Bezeichnung „Kompetenzcenter“ für Fremd-Produkte kann unzulässig sein

22. Mai 2015
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Feinmechanik-Maschine mit Metallspänen Urteil des OLG Köln vom 04.07.2014, Az.: 6 U 21/14

Wirbt ein Unternehmen mit der Bezeichnung „Kompetenzcenter“ für namentlich genannte Produkte eines Dritten, so kann diese Werbung den Eindruck erwecken, zwischen dem Werbenden und dem Dritten bestehe eine besondere Beziehung. Besteht eine solche tatsächlich jedoch nicht, so ist die Werbung unzulässig. Wird im Rahmen dieser Werbung auf eine 20-jährige Berufserfahrung der Kollegen im Umgang mit den Produkten verwiesen, so ist auch diese Aussage irreführend, wenn die Mitarbeiter hinsichtlich dieser Produkte tatsächlich nicht über eine entsprechend lange Berufserfahrung verfügen.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 04.07.2014

Az.: 6 U 21/14

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung ihres weitergehenden Rechtsmittels das am 14. Januar 2014 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 84 O 198/13 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an der Geschäftsführerin der L-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
die Bezeichnung
„Kompetenzcenter für D-Spindeln“
im Zusammenhang mit Dienstleistungen der Reparatur und Wartung von Spindeln zu verwenden oder verwenden zu lassen, wenn dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:
„Bild/Grafik nur in Originalentscheidung ersichtlich.“
II. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft an der Geschäftsführerin der L-GmbH der Beklagten zu vollziehen ist, zu unterlassen,
Dienstleistungen der Reparatur und Wartung von Spindeln mit der Aussage:
„Mit über 20 Jahren Berufserfahrung bieten unsere Kollegen ausreichende Erfahrung für die komplexen Spindeln und Systeme aus dem Hause D“
zu bewerben oder bewerben zu lassen, wenn dies geschieht wie in dem unter I. eingeblendeten Schreiben.
III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend unter I. und II. beschriebenen Handlungen vorgenommen hat, und zwar unter Angabe der Art, Anzahl und Adressaten der mit den unter I. und II. genannten Zeichen und Texte versehenen Werbeträgern sowie des Zeitraums und das Verbreitungsgebiet.
IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I. und II.  beschriebenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.
V. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 674,95 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. 7. 2013 zu zahlen.
VI. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
VII. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 8 % und die Beklagte zu 92 %.
VIII. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.
Die Höhe der Sicherheit beträgt:
Unterlassungsantrag zu I.:               60.000 EUR,
Unterlassungsantrag zu II.:               40.000 EUR,
Auskunft:                                                           5.000 EUR,
im Übrigen für den Vollstreckungsgläubiger 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages, für den Vollstreckungsschuldner 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages.
IX. Die Revision wird nicht zugelassen

Entscheidungsgründe

(anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO)

I.

Die Klägerin stellt Maschinen und Ersatzteile her und repariert und wartet diese. Unter anderem gehören zu ihrem Sortiment Spindeln, bei denen es sich um Maschinenelemente handelt, die einerseits zusammen mit anderen Elementen eine drehende Bewegung in eine translatorische Bewegung umwandeln (Gewindespindeln), andererseits Hauptwellen einer Werkzeugmaschine, an der Werkstücke oder Werkzeuge befestigt werden (Hauptspindel, Werkzeugspindel, Motorspindel). Sie firmiert seit 1983 unter D Zylindertechnik GmbH, nutzt seither die geschäftliche Bezeichnung D und ist Inhaberin zweier deutscher und einer Gemeinschafts-Wortbildmarke „D“, auf die sie sich jedoch im vorliegenden Rechtsstreit nicht stützt. Die Beklagte, die unter der Bezeichnung „P“ auftritt, befasst sich mit der Reparatur und dem Verkauf von hochwertigen Spindeln aus Maschinen und Motoren. Sie hat sich unter anderem auf die Reparatur und Wartung von Spindeln der Klägerin spezialisiert. Im Juni 2013 versandte sie das in den Tenor unter I. eingeblendete Werbeschreiben (Anlage K 7, Bl. 40 d. A.).

Die Klägerin hat in der Aussage „Kompetenzcenter für D-Spindeln“ in erster Linie eine Verletzung ihres Unternehmenskennzeichens „D“ gesehen, hilfsweise eine unzulässige vergleichende Werbung im Sinn der §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Ferner hat sie die Aussage in dem Schreiben:

„Mit über 20 Jahren Berufserfahrung bieten unsere Kollegen ausreichende Erfahrung für die komplexen Spindeln und Systeme aus dem Hause D“

als irreführend im Sinn der §§ 3, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG beanstandet. Tatsächlich wären zwar bei der Beklagten zwei ihrer ehemaligen Monteure beschäftigt, diese würden aber jeweils über nicht mehr als zehn Jahre Erfahrung mit den Produkten der Klägerin verfügen. Es sei in der Vergangenheit auch bereits zu einer Verwechslung gekommen, da eine Kundin der Klägerin irrtümlich die Beklagte mit Reparaturarbeiten beauftragt habe.

Nachdem sie die Beklagte mit Schreiben vom 13. 6. 2013 (Anlage K 8, Bl. 41 ff. d. A.) erfolglos abgemahnt hatte, begehrt die Klägerin mit der vorliegenden Klage Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung sowie Ersatz der Abmahnkosten, berechnet nach einem Streitwert von 100.000,00 EUR sowie einer 0,65 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale.

Die Klägerin hat beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, es in der Bundesrepublik Deutschland bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an ihrer Geschäftsführung, zu unterlassen,

die Bezeichnung

„Kompetenzcenter für D-Spindeln“

im Zusammenhang mit Dienstleistungen der Reparatur und Wartung von Spindeln zu verwenden oder verwenden zu lassen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft bei der Beklagten an ihrer Geschäftsführerin zu vollziehen ist, zu unterlassen,

Dienstleistungen der Reparatur und Wartung von Spindeln mit der Aussage

„Mit über 20 Jahren Berufserfahrung bieten unsere Kollegen ausreichende Erfahrung für die komplexen Spindeln und Systeme aus dem Hause D.“

zu bewerben oder bewerben zu lassen.

III. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte die vorstehend unter I. und II. beschriebenen Handlungen vorgenommen hat, und zwar unter Angabe der Art, Anzahl und Adressaten der mit den unter I. und II. genannten Zeichen und Texte versehenen Werbeträgern, sowie des Zeitraums und des Verbreitungsgebiets.

IV. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die in Ziffer I. und II. beschriebenen Handlungen entstanden ist und künftig entstehen wird.

V. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.073,25 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 9. 7. 2013 zu zahlen.

Hilfsweise hat die Klägerin die Anträge zu I. und II. in der Form gestellt, dass eingefügt werde „wenn das geschieht wie in der Anlage K 7 wiedergegeben“.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Aussage „Kompetenzcenter für D Spindeln“ sei gemäß § 23 Nr. 3 MarkenG zulässig. Die Bezeichnung „D“ werde als Hinweis darauf verwendet, dass Dienstleistungen für „D“-Produkte angeboten würden. Konkret würden mit der Rubrik-Überschrift die speziellen Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Reparatur von Spindeln aus Maschinen der Klägerin beworben. Die rein beschreibende Benutzung des Zeichens „D“ als Hinweis auf die Reparatur- und Servicedienstleistungen sei notwendig, da die Beklagte nur hierdurch auf ihre diesbezügliche Spezialisierung hinweisen könne. Der Eindruck einer wirtschaftlichen Verbindung zwischen dem Unternehmen der Klägerin und dem Unternehmen der Beklagten würde nicht erweckt. Die Angabe, dass ihre Mitarbeiter über eine mehr als 20jährige Berufserfahrung verfügten, sei zutreffend und daher wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Insgesamt drei ihrer (namentlich benannten) Mitarbeiter verfügten über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen Teil der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, in der Bezeichnung „Kompetenzcenter für D Spindeln“ liege eine unzulässige Verwendung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin. Die Beklagte könne sich nicht auf § 23 Nr. 3 MarkenG stützen, da die Bezeichnung „Kompetenzcenter“ auf ihr Unternehmen als solches bezogen würde und so der Eindruck entstehen würde, sie sei von der Klägerin autorisiert. Die zweite angegriffene Aussage sei irreführend, da sie den Eindruck erwecke, Mitarbeiter der Beklagten würden über eine 20jährige Berufserfahrung gerade mit den Produkten der Klägerin verfügen, was unstreitig nicht der Fall sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der vollständigen Klageabweisung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen. Darüber hinaus beanstandet sie, dass bezogen auf die Irreführung Auskunfts- und Schadensersatzansprüche ausscheiden würden. Ferner habe das Landgericht nicht berücksichtigt, dass der Abmahnung nicht alle eingeklagten Ansprüche zugrundegelegen hätten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Soweit sie erstinstanzlich den mit dem Klageantrag zu I. geltend gemachten Unterlassungsanspruch hilfsweise auch auf §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG gestützt hat, hat sie diesen Hilfsantrag im Berufungsverfahren fallengelassen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache weitgehend ohne Erfolg.

1. a) Der Klägerin steht der mit dem Antrag zu I. geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG dem Grunde nach zu. Zutreffend, und von der Beklagten nicht beanstandet, hat das Landgericht festgestellt, dass es sich bei der Bezeichnung „D“ um ein zumindest durchschnittlich kennzeichnungskräftiges Unternehmenskennzeichen der Klägerin im Sinn des § 5 Abs. 2 MarkenG handelt, das von der Beklagten zur Bewerbung ihrer eigenen Dienstleistungen identisch eingesetzt werde. Streitig ist zwischen den Parteien allein die Frage, ob diese Form der Benutzung gemäß § 23 Nr. 3 MarkenG zulässig ist.

b) Nach § 23 Nr. 3 MarkenG hat der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr diese Bezeichnung als Hinweis auf die Bestimmung einer Ware, insbesondere als Zubehör oder Ersatzteil, oder einer Dienstleistung zu benutzen, soweit die Benutzung dafür notwendig ist und nicht gegen die guten Sitten verstößt. Notwendig ist die Benutzung dann, wenn die Information über den Zweck der Dienstleistung anders nicht sinnvoll übermittelt werden kann (EuGH, EuZW 1999, 244 Tz. 60 – BMW/Deenik; BGH, GRUR 2011, 1135 Tz. 20 – GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE). Auch die Klägerin bezweifelt nicht, dass die Benutzung ihres Kennzeichens „D“ für die Information über die Dienstleistung der Beklagten – Wartung und Reparatur der von der Klägerin hergestellten Spindeln – notwendig ist.

Jedenfalls in der Form, in der die Beklagte das Zeichen in dem Schreiben Anlage K 7 verwendet hat, verstößt die Benutzung jedoch gegen die guten Sitten im Sinn des § 23 MarkenG. Das Merkmal der guten Sitten im Sinn des § 23 MarkenG entspricht inhaltlich dem in Art. 6 Abs. 1 MarkenRL verwendeten Begriff der anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel. Der Sache nach darf der Dritte den berechtigten Interessen des Zeicheninhabers nicht in unlauterer Weise zuwiderhandeln. Derjenige, der sich auf die privilegierte Benutzung beruft, muss alles getan haben, um eine Beeinträchtigung der Interessen des Zeicheninhabers zu vermeiden. Hierfür ist eine Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls erforderlich (BGH, GRUR 2011, 1135 Tz. 23 – GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 23 Rn. 15). Insbesondere darf nicht wahrheitswidrig der Eindruck einer Handelsbeziehung zwischen Werbendem und Zeicheninhaber erweckt werden, wie einer Zugehörigkeit zum Vertriebsnetz des Markeninhabers oder einer sonstigen besonderen Beziehung (EuGH, EuZW 1999, 244 Tz. 51 f. – BMW/Deenik; GRUR 2005, 509 Tz. 42 – Gillette Company/LA-Laboratories; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 23 Rn. 121, Hacker, in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. 2012, § 23 Rn. 101).

Durch die besonders hervorgehobene Werbung der Beklagten als „Kompetenzcenter für D-Spindeln“ wird der Eindruck einer solchen besonderen Beziehung zwischen den Parteien erweckt. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass die Beklagte in der beanstandeten Werbung zwar auch die Kennzeichen anderer Unternehmen nennt, aber sich nur in Bezug auf die Klägerin als „Kompetenzcenter“ bezeichnet. Dies ist geeignet, bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck zu erwecken, zwischen den Parteien würden „besondere Beziehungen“ im Sinn der zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bestehen. Jedenfalls relevante Teile der angesprochenen Verkehrskreise können diese Werbung dahingehend verstehen, die Beklagte sei von der Klägerin (im Gegensatz zu den anderen, in dem Schreiben genannten Herstellern) in besonderer Weise autorisiert, ihre Produkte zu warten und zu reparieren, etwa im Sinne einer Vertragswerkstatt der Klägerin. Verstärkt wird der Eindruck noch durch den danebenstehenden Hinweis auf die Berufserfahrung der Mitarbeiter der Beklagten, der – wie noch unter 2.) zu erörtern sein wird – vom angesprochenen Verkehr dahingehend verstanden werden kann, diese Berufserfahrung beziehe sich gerade auf die Produkte der Klägerin. Dieser irreführende Eindruck genügt, um auch die gesteigerten Anforderungen an die Annahme eines Verstoßes gegen die guten Sitten zu erfüllen, die bei der notwendigen Verwendung eines fremden Zeichens zur Bewerbung eigener Leistungen vorliegen müssen (vgl. BGH, GRUR 2005, 423, 425 – Staubsaugerfiltertüten).

Zwischen den Bezeichnungen „D Kompetenzcenter“, deren Benutzung der Beklagten im Rahmen eines vorangegangenen Rechtsstreits zwischen den Parteien untersagt worden ist, und „Kompetenzcenter für D-Spindeln“ besteht insoweit kein Unterschied. Auf die allgemeine Bedeutung des Ausdrucks „Center“ (vgl. dazu Bornkamm, in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 5 Rn. 5.45) kommt es nicht an, da hier die besondere Beziehung zur Klägerin im Vordergrund steht und nicht die Größe des Unternehmens. Auch der Bedeutungsgehalt, den der Ausdruck Kompetenzcenter in anderen Zusammenhängen hat, ist aus diesem Grund unerheblich. Maßgeblich ist allein, dass er in der Form, in der er in dem Werbeschreiben vom Juni 2013 verwendet worden ist, geeignet ist, den Eindruck einer „besonderen Beziehung“ zwischen der Beklagten und der Klägerin zu erwecken.

Die Entscheidung des BGH (GRUR 2005, 423 – Staubsaugerfiltertüten), auf die sich die Beklagte beruft, steht dieser Bewertung nicht entgegen, da dort aufgrund der Gestaltung der beanstandeten Werbung eindeutig war, dass die dortige Beklagte unter ihrem eigenen Namen Zubehör für die Produkte des Markeninhabers vertrieb (a. a. O. S. 426 f.) und daher gerade nicht den Eindruck einer „besonderen Beziehung“ hervorrief. Der Verstoß gegen die guten Sitten besteht im vorliegenden Fall nicht allein darin, dass das Zeichen der Klägerin von der Beklagten besonders aus dem Text hervorgehoben worden ist. Hierin unterscheidet sich der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt auch von der Gestaltung, die das OLG Frankfurt nach dem Vortrag der Beklagten in einem Parallelverfahren zu beurteilen hatte.

b) Vor diesem Hintergrund kann die Klägerin der Beklagten allerdings nicht generell die Verwendung des Ausdrucks „Kompetenzcenter für D-Spindeln“ verbieten lassen. Da es im Rahmen der Prüfung des § 23 MarkenG immer auf die Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles ankommt, sind Gestaltungen denkbar, in denen diese Aussage nicht geeignet ist, den Eindruck einer „besonderen Beziehung“ zwischen den Parteien hervorzurufen. Das vom Landgericht ausgesprochene allgemeine Verbot war daher entsprechend dem Hilfsantrag der Klägerin auf die konkrete Verletzungsform in Gestalt des Werbeschreibens vom Juni 2013 (Anlage K 7) zu reduzieren.

2. a) Auch der mit dem Antrag zu II. geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Klägerin aus §§ 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG gegenüber der Aussage, wie sie in dem Schreiben gemäß Anlage K 7 gemacht worden ist, dem Grunde nach zu. Mit zutreffender Begründung, auf die der Senat zustimmend verweist, hat das Landgericht angenommen, dass jedenfalls wesentliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise die Aussage dahingehend verstehen werden, dass die Mitarbeiter der Beklagten über 20jährige Erfahrung im Umgang gerade mit den Produkten der Klägerin verfügen, was unstreitig nicht der Fall ist. Neben dem Hinweis auf die besondere Komplexität der Produkte der Klägerin in der beanstandeten Aussage folgt dies auch noch aus der räumlichen Nähe zu der Werbung der Beklagten mit der Bezeichnung „Kompetenzcenter für D-Spindeln“. Die Klägerin hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beklagte in anderem Zusammenhang selber vorgetragen hat, sie habe sich „in die Besonderheit der klägerischen Spindelsysteme eingearbeitet und auch ihre technischen Einrichtungen an die Reparatur der klägerischen Spindelsysteme angepasst“ (Schriftsatz vom 28. 8. 2013, S. 2 = Bl. 64 d. A.). Dies zeigt, dass die spezielle Erfahrung im Umgang gerade mit den Produkten der Klägerin auch von der Beklagten als Wettbewerbsvorteil verstanden wird. Ob und in welchem Umfang ihre Mitarbeiter über diese spezielle Erfahrung verfügen, ist daher für die angesprochenen Verkehrskreise bei ihrer Entscheidung, ob sie der Beklagten Aufträge erteilen, von Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist auch die wettbewerbliche Relevanz der Irreführung unproblematisch zu bejahen.

Soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, dass sich die Werbung an Fachkreise richtet, steht dies ihrer Bewertung als irreführend aufgrund der eigenen Sachkunde sowohl der Mitglieder der erkennenden Kammer des Landgerichts als auch des Senats nicht entgegen. Für die Beurteilung dieser Aussage kommt es nicht auf die besonderen technischen Fachkenntnisse und Erfahrungen der angesprochenen Fachkreise an, sondern auf ihr allgemeines sprachliches Verständnis. Diese Bewertung ist dem Gericht auch dann möglich, wenn seine Mitglieder von der zu beurteilenden Werbung nicht selber angesprochen werden (BGH, GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft).

Auch die Abwägung der Interessen der Parteien führt zu keinem anderen Ergebnis. Es ist kein schützenswertes Interesse der Beklagten erkennbar, die Aussage mit ihrem irreführenden Gehalt zu verwenden. Es sind zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten denkbar, mit denen die Beklagte auf die Berufserfahrung ihrer Mitarbeiter hinweisen kann, ohne dass dadurch der Eindruck hervorgerufen wird, diese Erfahrung beziehe sich gerade auf die Produkte der Klägerin.

b) Auch hier gilt allerdings, dass die Aussage nur in der Gestalt der konkreten Verletzungsform untersagt werden kann. Es lässt sich ohne weiteres ein Textzusammenhang vorstellen, in dem die angesprochene Fehlvorstellung beseitigt wird. Auch der Antrag zu II. ist daher nur in Gestalt des auf die Anlage K 7 bezogenen Hilfsantrages begründet.

3. Der Einwand der Beklagten, im Fall einer wettbewerbswidrigen Irreführung bestünden keine Auskunfts- und Schadensersatzansprüche, trifft nicht zu. Gläubiger des Schadensersatzanspruchs aus § 9 S. 1 UWG sind die Mitbewerber; dies gilt auch im Fall der irreführenden Werbung (Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 6. Aufl. 2014, § 9 Rn. 23). Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2001, 841 – Entfernung der Herstellungsnummern) betrifft den Vertrieb von Produkten außerhalb eines selektiven Vertriebssystems, bei dem der Anspruchsteller ausschließlich einen Marktverwirrungsschaden geltend gemacht, aber nicht schlüssig begründet hatte (a. a. O. S. 845).

Für den hier zu beurteilenden Fall ist ohne weiteres vorstellbar, dass ein Kunde, der durch die beanstandete Werbung – und zwar im Hinblick entweder auf beide beanstandeten Angaben oder auch nur eine von ihnen – irregeführt worden ist, der Beklagten anstelle der Klägerin einen Auftrag erteilt hat. In diesem Fall wäre der Klägerin ein Schaden – zumindest – in Gestalt entgangenen Gewinns entstanden; die Klägerin hat einen entsprechenden konkreten Sachverhalt erstinstanzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt. Der vom Landgericht zuerkannte Anspruch auf Auskunft besteht daher; ebensowenig bestehen Bedenken gegen die Feststellung der Schadensersatzpflicht dem Grunde nach.

4. Dem Grunde nach hat das Landgericht auch den Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten rechtsfehlerfrei zuerkannt. Zutreffend ist, dass es sich dabei in erster Linie um einen Anspruch auf Freistellung handelt. Dieser ist jedoch sofort fällig, und insbesondere nicht von der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs der Prozessbevollmächtigten der Klägerin gegen ihre Mandantin abhängig. Durch die endgültige Zahlungsverweigerung des Anspruchsgegners, die spätestens im Antrag auf Klageabweisung liegt, wandelt er sich in einen Zahlungsanspruch um (BGH, GRUR 2013, 925 Tz. 59 – VOODOO; Senat, WRP 2009, 1290, 1295 f. – AQUA CLEAN KOI; OLG Hamm, GRUR-RR 2014, 133).

Berechtigt ist dagegen der Einwand der Beklagten, dass der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten nur in geringerer Höhe entstanden ist. Das Landgericht hat ihn auf der Grundlage einer 0,65 Gebühr (da die Klägerin nur die hälftige Gebühr geltend gemacht hat) aus einem Gegenstandswert von 100.000 EUR errechnet. Zutreffend ist, dass in der Abmahnung vom 13. 6. 2013 (Bl. 41 d. A.) die Klägerin ausschließlich die Aussage „Kompetenzcenter für D Spindeln“ beanstandet hat, sie also nur den Anspruch betraf, den die Klägerin mit dem Klageantrag zu I. geltend gemacht hat.

Der vom Landgericht mit 120.000 EUR in der Summe zutreffend festgesetzte Streitwert ist wie folgt auf die einzelnen Ansprüche aufzuteilen:

Unterlassungsantrag zu I.:                            60.000 EUR

Unterlassungsantrag zu II.:                           40.000 EUR

Auskunftsanspruch:                                        5.000 EUR

Schadensersatzanspruch:                             15.000 EUR.

Die Kosten der Abmahnung können daher nur nach einem Gegenstandswert von 60.000 EUR geltend gemacht werden. Für die Reduzierung der Unterlassungsansprüche auf die konkrete Verletzungsform ist ein Abschlag von 10 % vorzunehmen. Da die Abmahnung nicht auf die konkrete Verletzungsform beschränkt war, sind die Kosten anteilig entsprechend zu reduzieren (vgl. BGH, GRUR 2012, 949 Rn. 49 – Missbräuchliche Vertragsstrafe).
Danach ergibt sich folgende Berechnung:
0,65 Geschäftsgebühr aus 60.000 EUR    729,95
Auslagenpauschale    20,00
./. 10% wegen fehlender Beschränkung    -75,00
Summe    674,95

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. § 92 Abs. 2 ZPO war nicht anwendbar, da infolge des Kostensprungs bei 110.000 EUR die Zuvielforderung der Klägerin Mehrkosten ausgelöst hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die maßgeblichen Rechtsfragen sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung außer Streit. Im Übrigen beruht die Entscheidung auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Klägerin vom 23. Juni 2014 gibt keinen Anlass zu abweichender Beurteilung.

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