin wegen vermeintlicher Verletzung von Urheber- und Markenrechten sowie wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.10.2020 wies die Antragsgegnerin die Ansprüche zurück (Anlage AST 13).

Auf Antrag der Antragstellerin ist der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 09.10.2020 im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt worden, eine Lichtinstallation aufzuführen und/oder aufführen zu lassen, bei der sie auf der Kuppel des Rheinturms in Düsseldorf über Strahler und/oder Beamer mehrere Lichtkegel ringförmig aufgefächert und über einen synchronen Bündelstrahl zusammenführt oder umgekehrt, wenn dies geschieht wie auf den in der Anlage ersichtlichen Fotografien der Vorführung im Rahmen der Werbeveranstaltung „Own Business Day“ vom Mittwoch, dem 7. und Donnerstag, dem 8. Oktober 2020, abends.

Mit E-Mail vom 09.10.2020 ließ die Antragstellerin den Antragsgegnervertretern sowie der Antragsgegnerin persönlich eine einfache Abschrift des Beschlusses zur Kenntnisnahme zuleiten. Am 12.10.2020 ließ die Antragstellerin die einstweilige Verfügung an die Antragsgegnerin persönlich durch den Gerichtsvollzieher sowie an die Antragsgegnervertreter von Anwalt zu Anwalt zustellen. Nachdem die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4. November 2020 einen Ordnungsmittelantrag nach § 890 ZPO gestellt hat, hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 13.11.2020 Widerspruch eingelegt.

Die Antragstellerin trägt vor:

Die von ihr zum Gegenstand des Antrags gemachten Lichtbilder zeigten die Lichtinstallation der Antragsgegnerin und belegten den übereinstimmenden Gesamteindruck der Aufführungen. Die bloße Lichtintensität sei kein prägendes Kriterium des Rheinkometen. Zudem habe die Installation der Antragsgegnerin jedenfalls eine solch hohe Lichtintensität gehabt, dass sie an mehreren Tagen in Düsseldorf gut sichtbar gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe mit ihrer Installation anlässlich ihres Own Business Days den Rheinkometen kopiert. Ferner habe die Antragsgegnerin Markenrechte der Antragstellerin verletzt, weil sie ein Zeichen verwende, was das Publikum gedanklich mit der Marke Rheinkomet® in Verbindung bringe. Sie handle zudem wettbewerbswidrig, weil sie den Ruf des Kunstwerks der Antragstellerin ausnutze und die üblicherweise anfallenden Lizenzen sparen wolle.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 09.10.2020 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 09.10.2020 (Aktenzeichen 12 O 240/20) aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin trägt vor:

Dem Rheinkometen fehle bereits die erforderliche Neuheit und Eigentümlichkeit, weil die Anordnung von Lichtstrahlen, die im Verlauf der Lichtshow zunächst als Ring und sodann als Bündelstrahl angeordnet würden, für die Annahme der Eigentümlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG nicht ausreiche. Ein Anspruch aus Markenrecht scheide aus, weil die Antragsgegnerin das Zeichen Rheinkomet® nicht verwendet habe. Ein Anspruch aus Wettbewerbsrecht scheide aus, weil zwischen den Parteien kein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe und zudem zu den tatsächlichen Voraussetzungen von § 4 Nr. 3, Nr. 4 UWG nicht vorgetragen worden sei. Im Übrigen habe die Antragstellerin durch das Zuwarten mit der Einleitung des Vollstreckungsverfahrens deutlich gemacht, dass ihr durch die Durchsetzung des Anspruchs nicht dringlich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Prozessbevollmächtigten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 09.12.2020 verwiesen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Kammer den präsenten Zeugen L zu den Elementen, die die Schöpfungshöhe des Rheinkometen beinhalten, vernommen. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.12.2020 Bezug genommen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 09.10.2020 ist aufzuheben und der Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen, weil nach Durchführung der mündlichen Verhandlung der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann.

1.)

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG hergeleitet werden, weil sich die von der Antragsgegnerin aufgeführte Lichtshow als zulässige freie Benutzung im Sinne von § 24 UrhG darstellt (a.). Soweit Teile des Rheinkometen übernommen wurden, scheidet eine Urheberrechtsverletzung aus, weil die Urheberrechtsschutzfähigkeit dieser Teile nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden kann (b.).

a.) Die Lichtinstallation Rheinkomet®, die L im Auftrag der Antragstellerin und, wie er anlässlich seiner Vernehmung bekundet hat, in Zusammenarbeit mit dieser, geschaffen hat, ist ein Werk der bildenden Kunst im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Eine Lichtinstallation kann nach der Rechtsprechung des BGH ein Werk der bildenden Kunst sein. Dies hat der BGH hinsichtlich der Lichtinstallation „PHaradise“ im Kuppelbereich des Billing-Baus der Kunsthalle Mannheim bestätigt, in dem er die Rechtsauffassung des OLG Karlsruhe ausdrücklich geteilt und Rechtsfehler verneint hat (BGH ZUM 2019, 521, Rdnr. 23). Ein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG liegt vor, wenn eine Gestaltungshöhe erreicht wird, die es nach Auffassung von für Kunst empfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreisen rechtfertigt, von einer „künstlerischen Leistung“ zu sprechen (vgl. BGH GRUR 2014, 175 – Geburtstagszug). Der Rheinkomet weist nach der Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung der Lichtbilder, die die Aufführung im Jahr 2016 zeigen, eine hinreichende Individualität im Sinne einer künstlerischen Gestaltungshöhe auf, die aus dem bereits bekannten Formenschatz herausragt und als hinreichend individuell bezeichnet werden kann. Dies hat L anlässlich seiner Vernehmung im Termin zur mündlichen Verhandlung nachvollziehbar erläutert. Mit dem Rheinkometen sollte danach ein Kunstwerk für die Stadt und das Land geschaffen werden, das von weit her erkennbar ist. Dabei sollte der Fernsehturm, an dessen Schaft sich die Dezimaluhr von Baumann befindet und der bereits eine gewisse Lichtinstallation im Kopf hat, besonders betont werden. Vor diesem Hintergrund wurde der Rheinkomet mit weißen Strahlen geschaffen, die, ausgehend von der gebündelten Form, eine Bewegung von 180 Grad ausüben können. Dabei wird nach den Ausführungen von L das Werk bestimmt von einer rhythmischen Abfolge der Strahlen, weil im Bereich von 180 Grad praktisch alle nur denkbaren Bewegungsabläufe möglich sind, was, wie der Zeuge anschaulich und nachvollziehbar zum Ausdruck gebracht hat, etwas mit klassischem Ballett zu tun hat. Insoweit wird die Ästhetik des Rheinkometen bestimmt durch die 56 Strahler, durch die, auch wenn die Wahrnehmbarkeit des Rheinkometen von den Witterungsverhältnissen abhängt, von weit her Aufmerksamkeit auf den Rheinturm und die Lichtinstallation hervorgerufen wird. Auch wenn der Zeuge ausgeführt hat, dass die Anzahl der Strahler im Vergleich zu Las Vegas „einen Guinnessbuch-Effekt“ hatte, so wird nach den Ausführungen des Zeugen das Erscheinungsbild des Rheinkometen von der Symbiose zwischen der Architektur, dem Digitalkunstwerk am Schaft und der Lichtschau am Kopf, die für das Publikum aus der Ferne sichtbar ist und als Eyecatcher dient, bestimmt.

Ausgehend von den dargestellten Elementen, die die Ästhetik des Rheinkometen bestimmen, ist die von der Antragsgegnerin aufgeführte Lichtshow als zulässige freie Benutzung im Sinne von § 24 UrhG anzusehen. Eine freie Benutzung setzt voraus, dass angesichts der Eigenart des neuen Werks die entlehnten eigenpersönlichen Züge des geschützten älteren Werks verblassen (vgl. BGH GRUR 1971, 588, 589 – Disney-Parodie; BGH GRUR 1980, 853, 854 – Architektenwechsel; BGH GRUR 1981, 267, 269 – Dirlada). In der Regel geschieht dies dadurch, dass die dem geschützten älteren Werk entlehnten eigenpersönlichen Züge in dem neuen Werk in der Weise zurücktreten, dass das neue Werk nicht mehr im relevanten Umfang das ältere benutzt, so dass dieses nur noch als Anregung zu neuem, selbständigem Werkschaffen erscheint (vgl. BGH GRUR 1994, 191 – Asterix-Persiflagen).

Dies ist vorliegend der Fall. Denn durch die Projektion einer farbigen Fläche auf den Schaft des Rheinturms, so wie sie sich auf den von der Antragsgegnerin vorgelegten Lichtbildern darstellt, wird die Architektur des Rheinturms, anders als beim Rheinkometen, signifikant verändert. Nicht mehr die vom Kopf des Fernsehturms ausgehenden Strahlen, die nach der Auflage der Stadt eine Leuchtkraft von 20 % der Leuchtkraft des Rheinkometen aufwiesen, waren der „Eyecatcher“, sondern die individuell gestaltete Fläche, die auf den Schaft projiziert wurde. Die Architektur des Rheinturms wurde nicht betont, sondern in den Hintergrund gedrängt. Sie diente lediglich als „Träger“ der auf sie projizierten Farbfläche. Die Dezimaluhr von Baumann, die der Zeuge L in das von ihm geschaffene Werk einbezogen hat, wurde dabei vollkommen überlagert. Im Hinblick auf die um 80 % reduzierte Lichtintensität der Strahlen und den eingeschränkten Bewegungsablauf der Lichtstrahlen, die lediglich ringförmig aufgefächert und über einen synchronen Bündelstrahl zusammengeführt wurden, kann von einer rhythmischen Abfolge der Strahlen, die die Ästhetik des Rheinkometen maßgeblich bestimmen, nicht mehr die Rede sein. Anhaltspunkte dafür, dass die Auflage der Stadt nicht eingehalten wurde und die Strahlen anlässlich der Aufführung der Antragsgegnerin eine höhere Leuchtkraft aufwiesen, bestehen nicht. Zwar wird in der Erwiderung auf die Abmahnung (Ast 13) seitens der Antragsgegnerin eine Lichtstärke von 80% erwähnt. Mit dem Widerspruch hat sich die Antragsgegnerin indessen auf die Auflage der Stadt berufen, die Leuchtkraft um 80 % zu reduzieren. Dass die Leuchtkraft über die genehmigten 20% hinausging, hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus den zur Akte gereichten Lichtbildern, die nach dem Vortrag der Antragstellerin die Aufführung der Antragsgegnerin dokumentieren sollen. Die Kammer unterstellt insoweit, dass die Bilder anlässlich der Aufführung der Antragsgegnerin gefertigt wurden. Einer Vernehmung der Zeugen Gendrung und Weisbrodt bedurfte es deshalb nicht. Eine maßgebliche Reduzierung der Leuchtkraft ergibt sich im Übrigen auch aus dem Umstand, dass die Installation Rheinkomet® mittels 56 Xenon-Gasentladungslampen aufgeführt wurde, demgegenüber für die Installation der Antragsgegnerin lediglich 25 Leuchtstrahler einsetzt wurden.

b.) Von der Lichtinstallation Rheinkomet, die nach den Ausführungen des Zeugen L, dem Schöpfer der Installation, von der Symbiose zwischen der Architektur, dem Digitalkunstwerk am Schaft und der Lichtschau am Kopf, die für das Publikum aus der Ferne sichtbar ist und als Eyecatcher dient, bestimmt wurde, und die insoweit als eine von diesen Merkmalen bestimmte Einheit zu sehen ist, übernahm die Lichtschau der Antragsgegnerin lediglich die Aufführung von Strahlen mit einem im Vergleich zum Rheinkometen reduzierten Bewegungsablauf bei gleichzeitiger Reduzierung der Leuchtkraft. Soweit damit die Lichtinstallation der Antragsgegnerin am Kopf des Fernsehturms teilweise identisch ist mit der Lichtinstallation Rheinkomet®, kann eine Urheberrechtsverletzung nicht festgestellt werden, weil der insoweit übernommene Teil nicht als schutzfähig im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG angesehen werden kann. Zwar sind Teile geschützter Werke als solche selbständig gegen ihre isolierte Übernahme geschützt, sofern sie nur ihrerseits als solche die Voraussetzungen des urheberrechtlichen Schutzes nach § 2 Abs. 2 UrhG erfüllen (Specht in Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl., § 97 Rdnr. 11). Übernommen wurde lediglich ein eingeschränkter Bewegungsablauf, das ringförmige Auffächern der Strahlen, die zu einem synchronen Bündelstrahl zusammengeführt wurden. Diesem eingeschränkten Bewegungsablauf, der die möglichen Bewegungsabläufe des Rheinkometen, so wie sie der Zeuge L geschildert hat, nicht ansatzweise ausschöpft, kann nicht die erforderliche Schöpfungshöhe zugesprochen werden. Die Abfolge der Lichtstrahlen, die sich ringförmig öffnen und sogleich wieder zusammengeführt werden, ist nicht mit den tanzenden Lichtstrahlen des Rheinkometen zu vergleichen. Hinzu kommt, dass die um 80 % reduzierte Leuchtkraft zu einer deutlich veränderten Ästhetik führt, die auch dadurch bestimmt wird, dass nur 25 Strahler und nicht 56 Strahler eingesetzt werden.

2.)

Die Antragstellerin kann den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auch nicht aus Markenrecht gemäß §§ 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 MarkenG herleiten.

Die Wortmarke „Rheinkomet®“ hat die Antragsgegnerin nicht benutzt. Soweit die Antragstellerin sich auf die Entscheidung des BGH (GRUR 2015, 1214 – Goldbären) beruft, verfängt dies nicht. In dieser hat der BGH ausdrücklich festgehalten, dass bei der Beurteilung der Frage der Zeichenähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer dreidimensionalen Gestaltung nicht über die Ähnlichkeit im Sinngehalt ein Motivschutz begründet werden oder eine uferlose Ausweitung des Schutzbereichs der Wortmarke mit der Folge einer umfassenden Monopolisierung von Warengestaltungen vorgenommen werden darf. Die begriffliche Ähnlichkeit zwischen einer Wortmarke und einer dreidimensionalen Gestaltung ist nach der Rechtsprechung des BGH nur dann anzunehmen, wenn die Wortmarke aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung der dreidimensionalen Gestaltung ist. Dazu ist erforderlich, dass sich die Benennung der beanstandeten Gestaltung mit dem Markenwort für den Verkehr aufdrängt, ohne dass hierfür mehrere gedankliche Zwischenschritte notwendig und ohne dass es andere Bezeichnungen für die dreidimensionale Gestaltung gibt, die gleich naheliegend sind (a.a.O.). Diese Voraussetzungen können vorliegend nicht festgestellt werden. Es kann schon nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die hier im Streit stehende Marke „Rheinkomet®“ eine relevante Bekanntheit im Markt bzw. bei den angesprochenen Verkehrskreisen besitzt. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass die Marke Rheinkomet mit der Lichtinstallation der Antragsgegnerin ohne weiteres gedanklich in Verbindung gebracht wird und zu einer Verwechselungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 S.1 Nr. 2 MarkenG führen könnte.

3.)

Die Antragstellerin kann den geltend gemachten Unterlassungsanspruch auch nicht aus § 4 Nr. 3, Nr. 4 UWG herleiten. Unabhängig davon, dass der Unterlassungsanspruch, so wie er formuliert ist, nicht auf die Unterlassung eines Handelns im geschäftlichen Verkehr gerichtet ist, scheiden Ansprüche aus den genannten Normen aus, weil zwischen den Parteien kein Wettbewerbsverhältnis besteht. Die Antragsgegnerin ist ein Handelsunternehmen. Ihr Leistungsangebot besteht nicht darin, gegen Entgelt Shows für Dritte zu organisieren. Sie hat die Lichtshow aufführen lassen, um auf ihr Event hinzuweisen. Damit hat sie nicht eine Ware oder Dienstleistung angeboten, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen der Antragstellerin ist. Auch eine gezielte Behinderung scheidet vor diesem Hintergrund aus. Hinzu kommt, dass sich die von der Antragsgegnerin aufgeführte Lichtshow maßgeblich vom Rheinkomet® unterscheidet.

4.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a