„Angeblicher Jackpot-Gewinn“ verursacht Streit

04. März 2010
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Eigener Leitsatz:

Eine über einen Mitbewerber veröffentlichte, im Kern unrichtige Pressemitteilung muss von diesem nicht hingenommen werden. Obwohl nachweislich an einen Teilnehmer eines Online- Wettanbieters ein Gewinn in Höhe von  31,7 Millionen Euro ausbezahlt wurde, vermeldete eine staatliche Lotterie-Gesellschaft, die Ausschüttung sei lediglich als PR-Gag zu werten.

Landgericht Hamburg

Urteil vom 8.12.2009

Az.: 325 O 366/09

 

Tenor:

I.

Die einstweilige Verfügung vom 21. Oktober 2009 wird bestätigt.

II.

Die Kosten des Widerspruchsverfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

III.

Hinsichtlich der Kostentragung im Erlassverfahren verbleibt es bei der Kostenentscheidung im Beschluss vom 21. Oktober 2009.

und beschließt: Der Streitwert des Widerspruchsverfahrens wird auf 75.000 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Bestand der einstweiligen Verfügung der Kammer vom 21. Oktober 2009.

Bei der Antragstellerin handelt es sich um einen Veranstalter von so genannten „Online-Wettspielen“. Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um die staatlich zugelassene Toto-Lotto-Gesellschaft in Niedersachsen.

Die Tochtergesellschaft der Antragstellerin, die Tipp…. Ltd., die im Wege der Vollkonsolidierung in den Konzernabschluss der Antragstellerin einbezogen wird, betreibt die Internet-Plattform www. tipp…. .com , auf der über das Internet an die MyL…. Ltd. MyL…. Ltd. richtet so genannte Zweitlotterien aus, d.h. sie veranstaltet Wetten auf den Ausgang von anderen Lotterien. So veranstaltet MyL…. Ltd. auch ein Wettspiel auf die Ergebnisse des Zahlenlottos 6 aus 49. Teilnehmer dieser Zweitwette setzen gegen Entgelt auf das Ergebnis der staatlich genehmigten Lotterie 6 aus 49. Unter Nachbildung der Gewinnklassen des Spiels 6 aus 49 können die Teilnehmer der Zweitlotterie Gewinne erzielen, deren Höhe sich nach den maßgeblichen Spielregeln von MyL…. Ltd. ergeben.

In Ziff. 8. der „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ der Tipp…. Ltd. (Anl. ASt5) heißt es:

8.

Gewinnfall

8.1

Der Gewinnfall tritt ein, wenn ein Spielteilnehmer für eine bestimmte Ziehung der Lotterien des Deutschen Lotto- und Totoblocks bzw. der Lotterie Euro Millones die dort gezogenen Zahlen im Voraus getippt hat. Die Gewinnklassen entsprechen ebenfalls denen des Deutschen Lotto- und Totoblocks bzw. denen der Lotterie Euro Millones. Die Gewinnhöhe richtet sich nach den vom Deutschen Lotto- und Totoblock bzw. von der Loterías y Apuestas del Estado für die jeweilige Ziehung veröffentlichten Gewinnquoten.

8.2

Tippen mehr als ein Spielteilnehmer die Zahlen der ersten Gewinnklasse (der sogenannte Jackpot) im Lotto 6 aus 49 richtig, so erhält jeder Spielteilnehmer den Gewinnbetrag, den er rechnerisch erhalten würde, wenn die gesamte Gewinnsumme dieser Klasse auf die Gesamtzahl der durch den Deutschen Lotto- und Totoblock veröffentlichten Anzahl von Gewinnern in dieser Klasse und die Anzahl der Spielteilnehmer, die die Zahlen dieser Klasse richtig getippt haben, aufgeteilt würde.

8.3

Sollte der Deutsche Lotto- und Totoblock die Gewinnklasse 1 (Jackpot) in der 13. Ziehung in Folge ohne Gewinner in der 2. Gewinnklasse zwangsausschütten, so gilt: Gewinner der 1. Gewinnklasse erhalten in diesem Fall die Gewinnsumme, die sie bei einer Teilnahme beim Deutschen Lotto- und Totoblock in der ersten Gewinnklasse (ohne Zwangsausschüttung) ausgeschüttet bekommen hätten. Diese Summe wird auf Basis der veröffentlichten Spieleinsätze des Deutschen Lotto- und Totoblocks sowie deren Verteilung auf die Gewinnklassen kalkuliert. Bei mehreren Gewinnern in Klasse 1 wird der so kalkulierte Gewinnbetrag auf die Gewinner dieser Klasse aufgeteilt. Gibt es unter den Spielteilnehmern einen oder mehrere Gewinner in Klasse 1, so erhält jeder Gewinner der Klasse 2 denjenigen Gewinnbetrag, welcher beim Deutschen Lotto-Totoblock in Klasse 2 ermittelt worden wäre, hätte es beim Deutschen Lotto-Totoblock mindestens einen Gewinner der Gewinnklasse 1 und damit keine Zwangsausschüttung in die Gewinnklasse 2 gegeben. Gibt es unter den Spielteilnehmern keinen Gewinner in Gewinnklasse 1, so gelten die Regelungen des 8.2 entsprechend für die 2. Gewinnklasse.

Bei der Ausspielung des Deutschen Lotto- und Totoblocks am 23. September 2009 belief sich der Jackpot auf 31,7 Millionen Euro.

Die Antragstellerin veröffentlichte am 24. September 2009 eine Ad Hoc-Mitteilung, die eine Gewinnwarnung zum Inhalt hatte, die damit begründet wurde, dass in der von MyL…. Ltd. veranstalteten Zweitlotterie ein Teilnehmer den Jackpot gewonnen habe, der auch in der Zweitlotterie 31, 7 Mio. Euro beinhaltet habe. Es werde daher erwartet, dass das EBIT (Earnings before interest and taxes) für 2009 gegenüber den ursprünglichen Erwartungen um 10 Mio. Euro zu reduzieren sei.

Die Antragsgegnerin veröffentlichte am 25. September 2009 auf ihrer Internet-Seite eine Pressemitteilung mit der Überschrift „ „Angeblicher Jackpot-Gewinn bei T…. ein PR-Gag?“, in der es u.a. heißt:

„Laut eigener Geschäftsbedingungen hätte T…. nur die Hälfte des 31,7 Mio. Euro Jackpot auszahlen müssen. Es ist kaum vorstellbar, dass ein börsenorientiertes Unternehmen mehr an seine Mitspieler ausschüttet, als es verpflichtet ist. Wenn es das tut, wirft das zumindest viele Fragen auch für die Aktionäre auf. Ebenfalls die in diesem Zusammenhang gegebene Gewinnwarnung legt die Vermutung nahe, dass es sich bei der Jackpot-Meldung um einen PR-Gag handelt“.

Die Frage, ob es sich bei dem Gewinn des Jackpots in Höhe von 31,7 Mio. Euro durch einen Spielteilnehmer von T…. um einen PR-Gag handele, und die Behauptung, T…. habe lediglich die Hälfte des Jackpots ausschütten müssen und die Bezeichnung als „angeblicher“ Gewinn mochte die Antragstellerin nicht hinnehmen. Mit Schreiben vom 02. Oktober 2009 (Anl. ASt 6) forderte die Antragstellerin durch ihre Anwälte die Antragsgegnerin auf, sich zur Unterlassung zu verpflichten. Eine Unterlassungsverpflichtungserklärung hat die Antragsgegnerin nicht abgegeben.

Auf Antrag der Antragstellerin hat die Kammer am 21. Oktober 2009 unter Androhung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel der Antragsgegnerin verboten,

durch die Verbreitung der Pressemitteilung:

„Angeblicher Jackpot-Gewinn bei T…. ein PR-Gag?

Hannover. Der auf der Internetseite von T…. behauptete Jackpot-Gewinn in Höhe von 31,7 Millionen Euro für einen ‚treuen Internet-Tipper‘ gibt viele Rätsel auf. Laut eigener Geschäftsbedingungen hätte T…. nur die Hälfte des 31,7 Millionen Euro Jackpot auszahlen müssen. Es ist kaum vorstellbar, dass ein börsenorientiertes Unternehmen mehr an seine Mitspieler ausschüttet, als es verpflichtet ist. Wenn es das tut, wirft das zumindest viele Fragen auch für die Aktionäre auf. Ebenfalls die in diesem Zusammenhang gegebene Gewinnwarnung legt die Vermutung nahe, dass es sich bei der Jackpot-Meldung um einen PR-Gag handelt“.

die Eindrücke zu erwecken,

1. einen Gewinner, der einen Jackpot-Gewinn in Höhe von 31,7 Millionen Euro bei T…. gewonnen habe, gebe es nicht;

2. der Gewinnbetrag von 31,7 Millionen Euro sei von T…. tatsächlich nicht ausgezahlt worden.

Gegen diese einstweilige Verfügung richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin vom 29. Oktober 2009 (Bl. 17 d.A.).

Die Antragsgegnerin trägt vor, ein auf Unterlassung gerichteter Anspruch der Antragstellerin bestehe nicht. Die Antragsgegnerin habe weder behauptet, dass es bei T…. keinen Gewinner des Jackpots gegeben habe, noch dass T…. einen Gewinnbetrag in Höhe von 31,7 Millionen Euro tatsächlich nicht ausgezahlt habe. Die Antragsgegnerin habe lediglich von einem „angeblichen Jackpot-Gewinn“ gesprochen und die Frage aufgeworfen, ob es sich dabei wohl um einen „PR-Gag“ handele. Soweit die Antragsgegnerin mitteilt, dass aus den „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ von T…. sich ergebe, dass T…. lediglich zur Auszahlung der Hälfte des Jackpots verpflichtet gewesen wäre, handele es sich um eine Meinung der Antragsgegnerin. Auch soweit sie mitteilt, dass es kaum vorstellbar sei, dass ein börsennotiertes Unternehmen mehr an seine Mitspieler ausschütte, als es verpflichtet sei, handele es sich um eine Meinungsäußerung. Daher stelle es lediglich eine Vermutung dar, ob es sich bei der Meldung von dem Jackpot-Gewinn um einen „PR-Gag“ gehandelt habe. Es sei deutlich, dass es sich bei der Mitteilung der Antragsgegnerin insoweit um eine Meinungskundgabe handele. Die Antragsgegnerin habe schließlich auch keine eigene Wahrnehmung davon, in welcher Höhe ein Jackpot-Gewinn ausgezahlt worden sei und ob eine derartige Auszahlung überhaupt stattgefunden habe. Die Antragsgegnerin habe in ihrer Mitteilung auch nicht vorgegeben, dass sie Kenntnisse über solche Vorgänge habe. Vielmehr habe sie deutlich gemacht, dass sie sich Fragen stelle und Vermutungen anstelle.

Die beiden in der einstweiligen Verfügung genannten Tatsachenbehauptungen ließen sich der Mitteilung der Antragsgegnerin auch zwischen den Zeilen nicht entnehmen. Bei der Annahme von verdeckt, zwischen den Zeilen mitgeteilten, Behauptungen sei Vorsicht geboten, da es oftmals Sache der Rezeptientin ist, Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, was zwischen den Zeilen stehe. Die offenbar von der Kammer zwischen den Zeilen gefundenen Tatsachenbehauptungen, dass es einen Gewinner nicht gegeben habe, der bei T…. den Jackpot-Gewinn gewonnen habe, gebe es nicht, und dass der Gewinnbetrag in Höhe von 31,7 Millionen Euro von T…. tatsächlich nicht ausgezahlt worden sei, sei zwar eine nachvollziehbare Deutung, jedoch ist auch die Deutung der Mitteilung der Antragsgegnerin als Meinungsäußerung über den Inhalt der AGB der Antragstellerin mindestens ebenso nahe liegend, diese Deutung sei bei Zugrundelegung der verfassungsrechtlichen Vorgaben sogar die zu treffende. Wenn mehrere sich gegenseitig nicht ausschließende Deutungen möglich sind, dann sei der rechtlichen Beurteilung die Deutung zugrunde zu legen, die dem in Anspruch Genommenen günstiger ist und den Betroffenen weniger beeinträchtigt. Dies habe die Kammer verkannt und offenbar außer Betracht gelassen, dass die von ihr vorgenommenen Deutungen keineswegs zwingend seien.

Dem Vortrag der Antragstellerin sei zu entnehmen, dass der behauptete Gewinn in Höhe von 31,7 Millionen Euro erst am 09. Oktober 2009 ausgezahlt worden sei, also zwei Wochen nach Verbreiten der Pressemitteilung der Antragsgegnerin. Es habe sich, wenn man unzutreffenderweise der Mitteilung der Antragsgegnerin die Deutung zugrundelegen wollte, dass sie Tatsachenbehauptung aufstelle, T…. habe einen Jackpot-Gewinn in Höhe von 31,7 Millionen Euro gar nicht ausgezahlt, sei diese angebliche Behauptung sogar zutreffend gewesen.

Wenn man die Mitteilung der Antragstellerin als Prognose über eine künftige Auszahlung interpretiere, handele es sich nicht um eine Tatsachenäußerung.

Weiter bestreitet die Antragsgegnerin die Aktivlegitimation der Antragstellerin. Sie veranstalte nicht selbst die Zweitlotterie. Weiter habe sie auch keine Gewinnauszahlungen an Teilnehmer ihres Spiels vorgenommen. Im Übrigen sei sie lediglich Minderheitsgesellschafter von MyL…. Ltd. und Tipp…. Ltd.

Es sei weiter zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin ein berechtigtes Interesse wahrnehme, sie handele nicht lediglich als Wettbewerberin der Antragstellerin, sondern vielmehr beteilige sie sich an einer öffentlich geführten intensiven Diskussion über das staatliche Glückspielmonopol, wobei es sich um eine Diskussion handele, an der auch die Antragstellerin teilnehme. Während die Antragstellerin sich als Gegnerin des Glückspielmonopols äußere, verteidige die Antragsgegnerin dieses. Ihre Standpunkte hätten die Parteien bisher wiederholt in der Öffentlichkeit kundgetan. Dass die Parteien sich an einer intensiven öffentlichen Diskussion beteiligen und die streitgegenständliche Veröffentlichung einen Beitrag hierzu leiste, sei von der Kammer in der Abwägung zu berücksichtigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Antragsgegnerin und den ausführlichen Rechtsausführungen wird insbesondere auf deren Schriftsatz vom 25. November 2009 (Bl. 43 d.A.) ergänzend Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschluss vom 21. Oktober 2009, durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte angeordnet worden ist, aufzuheben und den Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt, die einstweilige Verfügung zu bestätigen.

Die Antragstellerin trägt vor, die Behauptung der Antragsgegnerin, dass nach den Geschäftsbedingungen von T…. nur die Hälfte des 1,7 Millionen Euro umfassenden Jackpots auszuzahlen sei, sei falsch. Es handele sich um einen ruf-, geschäfts- und kreditschädigenden Vorwurf, diese Behauptung sei unzutreffend. Nur ein Teilnehmer des Spiels 6 aus 49 beim Deutschen Lotto- und Totobund habe den Jackpot in Höhe von 31,7 Millionen Euro gewonnen. Nach Ziff. 8.1 der „Allgemeinen Geschäftsbedingungen von T…. sei diese Höhe für den Jackpot für einen bei ihr mitspielenden Teilnehmer ebenfalls maßgeblich. Lediglich ein Spielteilnehmer bei Lotto24 habe die Zahlen der Ziehung vom 23. September 2009 richtig getippt. Der Betrag von 31,7 Millionen Euro sei danach auch an diesen Teilnehmer ausgezahlt worden.

Auch soweit die Überschrift der Pressemitteilung der Antragsgegnerin enthalte, dass es sich nur um einen angeblichen, d.h. nicht existierenden Gewinn bei T…. gehandelt habe, sei als unzutreffend zu unterlassen. Der durchschnittliche Leser verstehe die Formulierung „angeblich“ dahingehend, dass T…. diesen Gewinn lediglich vorgegeben habe.

Auch die als Frage formulierte Behauptung, es handele sich um einen PR-Gag, wenn T…. von einem Gewinn des Jackpots in Höhe von 31,7 Millionen Euro durch einen Teilnehmer des von T…. veranstalteten Zweitlottos spreche, sei unzutreffend und daher zu unterlassen.

Auch bei der von der Antragstellerin herausgegebenen Gewinnwarnung handele es sich nicht um einen PR-Gag. Auch die hierauf gerichtete Behauptung der Antragsgegnerin sei zu unterlassen.

Die streitgegenständliche Pressemitteilung der Antragsgegnerin erwecke ihrem Inhalt nach den Eindruck, dass es einen Gewinner des Jackpots in Höhe von 31,7 Millionen Euro nicht gegeben habe. Weiter erwecke die Mitteilung der Antragsgegnerin, dass der Betrag von 31,7 Millionen Euro an den Gewinner nicht ausgezahlt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gelangten Schriftsätze der Parteien ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 21. Oktober 2009 ist zu bestätigen. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf das dem Tenor der einstweiligen Verfügung entsprechendes Verbot.

Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB (analog) i.V.m. dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Aus der für die rechtliche Beurteilung der streitgegenständlichen Äußerungen maßgeblichen Sicht des verständigen Durchschnittslesers ergibt sich, dass

1.

der Eindruck erweckt wird, einen Gewinner, der einen Jackpot-Gewinn in Höhe von 31,7 Millionen Euro bei T…. gewonnen habe, gebe es nicht und

2.

den Eindruck, dass ein Gewinnbetrag in Höhe von 31,7 Millionen Euro von T…. tatsächlich nicht ausgezahlt worden sei.

Diese Tatsachen betreffenden Eindrücke ergeben sich aus den Mitteilungen der Antragsgegnerin, dass (nach ihrer Auffassung) die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ von T…. lediglich die Auszahlung der Hälfte des beim Deutschen Lotto- und Totoblock erzielten Jackpots vorschreiben würden. Verstärkt wird dies durch die Überlegung der Antragsgegnerin, dass sie es für nicht vorstellbar halte, dass ein „börsenorientiertes Unternehmen“, Ausschüttungen vornehme, zu denen es der Höhe nach nicht verpflichtet sei. Gestützt wird die Bildung dieser Eindrücke durch die weiteren Überlegungen, dass eine Auszahlung des Jackpots in überobligatorischer Höhe fragwürdig sei und die Vermutung nahe lege, dass es sich – auch im Hinblick auf die von der Antragstellerin herausgegebene Gewinnwarnung – um eine öffentlichkeitsbezogene Maßnahme handele. Die Formulierung „PR-Gag“ betont aus Sicht des verständigen Durchschnittslesers, dass die Antragsgegnerin als maßgebliche Motivation der Antragstellerin die Wirkung in der Öffentlichkeit abziele.

Aus Sicht des verständigen Durchschnittslesers kommt es für die Deutung der Mitteilungen der Antragsgegnerin nicht darauf an, dass die Antragsgegnerin nicht konkrete Sachenbehauptungen aufstelle, sondern vielmehr in wertenden Fragestellungen Mitteilung mache. Denn es ergibt sich aus den aufgeworfenen Fragen und formulierten Wertungen eine Bezugnahme auf ein tatsächliches, in der Öffentlichkeit erörtertes Geschehen. Zu einem solchen nimmt die Antragsgegnerin Stellung und vermittelt damit die Eindrücke, die Gegenstand des Verbotstenors der einstweiligen Verfügung sind.

Bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien, nämlich dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin und dem Recht auf Meinungsäußerung (Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz) auf Seiten der Antragsgegnerin ist zu berücksichtigen, dass die Antragsgegnerin sich im Kontext der öffentlichen Auseinandersetzung über die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Veranstaltung von Glückspielen äußert. Dennoch muss das Interesse, sich frei zu äußern, nach Maßgabe der Schranken der allgemeinen Gesetze (Artikel 5 Abs. 2 Grundgesetz) und der damit erforderlichen Abwägung zwischen den genannten widerstreitenden Interessen zurücktreten, soweit durch die Ausübung der Äußerungsfreiheit die Rechte anderer in der Weise betroffen werden, dass unzutreffende Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden. Hierbei berücksichtigt die Kammer auch, dass die Antragsgegnerin nicht explizit Tatsachenbehauptungen (als feststehend) verbreitet, sondern vielmehr eigene, wertende Überlegungen aufstellt, die lediglich die von der Kammer festgestellten Eindrücke erwecken.

Die sich als Tatsachenbehauptungen darstellenden Eindrücke sind im Hinblick auf ihren Tatsachenkern unrichtig. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass es zum einen einen Gewinner gegeben hat, der an dem Spiel von T…. teilgenommen hat und die Voraussetzungen erfüllt hat, den Jackpot zu gewinnen, und dass der Gewinnbetrag von 31,7 Millionen Euro an diesen Teilnehmer auch tatsächlich, nämlich am 09. Oktober 2009, ausgezahlt worden ist. Diese Sachverhalte hat die Antragsgegnerin nicht (in erheblicher Weise) bestritten.

Die Antragstellerin hat auch einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht. Die durch die Erstbegehung indizierte Wiederholungsgefahr ist nicht ausgeräumt worden. So hat die Antragsgegnerin eine Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht abgegeben.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergibt sich aus § 91 ZPO.

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