Zur Abgrenzung privater und gewerblicher Verkaufstätigkeit auf Handelsplattform eBay

21. März 2007
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Eigener Leitsatz:

In der vorliegenden Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. musste dieses Stellung zu der Frage nehmen, unter welchen Voraussetzungen eine Person bei Online-Auktionen, wie etwa eBay, als Unternehmer (§ 14 BGB) zu werten ist. 

Nach der Legaldefinition des § 14 BGB ist eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt als Unternehmer zu qualifizieren. Dabei setzt eine eine gewerbliche Tätigkeit ein selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus, eine Gewinnerzielungsabsicht ist dabei nicht erforderlich. Da die Tätigkeit des Unternehers von vorneherein auf die Vornahme einer Vielzahl von Geschäften ausgelegt ist, sieht das Gesetz für den Unternehmer die Beachtung der für ihn geltenden besonderen Vorschriften des Wettbewerbsrechts und des sonstigen Zivilrechts vor, insbesondere hinsichtlich der Belehrungs- und Informationspflichten.

Nach Ansicht des OLG Frankfurt ist eine Verkaufstätigkeit über die elektronische Handelsplattform eBay regelmäßig als gewerblich einzustufen, wenn der Anbieter als „PowerSeller“ registriert ist. Umgekehrt ist diese Registrierung als „PowerSeller“ jedoch keine notwendige Voraussetzung für die Bewertung einer Internet-Verkaufstätigkeit als unternehmerisch. Diese Einstufung kann sich vielmehr auch aus anderen Umständen des Einzelfalls ergeben, wobei der Dauer und dem Umfang der Verkaufstätigkeit wesentliche Bedeutung zukommt. Das Gericht sah im vorliegend Fall, aufgrund der Anzahl von 484 Geschäften binnen eines Jahres als Verkäufer, die Unternehmenseigenschaft des Anbieters als erwiesen an.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

Beschluss vom 21.03.2007

Az.: 6 W 27/07

In der Beschwerdesache (…)

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Wiesbaden vom 17.01.2007 am 21.03.2007

b e s c h l o s s e n:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet. Das Landgericht hat die beantragte Prozesskostenhilfe für den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung vom 26.10.2006 mit Recht verweigert. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch zu, so dass die Rechtsverteidigung des Antragsgegners keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).

Der Senat nimmt zur Begründung in vollem Umfang Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts. Das weitere Vorbringen des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren, mit dem er weiterhin in Abrede stellt, als Unternehmer gehandelt zu haben (§ 2 Abs.1 Nr.1, Abs.2 UWG i.V.m. § 14 BGB), rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Unternehmer ist nach der Legaldefinition des § 14 BGB eine Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt ein selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt voraus (vgl. BGH, Urteil vom 29.03.2006 – VIII ZR 173/05 – Rdnr. 14, BGHZ 167, 40 ff.), wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist (BGH, a.a.O., Rdnr. 15 ff.). Bei der Frage, welches Maß an Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit die Verkaufstätigkeit insoweit erreichen muss, ist auch die Funktion der Abgrenzung zwischen privater und gewerblicher Tätigkeit zu beachten. Das Gesetz erlegt dem Unternehmer deshalb die Beachtung der für ihn geltenden besonderen Vorschriften des Wettbewerbsrechts und des sonstigen Zivilrechts, insbesondere über Belehrungs- und Informationspflichten, auf, weil die Tätigkeit des Unternehmers von vornherein auf die Vornahme einer Vielzahl von Geschäften ausgerichtet ist. Damit ist einerseits ein erhöhtes Schutzbedürfnis auf Seiten der anderen Marktteilnehmer verbunden; andererseits versetzt die bei ihm vorhandene Betriebsorganisation den Unternehmer auch in die Lage, sich auf die besonderen Anforderungen einzustellen (vgl. Urteil des Senats vom 07.04.2005 – 6 U 149/04, GRUR-RR 2005, 317, 318). Eine Verkaufstätigkeit über die elektronische Handelsplattform eBay ist regelmäßig als gewerblich einzustufen, wenn der Anbieter als „PowerSeller“ registriert ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom 27.07.2004 – 6 W 54/04, GRUR 2004, 1042 und vom 22.12.2004 – 6 W 153/04, GRUR-RR 2005, 319, 320). Die (freiwillige) Registrierung als „PowerSeller“ ist jedoch umgekehrt keine notwendige Voraussetzung für die Bewertung einer Internet-Verkaufstätigkeit als unternehmerisch. Diese Einstufung kann sich vielmehr auch aus anderen Umständen des Einzelfalls ergeben, wobei der Dauer und dem Umfang der Verkaufstätigkeit wesentliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner ausweislich der Anlage K 13 binnen eines Jahres 484 (bewertete) Geschäfte getätigt, wobei er durchweg als Verkäufer auftrat. Nach seiner eigenen Darstellung stellt der Antragsgegner ca. 20 bis 30 Stempel pro Woche zur Veräußerung bei eBay ein. Er betreibt einen eBay-Shop, den er bewirbt (Anlagen K 2, K 14). Vor Einleitung des vorliegenden Eilverfahrens bot der Antragsgegner im September bzw. Oktober 2006 zeitgleich 369 Artikel zum Verkauf an. Der Umfang und die Ausgestaltung (eBay-Shop) der Verkaufstätigkeit belegen nach den vom Senat in einschlägigen Fällen angewandten Maßstäben (vgl. Beschluss des Senats vom 27.07.2004 – 6 W 80/04, GRUR 2004, 1043, 1044 sowie Urteil des Senats vom 07.04.2005 – 6 U 149/04, GRUR-RR 2005, 317, 318) eindeutig eine gewerbliche Tätigkeit.

Der Umstand, dass der Antragsgegner die zum Verkauf gestellten Stempel aus einer privaten Sammlung entnimmt, sie also nicht zuvor selbst eingekauft hat, ändert an der Gewerblichkeit seiner Tätigkeit nichts. Richtig ist allerdings, dass das Merkmal des Weiterverkaufs in der Abgrenzung zu privaten Gelegenheitsverkäufen für eine gewerbliche Tätigkeit spricht, während Verkäufe aus einem privaten Bestand eher dem nicht unternehmerischen Bereich zuzuordnen sein werden. Dem Antragsgegner kann jedoch nicht in der Einschätzung gefolgt werden, der Einkauf (oder ggf. die Herstellung) der Verkaufswaren sei ein konstitutives Element des Unternehmerbegriffs. Bei Verkäufen aus Privatvermögen wird es häufig an dem Merkmal einer auf Dauer angelegten wirtschaftlichen Betätigung fehlen (vgl. Hefermehl/ Köhler/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Auflage, § 2 UWG, Rdnr. 8). Zwingend ist dies jedoch nicht, wie gerade der vorliegende Fall zeigt. Denn die kontinuierliche Verkaufstätigkeit des Antragsgegners erstreckt sich ausweislich der Anlagen K 7 und K 13 schon über mehr als ein Jahr. Die Stempelsammlung, die der Antragsgegner teilweise – Stück für Stück – veräußern möchte, umfasst nach seinen Angaben weit über 100.000 postgeschichtliche Belege und füllt 6 Aktenschränke. Gewiss steht dem Antragsgegner damit, wie er betont, nur eine endliche Zahl von Stempeln zur Verfügung.

Die Zahl ist gleichwohl derart groß, dass sie ohne Neukäufe des Antragsgegners ohne weiteres die Grundlage für ein planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen darstellt.

Schließlich ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch nicht deswegen geboten, weil die für die Abgrenzung zwischen unternehmerischer und privater Tätigkeit im Internethandel relevanten Fragen höchstrichterlich noch nicht abschließend geklärt sind. Selbst wenn angenommen werden könnte, dass höchstrichterlich noch zu klärende Fragen für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts Bedeutung haben, so kann doch eine höchstrichterliche Klärung im vorliegenden Eilverfahren nicht herbeigeführt werden; vielmehr ist davon auszugehen, dass die dargestellte Rechtsauffassung des Senats der hier zu treffenden Entscheidung abschließend zugrunde gelegt werden wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs.1, 127 Abs. 4 ZPO, Nr. 1811 GKV.

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