Zusatzgebühren für Rechnungen in Papierform sind unzulässig

23. Juni 2015
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Recht Hand mit schwarzem Ärmel hebt eine Rechnung Urteil des AG Kassel vom 04.03.2015, Az.: 435 C 4822/14

Eine Klausel in AGB, wonach der Anbieter eines Telekommunikationsdienstes von seinem Kunden Kosten für die Übersendung einer Rechnung in Papierform verlangen darf, wenn der Vertrieb des Unternehmens nicht ausschließlich über elektronische Medien erfolgt, ist unwirksam.

Amtsgericht Kassel

Urteil vom 04.03.2015

Az.: 435 C 4822/14

Tenor

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts … vom 08.10.2014 – … – wird aufrechterhalten, soweit der Beklagte zur Zahlung von 155,09 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10.09.2014 sowie weiteren 24,40 € verurteilt ist. Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Vorab fallen dem Beklagten die Säumniskosten zur Last. Von den weiteren Kosten des Rechtsstreits haben der Beklagte 69 % und die Klägerin 31 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung wird gem. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Nach dem als zugestanden anzusehenden Sachverhalt ist die Klage aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Telekommunikationsdienstleistungsvertrages überwiegend begründet.

Unschlüssig ist die Klage indes, soweit die Klägerin Kosten für Überweisungen und Rechnungen in Papierform von insgesamt 17,00 € brutto begehrt (in drei Rechnungen jeweils 3,3613 € netto und in zwei weiteren Rechnungen jeweils 2,1008 € netto zuzügl. 19 % USt). Die Kosten für die Übersendung einer Rechnung in Papierform können nicht verlangt werden, wenn – wie hier – der Vertrieb der Dienstleistung nicht ausschließlich über elektronische Medien erfolgt. Dann sind entsprechende AGB-Klauseln wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (BGH MDR 2014, 1375). Kosten für Überweisungen können bereits deswegen nicht verlangt werden, weil solche bereits nach dem Klagevorbringen gar nicht angefallen sein können, da der Beklagte ja gerade keine Zahlungen erbracht hat. Somit bedarf es keiner Entscheidung, ob die entsprechende Klausel in der Preisliste der Klägerin nicht ebenfalls gegen AGB-Recht verstößt. Letzteres liegt nahe, weil es sich bei der Überweisung nach wie vor um einen gängigen Zahlungsweg handelt, so dass insoweit eine unangemessene Benachteiligung vorliegen dürfte, § 307 Abs. 1 BGB. Eine Pflicht zur Erteilung von Einziehungsermächtigungen kann weder aus Treu und Glauben noch aus gesetzlichen Regelungen abgeleitet werden.

Der Beklagte ist dem Klagevorbringen im Übrigen nicht entgegengetreten, auch nicht innerhalb der verlängerten Klageerwiderungsfrist.

Der Zinsanspruch ist gem. §§ 280, 286, 288 BGB begründet.

Für die vorgetragenen Mahnschreiben können weitere 5,00 € als Verzugsschadensersatz verlangt werden, §§ 286 BGB, 287 ZPO, entsprechend die Auskunftskosten in Höhe von 1,40 €.

Inkassokosten, die nach Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes entstanden sind, können als Verzugsschadensersatz gegenüber der beklagten Partei im Hinblick auf die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB grundsätzlich nur in Höhe der Kosten beansprucht werden, die bei vorgerichtlicher Beauftragung eines Rechtsanwalts angefallen wären. Zugrunde zu legen ist für die Berechnung eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2302 VV RVG, denn die durch Schuldnerverzug veranlasste zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entfaltete Tätigkeit des Inkassobüros ist auf Tätigkeiten gerichtet, die in diesem Gebührentatbestand beschrieben sind, nämlich auf Mahnschreiben einfacher Art, d. h. Schreiben ohne schwierige rechtliche Ausführungen und ohne größere sachliche Auseinandersetzungen. Höherwertige Tätigkeiten, die gem. Nr. 2300 VV RVG abgerechnet werden könnten, sind nicht dargelegt.

Bei dem gegebenen Streitwert beträgt die nach Aktenlage demnach erstattungsfähige, auf die Verfahrensgebühr gem. Nr. 3100 VV RVG nicht anzurechnende Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 VV RVG (vgl. LG Kassel 1 S 104/09) nebst ungekürzter Auslagen 18,00 € netto. In Höhe des darüber hinaus geforderten weiteren Betrages von 22,05 € war deswegen der Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Soweit die Klage im Übrigen teilweise zurückgenommen worden ist, hat die Teilaufhebung des Vollstreckungsbescheides und Klageabweisung lediglich klarstellenden Charakter.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

BeschlussDer Streitwert wird auf 223,84 € festgesetzt.

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