Werbeaussage „Deutsche Post zertifiziert Druckqualität“ nicht irreführend

15. Juli 2015
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Stempel mit grünem Druck "zertifiziert" Urteil des Brandenburgischen OLG vom 30.06.2015, Az.: 6 U 70/14

Die Werbeaussage " 3-er Set Farbbandkassette für F... 30. Deutsche Post zertifiziert Druckqualität für Optimail 30!" stellt keine unzulässige Irreführung dahingehend dar, dass der Verbraucher davon ausgehe, die Deutsche Post AG zertifiziere die Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen für sich, nach Stabilität, Materialeigenschaften oder Verarbeitung , ungeachtet seines bestimmungsgemäßen Einsatzes. Aus Sicht eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsinteressenten ist der Werbung deutlich zu entnehmen, dass die zur Anpreisung verwendete Zertifizierung und der zugrunde liegende Test die Druckqualität der beworbenen Farbbandkassetten betreffen, insbesondere auch deshalb, weil auf die Möglichkeit hingewiesen wird, freiwillig die Druckqualität von Frankierpatronen durch die Deutsche Post zertifizieren zu lassen.

Oberlandesgericht Brandenburg

Urteil vom 30.06.2015

Az.:6 U 70/14

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 26. Februar 2014 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin – 6 O 26/13 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsrechtszuges zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklage vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für Zubehör und Verbrauchsmaterial von Frankiermaschinen, die Klägerin vertreibt zugleich Frankiermaschinen.

Die Beklagte bewarb im Januar 2013 auf ihrer Homepage „www.fr…de“ Farbbandkassetten für die von der Klägerin vertriebene Frankiermaschine „F… 30“ unter anderem mit folgenden Aussagen:

„3-er Set Farbbandkassette für F… 30. Deutsche Post zertifiziert Druckqualität für Optimail 30!“„Deutsche Post zertifiziert die hohe Druckqualität unserer Farbbandkassette für F… 30. Deutsche Post Zertifizierung gültig bis 01/2018 …“„Die nachfolgenden Fr… Produkte hat die Deutsche Post AG getestet und bescheinigt mit ihrer Zertifizierung offiziell eine hohe Druckqualität:…Farbpatrone Art-Nr. 3004 zertifiziert für das FRANKIT Frankiersystem F… 302“„Deutsche Post Frankit ZertifizierungDie Deutsche Post AG bietet Anbietern von alternativem Verbrauchsmaterial für Frankit-Frankiermaschinen die Möglichkeit, freiwillig die Druckqualität ihrer Frankierpatronen zertifizieren zu lassen“

in folgender Weise (Anlagen K 1 – K 3):

………

Das jeweils unmittelbar neben dem Produktfoto abgebildete „Siegel“ zeigt die Posthorn-Darstellung der Deutschen Post AG sowie die Schriftzüge „Geprüfte Druckqualität“ und „FRANKIT“. Rechts neben der Produktbeschreibung „Farbpatrone Art-Nr. 3004 zertifiziert für das FRANKIT Frankiersystem F… 30…“ ist ein „Zertifikat“ der Deutschen Post AG abgebildet, welches nach Vergrößerung durch Anklicken mit folgendem Inhalt lesbar wird:

„Die Deutsche Post Zentrale … bescheinigt, dass das Unternehmen Fr… GmbH … mit der Druckertinte 3004 für das FRANKIT Modell FP Optimail 30 die fachlichen und technischen Anforderungen für die Zertifizierung erfüllt hat. Datum der Erstzertifizierung … Dieses Zertifikat ist gültig bis … Registrierungsnummer …“

Die Klägerin beanstandete die Werbung als wettbewerbswidrig, weil der unzutreffende Eindruck erweckt werde, die Deutsche Post AG habe die Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen der Beklagten zertifiziert.

Nach erfolgloser Abmahnung hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Werbung der Beklagten sei irreführend und stelle eine gezielte Behinderung dar. Tatsächlich zertifiziert seien lediglich die Druck- und Lesequalität der Tinte, nicht aber die Qualität der Kartusche, Patrone bzw. Kassette. Die Deutsche Post AG prüfe auch nicht die Kartusche als solche, sondern lediglich die verwendete Tinte.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungshaft zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten) zu unterlassen, zu behaupten oder behaupten zu lassen, die durch sie vertriebenen Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen für Frankiermaschinen vom Typ F… seien von der Deutschen Post getestet und/oder zertifiziert worden und/oder die Deutsche Post habe für von ihr für Frankiermaschinen vom Typ F… vertriebene Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen ein Qualitätssiegel erteilt, insbesondere, wenn dies geschieht, wie in den als Anlagen K 1 bis K 3 vorgelegten Dokumenten festgehalten;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die oben umschriebenen Handlungen entstanden ist und künftig noch entstehen wird;

3. die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.780,20 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit (23. Mai 2013) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat eine Irreführung ihrer Werbung in Abrede gestellt und behauptet, die Zertifizierung der Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen erfolge nach Prüfung des vollständigen Produkts durch Herstellung von Testdruckseiten auf verschiedenen Papiersorten. Einer etwaigen Irreführung fehle jedenfalls die wettbewerbsrechtliche Erheblichkeit. Das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich. Die Klägerin habe bereits die ebenfalls vom Geschäftsführer der Beklagten vertretene O… GmbH wegen einer vergleichbaren angeblichen Verletzungshandlung in Anspruch genommen. Zuvor habe ein mit der Klägerin konzernverbundenes Unternehmen die O… GmbH wegen Verletzung von Markenrechten abgemahnt. Jeweils seien Anwaltskosten nach einem Wert von 100.000,- € geltend gemacht worden.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung über die Art und Weise des von der Deutschen Post AG durchgeführten Zertifizierungsverfahrens die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei unbegründet, denn die Werbung der Beklagten sei nicht irreführend, da sie im Hinblick auf die Zertifizierung keine unwahren oder sonst zur Täuschung geeignete Angaben enthalte. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass sich das Zertifikat ausschließlich auf die tatsächlich geprüfte Druckqualität beziehe. Anderes gebe auch die Werbung der Beklagten nicht vor.

Gegen das Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie hält die landgerichtliche Beurteilung der beanstandeten Werbeaussagen für fehlerhaft. Die Werbung sei irreführend, denn unter anderem die Aussage

„3-er Set Farbbandkassette für F… 30. Deutsche Post zertifiziert Druckqualität für …“

lasse den unrichtigen Eindruck entstehen, es sei die Kassette selbst zertifiziert worden. Geprüft und zertifiziert habe die Deutsche Post AG indes weder die Tinte noch die Kassette sondern einzig die Druckqualität des erzeugten Abdrucks. Folglich sei auch die Aussage

„Die Deutsche Post zertifiziert die Druckqualität unserer Fr… Farbtinten“ unrichtig und irreführend.

Die Werbeaussagen stimmten auch mit den Angaben im Zertifikat der Deutschen Post AG nicht überein, denn das Zertifikat bescheinige lediglich, dass mit der Druckertinte für das Modell … die fachlichen und technischen Anforderungen für die Zertifizierung erfüllt seien. Da von Druckqualität im Zertifikat nicht die Rede sei, könne der Kunde nicht erkennen, was zertifiziert sei, ein durchschnittlicher Kunde gehe aber davon aus, dass dies mindestens die Tinte oder die Kassette oder deren Druckqualität sei, sämtliche dieser Annahmen seien indes unzutreffend, weil das Zertifikat allein für die Druckqualität des Abdrucks erteilt sei.

Unrichtig sei auch, dass pauschal die Druckqualität mehrerer Tinten oder generell aller Tinten für den genannten Maschinentyp der Klägerin zertifiziert sei, folglich fehle ein einschränkender Hinweis auf die konkrete Tinte. Irreführend sei die Anbringung des Siegels neben den Kassetten, denn es entstehe der Eindruck, diese seien untersucht und zertifiziert worden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlichen Klageanträgen zu erkennen mit der klarstellenden Maßgabe,dass der Klageantrag zu 1. nach „zu unterlassen“ um die Worte „im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken“ ergänzt wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr Vorbringen. Eine Irreführung und deren Eignung zu einer wettbewerblich relevanten Beeinflussung seien zu verneinen. Abzustellen sei auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich ausschließlich um gewerbliche Kunden bzw. Unternehmer handele. Dass diese Verkehrskreise einem Irrtum unterlägen, der einen maßgeblichen Einfluss auf ihre Kaufentscheidung habe, sei auszuschließen. Für die mit der Werbung angesprochenen Kunden sei hinreichend klar, dass das beworbene Produkt durch die Deutsche Post AG einer Prüfung unterzogen worden sei, die zu dem Ergebnis geführt habe, dass beim Einsatz des Produkts ein Porto-Aufdruck erzielt werde, der die Anforderungen der Deutschen Post AG problemlos erfülle. Das Siegel mit dem Aufdruck „Zertifizierte Druckqualität“ sei Bestandteil des Zertifikats, dieses sei deshalb nicht unklar. Die Werbung mit zertifizierter Druckqualität sei zutreffend, denn die Deutsche Post AG unterziehe das gesamte Produkt einem Einsatztest und prüfe das Druckergebnis.

Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf das angefochtene Urteil und den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

II.

Die gemäß §§ 511, 513, 517, 519 und 520 ZPO zulässige Berufung der Klägerin rechtfertigt eine Abänderung des angefochtenen Urteils nicht. Zu Recht hat das Landgericht die zulässige Klage als unbegründet abwiesen, denn der Klägerin stehen die geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gegen die Beklagte nicht zu.

1) Der Zulässigkeit der Klage steht der von der Beklagten erhobene, von Amts wegen zu berücksichtigende Missbrauchseinwand nach § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG nicht entgegen.

1.1) Von einem Missbrauch i.S.d. § 8 Nr. 4 UWG ist auszugehen, wenn der Gläubiger mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv des Vorgehens erscheinen (vgl. BGH, Urteil v. 11.12.2014, I ZR 113/13, zitiert nach juris.de – Bezugsquellen für Bachblüten; Urteil v. 06.10.2011, I ZR 42/10; GRUR 2012, 286 – Falsche Suchrubrik; Urteil v. 22.10.2009, I ZR 58/07, GRUR 2010, 454 – Klassenlotterie; Urteil v. 06.04.2000, I ZR 76/98, BGHZ 144, 165 – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung).

Das Vorliegen eines Missbrauchs ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen. Hierzu zählen die Art und Schwere des Wettbewersverstoßes sowie das Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß. Vor allem aber ist auf das Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung dieses und anderer Verstöße abzustellen (vgl. BGH, Urteil v. 11.12.2014 a.a.O.; Urteil v. 06.04.2000 a.a.O.).

Ein Anhaltspunkt für eine missbräuchliche Rechtsverfolgung kann sich daraus ergeben, dass die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur gewerblichen Tätigkeit des Abmahnenden steht (vgl. BGH, Urteil v. 06.10.2011 a.a.O.; Urteil v. 05.10. 2000, I ZR 237/98, GRUR 2001, 260 – Vielfachabmahner). Für die Annahme einer missbräuchlichen Rechtsverfolgung kann ferner sprechen, dass der Abmahnende systematisch überhöhte Abmahngebühren oder Vertragsstrafen verlangt (vgl. BGH, Urteil v. 06.10.2011 a.a.O.). Ein Indiz für ein missbräuchliches Vorgehen kann weiter darin gesehen werden, dass der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend das Ziel verfolgt, den Gegner mit möglichst hohen Prozesskosten zu belasten oder ihn sonst zu schädigen (vgl. BGH, Urteil v. 06.10.2011 a.a.O.; Urteil v. 06.04.2000 a.a.O.).

1.2) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs ist ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Klägerin nicht festzustellen, weil Tatsachen, die den Schluss auf überwiegend sachfremde Erwägungen der Klägerin zulassen, nicht festzustellen sind.

Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Abmahntätigkeit der Klägerin in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zur ihrer gewerblichen Tätigkeit stehe. Die von der Beklagten aufgezeigten Umstände, dass ein mit der Klägerin konzernverbundenes Unternehmen im Juni 2012 ein ebenfalls vom Geschäftsführer der Beklagten vertretenes und ebenfalls auf dem hier in Rede stehenden Markt tätiges Unternehmen, die O… GmbH, wegen Verletzung von Markenrechten und sodann die Klägerin dasselbe Unternehmen wegen irreführender Werbung im Zusammenhang mit der auch hier streitgegenständlichen Zertifizierung der Deutschen Post AG in Anspruch genommen hat, lassen nicht auf ein Motiv schließen, Konkurrenten zu behindern. Die in Rede stehenden Abmahnaktivitäten stützen sich erkennbar auf eigene wirtschaftliche Interessen der Klägerin bzw. ihres konzernverbundenen Unternehmens an der Verwertung der eigenen Waren und Dienstleistungen.

Die Annahme einer missbräuchlichen Rechtsverfolgung ist auch nicht im Hinblick auf die Höhe der geforderten Abmahngebühren und Vertragsstrafen gerechtfertigt. Zwar hat die Klägerin im Streitfall wie schon zuvor im Rahmen der Abmahnung der O… GmbH die in Höhe einer anwaltlichen 1,3 Geschäftsgebühr zuzüglich Telekommunikationspauschale geltend gemachten Abmahngebühren nach einem Gegenstandwert von 100.000,- € in Ansatz gebracht, was einer im oberen Rahmen liegenden Bewertung des zugrunde gelegten Unterlassungsintereses entspricht. Ferner liegt die von der Klägerin im Streitfall geforderte Vertragsstrafe von 15.000,- €, welche die zuvor von der O… GmbH wegen eines vergleichbaren Verstoßes geforderte Vertragsstrafe von 10.000,- € um 5.000,- € übersteigt, wiederum im oberen Bereich der in vergleichbaren Fällen von Unternehmen als im Hinblick auf den Zweck der Vertragsstrafe ausreichend angesehenen Beträge. Konkrete Tatsachen dafür, dass der angesetzte Gegenstandswert oder die geforderte Vertragsstrafe insbesondere im Hinblick auf das Interesse an der Verhinderung künftiger Verletzungshandlungen sowie mit Rücksicht auf Art und Größe, Marktstellung und Wirtschaftskraft der Beklagten und den Gegebenheiten der geltend gemachten Wettbewerbsverletzung deutlich übersetzt sein könnten, sind indes nicht zu erkennen und von der Beklagten auch nicht vorgetragen.

2) In der Sache ist die Klage der gemäß §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 3 UWG als Mitbewerberin der Beklagten anspruchsbefugten Klägerin unbegründet, denn die Werbung der Beklagten ist – wie das Landgericht zutreffend erkannt hat – nicht aus den von der Klägerin geltend gemachten Gründen wettbewerbswidrig.

Die Klägerin hat deshalb keinen Anspruch gegen die Beklagte darauf, Werbeaussagen zu unterlassen, die von ihr vertriebenen Farbbandkassette(n)/Farbpatrone(n) für Frankiermaschinen vom Typ F… seien von der Deutschen Post getestet und/oder zertifiziert sowie die Deutsche Post habe für solche Farbbandkassette(n)/Farbpatrone(n) ein Qualitätssiegel erteilt. Sie hat wegen solcher Handlungen der Beklagten auch keinen Anspruch auf Schadensersatz und Erstattung von Abmahnkosten.

Die beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten stellen weder eine unlautere Behinderung der Klägerin i.S.v. § 4 Nr. 10 UWG dar, noch verstoßen sie gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 UWG.

2.1) Eine unlautere Behinderung von Mitbewerbern nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG setzt eine Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber voraus, die über die mit jedem Wettbewerb verbundene Beeinträchtigung hinausgeht und bestimmte Unlauterkeitsmerkmale aufweist. Unlauter ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, Mitbewerber an ihrer Entfaltung zu hindern und sie dadurch zu verdrängen, oder wenn die Behinderung dazu führt, dass die beeinträchtigten Mitbewerber ihre Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen können. (vgl. BGH, Urteil v. 30.04.2014, I ZR 224/12, GRUR 2012, 785 – Flugvermittlung im Internet; Urteil vom 22.01.2014, I ZR 164/1, GRUR 2014, 393 – wetteronline.de, jeweils m.w.N.).

Umstände, die derartige Unlauterkeitsmerkmale begründen könnten, sind der beanstandeten Werbung nicht zu entnehmen und von der Klägerin auch nicht dargelegt.

2.2) Die Werbung der Beklagten enthält auch nicht irreführende Angaben i.S.v. § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 UWG dahin, dass der unrichtige Eindruck erweckt werde, die Deutsche Post AG habe die beworbenen Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen – also die vertriebenen Verbrauchsmaterialbehälter für sich – getestet und zertifiziert.

2.2.1) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die unwahre oder sonst zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests enthält. Dabei setzt der Irreführungstatbestand stets eine geschäftlich relevante Irreführung voraus. Das Irreführungsverbot nach §§ 3, 5 UWG greift dann ein, wenn eine irreführende Angabe geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der umworbenen Verkehrskreise irrige Vorstellungen über das Angebot hervorzurufen und die zu treffende Marktentschließung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil v. 07.07.2011, I ZR 173/09, GRUR 2012, 208 – 10 % Geburtstags-Rabatt; Köhler/ Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 5 Rn. 2.169 m.w.N.).

Beides, das Vorliegen einer irreführenden Angabe und deren Eignung zu einer wettbewerblich relevanten Beeinflussung sind nach dem Verkehrsverständnis der konkret angesprochenen Kreise zu beurteilen. Das sind im Streitfall Unternehmen, Gewerbetreibende, Freiberufler sowie Behörden und öffentliche Einrichtungen, die aufgrund eines hohen Postaufkommens professionelle Frankiermaschinen einsetzen. Verbraucher werden mit der Werbung nicht angesprochen.

2.2.2) Vorliegend ist bereits eine irreführende Angabe zu verneinen, denn es ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Werbung der Beklagten nicht dahin unzutreffend verstehen, die Deutsche Post AG habe die vertriebenen Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen für sich getestet und zertifiziert.

a) In tatsächlicher Hinsicht ist zwischen den Parteien im Berufungsrechtszug unstreitig, dass das von der Deutschen Post AG erteilte Zertifikat auf einer Prüfung dahin beruht, dass die Deutsche Post AG die unter ihrer Aufsicht durch Einsatz des jeweils beworbenen Produkts in einer entsprechenden Frankiermaschine auf unterschiedlichen Papiersorten erzeugten ca. 1000 Aufdrucke auf deren Lesefähigkeit untersucht.

b) Ein Verständnis, die Deutschen Post AG habe die Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen für sich getestet und zertifiziert, stellte mithin eine objektiv unzutreffende Annahme dar. Eine solche Vorstellung erzeugt die in Rede stehende Werbung bei den angesprochenen Verkehrskreisen aber nicht.

aa) Der ständig mit Wettbewerbssachen befasste Senat kann die maßgebliche Verkehrsauffassung der angesprochenen Verkehrskreise aufgrund eigener Sachkunde feststellen, auch wenn seine Mitglieder nicht zu dem angesprochenen Kundenkreis gehören. Es ist nicht ersichtlich und von den Parteien auch nicht vorgetragen, dass die angesprochenen Kreise regelmäßig über besondere Kenntnisse und Erfahrungen verfügen, die es mit sich bringen, dass den Werbeaussagen betreffend die Zertifizierung ein vom allgemeinen Sprachsinn der Erklärungen abweichendes Verständnis zugrunde gelegt werden könnte (vgl. BGH, Urteil v. 02.10.2003, I ZR 150/01, BGHZ 165, 250 – Marktführerschaft; Köhler/Bornkamm a.a.O. § 5 Rn. 3.12 m.w.N.).

bb) Der im Internet veröffentlichten Werbung der Beklagten ist aus Sicht eines situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsinteressenten deutlich zu entnehmen, dass die zur Anpreisung verwendete Zertifizierung und der zugrunde liegende Test die Druckqualität der beworbenen Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen betreffen.

Sämtliche der beanstandeten Werbeaussagen enthalten eine Erklärung oder stehen in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit einer Erklärung, dass die Druckqualität getestet und zertifiziert worden ist. Ebenso verweist das verwendete „Siegel“ auf die „geprüfte Druckqualität“. Der Begriff „Druckqualität“ bezieht sich in erster Linie auf die Qualität des erzeugten Ausdrucks und daneben auf die Qualität des Vorgangs der Druckerzeugung. Die Druckqualität eines mit dem für die Erzeugung des Drucks erforderlichen Verbrauchsmaterial befüllten Behälters kann sinnvollerweise nur durch die Anfertigung eines Abdrucks unter Verwendung des Behälters in einem den Ausdruck herbeiführenden Druckergerät und unter Einsatz eines zu bedruckenden Mediums ermittelt werden. Aus diesem Grund fehlt der Annahme, die angesprochenen Verkehrskreise könnten die Werbung dahin verstehen, das Zertifikat und der zugrunde liegende Test bezögen sich auf den befüllten Verbrauchsmaterialbehälter für sich, ein tragfähiger Anhaltspunkt.

Von den beanstandeten Werbeaussagen ist allein die Folgende so abgefasst, dass sie nicht selbst die Druckqualität erwähnt:

„Farbpatrone Art-Nr. 3004 zertifiziert für das FRANKIT Frankiersystem F… 302“

Diese Werbeaussage steht in der Werbung der Beklagten aber nicht isoliert, sondern im Rahmen einer produktspezifischen Anpreisung unter den hervorgehobenen Überschriften:

„Zertifikate für Fr… Frankiermaschinen ZubehörDeutsche Post AG zertifiziert Druckqualität von Fr… Frankiertinte.Die nachfolgenden Fr… Produkte hat die Deutsche Post AG getestet und bescheinigt mit ihrer Zertifizierung offiziell eine hohe Druckqualität:“

Auf die vorgenannten Überschriften folgen die Angebote verschiedener Farbpatronen unterschiedlicher Frankiersysteme jeweils mit dem Hinweis auf ein bestimmtes Zertifikat der Deutschen Post AG. Unmittelbar neben der beanstandeten Werbeaussage für die mit einem Produktfoto abgebildete Farbpatrone „Art-Nr. 3004“ befinden sich das „Siegel“ der Deutschen Post AG und der nach Vergrößerung sichtbare Abdruck des erteilten Zertifikats, welche beide die „Druckqualität“ erwähnen.

Sämtliche der vorgenannten Bestandteile der Werbung der Beklagten sind, wenn man sich mit dem Angebot zum Zwecke der Prüfung einer Kaufentscheidung auch nur oberflächlich befasst, im Zusammenhang wahrnehmbar. Auch bei flüchtigem Lesen der in Rede stehenden Werbung der Beklagten wird hinreichend deutlich, dass sich das Zertifikat auf die Druckqualität bezieht. Die Annahme, ein situationsadäquat aufmerksamer Interessent könne dem Missverständnis unterliegen, es sei die beworbene Kassette oder Patrone für sich zertifiziert, erscheint ausgeschlossen.

Im Falle einer Vorstellung, die Deutsche Post AG teste und bewerte den Verbrauchsbehälter nach Stabilität, Materialeigenschaften, Verarbeitung, Aussehen oder sonstigen dem Produkt für sich – also ungeachtet seines bestimmungsgemäßen Einsatzes – anhaftender Merkmale, käme dem Zertifikat für den Kunden auch keine nennenswerte Aussagekraft in Bezug auf die Qualität der beworbenen Ware für ihren Bestimmungszweck zu.

Schließlich ist auf der Internetseite, welche die Produktübersicht der mit dem Hinweis auf das Zertifikat der Deutschen Post AG beworbenen Farbbandkassetten bzw. Farbpatronen für verschiedene Frankiersysteme enthält, eine gut lesbare Erläuterung der Zertifizierung dargestellt. Unter der hervorgehobenen Überschrift „Deutsche Post Frankit Zertifizierung“ ist mitgeteilt, dass die Deutsche Post AG den Anbietern von alternativem Verbrauchsmaterial für Frankit-Frankiermaschinen die Möglichkeit biete, freiwillig die Druckqualität ihrer Frankierpatronen zertifizieren zu lassen. Weiter heißt es:

„In einem speziell definierten Prüfungsprozess wird … die Druckqualität mittels Testdeckerstellung auf einer Vielzahl von verschiedenen Papiersorten getestet und analysiert. Die Druckqualität einer Frankierung ist technisch entscheidend für die Lesesicherheit und Leserate im Postbetrieb. Nach erfolgreichem Bestehen des Zertifizierungsprozesses vergibt die Deutsche Post AG für das überprüfte Produkt eine Zertifizierung“.

Die Erläuterungen lassen ebenfalls hinreichend erkennen, dass sich die Zertifizierung auf die Druckqualität im Sinne der Lesbarkeit des unter Einsatz des Verbrauchsmaterials erzeugten Frankieraufdrucks bezieht. Es ist davon auszugehen, dass ein Interessent, der die Zertifizierung der Deutschen Post AG in seine geschäftliche Entscheidung einbezieht, auch die gut sichtbar darstellten Erläuterungen der Zertifizierung zur Kenntnis nimmt.

c) Soweit sich die Klägerin im Berufungsrechtszug darauf beruft, einzelne Werbeaussagen der Beklagten und das von der Beklagten im Rahmen ihrer Produktwerbung verwendete Zertifikat der Deutschen Post AG vermittelten den unzutreffenden Eindruck, es sei die Druckertinte zertifiziert, lässt sich darauf eine Verurteilung der Beklagten nicht stützen. Ein Wettbewerbsverstoß wegen vermeintlich irreführender Angabe, für die Druckertinte sei ein Zertifikat erteilt, ist von den Klageanträgen nicht erfasst.

Dasselbe gilt für die Beanstandung der Klägerin, der Werbung fehle ein einschränkender Hinweis auf die konkret verwendete Tinte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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