Werbeaussage „laborgeprüft“ ohne weitere Infos nicht unzulässig

04. November 2022
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Werberecht. Mann im Anzug hält Sprechblase in der Hand Urteil des LG Darmstadt vom 12.09.2022, Az.: 18 O 11/22

Das Werben mit dem Begriff "laborgeprüft" ist jedenfalls dann nicht wettbewerbsrechtlich zu beanstanden, wenn er im Zusammenhang mit einer Unternehmensbeschreibung steht und sich ersichtlich nicht auf ein konkretes Produkt bezieht. Dieser Umstand lässt nämlich nicht darauf schließen, dass ein Durchschnittsverbraucher davon ausgeht, dass das Produkt von einem neutralen Dritten mit entsprechender Kompetenz nach objektiven und aussagekräftigen Kriterien geprüft wurde.

Landgericht Darmstadt

Urteil vom 12.09.2022

Az.: 18 O 11/22

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern für ein Nahrungsergänzungsmittel mit den Angaben „zum Abnehmen“, „Fatburner und „Hauptverwendungszweck: Gewichtsverlust“ – sowohl einzeln als auch in Kombination – zu werben wie nachstehend für das Produkt -Glucomannan 500 g 90 Kapseln“ (Artikelnummer. 274793954190) wiedergegeben:

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2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall insgesamt bis zu zwei Jahren – zu vollziehen an ihren jeweiligen gesetzlichen Vertretern – angedroht.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 245,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.4.2022 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

6. Das Urteil ist für den Kläger in Höhe von 9.000 € vorläufig vollstreckbar. Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 115 % des insgesamt vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs in der Bundesrepublik Deutschland und wurde im Jahr 1885 gegründet. Zu seinen Mitgliedern zählen u.a. die X GmbH und die Y GmbH sowie mehrere Einzelhandelsverbände, Seit dem 17.11.2021 ist der Kläger in die Liste qualifizierter Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen.

Die Beklagte betreibt einen Onlinehandel mit Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika, die sie auch über die Internetplattform „ebay“ unter dem Anbieternamen „[…]“ anbietet.

Die Beklagte bot am 2.2.2022 auf der Internetplattform „ebayu das Nahrungsergänzungsmittel „Glucomannan 500g 90 Kapseln“ an. In der Angebotsüberschrift hieß es „zum Abnehmen“ und „Fatburner. In der Produktbeschreibung fand sich unter „Artikelmerkmale“ der Hinweis „Hauptverwendungszweck: Gewichtsverlust‘. Des Weiteren enthielt das Angebot folgenden Passes: „Als […] bieten wir Dir in Deutschland hergestellte und laborgeprüfte Nahrungsergänzungsmittel und dabei setzen wir nicht nur auf das Bedürfnis nach zusatzstofffreien Nahrungsergänzungsmittel.“ Wegen der Aufmachung und des genauen Inhalts des Angebots der Beklagten wird auf BI. 4 bis 15 d.A. verwiesen.

Bei Glucomannan handelt es sich um einen Bestandteil des Aronstabgewächses Konjak.

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 2.2.2022 ab und übersandte einen Vordruck für eine Unterlassungs-Verpflichtungserklärung (BI. 76-86 d.A.). Die Beklagte antwortete mit Schreiben vom 14.2.2022 (BI. 88-92 d./A.). Mit Schreiben vom 16.2.2022 bat der Kläger um Klarstellung, dass die abgegebene Erklärung auch kerngleiche Verstöße erfassen soll. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 23.2.2022, dass mit der abgegebenen Erklärung auch kerngleiche Verstöße für die Bewerbung des Produktes „Glucomannan 500 mg 90 Kapseln Tabletten“ erfasst werden (BI. 94 d.A.). Auf ein weiteres Schreiben des Klägers vom 2.3.2022 (BI. 28 d.A.) reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 9.3.2022 (BI. 29 f. d./A.).

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte habe das Lebensmittel Glucomannan 500g 90 Kapseln in unzulässiger Weise mit gesundheitsbezogenen Angaben beworben. Es lägen gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Ziff. 5 der VO (EG) 1924/2006 [im Folgenden: „HCVO“) vor. Bei den Hinweisen „zum Abnehmen“, Fatburner“ und „Hauptverwendungszweck: Gewichtsverlust… “ handele es sich um sog. spezifische gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 10 Abs. I HCVO, die vorliegend verboten seien. Bei dem Gesamtprodukt handele es sich nicht um ein sog. „botanical“. Die Beklagte könne Art. 28 Abs. 5 HCVO nicht für sich fruchtbar machen. In den Verstößen gegen die HCVO liege zugleich ein Verstoß gegen 3, 3a UWG. Dadurch, dass bloß das Wort „laborgeprüft“ verwendet werde ohne einen Hinweis, von wem nach welchen Kriterien genau die Prüfung durchgeführt wurde bzw. wo diese Informationen für den Verbraucher aufzufinden sind, hatte die Beklagte dem angesprochenen Verbraucher wesentliche Informationen im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG vor. Die Fundstelle eines Tests bzw. die Testkriterien seien eine für den Verbraucher wesentliche Information. Durch die Werbung mit der Formulierung „laborgeprüft“ werde eine unabhängig durchgeführte Qualitätsprüfung suggeriert, die gerade im Hinblick auf ein sensibles Produkt wie einem Lebensmittel ein besonderes Vertrauen des Verbrauchers erwecke. Der Kläger habe einen Anspruch auf Ersatz des mit der Abmahnung – unstreitig – entstandenen Aufwands in Höhe von 245,18 €.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds bis zur Höhe von 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von 6 Monaten zu unterlassen,

wie nachstehend für das Produkt „Glucomannan 500g 90 Kapseln• (Artikelnummer: 274793954190) wiedergegeben

a. gegenüber Verbrauchern für ein Lebensmittel mit gesundheitsbezogenen Angaben zu werben und/oder

b. gegenüber Verbrauchern mit dem Hinweis „laborgeprüft“ zu werben:

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2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 245,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die streitgegenständliche Werbung sei nicht wettbewerbswidrig. Die Werbung sei nicht irreführend, da wissenschaftlich valide belegt sei, dass Glucomannan beim Gewichtsverlust helfe. Bei den anderen Stoffen, die das Produkt enthalte, handele es sich offensichtlich um technologische Zusatzstoffe und nicht um den Wirkstoff. Es bestehe keine Veranlassung, das Testergebnis zwingend bei der Angabe „laborgeprüft“ mitzuveröffentlichen. Die streitgegenständliche Werbung sei kein Zeichen dafür, dass eine neutrale Prüfstelle mit entsprechender Kompetenz die beworbene Ware nach objektiven Vorgaben und Kriterien geprüft habe. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht; sie sei durch die Abgabe der strafbewehrten Unterlassungserklärung entfallen.

Die Klage wurde der Beklagten am 26.4.2022 zugestellt. Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung durch den Vorsitzenden gemäß S 349 Abs. 3 ZPO einverstanden erklärt. Mit Zustimmung der Parteien hat die Kammer mit Beschluss vom 25.7.2022 das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet und Schriftsatzschluss auf den 29.8.2022 bestimmt (BI. 153 d.A.).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

Der Kläger ist nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt, da er in die Liste nach S 8b UWG eingetragen ist und ihm eine erhebliche Zahl von Unternehmen unmittelbar oder mittelbar angehören, die auf dem hier sachlich und räumlich maßgeblichen Markt tätig sind, und er nach seiner Ausstattung seine satzungsmäßigen Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen kann. Dem Kläger gehören unstreitig mehrere Einzelhandelsverbände und bedeutende Unternehmen aus der Lebensmittelbranche an. Dass der Kläger nach seiner Ausstattung seine satzungsmäßigen Aufgaben auch tatsächlich wahrnehmen kann, ist gerichtsbekannt und Wird von der Beklagten auch nicht in Abrede gestellt.

Die Klage ist im Klageantrag zu I. aus dem im Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus 3, 3a, 8 Abs. I und Abs. 3 Nr. 2 UWG in Verbindung mit Art. 3, 10 Abs. 1, 13 ff. HCVO.

Bei bestehender Wiederholungsgefahr kann nach § 8 Abs. 1 S. I Alt. 2 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer eine gemäß § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt. Dabei handelt gemäß § 3a UWG unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Bei dem Angebot der Beklagten betreffend das Produkt „Glucomannan 500g 90 Kapseln“ (Artikelnummer: 274793954190), das am 2.2.2022 auf der Internetplattform „ebay“ veröffentlicht wurde, handelt es sich zweifellos um eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 3 Abs. I UWG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG.

Die Werbeaussagen „zum Abnehmen“, „Fatburner“ und „Hauptverwendungszweck: Gewichtsverlust“ erfüllen den Unlauterkeitstatbestand des S 3a UWG, da sie gegen die Regelungen der HCVO verstoßen, bei denen es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne dieser Vorschrift handelt (vgl. BGH, Urt. v. 17.5.2018 I ZR 252/16; OLG Celle, Beschl. v. 3.2.2022 – 13 U 75/21).

Bei den Aussagen „zum Abnehmen“, „Fatburner und „Hauptverwendungszweck: Gewichtsverlust“ handelt es sich um gesundheitsbezogene Angaben im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 HCVO. Nach dieser Norm ist eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Verordnung jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel, oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht, wobei der Begriff des Zusammenhangs weit zu verstehen ist. Der Begriff gesundheitsbezogene Angabe erfasst jeden Zusammenhang, der eine Verbesserung des Gesundheitszustands dank des Verzehrs des Lebensmittels impliziert (vgl. nur EuGH, Urt. v. 6.9.2012 – C-544/10; BGH, Urt. v. 17.1.2013 – I ZR 5/12). Nach dem Verkehrsverständnis suggerieren die Aussagen „zum Abnehmen“, „Fatburner“ und „Hauptverwendungszweck: Gewichtsverlust“, dass die Einnahme des in Rede stehenden Produkts eine bestimmte, nämlich fettverbrennende Eigenschaft hat, und mit der Einnahme des Produkts überschüssiges Körperfett abgebaut wird (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 29.5.2019 – 6 U 38/18; OLG Hamburg, Beschl. v. 22.12.2020 – 3 U 194/18; Beschl. v. 12.05.2021 – 3 U 194/18; OLG Koblenz, Urt. v. 30.06.2021 – 9 U 1268/20).

Die Werbeaussagen „zum Abnehmen“, „Fatburner“ und „Hauptverwendungszweck: Gewichtsverlust“ stellen spezifische gesundheitsbezogene Angaben gemäß Art. 10 Abs. I HCVO dar (vgl. OLG Hamburg, Beschl. v. 22.12.2020 – 3 U 194/18; OLG Koblenz, Urt. v. 30.06.2021 – 9 U 1268/20). Solche Angaben sind verboten, sofern sie nicht den allgemeinen Anforderungen in Kapitel II der HCVO und den speziellen Anforderungen in Kapitel IV entsprechen, gemäß der HCVO zugelassen sind und in die Liste der zugelassenen Angaben gemäß den Art. 13 und 14 HCVO aufgenommen sind. Dies ist indes nicht der Fall; die Aussagen „zum Abnehmen“, „Fatburner“ und „Hauptverwendungszweck: Gewichtsverlust“ sind für das Produkt „Glucomannan 500g 90 Kapseln“ nach der Liste der gemäß Art. 13 HCVO zugelassenen Angaben im Anhang der VO (EU) Nr. 432/2012 nicht zugelassen. Lediglich die Aussagen „Glucomannan trägt zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei“ und „Glucomannan trägt im Rahmen einer kalorienarmen Ernährung zu Gewichtsverlust bei“ sind für „Glucomannan (Konjak Mannan)“ zugelassen. Bei den in Rede stehenden Werbeaussagen handelt es sich nicht um solche, die mit einer oder mehreren zugelassenen Angaben gleichbedeutend sind, weswegen es nicht darauf ankommt, ob hier allein auf den Wirkstoff „Glucomannan“ oder das Gesamtprodukt abzustellen ist (vgl. in diesem Zusammenhang OLG Celle, Urt. v. 1.7.2021 – 13 U 21/20). Nach dem (auch) maßgeblichen Verbraucherverständnis geht aus den Werbeaussagen nicht hervor, dass es auch einer kalorienarmen Ernährung bedarf, um den beworbenen Gewichtsverlust mit dem Produkt zu erzielen (zu dem im Rahmen dieser Prüfung anzulegenden „strengen Maßstab“ vgl. BGH, Urt. v. 26.2.2014 – I ZR 178/12: Urt. v. 7.4.2016 – I ZR 81/15).

Die Beklagte kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, bei dem Produkt „Glucomannan 500g 90 Kapseln“ handele es sich um ein „botanical“. Selbst wenn es sich bei dem in Rede stehenden Produkt um ein „botanical“ handeln würde, stünde dies der Anwendung des Art. 10 Abs. I HCVO nicht entgegen (so zutreffend OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 29.5.2019 – 6 U 38/18; KG, Beschl. v. 18.2.2022 – 5 U 1007/20: LG München l. Endurt. v. 20.2.2020 – 17 HK O 15586/18).

Dass die Voraussetzungen der Übergangsvorschrift des Art. 28 HCVO vorliegen, hat die Beklagte nicht hinreichend konkret vorgetragen bzw. unter Beweis gestellt, und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Der Verstoß gegen Art. 10 Abs. I HCVO ist spürbar im Sinne von S 3a UWG. Der Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung indiziert im Regelfall die Eignung zur spürbaren Beeinträchtigung der Interessen der Marktteilnehmer, an die sich die Handlung richtet (OLG Koblenz, Urt. v. 30.6.2021 -9 U 1268/20; LG Frankfurt am Main, Urt. v. 2.4.2019 – 3-06 0 103/18; Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 3a Rn. 1.112).

Die von § 8 Abs. I Satz I Alt. 2 UWG vorausgesetzte Wiederholungsgefahr ist gegeben. Die Beklagte hat keine die Wiederholungsgefahr ausräumende Unterlassungserklärung abgegeben. Die Schreiben bzw. Erklärungen der Beklagten vom 14.2.2022, 23.2.2022 und 9.3.2022 reichen nicht aus.

Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Forderung des Klägers über den materiellen Anspruch hinausgeht. Denn dieser Umstand würde lediglich dazu führen, dass die Beklagte eine objektiv ausreichende Erklärung hätte abgeben müssen (vgl. Fritzsche, in: MünchKomm zum Lauterbarkeitsrecht, 3. Aufl. 2022, S 8c UWG Rn. 44; Breuer, in: David/Breuer, FormularBibliothek Zivilprozess — Gesellschaftsrecht, Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2022, S 2 Rn. 276).

Die Beklagte hat die von ihr abgegebene Unterlassungs-VerpflichtungserkIärung ausdrücklich auf das Produkt „Glucomannan 500 mg 90 Kapseln zum Abnehmen Made in Germany“ (Artikelnummer: 274793954190) und auf kerngleiche Verstöße für die Bewerbung dieses Produkts beschränkt; auf das Schreiben des Klägers vom 2.3.2022, dass die Erklärung der Beklagten dahingehend verstanden werde, dass sich die Erklärung nur auf die Bewerbung speziell des Produkts „Glucomannan 500 mg 90 Kapseln Tabletten“ beschränken soll (BI. 28 d.A.), hat die Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 9.3.2022 bestätigt, dass es richtig sei, dass die Unterlassungserklärung sich auf das Produkt Glucomannan 500 mg 90 Kapseln Tabletten und kerngleiche Verstöße für die Bewerbung dieses Produkts beschränkt (BI. 29 d./A.). Damit ist die Unterlassungserklärung zu eng gefasst, da ersichtlich kerngleiche Verstöße, die nicht das konkrete Produkt Glucomannan 500 mg 90 Kapseln Tabletten betreffen, ausgeschlossen werden sollen – ansonsten hätte die Beklagte auf das Schreiben des Klägers vom 16.2.2022, in dem gefragt wurde, ob mit der abgegebenen Erklärung auch kerngleiche Verstöße erfasst werden sollen, schlicht und ergreifend mit „ja“ antworten können. Dass die Beklagte hingegen durchweg nur auf das konkrete Produkt verweist, lässt nur den Schluss zu, dass sie sich eine „Hintertür“ offenhalten will, um sich etwa bei einer Änderung der Füllmenge darauf zu berufen, dass dieser Sachverhalt nicht von der Unterlassungs-VerpfIichtungserkIärung erfasst wird. Entsprechendes gitt im Hinblick auf ein etwaiges Nachfolgeprodukt (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, Urt. v. 19.3.1998 – I ZR 264/95). Mithin kann nicht von einem ernsthaften Willen der Beklagten ausgegangen werden, den streitgegenständlichen Verstoß nicht zu wiederholen (vgl. Ottofülling, in: MünchKomm zum Lauterbarkeitsrecht, 3. Aufl. 2022, S 13 UWG Rn. 44; ferner: OLG Braunschweig, Urt. v. 13.9.2021 – 2 U 36/20).

Indes hat der Kläger keinen allgemeinen Anspruch darauf, dass die Beklagte gegenüber Verbrauchern nicht für ein Lebensmittel mit gesundheitsbezogenen Angaben wirbt, weswegen die Klage teilweise abzuweisen war. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Kläger in seinem Antrag konkret auf die Bewerbung des Produkts „Glucomannan 500g 90 Kapseln“ (Artikelnummer: 274793954190) Bezug genommen hat. Doch würde sich das beantragte Verbot des Klägers gleichwohl auch auf lautere Verhaltensweisen beziehen, da es nach der HCVO nicht grundsätzlich untersagt ist, Lebensmittel mit gesundheitsbezogenen Angaben zu versehen. In diesem Zusammenhang soll nicht in Abrede gestellt werden, dass sich ein Unterlassungsantrag auch verallgemeinernd auf vergleichbare Gesetzesverstöße beziehen kann; notwendig ist jedoch, dass das Charakteristische der Verletzungshandlung extrahiert wird (vgl. hierzu etwa Ehricke/Könen, in: MünchKomm zum Lauterbarkeitsrecht, 3. Aufl. 2022, Vorbemerkung zum Verfahrensrecht Rn. 34), was vorliegend nicht der Fall ist. Denn das Charakteristische der in Rede stehenden Verletzungshandlung liegt in der Verwendung von nicht zugelassenen gesundheitsbezogenen Angaben und nicht in der Verwendung von gesundheitsbezogenen Angaben als solchen. Auch erscheint es bei der gegebenen Sachlage zu weitgehend, das Verbot auf alle denkbaren Lebensmittel zu erstrecken, da es sich bei dem in Rede stehenden Produkt um ein Nahrungsergänzungsmittel, also um ein ganz spezielles Lebensmittel (vgl. insoweit Art 2 RL 2002/46/EG), handelt.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf. dass die Beklagte die Bezeichnung „laborgeprüftU nicht wie geschehen verwendet. Die Klage war insoweit abzuweisen.

Der Begriff „laborgeprüft“ beschreibt in dem in Rede stehenden Kontext einzig und allein das Unternehmen „[…]“ und nicht das beworbene Produkt. Dabei lässt die von der Beklagten gewählte Formulierung nicht einmal den sicheren Schluss zu, dass sämtliche von ihr vertriebenen Nahrungsergänzungsmittel „laborgeprüft“ sind, so dass aus der Unternehmensbeschreibung nicht verlässlich auf die Eigenschaft des beworbenen Produkts geschlossen werden kann. Im konkreten Fall erscheint es mithin ausgeschlossen, dass ein Durchschnittsverbraucher davon ausgeht, dass das Produkt „Glucomannan 500 mg 90 Kapseln zum Abnehmen Made in Germany“ (Artikelnummer: 274793954190) von einem neutralen Dritten mit entsprechender Kompetenz nach objektiven und aussagekräftigen Kriterien geprüft wurde (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, Urt. v. 21.7.2016 – I ZR 26/15).

Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz des ihm mit seiner Abmahnung entstandenen Aufwands in Höhe von 245,18 € aus § 13 Abs. 3 UWG. Die Beklagte ist der Höhe des geltend gemachten Betrags nicht entgegengetreten. Der Umstand, dass die Abmahnung nur teilweise berechtigt war, ändert nichts daran, dass die Kosten in voller Höhe zu zahlen sind (vgl. nur Bornkamm/Feddersen, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 13 Rn. 133 m.w.N.). Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1 und 2, 711 S. 1 und 2 ZPO.

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