Keine namentliche Veröffentlichung eines „Falschgutachtens“

18. September 2009
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Eigener Leitsatz:

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird verletzt, wenn über einen Gutachter auf einer Internetseite so berichtet wird, dass sich der Eindruck aufdrängt, er erstelle falsche Gutachten bzw. sei unseriös. Das im privaten Auftrag erstellte Gutachten ist vom Gutachter selbst nicht in die Öffentlichkeit gegeben worden. Es ist ein geschütztes Interesse Aufklärungsarbeit zu leisten. Jedoch steht es gegen den Anspruch auf Anonymität zurück, wenn das Gutachten vor 7 Jahre geschrieben wurde und es ein Einzelfall ist.

Landgericht Hamburg

Urteil vom 05.08.2009

Az.: 325 O 9/09

Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 Euro, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) und zu vollziehen am Stiftungsvorstand, zu unterlassen,

auf den unter falschgutachter.info erreichbaren Internet-Seiten den Kläger namentlich und/oder identifizierbar zu nennen und/oder nennen zu lassen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen des Unterlassungsanspruchs gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000 Euro und wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
Der Kläger ist Zahnarzt und als Gutachter tätig.

Die Beklagte ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts. Sie betreibt die Internet-Seiten falschgutachter.info.

Auf den Internet-Seiten der Beklagten veröffentlicht diese eine Liste mit Fällen von Gutachten, die sie für kritikwürdig hält. Dabei nennt die Beklagte auch die Namen der Verfasser der Gutachten.

Der Kläger fertigte 2002 im privaten Auftrag ein Gutachten in einem Fall, in dem einer Patientin ein Implantat im Frontzahnbereich eingesetzt worden war. Es war zu Komplikationen gekommen, die später auch Anlass für gerichtliche Auseinandersetzungen wegen Behandlungsfehlern waren.

Die Beklagte erklärt auf ihren Internet-Seiten, die unter der Überschrift falschgutachter.info stehen, unter „Beweggründe dieser Website“ einleitend:

„Wir sehen es als unsere gesellschaftliche Pflicht an, Opfern von Falschgutachten beiseite zu stehen, diese falschen Gutachten aufzudecken, auf unserer Website zu veröffentlichen und somit dazu beizutragen, dass weitere falsche Gutachten (vor allem von den hier erwähnten Autoren) gar nicht erst zu Stande kommen.

Diese Webseite befasst sich damit, zu verdeutlichen, wie gefährlich es werden kann, wenn Gutachten

– von nicht für den jeweiligen Bereich qualifizierten „Sachverständigen“ durchgeführt werden

– der Sachverständige eigene Interessen am Ausgang der Begutachtung hat

– die Interessen anderer Personen oder der Industrie in das Gutachtenergebnis einfließen.“

Weiter hat die Beklagte auf ihren Internet-Seiten eine Liste „Analyse der Gutachten“ veröffentlicht, in der auch ein Eintrag mit dem Namen des Klägers vorhanden ist, in dem es in der Spalte „Analysierte Publikation“ heißt:

„Gutachten vom 19.9.2002, zu Lasten der Patientin L. und zu Gunsten der Nachbehandler Dr. M. Gr. und Dr. D. H.“

Auf einer hiervon durch einen Link zu erreichenden weiteren Internet-Seite unter falschgutachter.info heißt es unter der Überschrift „Gutachten vom 19.9.2002; zu Lasten von der Patientin und zu Gunsten der Nachbehandler“ im Abschnitt „Zusammenfassung“:

„Das Gutachten ist zusammengeschustert worden, um den Nachbehandler, welcher das Implantat entfernte zu schützen. Dabei wurden dem BOI ® Implantatsystem Eigenschaften angedichtet, welche nicht der Wahrheit entsprechen. Es muss ferner festgestellt werden, dass einige Zahnärzte in skrupelloser Weise die Ahnungslosigkeit von Patienten ausnutzen, um sie mehrfach unnötig zu operieren und um mehr Geld zu verdienen. Solche Zahnärzte verfügen mitunter über die nötigen Beziehungen, um «Gutachten» erstellen zu lassen, die Ihre Handlungsweise vor der rechtlichen Verfolgung schützen.“

Der Kläger hat die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 13. November 2008 auf Unterlassung und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung in Anspruch genommen. Eine Unterlassungsverpflichtungserklärung hat die Beklagte nicht abgegeben.

Der Kläger trägt unter anderem vor, er habe eine namentliche oder identifizierbare Berichterstattung über das 2002 angefertigte Gutachten nicht hinzunehmen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen am Stiftungsvorstand, zu unterlassen,

a. den Kläger namentlich und/oder identifizierbar auf der Webseite www.falschgutachter.info zu nennen und/oder nennen zu lassen,

wie auf der Webseite falschgutachter.info unter der Überschrift „Analysiertes und für überwiegend falsch befundenes Gutachten Dr. R. H. Gutachten vom 19.9.2002, zu Lasten der Patientin L. und zu Gunsten der Nachbehandler Dr. M. Gr. und Dr. D. H.“ geschehen.

b. in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen,

„Falschgutachter“

wie auf der Webseite falschgutachter.info unter der Überschrift „Analysiertes und für überwiegend falsch befundenes Gutachten Dr. R. H. Gutachten vom 19.9.2002, zu Lasten der Patientin L. und zu Gunsten der Nachbehandler Dr. M. Gr. und Dr. D. H.“ geschehen.

c. in Bezug auf den Kläger zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten und/oder veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen,

„Das Gutachten ist zusammengeschustert worden, um den Nachbehandler, welcher das Implantat entfernte zu schützen. (…) Es muss ferner festgestellt werden, dass einige Zahnärzte in skrupelloser Weise die Ahnungslosigkeit von Patienten ausnutzen, um sie mehrfach unnötig zu operieren und um mehr Geld zu verdienen. Solche Zahnärzte verfügen mitunter über die nötigen Beziehungen, um «Gutachten» erstellen zu lassen, die Ihre Handlungsweise vor der rechtlichen Verfolgung schützen.“

Wie auf der Webseite falschgutachter.info unter der Überschrift „Analysiertes und für überwiegend falsch befundenes Gutachten Dr. R. H. Gutachten vom 19.9.2002, zu Lasten der Patientin L. und zu Gunsten der Nachbehandler Dr. M. Gr. und Dr. D. H.“ geschehen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, sie sei eine als gemeinnützig anerkannte Stiftung, die im Bereich des Gesundheitswesens unter anderem der Erhöhung von Transparenz und Informationsvermittlung im Gesundheitswesen tätig sei. Unter anderem befasse sich die Beklagte mit der Analyse vorgelegter wissenschaftlicher Gutachten und erstelle methodische Analysen. Für Patienten, Kostenträger und andere sei es im höchsten Maße problematisch, wenn derselbe Sachverhalt durch mehrere Mediziner unterschiedlich beurteilt würde. Die Analysten würden auf den Internet-Seiten unter falschgutachter.info veröffentlicht.

Der Kläger erstelle Gutachten, die zur Entscheidungsfindung über Haftungsansprüche herangezogen würden. Dabei handele es sich um gewerbliche Tätigkeit. Der Kläger müsse sich eine kritische Würdigung seiner Dienstleistungen gefallen lassen, wobei wertende Kritik sich auch einprägsamer Formulierungen bedienen dürfe. Auch die Namensnennung sei zulässig.

Der Kläger habe in dem von der Beklagten besprochenen Gutachten eine Reihe von Behandlungsfehlern festgestellt, die der später tätig gewordene gerichtliche Gutachter nicht bestätigt habe. Die auf das Gutachten des Klägers gestützte Klage sei infolgedessen abgewiesen worden. Der gerichtliche Gutachter habe die Ergebnisse des Klägers in einigen Punkten widerlegt. Die Unrichtigkeit der Ergebnisse der Untersuchung des Klägers sei auf methodische Fehler zurückzuführen.

Die fachliche Analyse des Gutachtens des Klägers durch die Beklagte sei durch die Meinungsfreiheit gerechtfertigt. Es dürfe auch als falsch bezeichnet werden. Die veröffentlichte Analyse der Beklagten sei sachlich gehalten und jedenfalls vertretbar.

Nachdem der Kläger die Berichterstattung der Beklagten gerügt habe, sei der Text zum Antrag zu Ziff. 1.c. abgeändert worden, so dass klargestellt sei, welcher Teil sich auf den Kläger beziehe und welcher nicht. Der Wortlaut der Zusammenfassung nach dem Vortrag der Beklagten ergibt sich aus der Anlage 04 der Beklagten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien bis zur mündlichen Verhandlung zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Schriftsatz des Klägervertreters vom 16. Juni 2009 (nebst Anlagen) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger kann von der Beklagten die Unterlassung verlangen.

Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 1004 BGB analog in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG).

Nach § 1004 BGB analog kann der Inhaber eines Rechts vom Störer die Unterlassung der Störung verlangen, wenn diese andauert oder die Gefahr der Wiederholung besteht.

Die streitgegenständlichen Äußerungen der Beklagten stellen eine rechtswidrige Beeinträchtigung des durch § 823 Abs. 1 BGB geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers dar, wobei die Verletzung bereits darin liegt, dass der Kläger namentlich auf den Internet-Seiten der Beklagten genannt wird.

Ob eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist anhand der Gegebenheiten des Einzelfalls aufgrund einer Interessenabwägung festzustellen. Diese Abwägung zwischen den persönlichkeitsrechtlichen Belangen des Klägers einerseits und den durch die Meinungs- und Berichterstattungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) geschützten Interessen der Beklagten andererseits ergibt, dass vorliegend das Interesse des Klägers, nicht in identifizierbarer Weise auf den unter „falschgutachter.info“ abrufbaren Internetseiten genannt zu werden, überwiegt.

a) Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Kläger davor, in die Öffentlichkeit gezogen und zum Gegenstand öffentlicher Erörterungen gemacht zu werden. Richtig ist zwar, dass das Gutachten die berufliche Tätigkeit des Klägers und damit die – im Vergleich zur Privatsphäre weniger geschützte – Sozialsphäre des Klägers betrifft. Dies hat aber – auch wenn man berücksichtigt, dass der Kläger freiberuflich tätig ist bzw. war – nicht zur Folge, dass er schon allein aus diesem Grunde Veröffentlichungen, die seine berufliche Tätigkeit zum Gegenstand haben, hinnehmen müsste. Auch soweit die Sozialsphäre betroffen ist, kommt es auf eine Abwägung der Interessen unter Berücksichtigung der konkreten Umstände an. Dass sich eine Veröffentlichung mit Vorgängen aus der freiberuflichen Tätigkeit befasst, führt nicht dazu, dass das dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht innewohnende Recht, selbst über die Darstellung der eigenen Person zu bestimmen, und der daraus folgende Anspruch auf Anonymitätsschutz schon per se zurücktreten müssten, und es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger im hier vorliegenden Fall (oder generell) mit seiner beruflichen Tätigkeit in die Öffentlichkeit getreten wäre und er sich dadurch seines Rechts auf Anonymität begeben hätte. Der Kläger hat sich mit seinem Gutachten und seiner gutachterlichen Tätigkeit nicht in erheblicher Weise in die öffentliche Diskussion eingebracht. Das Gutachten, das die Beklagte auf ihren Internet-Seiten diskutiert, hat er im privaten Auftrag gegenüber der Auftraggeberin erstattet. Er musste wohl davon ausgehen, dass das Gutachten in einen Rechtsstreit eingeführt würde. Ob über das Gutachten im Rahmen einer Berichterstattung über jenen von der Auftraggeberin des Klägers angestrengten Rechtsstreit unter Offenlegung der Identität des Klägers zulässigerweise berichtet werden dürfte, braucht an dieser Stelle nicht entschieden zu werden. Jedenfalls hat er sich mit dem Gutachten nicht in die Öffentlichkeit begeben und/oder der öffentlichen Diskussion gestellt.

b) Allerdings beruft sich die Beklagte darauf, mit der Berichterstattung über das Gutachten des Klägers und Gutachten anderer Gutachter ein für die Öffentlichkeit bedeutsames Thema aufzugreifen und hierzu Aufklärungsarbeit zu leisten. Dies ist im Grundsatz auch als ein durch die Meinungs- und Berichterstattungsfreiheit geschütztes Interesse anzuerkennen. Dem steht jedoch gegenüber, dass jenes Gutachten des Klägers, mit dem sich die Veröffentlichung der Beklagten befasst, (gegenwärtig) bereits rund 7 Jahre zurückliegt und es sich lediglich um einen Fall handelt, d.h. weitere, namentlich auch aktuelle Gutachten des Klägers nicht in Rede stehen. Ein Aktualitätsbezug ergibt sich auch nicht daraus, dass das in dem besagten (von der Auftraggeberin des Klägers geführten) Rechtsstreit erstinstanzlich ergangene Urteil des Landgerichts Potsdam auf den 29. November 2007 datiert und das Berufungsurteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 29. Mai.2008 ergangen ist. Denn die streitgegenständliche Veröffentlichung der Beklagten hat nicht eine Berichterstattung über jenen Rechtsstreit zum Gegenstand.

Im Hinblick auf den zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablauf und den Fortfall eines Aktualitätsbezuges verringert sich dass zugunsten der Beklagten streitende Informationsinteresse soweit, dass der von dem Kläger beanspruchte Anonymitätsschutz überwiegt, d.h. der Kläger muss selbst dann, wenn sein Gutachten – was hier nicht entschieden werden muss – beachtliche Fehler aufweisen würde, die Nennung seines Namens auf den unter falschgutachter.info abrufbaren Internetseiten und/oder eine unter Nennung seines Namens (oder sonstiger den Kläger identifizierbar machender Angaben) erfolgende Analyse/Bewertung seines Gutachtens auf den unter falschgutachter.info abrufbaren Internetseiten nicht hinnehmen. Hinzu kommt, dass die Beklagte mit der streitgegenständlichen Veröffentlichung offensichtlich nicht bloß das Ziel der Aufklärung und Information über Missstände im Gutachterwesen verfolgt, sondern sich hierbei unverhüllt für das BOI-Implantatsystem einsetzt, das von Dr. S. I., dem Stifter der Beklagten (vgl. Anl. K 3), erfunden und entwickelt worden ist. Auf den Internetseiten der Beklagten wird bei der Diskussion der dargestellten Gutachten dieses Implantatsystem immer wieder erwähnt, wobei die Beklagte dessen angeblich positive Eigenschaften herausstreicht. Bei einem breiten Spektrum von möglichen Behandlungsfehlern beschränkt sich die Beklagte auf die Kritik von Gutachten, die sich mit Fällen befassen, in denen es um das BOI-Implantatsystem geht, das die Beklagte bei ihren Ausführungen zu den jeweiligen Gutachten immer wieder mit Hinweis auf seinen Kennzeichenschutz erwähnt, so dass den Kommentierungen zu den Gutachten eindeutig auch ein werbender Charakter zukommt. Einhergehend mit dieser werbenden Darstellung wird der Kläger, der in dem hier in Rede stehenden Gutachten vom 19. September 2002 ausgeführt hatte, dass die Auswahl des eingesetzten Implantats (bei dem es sich um ein BOI Implantat handelte) fehlerhaft gewesen sei, als unseriös hingestellt, d.h. die streitgegenständliche Veröffentlichung wirkt für den Kläger eindeutig rufbeeinträchtigend. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Kläger unter der Überschrift falschgutachter.info mit einem „für überwiegend falsch befundenen Gutachten“ unter Namensnennung in Zusammenhang gebracht wird. Damit wird nahe gelegt, dass der Kläger falsche Gutachten erstelle und dies regelmäßig. Besonders geeignet, den Ruf als Gutachter zu beschädigen ist die Äußerung in der „Zusammenfassung“, wonach das Gutachten dazu diene, einen Arzt zu schützen, der das begutachtete Implantat entfernt hatte. Damit wird der Kläger als unseriös dargestellt.

Ebenso wird der Kläger durch die Nennung seines Namens im dem gegebenen Kontext der Internet-Seiten unter falschgutachter.info als unseriös dargestellt. Die Nennung seines Namens auf der Liste „Analysen der Gutachten“, stellt eine ungerechtfertigte und nachteilige Herausstellung seiner Person dar. Der Kläger wird dort unverkennbar zum „Falschgutachter“ gemacht, indem er nicht nur in eine Reihe weiterer Autoren von Gutachten gestellt wird, sondern daneben auch zur Angabe der „Analysierten Publikation“ nicht deren Titel genannt wird, sondern die Angabe „Gutachten (…) zu Lasten der Patientin (…) zu Gunsten der Nachbehandler (…)“ den Schluss fördert, dass der Kläger entsprechend dem Titel der Internet-Publikation ein „Falschgutachter“ sei. Indem die Beklagte den Kläger unter der Überschrift „Falschgutachter.info“ namentlich erwähnt und sein Gutachten diskutiert und als „zusammengeschustert“ bezeichnet, „um den Nachbehandler (…) zu schützten“, ist die Bezeichnung „Falschgutachter“ objektiv von der Beklagten dem Kläger zugeordnet worden. Auch dies unterstreicht die Herausstellung des Klägers als unseriös. Berücksichtigt man diese Umstände, so gebührt bei der gebotenen Abwägung dem von dem Kläger beanspruchten Persönlichkeitsschutz der Vorrang vor den Interessen der Beklagten. Der Kläger muss es nicht hinnehmen, dass die Beklagte ihn im Rahmen eines Beitrags, mit dem sie (die Beklagte) jedenfalls auch, wenn nicht gar vornehmlich Werbung betreibt, unter Heranziehung eines mehrere Jahre alten Gutachtens öffentlich als unseriös hinstellt und als „Falschgutachter“ anprangert.

Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass die Beklagte mit der streitgegenständlichen Veröffentlichung in rechtswidriger Weise das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt hat und der Kläger somit verlangen kann, dass die Beklagte es unterlässt, den Kläger namentlich oder identifizierbar auf den unter „falschgutachter.info“ abrufbaren Internetseiten zu nennen oder nennen zu lassen. Die für eine ordnungsmittelbewehrte gerichtliche Untersagung erforderliche Gefahr weiterer oder erneuter Verletzungen ergibt sich aus der – fortdauernden – rechtswidrigen Erstveröffentlichung.

Im Hinblick darauf, dass das tenorierte Verbot, den Kläger namentlich oder identifizierbar auf den unter „falschgutachter.info“ abrufbaren Internetseiten zu nennen oder nennen zu lassen, die mit den Klaganträgen zu 1.b) und c) verfolgten Unterlassungsansprüche mit erfasst, ist ein Ausspruch zu diesen Anträgen entbehrlich. Der im Antrag des Klägers aufgeführten Differenzierung in mehrere Einzelverbote bedarf es im Entscheidungstenor nicht. Darin liegt keine teilweise Abweisung der Klage, da der zuerkannte Unterlassungsanspruch umfassend ist.

II.
Die nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätze des Beklagtenvertreters vom 7. Juni 2009 und 4. August 2009 und die nach Schluss der mündlichen eingereichten, nicht nachgelassenen Schriftsätze des Klägervertreters vom 18. Juni 2009 und 15. Juli 2009 geben keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

III.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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