Wirksamkeit einer Einladung zur Mitgliederversammlung per E-Mail

07. November 2013
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Eigener Leitsatz:

Eine Einladung per E-Mail zur Mitgliederversammlung eines eingetragenen Vereins ist wirksam, wenn die Bestimmungen der Satzung die Schriftform vorsehen. Da das Vereinsrecht  keine Vorschrift enthält, in welcher Form die Mitgliedersammlung einzuberufen ist, kommt es allein auf die Bestimmungen der Satzung an. Gemäß § 127 Abs. 1 i.V.m. § 126 Abs. 3 BGB ist die durch Satzung vorgesehene Schriftform auch gewahrt, wenn die Einladung zur Mitgliederversammlung per E-Mail erfolgt. Zweck der satzungsmäßigen Formvorschrift ist dabei, dass alle Mitglieder von der Versammlung sowie der Tagesordnung Kenntnis erlangen. Eine Unterschrift ist demzufolge nicht erforderlich.

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg

Beschluss vom 06.05.2013

Az.: 2 W 35/13

Tenor:

Auf die Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg, Registergericht vom 11.4.2013 geändert:

Das Registergericht wird angewiesen, die Anmeldung vom 18.2./26.3.2013 auf Eintragung der Satzungsänderung im Vereinsregister einzutragen.

Entscheidungsgründe:

I.
Am 18.2.2013 beantragte der betroffene Verein, vertreten durch die Notarin …, die auf seiner Mitgliederversammlung vom 5.12.2012 beschlossene Satzungsänderung einzutragen.

Mit Verfügung vom 26.2.2013 wies die Rechtspflegerin darauf hin, dass eine Eintragung nicht erfolgen könne, weil die Einladung zur Mitgliederversammlung nicht wie in der Satzung vorgesehen in schriftlicher Form, das heißt durch normalen Brief erfolgt sei sondern offenbar per Email.

Darauf wurde zunächst die Anmeldung zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 26.3.2013 beantragte die Notarin unter Hinweis auf ein Schreiben des Bevollmächtigten des betroffenen Vereins erneut die Eintragung der Satzungsänderung.

Mit Beschluss vom 11.4.2013, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wies die Rechtspflegerin die Anmeldung zurück.

Gegen diesen ihm am 16.4.2013 zugestellten Beschluss wendet sich der betroffen Verein mit seiner am 18.4.2013 beim Amtsgericht eigegangenen Beschwerde, der die Rechtspflegerin mit Beschluss vom 23.4.2013 nicht abgeholfen hat.

II.
Die Beschwerde des betroffenen Vereins ist gemäß den §§11 Abs. 1 RPflG, 374 Ziffer 4, 382 Abs.3, 58, 59, 63 Abs.1 und 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG zulässig.

Ein Beschwerdewert gemäß § 61 FamFG ist nicht erforderlich, weil es sich bei der Ablehnung einer Registereintragung nicht um eine vermögensrechtliche Angelegenheit handelt.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Der Senat teilt nicht die Rechtsauffassung des Registergerichts, wonach zu der Mitgliederversammlung vom 5.12.2012 nicht satzungsgemäß schriftlich einberufen worden ist.

§ 17 der insoweit maßgeblichen Satzung lautet u.a.:

Die Mitgliederversammlung findet einmal im Jahr statt. Sie wird vom Vorstand unter Einhaltung einer Frist von 4 Wochen schriftlich unter Angabe der Tagesordnung einberufen.

Die 1. Vorsitzende und der 2. Vorsitzende haben am 7.11.2012 unter Angabe der Tagesordnung, die unter Punkt 7 eine Neufassung der Satzung vorsah, sowie einer Angabe beabsichtigten Änderungen der zu der Mitgliederversammlung am 5.12.2012 eingeladen.

Der betroffene Verein hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 22.4.2013 angegeben, am 7.11.2012 seien 445 Mitglieder per Email und die übrigen vier Mitglieder, die über keinen Email-Anschluss verfügten, per Telefax eingeladen worden.

Diese – fristgerechte – Einladung per Email bzw. Telefax genügt der in der Satzung bestimmten schriftlichen Einladung.

Im Gegensatz zum Recht der Aktiengesellschaft, der GmbH und der Genossenschaft enthält das Vereinsrecht keine Vorschrift, in welcher Form die Mitgliederversammlung einzuberufen ist. Gemäß § 58 Nr. 4 BGB soll aber die Satzung unter anderem die Bestimmung über die Form der Einberufung zur Mitgliederversammlung enthalten. Dabei muss wegen des Teilnahmerechts jedes Mitgliedes eine Einladungsform so gewählt werden, dass jedes Mitglied auch Kenntnis von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung erlangt oder zumindest ohne wesentliche Erschwernisse erlangen kann ( vgl. Sauter/Schweyer/Waldner, Der eingetragene Verein 18. Aufl. Seite 94/95 ).

§ 17 der Satzung sieht die Schriftform für die Einberufung zur Mitgliederversammlung vor.

Die in Vereinssatzungen vorgeschriebene Schriftform ist grundsätzlich als gewillkürte Schriftform i.S. des § 127 BGB und nicht wie eine durch das Gesetz – z.B. in § 51 GmbHG – vorgeschriebene Schriftform i.S. des § 126 BGB zu behandeln ( vgl. BGH NJW-RR 1996, 866 f, 867 )

Gemäß § 127 Abs. 1 BGB gelten die Vorschriften des § 126, des § 126a oder des § 126b im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte Form; gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung.

Diese Vorschriften gelten, da aus der Satzung des betroffenen Vereins kein abweichender Wille zu entnehmen ist, auch für die in § 17 seiner Satzung festgelegte schriftliche Einberufung zu der jährlichen Mitgliederversammlung.

Mit dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr vom 13.7.2001, in Kraft seit dem 1.8.2001 ( BGBl. I Seite 1542 ) wurde auch die bisherige Regelung des § 127 BGB nunmehr in Absatz 1 u.a. auf die elektronische Form erweitert und in Absatz 2 die telekommunikative – und nicht wie bis dahin lediglich die telegrafische – Übermittlung der Erklärung im Zweifel für ausreichend erklärt.

In der Begründung zum Gesetzentwurf ( BT-Drucks 14/4987 Seite 20f ) ist dazu u.a. ausgeführt:

„Die enge Bindung der Übermittlung an den Telegraphen entspricht nicht mehr dem modernen technischen Standard und der verbreiteten Praxis. Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass auch mittels Telefax wie auch Fernschreiben oder Teletext schriftliche Erklärungen formgerecht abgegeben werden können (BGH NJW-RR 1986, 866). Es gibt aber keinen Grund, andere Möglichkeiten der Telekommunikation, die inzwischen Telegramm oder Teletext ganz oder teilweise verdrängt haben, zur Übermittlung von Nachrichten und Erklärungen von dieser Formerleichterung des § 127 auszunehmen, insbesondere die E-Mail oder das sog. Computerfax. Es kommen alle Arten der Telekommunikation mittels Telekommunikationsanlagen (vgl. hierzu §3 Nr. 16 und 17 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 [BGBl. I S. 1120]) in Betracht, soweit die Übermittlung nicht in der Form von Sprache erfolgt. Da sich die Formerleichterung des § 127 allein auf das Unterschriftserfordernis bezieht, reicht eine mündliche Übermittlung einer Erklärung in keinem Fall für die Formwahrung aus.

Gemäß § 127 Abs. 1 i.V.m. § 126 Abs. 3 BGB kann daher die in § 17 der Satzung festgelegte Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden, wobei gemäß § 127 Abs. 2 BGB eine Unterschrift nicht erforderlich ist.

Selbst wenn man einer restriktiveren Auslegung des § 127 Abs. 2 BGB folgen wollte, wonach das Unterschriftserfordernis bei Vertragsabschlüssen bei einer telekommunikativen Übermittlung nicht entfallen soll ( vgl. Staudinger/Hertel (2012) Rdnr. 32 ff zu § 127 BGB ), wäre im vorliegenden Fall, bei dem es um die Auslegung der Schriftformklausel für die Einladung zur Mitgliederversammlung eines Vereins geht, der Zweck zu berücksichtigen, um dessentwillen diese Form in der Satzung bestimmt worden ist (vgl. Staudinger/Hertel a.a.O. Rdnr. 22 ). Der Formzweck liegt vorliegend darin, die Kenntnis der Mitglieder von der Anberaumung einer Mitgliederversammlung unter Angabe der Tagesordnung zu gewährleisten. Diese Gewährleistung ist aber auch dann gegeben, wenn die einzelnen Mitglieder per Email von der Anberaumung der Mitgliederversammlung unterrichtet werden. Der Formzweck des § 17 der Satzung des betroffenen Vereins erfordert somit keine Unterschrift des Vorstandes unter eine per Email versandte Einladung zur Mitgliederversammlung.

Für den Senat bestehen keine Anhaltspunkte, an der Richtigkeit des Vorbringens zu zweifeln, dass der Vorstand diejenigen Mitglieder, die über keinen Email-Anschluss verfügten, per Telefax zur Mitgliederversammlung am 5.12.2012 eingeladen zu haben.

Da somit die Satzungsänderung durch ordnungsgemäßen Beschluss der Mitgliederversammlung am 5.12.2012 erfolgte, ist sie antragsgemäß in das Register einzutragen.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf § 131 Abs. 1 und 3 KostO nicht veranlasst.

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