Sofortige Beschwerde gegen Zurückweisung eines Antrags auf einstweilige Verfügung
Amtlicher Leitsatz:
Die sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wurde, ist unzulässig, wenn sie mit dem Ziel eingelegt ist, die Erledigung der Hauptsache auszusprechen und wenn der Antragsgegner nicht am Verfahren beteiligt war.
Oberlandesgericht Celle
Beschluss vom 09.03.2009
Az.: 13 W 20/09
In der Beschwerdesache (…)
hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle nach Übertragung des Verfahrens auf den Senat (§ 568 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ZPO) durch die Richter am Oberlandesgericht … am 9. März 2009
b e s c h l o s s e n :
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 2. Februar 2009 (4 O 41/09) wird als unzulässig verworfen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 22.000 EUR.
Entscheidungsgründe:
Das Landgericht hat der fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen seinen Beschluss vom 2. Februar 2009 zu Recht und mit zutreffenden Gründen nicht abgeholfen. Die sofortige Beschwerde ist nicht zulässig. Einer Sachentscheidung bedarf es daher nicht.
1. Zwar ist der Antragstellerin zuzugeben, dass die Frage, ob im einstweiligen Verfügungsverfahren eine Beschwerde mit dem Ziel eingelegt werden kann, das Eilverfahren in der Hauptsache für erledigt zu erklären, in Rechtsprechung und Literatur zumindest für den Fall umstritten ist, in dem sich das Verfügungsverfahren im Beschlussverfahren befindet.
Soweit eine sofortige Beschwerde für zulässig erachtet wird (vgl. z. B. OLG Frankfurt, NJWRR 1992, 493. ZöllerVollkommer, § 922 Rz. 4 m. w. N.), wird dies zum einen mit prozessökonomischen Erwägungen begründet, zum anderen mit der Überlegung, dass der Antragstellerseite die Möglichkeit einer einseitigen Erledigung nicht gänzlich abgeschnitten werden dürfe und es ausreiche, dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren rechtliches Gehör zu gewähren.
Die gegenteilige Ansicht beruft sich vor allem auf die Regelungen in § 922 Abs. 3, § 936 ZPO, wonach der Antragsgegner im Falle der Zurückweisung des Arrestgesuchs nicht zu beteiligen ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 15. Januar 2001, 6 W 60/00. OLG Koblenz, Beschluss vom 18. Dezember 2002, Az. 4 W 747/02. OLG Bamberg, Beschluss vom 18. April 2004, Az. 3 W 36/02. OLG Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 1984, Az. 4 W 143/84).
2. Der Senat schließt sich mit dem Landgericht der zuletzt genannten Auffassung an, welche die Beschwerde für unzulässig ansieht. Ergänzend zu den vom Landgericht ausgeführten Gründen beruht dies im Wesentlichen auf folgenden Erwägungen:
a) § 922 Abs. 3 ZPO sieht in Fällen, in denen der Antragsgegner wegen der Zurückweisung des Arrestgesuchs nicht beteiligt worden ist, eine förmliche Beteiligung ausdrücklich nicht vor.
Die Zulässigkeit einer im Wege der sofortigen Beschwerde erklärten Hauptsacheerledigung hätte aber zur Folge, dass der Antragsgegner aktiv an dem Verfahren als Partei beteiligt werden müsste. Dadurch würde von dem gesetzlich vorgesehenen Verfahrensgang abgewichen werden, was einen Systembruch darstellen würde.
b) Abgesehen davon, dass mit der Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Beschluss zunächst gar kein Verfahren mehr anhängig ist, in dem eine Erledigung hätte eintreten können, sprechen auch die Besonderheiten des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Eilverfahren gegen die Zulässigkeit der Beschwerde zur Erklärung der Erledigung der Hauptsache:
Entscheidungen über die Frage der Erledigung der Hauptsache, bei denen es vorrangig um die Klärung des Schuldners der Verfahrenskosten geht, sind ihrer Natur nach nicht dringlich. Das einstweilige Verfügungsverfahren soll indes allein der dringlichen Rechtsdurchsetzung in der Sache dienen. An einem rechtlichen Interesse an einer Eilentscheidung nur wegen der Kosten fehlt es dagegen.
c) Für die Auffassung der Befürworter einer Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde sprechen auch nicht etwa Gründe der Prozessökonomie:
Die Bejahung der Zulässigkeit würde durch die damit verbundene notwendige Anhörung des Antragsgegners im Gegenteil zu zusätzlichen Verfahrenskosten führen, ohne dass eine endgültige Entscheidung herbeigeführt würde. Die endgültige Klärung sowohl bezüglich des materiellrechtlichen Anspruchs als auch bezüglich der Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens wäre nämlich nur im Hauptsacheverfahren möglich. Streitgegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist dagegen nur das vorläufige Sicherungsbegehren der Antragstellerin, nicht der materiellrechtliche Anspruch. Es handelt sich insofern nur um ein summarisches Erkenntnisverfahren. Es ist daher auf die Glaubhaftmachung beschränkt. die Entscheidung, wer endgültig die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens zu tragen hat, hängt dagegen vom Ergebnis des Hauptverfahrens ab.
d) Soweit schließlich im Berufungsverfahren eine Berufungseinlegung mit dem Ziel zulässig ist, die Erledigung der Hauptsache feststellen zu lassen, spricht dies ebenfalls nicht für die Zulässigkeit der Beschwerde auch in der vorliegenden Fallkonstellation. Die Ausgangssituation ist nämlich nicht vergleichbar: Berufungen sind nur gegen Urteile möglich, setzen also notwendigerweise eine Beteiligung des Gegners bereits in der ersten Instanz voraus. An einer solchen Beteiligung fehlt es aber gerade im einseitigen Verfügungsverfahren.
Viel näher liegt insoweit die Parallele zum Fall der einseitigen Erledigung zwischen Klageerhebung und Eintritt der Rechtshängigkeit. Auch hier fehlt es noch an einer Beteiligung des Gegners, weshalb in diesem Fall nach ganz überwiegender Ansicht eine Feststellung der Erledigung ausscheidet.
3. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt hier aber auch keine entsprechende Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in Betracht, weil dieser
wie ausgeführt – der Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Mittel zur Durchsetzung eines nur vorläufigen Sicherungsbegehrens entgegenstünde. Mit dem Landgericht ist der Senat daher der Auffassung, dass die Antragstellerin auf die im Falle des Bestehens eines Anspruchs gegebene Möglichkeit verwiesen werden muss, den Antragsgegner nach materiellem Recht wegen der Kosten, die ihm im einstweiligen Verfügungsverfahren entstanden sind, auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO.