Online-Händler muss Lastschrift aus dem Ausland akzeptieren

28. September 2017
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Schwarze glänzende SEPA Kreditkarte Urteil des LG Freiburg vom 21.07.2017, Az.: 6 O 76/17

Der Betreiber eines Internetversandhandels muss, sofern er als Zahlmethode das SEPA-Lastschriftverfahren anbietet, auch Überweisungen von Konten aus dem EU-Ausland akzeptieren. Geregelt ist dies in Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung. Hierbei handelt es sich um eine verbraucherschützende Vorschrift, welche dem reibungslosen Zahlverkehr im innereuropäischen Raum dient. Es darf demnach keinen Unterschied machen, ob ein Kunde online an seinen Wohnsitz in Deutschland etwas bestellt, aber von einem Konto in Luxemburg die Rechnung begleicht.

Landgericht Freiburg

Urteil vom 21.7.2017

Az.: 6 O 76/17

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, deren Wohnsitz in Deutschland ist, beim Bankeinzug Bankkonten aus Luxemburg nicht zu akzeptieren.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 214,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verfolgt gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche wegen eines Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/2009 (SEPA-Verordnung).

Der Kläger bezweckt gem. § 2 seiner Satzung, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen, indem er unter anderem Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) und das Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) i.V.m. anderen Verbraucherschutzgesetzen durch geeignete Maßnahmen unterbindet, und ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG eingetragen. Die Beklagte betreibt im Internet einen Versandhandel.

Bestellen Verbraucher, deren Wohnsitz in Deutschland ist, bei der Beklagten eine Ware und wählen als Zahlmethode die Lastschrift, können Sie diese Lastschrift nicht von einem in Luxemburg unterhaltenen Konto vornehmen lassen. Die Beklagte akzeptiert bei Kunden, deren Wohnsitz in Deutschland ist, keine ausländischen Bankkonten zum Zwecke der Abbuchung.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 13.12.2016 ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte sah sich hierzu nicht veranlasst.

Der Kläger ist der Auffassung, dieses Vorgehen verstoße gegen Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung. Hierbei handele es sich um eine verbraucherschützende Norm im Sinne des § 2 Abs. 1 UKlaG. Ferner stelle die Regelung eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar, so dass ein Unterlassungsanspruch auch aus § 8 Abs. 1 UWG resultiere. Neben einem Unterlassungsanspruch verfolgt die Klägerin Erstattung angemessener Abmahnkosten, die sie mit 214,00 EUR beziffert.

Der Kläger beantragt daher:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern, deren Wohnsitz in Deutschland ist, beim Bankeinzug Bankkonten aus Luxemburg nicht zu akzeptieren.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 214,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, bei Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung handele es sich nicht um eine verbraucherschützende Vorschrift. Die Norm sei im Katalog des § 2 Abs. 2 UKlaG nicht aufgeführt. Ausweislich von Erwägungsgrund 1 SEPA-Verordnung sei Ziel der europäischen Regelung die Schaffung eines integrierten Marktes für elektronische Zahlungen in Euro ohne Unterscheidung zwischen Inlandszahlungen und grenzüberschreitenden Zahlungen gewesen. Die Verordnung spreche dementsprechend nicht von Zielen für Verbraucher, sondern von Zielen für Bürger und Unternehmen der Union, wobei nicht einmal alle Bürger der Union mit einbezogen seien, da der Euroraum nicht deckungsgleich sei mit dem Gebiet der Europäischen Union. Es gehe nicht um den Schutz von Verbrauchern bei grenzüberschreitenden Zahlungsdiensten, sondern um die Schaffung eines integrierten Zahlungsverkehrsmarktes.

Eine Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus § 3a UWG, weil die Regelung keine verbraucherschützende Marktverhaltensregel darstelle.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.
Der Kläger ist gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 UKlaG und § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt.

II.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1 UKlaG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung und §§ 3 Abs.1, 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG zu, weil Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung ein Verbraucherschutzgesetz ist, die Beklagte dieser Vorschrift zuwider gehandelt hat bzw. es sich hierbei um eine verbraucherschützende Marktverhaltensregel i.S.d. § 3a UWG handelt und eine Wiederholungsgefahr besteht.

1. Die Vorschrift des Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung ist ein Verbraucherschutzgesetz.

a) Verbraucherschutzgesetze sind Gesetze, die dem Schutz der Verbraucher dienen. Ob eine Vorschrift dem Verbraucherschutz dient, ist durch Auslegung nach dem Zweck der Regelung zu ermitteln (Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 2 UKlaG Rn. 2). Maßgeblich ist, dass der Verbraucherschutz eigentlicher Zweck der Norm ist. Diese kann zwar auch anderen Zwecken dienen, so lange der Verbraucherschutz keine nur untergeordnete Bedeutung hat oder zufällige Nebenwirkung ist (vgl. BT-Drucks. 14/2658, S. 53). Nicht entscheidend ist hingegen, dass die Norm in den Katalog der Verbraucherschutzgesetze des § 2 Abs. 2 UKlaG aufgenommen worden ist. Die dort enthaltene Aufzählung der Verbraucherschutzgesetze ist nicht abschließend (BGH, Urteil vom 30. Juli 2015 – I ZR 29/12 –, Preisangabe für Telekommunikationsdienstleistung, juris, Rn. 17 BGH, Urteil vom 22. September 2011 – I ZR 229/10 –, Überregionale Klagebefugnis, juris, Rn. 11 Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 2 UKlaG Rn. 10).

b) In Art. 9 SEPA-Verordnung ist geregelt, dass Zahler (Abs. 1) oder Zahlungsempfänger (Abs. 2) nicht vorgeben dürfen, in welchem Mitgliedstaat das Konto zu führen ist, auf welches (Abs. 1) oder von welchem (Abs. 2) die Zahlungen erfolgen sollen. Innerhalb des Euroraums soll es also keine Bedeutung haben, in welchem Mitgliedsstaat das Konto geführt wird.

Diese Vorschrift dient zwar einerseits – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – der Schaffung eines integrierten Marktes, was sich aus ihrem Regelungsgehalt und Erwägungsgrund 1 der SEPA-Verordnung ergibt. Sie hat aber auch den Zweck, Verbraucher zu schützen. Erwägungsgrund 24, der sich auf Art. 9 SEPA-Verordnung bezieht, führt hierzu aus, dass es für das ordnungsgemäße Funktionieren des Zahlungsbinnenmarkts von entscheidender Bedeutung ist, dass Zahler wie Verbraucher, Unternehmen oder Behörden Überweisungen an Zahlungskonten der Zahlungsempfänger von Zahlungsdienstleistern ausführen lassen können, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig und gemäß Art. 3 SEPA-Verordnung erreichbar sind. Regelungszweck von Art. 9 SEPA-Verordnung ist damit auch, Verbrauchern die Entscheidungsfreiheit zu verschaffen, in welchem Mitgliedsstaat sie ein Konto unterhalten. Dies gibt der Vorschrift einen unmittelbaren und nicht nur untergeordneten oder reflexartigen verbraucherschützenden Charakter.

c) Die Beklagte hat gegen die Vorgabe von Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung verstoßen, weil sie das unstreitig gem. Art. 3 SEPA-Verordnung erreichbare luxemburgische Konto eines in Deutschland ansässigen Kunden nicht akzeptiert hat. Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf den Schutz vor Geldwäsche berufen, wenn sie den Verdacht alleine auf das Auseinanderfallen von Wohnsitzstaat und Sitzstaat des Zahlungsdienstleisters abstellt. Die SEPA-Verordnung möchte genau dies ermöglichen.

2. Die Verbraucherschutzverbände sind gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG nicht auf die Verfolgung von Verstößen gegen Verbraucherschutzgesetze im Sinne von § 2 UKlaG beschränkt, sondern zur Verfolgung von Wettbewerbsverstößen berechtigt, soweit diese Verbraucherschutzinteressen beeinträchtigen (vgl. insoweit 1. b)) und die Prozessführung – wie hier – vom Satzungszweck des klagenden Verbands gedeckt ist (BGH, Urteil vom 30. Juli 2015 – I ZR 29/12 –, Rn. 17, juris). Art. 9 Abs. 2 SEPA-Verordnung stellt zugleich eine verbraucherschützende Marktverhaltensregel i.S.v. § 3a UWG dar, gegen welche die Beklagte verstoßen hat.

3. Die Wiederholungsgefahr besteht fort, weil die Beklagte keine Unterlassungserklärung abgegeben hat.

III.
Der Anspruch auf Erstattung der Kostenpauschale folgt aus § 5 UKlaG i.v.m. 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Der geltend gemachte Betrag von 214,00 EUR ist angemessen (Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 12 Rn. 1.127).

IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 1 ZPO.

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