Kommentar

VG Hamburg – Auch Domaininhaber kann Anbieter von jugendgefährdenden Telemedien sein

22. September 2014
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Kommentar zum Urteil des VG Hamburg vom 21.08.2013, Az.: 9 K 507/11

Für den Betrieb von sog. jugendgefährdenden Angeboten im Internet (wie z.B. Erotik- und Pornografie-Seiten) bestehen besondere gesetzliche Voraussetzungen. Wird gegen diese gesetzlichen Vorgaben verstoßen, ist hierfür der Anbieter des Telemediums verantwortlich. Doch wer ist dies im Falle eines solchen Portals? Das VG Hamburg hatte in einem Urteil von August 2013 zu entscheiden, ob hierunter auch der Domaininhaber verstanden werden kann.

Was ist passiert?

Im vorliegenden Fall stand ein Online-Netzwerk im Mittelpunkt, das aus ca. 50 Internetseiten aus den Bereichen Erotik und Pornografie bestand. Bereits im Jahr 2007 wurde das Jugendschutzportal jugendschutz.net auf das Erotik-Netzwerk aufmerksam und teilte diesem mit, dass es gegen Jugendschutznormen verstoße. So wurden auf den Vorschauseiten bereits pornografische Inhalte gezeigt, zu denen auch Kinder und Jugendliche Zugang hatten.

Erst im Jahr 2011 wurde dann schließlich durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) eine Beanstandungs- und Untersagungsverfügung erlassen und der weitere Betrieb des Erotik-Angebots untersagt, mit der Begründung, dass die Inhalte jugendgefährdend seien und kein sicheres Altersverifikationssystem implementiert sei, welches vor ungehinderten Zugang von Kindern und Jugendlichen schützen würde.

Diese Verwaltungsverfügung wurde an diejenige Person adressiert, die bis 2010 sowohl als Domaininhaber als auch als Admin-C im WHOIS der Domain eingetragen war. Diese Person war zudem bis zum Jahr 2008 als alleinige Betreiberin des Netzwerks im Impressum aufgeführt. Nach 2010 war hingegen ein Dienstleister als Domain-Inhaber eingetragen, der die Anonymität des Betreibers des Netzwerks gewährleistete. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Verwaltungsverfügung war die Adressatin der Verfügung nur noch im Impressum, und dort im Bereich „Zahlungsabwicklung und Kundenservice“ genannt.

Die Empfängerin der Verfügung wollte diese daher nicht gegen sich gelten lassen und beschritt den Klageweg vor das VG Hamburg. Ihrer Ansicht nach sei sie nicht als Anbieterin des Angebots anzusehen, u.a. weil sie den Geschäftsbereich aufgegeben habe und lediglich noch für „Zahlungsabwicklung und Kundenservice“ verantwortlich sei.

Entscheidung des Gerichts

Das Verwaltungsgericht Hamburg sah dies anders, wies mit Urteil von Mitte August 2013 (Urteil vom 21.08.2013 – Az.: 9 K 507/11) die Klage zurück und bestätigte die Verwaltungsverfügung.

Die Klägerin sei der richtige Adressat der Verwaltungsverfügung gewesen. So ist der Anbieterbegriff i.S.d. Jugendmedienstaatsvertrags weit auszulegen. Als Verantwortlicher für den Seiteninhalt ist nach Ansicht des Hamburger Gerichts auch derjenige anzusehen, der als Inhaber einer Domain eingetragen ist, selbst wenn das Angebot einer Webseite von einem Dritten stammt.

Begründet wurde dies damit, dass auch der Domaininhaber – neben der im Impressum genannten Person – Möglichkeit zur Einflussnahme auf den Inhalt des Angebots hat, und zwar nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich. Ausreichend ist dabei die Möglichkeit der Einflussnahme auf den Inhalt, nicht hingegen, dass tatsächlich Teile vom Domaininhaber selbst gestaltet sein müssen.

Auch wenn die Klägerin zum Zeitpunkt der Beanstandung im Februar 2011 nicht mehr als Domaininhaberin als auch inhaltlich Verantwortliche im Impressum eingetragen war, gelte sie als Anbieter.

So war sie zum einen weiterhin in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Internetangebots als Betreiberin angegeben. Zum anderen war für das Gericht nicht nachvollziehbar, dass die Klägerin tatsächlich Ihren Geschäftsbetrieb aufgegeben habe, da eine Übertragung der Domaininhaberschaft tatsächlich nur bei den von der KJM beanstandeten Domains erfolgte. 

Zudem folgerte das Gericht aus der Änderung des inhaltlich Verantwortlichen im Impressum und des Domaininhabers nach der Einleitung eines medienrechtlichen Verfahrens gegen die Domaininhaberin als Verschleierungstaktik der Klägerin. Schließlich verletzte die Klägerin – trotz Aufforderung des Gerichts – ihre Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten und trug nicht substantiiert dazu vor, warum die Übertragung der Domain auf die andere Firma erst zwei Jahre nach angeblicher Geschäftsaufgabe und erst nach Einleitung des KJM-Verfahrens stattfand. Außerdem hatte sie keine schriftlichen Unterlagen zum Nachweis des Inhaberwechsels der Domain vorgelegt und nicht mitgeteilt, wer statt ihr für den Inhalt der Seiten nun verantwortlich sei.

Fazit

Domaininhaber sind laut der Entscheidung des VG Hamburg als Anbieter eines Telemediums mit jugendgefährdenden Inhalten anzusehen. Dies gilt sogar dann, wenn dieser tatsächlich gar nicht für den Inhalt der Seite zuständig ist, sondern lediglich die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Inhalte hat. Dies ist auch dann anzunehmen, wenn der Domaininhaber tatsächlich die Inhalte nicht überarbeiten kann, sondern lediglich diese sperren oder löschen kann.

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