Zur markenrechtlichen Unterscheidungskraft einfacher geometrischer Formen

31. März 2016
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Geometrische Fromen Urteil des EuGH vom 03.12.2015, Az.: T-695/14

Einem Zeichen, das aus einer einfachen geometrischen Form (hier: ein schwarzes Quadrat, in dessen Mitte sich ein weißer Kreis befindet, der unten in ein kleineres weißes Quadrat übergeht) fehlt die markenrechtliche Unterscheidungskraft hinsichtlich Waren des täglichen Bedarfs, die typischerweise in Supermärkten oder Drogerien vertrieben werden, da der Verbraucher davon ausgeht, dass es sich lediglich um ein dekoratives Beiwerk, ein maschinenlesbares Zeichen oder ein Warensicherungsetikett handelt, nicht aber um einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren.

Europäischer Gerichtshof

Urteil vom 03.12.2015

Az.: T-695/14

In der Rechtssache T‑695/14

Omega International GmbH mit Sitz in Bad Oldesloe (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: (…),

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch (…),

Beklagter,

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des HABM vom 18. Juli 2014 (Sache R 1037/2014‑5) über die Anmeldung eines Bildzeichens, das einen weißen Kreis und ein weißes Rechteck in einem schwarzen Rechteck darstellt, als Gemeinschaftsmarke

erlässt

DAS GERICHT (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten …, der Richterin … und des Richters …,

Kanzler: …,

aufgrund der am 26. September 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 17. Dezember 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des HABM,

aufgrund des Umstands, dass keine der Parteien binnen der Frist von einem Monat nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, und des daher auf Bericht des Berichterstatters gemäß Art. 135a der Verfahrensordnung des Gerichts vom 2. Mai 1991 ergangenen Beschlusses, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Vorgeschichte des Rechtsstreits

Am 26. September 2013 meldete die Klägerin, die Omega International GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um folgendes Bildzeichen:

(…)

Es wurden folgende Waren der Klassen 3, 5, 32 und 33 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

–        Klasse 3: „Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel“;

–        Klasse 5: „Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere“;

–        Klasse 32: „Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“;

–        Klasse 33: „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)“.

Mit Entscheidung vom 14. Februar 2014 wies der Prüfer die Anmeldung für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 zurück. Er war im Wesentlichen der Ansicht, dass das angemeldete Bildzeichen keine Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung habe.

Am 14. April 2014 legte die Klägerin beim HABM nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 Beschwerde gegen diese Entscheidung ein.

Mit Entscheidung vom 18. Juli 2014 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Fünfte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück. Wie der Prüfer war sie der Ansicht, dass das angemeldete Zeichen nicht unterscheidungskräftig sei, und wies das gegenteilige Vorbringen der Klägerin zurück.

 

Anträge der Parteien

Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen;

–        dem HABM die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Das HABM beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        die Klägerin zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

 

Zur Zulässigkeit des Antrags der Klägerin auf Eintragung der angemeldeten Marke

Wie das HABM zutreffend vorträgt, ist der Antrag der Klägerin, mit dem sie die Eintragung der Marke beantragt, als unzulässig zurückzuweisen.

Das Gericht ist nämlich aufgrund der Abänderungsbefugnis, die ihm durch Art. 65 Abs. 3 der Verordnung Nr. 207/2009 übertragen wird, zwar befugt, die Entscheidung zu erlassen, die die Beschwerdekammer hätte erlassen müssen, doch ist eine Beschwerdekammer nicht befugt, über einen Antrag zu entscheiden, der dahin geht, dass sie eine Gemeinschaftsmarke einträgt (vgl. Beschluss vom 30. Juni 2009, Securvita/HABM [Natur-Aktien-Index], T‑285/08, Slg, EU:T:2009:230, Rn. 14 bis 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Somit ist es nicht Sache des Gerichts, über einen Abänderungsantrag zu befinden, der dahin geht, dass es die vor ihm angefochtene Entscheidung der Beschwerdekammer in dem Sinne abändert, dass die angemeldete Marke eingetragen wird (Beschluss Natur-Aktien-Index, oben in Rn. 10 angeführt, EU:T:2009:230, Rn. 23).

 Zur Begründetheit

Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass das fragliche Zeichen im Sinne dieser Bestimmung unterscheidungskräftig sei und ihre Markenanmeldung daher zu Unrecht und unter Verstoß gegen diese Bestimmung zurückgewiesen worden sei.

Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen.

Nach ständiger Rechtsprechung werden die unter Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 fallenden Marken als ungeeignet angesehen, die wesentliche Funktion der Marke zu erfüllen, nämlich die betriebliche Herkunft der fraglichen Ware oder Dienstleistung zu identifizieren, um es dem Verbraucher, der die mit der Marke gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung erwirbt, so zu ermöglichen, bei einem weiteren Erwerb seine Entscheidung davon abhängig zu machen, ob er gute oder schlechte Erfahrungen gemacht hat (Urteile vom 5. Mai 2009, Rotter/HABM [Form einer Anordnung von Würsten], T‑449/07, Slg, EU:T:2009:137, Rn. 18, und vom 29. September 2009, The Smiley Company/HABM [Darstellung eines halben Smileys], T‑139/08, Slg, EU:T:2009:364, Rn. 14).

Nach der Rechtsprechung ist die Unterscheidungskraft einer Marke zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet oder ihr Schutz beantragt worden ist, und zum anderen im Hinblick auf ihre Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlichen Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen zusammensetzen (Urteile Form einer Anordnung von Würsten, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2009:137, Rn. 19, und Darstellung eines halben Smileys, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2009:364, Rn. 15).

Schon bei einem Mindestmaß an Unterscheidungskraft greift jedoch das absolute Eintragungshindernis nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht ein (Urteile vom 20. Mai 2009, CFCMCEE/HABM [P@YWEB CARD und PAYWEB CARD], T‑405/07 und T‑406/07, Slg, EU:T:2009:164, Rn. 57, und Darstellung eines halben Smileys, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2009:364, Rn. 16).

Die Bejahung der Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 hängt nicht von der Feststellung eines bestimmten Niveaus der sprachlichen oder künstlerischen Kreativität oder Vorstellungskraft des Markeninhabers ab. Es genügt, dass die Marke es den maßgeblichen Verkehrskreisen ermöglicht, die Herkunft der von ihr erfassten Waren oder Dienstleistungen zu erkennen und diese von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (Urteile vom 16. September 2004, SAT.1/HABM, C‑329/02 P, Slg, EU:C:2004:532, Rn. 41, und Darstellung eines halben Smileys, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2009:364, Rn. 27).

Ein Zeichen, das äußerst einfach ist und aus einer geometrischen Grundfigur wie einem Kreis, einer Linie, einem Rechteck oder einem üblichen Fünfeck besteht, ist jedoch als solches nicht geeignet, eine Aussage zu vermitteln, an die sich die Verbraucher erinnern können, so dass sie es nicht als eine Marke ansehen werden, sofern es nicht durch Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat (Urteile vom 12. September 2007, Cain Cellars/HABM [Darstellung eines Pentagons], T‑304/05, EU:T:2007:271, Rn. 22, und Darstellung eines halben Smileys, oben in Rn. 14 angeführt, EU:T:2009:364, Rn. 26).

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zunächst anhand der oben in Rn. 15 angeführten Rechtsprechung die maßgeblichen Verkehrskreise bestimmt, auf die für die Beurteilung der etwaigen Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke abzustellen ist.

Insoweit weist sie in Rn. 11 der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass es sich bei den von der Anmeldung erfassten Waren um solche des täglichen Bedarfs handele.

Sie hat in Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung weiter ausgeführt:

„Der Verbraucher wird hinsichtlich der angemeldeten Massenkonsumgüter aus dem Bereich Kosmetik, Lebensmittel und Getränke in den Klassen 3, 32 und 33 weder besonders aufmerksam noch besonders unaufmerksam sein … Hinsichtlich Nahrungsergänzungsmittel für Menschen oder Tiere in der Klasse 5 wird der Verbraucher aufmerksamer sein, da diese direkt die Gesundheit des Verbrauchers betreffen …“

In Rn. 13 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer außerdem festgestellt, dass auf die Sicht der Verbraucher in der gesamten Europäischen Union abzustellen sei, da es sich bei der angemeldeten Marke um eine „reine Grafik“ handele.

Diese Erwägungen, die im Übrigen von der Klägerin nicht bestritten werden, sind zutreffend; ihnen ist zuzustimmen.

Sodann hat die Beschwerdekammer geprüft, ob die angemeldete Marke unterscheidungskräftig ist.

Dazu hat sie in den Rn. 14 und 15 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt:

„14. Das angemeldete Zeichen besteht aus einem zweidimensionalen Bild, nämlich einem schwarzen Quadrat, in dessen Mitte sich ein weißer Kreis befindet, der unten mit einem kleineren weißen Quadrat ‚verschmilzt‘. Es entsteht der Eindruck, als sei der Kreis aus dem Rechteck herausgeschnitten.

15. Das allgemeine Publikum wird diese einfache geometrische Figur im Hinblick auf keine der beanspruchten Waren als Herkunftshinweis wahrnehmen. Es handelt sich um die banale Zusammenfügung zweier Rechtecke und eines Kreises.“

In den Rn. 18 bis 20 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer weiter ausgeführt:

„18. Die beanspruchten Waren sind solche, die typischerweise in Supermärkten oder Drogerien vertrieben werden, nämlich ‚Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernung- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmitteln‘ (Drogerieabteilung im Supermarkt), ‚Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere‘ (ebenfalls Drogerieabteilung); ‚Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken‘ (Getränkeabteilung), ‚Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)‘ (Getränkeabteilung).

19. Der Verbraucher sucht die Waren in erster Linie visuell aus dem Regal aus und unterzieht sie einer visuellen Prüfung.

20. Er wird bei Wahrnehmung des angemeldeten Zeichens davon ausgehen, dass es sich lediglich um ein dekoratives Beiwerk, um ein maschinenlesbares Zeichen oder um ein Warensicherungsetikett handelt. Warensicherungsetiketten werden gemeinhin auf einer Vielzahl von Waren verwendet und enthalten ebenfalls einen Kreis oder ein Viereck in der Mitte, der [oder das] mit dem äußeren Rand verbunden ist …“

Am Ende von Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer zwei „Sicherungsetiketten“ und daneben die angemeldete Marke wiedergegeben.

Auf der Grundlage dieser Erwägungen ist sie in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung zu folgendem Ergebnis gelangt:

„Ein Zeichen, das aus einer einfachen geometrischen Form wie der im vorliegenden Fall besteht, kann eine solche Unterscheidungsfunktion für die hier beanspruchten Waren nicht erfüllen. Wegen seiner Einfachheit wird die Form den angesprochenen Verkehrskreisen keine eindeutige Aussage vermitteln, und diese werden annehmen, dass es sich um ein mit den Waren im Zusammenhang stehendes Etikett, eine Dekoration oder eine ästhetischen Zwecken dienende Verzierung handelt, nicht aber um einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen … Das angemeldete Zeichen wird, ebenso wie ein banaler Kreis oder ein Rechteck, nur als solches und nicht als Marke wahrgenommen werden. Die bloße Verschmelzung derart banaler Formen zu der vorliegenden angemeldeten ebenfalls banalen Form ist für die beanspruchten Waren nicht unterscheidungskräftig. Es enthält keinerlei Elemente, aufgrund derer der Verbraucher es als Herkunftshinweis (wieder-)erkennen könnte.“

Die Beschwerdekammer hat anschließend das Vorbringen der Klägerin zur Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke geprüft und verworfen (Rn. 22 bis 27 der angefochtenen Entscheidung).

Sie gelangte daher zu dem Schluss, dass der Prüfer die Anmeldung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen habe und dass die bei ihr anhängige Beschwerde der Klägerin zurückzuweisen sei (Rn. 28 der angefochtenen Entscheidung).

Die Klägerin stellt die oben in Rn. 18 angeführte Rechtsprechung, wonach ein Zeichen, das aus einer geometrischen Grundfigur besteht, nicht hinreichend unterscheidungskräftig ist, um eine Eintragung als Gemeinschaftsmarke zuzulassen, nicht in Frage. Sie macht jedoch geltend, dass die Stellen des HABM zu Unrecht angenommen hätten, das angemeldete Zeichen bestehe in einer einfachen geometrischen Form. Insoweit trägt sie im Wesentlichen dieselben Argumente vor, die die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung bereits geprüft und verworfen hat.

Zunächst führt sie aus, dass der Umstand, dass ein Grafikdesigner das Zeichen entwickelt habe, ein Indiz dafür sei, dass es sich nicht um eine einfache geometrische Form handele. In dem angemeldeten Zeichen liege eine hohe schöpferische Leistung, die zudem Urheberrechte begründe.

Dieses Vorbringen ist von der Beschwerdekammer in Rn. 26 der angefochtenen Entscheidung zu Recht zurückgewiesen worden. Wie die Beschwerdekammer im Wesentlichen festgestellt hat, ist es für die Beurteilung der Unterscheidungskraft des Zeichens unerheblich, dass es von einem Grafikdesigner entworfen wurde.

Ein professioneller Grafikdesigner kann ein Zeichen zu dem Zweck entwerfen, dass es als Hinweis auf die betriebliche Herkunft einer Ware oder Dienstleistung dient, oder auch zu anderen Zwecken. Allein daraus, dass das hier in Rede stehende Zeichen von einem Grafikdesigner entworfen wurde, lässt sich demnach nicht schließen, dass es unterscheidungskräftig ist, ja nicht einmal, dass es zu diesem Zweck entworfen wurde.

Das Vorbringen zur hohen schöpferischen Leistung, die in dem angemeldeten Zeichen stecke, und zu seinem urheberrechtlichen Schutz ist für die Frage, ob diesem Zeichen Unterscheidungskraft im Sinne des Markenrechts zuzuerkennen ist, unerheblich. Nach der Rechtsprechung ist nämlich der originelle oder schöpferische Aspekt eines Zeichens nicht – wie bei einem urheberrechtlich geschützten Werk – als solcher, sondern im Hinblick darauf zu beurteilen, wie er sich auf die Wahrnehmung der Unterscheidungskraft dieses Zeichens durch die maßgeblichen Verkehrskreise auswirkt (Urteil von 6. Juni 2013, Interroll/HABM [Inspired by efficiency], T‑126/12, EU:T:2013:303, Rn. 23).

Sodann macht die Klägerin geltend, das in Rede stehende Zeichen stelle eine in höchstem Maße stilisierte Form des Buchstabens Omega dar. Sie trägt verschiedene Argumente dafür vor, dass sich bei Betrachtung der angemeldeten Marke der Buchstabe Omega erkennen lasse. Die Stellen des HABM hätten zu Unrecht angenommen, dass das angemeldete Zeichen lediglich aus einem mit einem Quadrat verbundenen Kreis bestehe.

Die Klägerin führt u. a. aus, dass sich, wenn man der gedanklichen Linie folge, die unten links beginne, am Fuße des Zeichens nach rechts verlaufe, durch den Einschnitt in den Quader zum Kreis gelange, durch das Kreisrund führe und zurück durch den Einschnitt und dann weiter waagrecht nach rechts an der unteren Kante des Quadrats bis zum Ende verlaufe, der Buchstabe Omega zeige.

Die Stilisierung des Buchstabens Omega, der die angemeldete Marke charakterisiere, liege darin, dass der Bereich dieses Buchstabens, der sich oberhalb seiner Schriftlinie befinde, geschwärzt, der Bereich darunter dagegen weiß sei.

Die Klägerin räumt ein, dass das angemeldete Zeichen, wenn es nur aus einem Quadrat und einem zentriert darin befindlichen Kreis bestünde, noch keine Unterscheidungskraft hätte. Seine Unterscheidungskraft ergebe sich jedoch aus dem weißen Rechteck, das sich unter dem Kreis befinde. Dieses Rechteck stelle den „Stiel“ des Buchstabens Omega dar. Der Stiel überrasche und errege beim Betrachter die notwendige Aufmerksamkeit, die die angemeldete Marke unterscheidungskräftig mache.

Der Umstand, dass das angemeldete Zeichen aus einer Zusammenfügung mehrerer einfacher geometrischer Formen bestehe, genüge somit, um im vorliegenden Fall die Heranziehung der oben in Rn. 18 angeführten Rechtsprechung auszuschließen.

Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die Beschwerdekammer in Rn. 22 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass „dem angemeldeten Zeichen … die Omega Form nicht entnommen werden [kann]“. Ihrer Ansicht nach „[fehlt e]s … insbesondere an den charakteristischen Füßen des Buchstabens“.

Die Klägerin erwidert, dass sich, wenn man das in Rede stehende Zeichen in der oben in Rn. 37 beschriebenen Weise prüfe, die Füße des Buchstabens Omega, die durch die senkrechten Linien links und rechts am Rechteck gebildet würden, zeigten.

Zudem sei für den Buchstaben Omega die Kreisform mit der unten liegenden Aussparung und den davon ausgehenden waagrechten Linien als „Standfläche“ des Buchstabens Omega charakteristisch. Diese Charakteristik finde sich im fraglichen Zeichen ohne Weiteres wieder.

Das Vorbringen der Klägerin überzeugt nicht.

Es ist zwar richtig, dass man in dem fraglichen Zeichen eine sehr stilisierte Form des Buchstabens Omega des griechischen Alphabets sehen kann, wenn man es auf die vorgeschlagene Weise prüft.

Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist jedoch die spontane Reaktion der maßgeblichen Verkehrskreise ausschlaggebend, die das in Rede stehende Zeichen betrachten, ohne zuvor einen Hinweis darauf erhalten zu haben, wie es zu prüfen ist oder welches Bild es darstellen soll.

Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass es im Zusammenhang mit der Beurteilung der Frage, ob bei zwei einander gegenüberstehenden Marken die Gefahr einer Verwechslung besteht, ständiger Rechtsprechung entspricht, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg, EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Dies gilt umso mehr für die Beurteilung der etwaigen Unterscheidungskraft eines Zeichens. Wenn nämlich der Durchschnittsverbraucher schon bei einer Marke, die definitionsgemäß einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft einer Ware oder einer Dienstleistung bildet und, anders ausgedrückt, unterscheidungskräftig ist, nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet, wird er sicherlich keine genaue Prüfung eines Zeichens vornehmen, von dem nicht einmal feststeht, dass es Unterscheidungskraft besitzt.

In Anbetracht auch dieser Erwägung hat die Beschwerdekammer keinen Fehler begangen, als sie im Wesentlichen festgestellt hat, dass der Durchschnittsverbraucher, der im Allgemeinen nur eine oberflächliche Prüfung des fraglichen Zeichens vornimmt, darin keine stilisierte Darstellung des Buchstabens Omega erkennen wird. Es ist nämlich viel wahrscheinlicher, dass dieser Verbraucher das Zeichen so wahrnehmen wird, wie es die Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung beschrieben hat.

Auch die Ausführungen in Rn. 21 der angefochtenen Entscheidung, denen das Gericht zustimmt, stützen diese Schlussfolgerung.

Dieses Ergebnis wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der von der angemeldeten Marke betroffene Verbraucher „hinsichtlich Nahrungsergänzungsmittel für Menschen oder Tiere in der Klasse 5 … aufmerksamer sein [wird], da diese direkt die Gesundheit … betreffen“ (Rn. 12 der angefochtenen Entscheidung).

Dass die in Rede stehenden Verkehrskreise mehr darauf achten, wer Hersteller oder Anbieter der Waren oder Dienstleistungen ist, die sie erwerben möchten, bedeutet nämlich nicht, dass sie das Zeichen, das sie sehen, bis ins letzte Detail untersuchen (Urteil vom 21. November 2013, Equinix [Germany]/HABM – Acotel [ancotel.], T‑443/12, EU:T:2013:605, Rn. 54).

Auch die übrigen Argumente der Klägerin vermögen dieses Ergebnis nicht in Frage zu stellen.

Die Klägerin macht geltend, der Verbraucher kenne das Zeichen Omega bestens und sei es in allerlei Ausführungen und Stilisierungen gewohnt. Hierfür verweist sie darauf, dass sie sich vor den Stellen des HABM auf verschiedene andere Zeichen berufen habe, die den Buchstaben Omega in stilisierter Form enthielten.

Dabei handelt es sich um insgesamt sechs Zeichen, die in den Rn. 23 und 24 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben sind. Wie die Beschwerdekammer aber zutreffend festgestellt hat, enthalten diese Zeichen neben einer mehr oder weniger stilisierten Form des Buchstabens Omega den Wortbestandteil „Omega“. Demnach können aus diesen Zeichen keine Rückschlüsse auf die Fähigkeit der Verkehrskreise gezogen werden, stilisierte Formen des Buchstabens Omega spontan zu erkennen.

Die Klägerin wendet sich auch gegen die Feststellung der Beschwerdekammer, dass der Durchschnittsverbraucher bei der Wahrnehmung des fraglichen Zeichens davon ausgehen werde, dass es sich um ein maschinenlesbares Zeichen oder um ein Warensicherungsetikett handele (Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung).

Nach Ansicht der Klägerin ist der Durchschnittsverbraucher Barcodes gewohnt, mit denen das angemeldete Zeichen aber nicht vergleichbar sei. Daher werde er in der angemeldeten Marke kein maschinenlesbares Zeichen sehen.

Die angemeldete Marke sei auch nicht mit Sicherungsetiketten vergleichbar. Die in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung abgebildeten Sicherungsetiketten seien vollends unbekannt. Zudem dürften solche Etiketten im Verborgenen angebracht sein, so dass sie einem Verbraucher nicht geläufig seien.

Da das fragliche Zeichen aus einer einfachen und wenig originellen Kombination von geometrischen Grundfiguren besteht, wird es, wie bereits ausgeführt, vom Durchschnittsverbraucher nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der mit ihm gekennzeichneten Waren erkannt, wenn es als Marke verwendet wird. Wie die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt hat, ist es demnach nicht hinreichend unterscheidungskräftig, so dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 seiner Eintragung als Gemeinschaftsmarke entgegensteht.

Hierbei ist es unerheblich, welche Funktion der Durchschnittsverbraucher dem fraglichen Zeichen zuschreiben würde, wenn er es auf einer der beanspruchten Waren sähe. Anders ausgedrückt ist es unerheblich, ob er es in der von der Beschwerdekammer in Rn. 20 der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Weise wahrnehmen würde oder auf eine andere Art. Ausschlaggebend ist, dass er es jedenfalls nicht als Marke wahrnehmen wird.

Auf jeden Fall schließt der Umstand, dass der Verbraucher bestimmte Arten von maschinenlesbaren Zeichen – wie Barcodes – kennt, es nicht aus, dass er davon ausgeht, dass das fragliche Zeichen ein neuer Typ eines solchen Zeichens ist. Dies gilt umso mehr, als das in Rede stehende Zeichen ebenso wie Barcodes aus äußerst einfachen Figuren besteht.

Das Vorbringen der Klägerin zu Sicherungsetiketten (oben in Rn. 58) kann ebenso wenig überzeugen. Die Verbraucher kennen zwar die genauen Formen solcher Etiketten nicht im Detail, wissen jedoch, dass es sie gibt, und zwar vor allem deshalb, weil solche Etiketten einen Alarm auslösen können, wenn sie nicht von den Waren entfernt werden. Gerade weil die Verbraucher die genaue Form solcher Etiketten nicht kennen, könnten sie, wie die Beschwerdekammer zutreffend ausführt, annehmen, dass das angemeldete Zeichen die gleiche Funktion hat wie diese Etiketten.

Schließlich ist festzustellen, dass die Klägerin nichts vorgetragen hat, was die Feststellung der Beschwerdekammer, die Verbraucher könnten das angemeldete Zeichen als reine Dekoration ohne Bedeutung ansehen, entkräften könnte.

Da das gesamte Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen ist, gilt dies auch für ihren einzigen Klagegrund. Die Klage ist somit abzuweisen.

Kosten

Gemäß Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Achte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Omega International GmbH trägt die Kosten.

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Dezember 2015.

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