Schleichwerbung in Pokersendung

01. Juni 2015
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Schleichwerbung-Siegel in roter Schrift Urteil des VGH Bayern vom 09.03.2015, Az.: 7 B 14.1605

Wird während einer Pokersendung ständig das Logo eines bestimmten Unternehmens eingeblendet, so verstößt diese Einblendung gegen das Verbot der Schleichwerbung. Dabei ergibt sich eine Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters insbesondere dann, wenn die Werbewirkung sehr intensiv ist, der Produktname besonders häufig eingeblendet wird und die Sendung nur für ein einziges Unternehmen wirbt. Etwas anderes kann auch dann nicht gelten, wenn es sich bei der in Frage stehenden Sendung um eine Fremdproduktion handelt, da der Rundfunkveranstalter dafür Sorge tragen muss, dass die von ihm ausgestrahlten Produktionen dem deutschen Rundfunkrecht genügen.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Urteil vom 09.03.2015

Az.: 7 B 14.1605

 

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht vorher die Beklagte Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin verbreitet als privater Rundfunkanbieter bundesweit das Fernsehprogramm „Sport 1“, ein Spartenprogramm, das im wesentlichen Sportsendungen zum Gegenstand hat. Sie wendet sich gegen die mit Bescheid der Beklagten vom 23. November 2011 nach einem entsprechenden Beschluss der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) ausgesprochene Beanstandung, die am 12. April 2010 um etwa 5.55 Uhr ausgestrahlte Sendung „Learn from the Pros“ verstoße gegen das Schleichwerbeverbot des § 7 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) in Verbindung mit Ziffer 4 der Werberichtlinien (WRL).

Die Sendung ist eine US-amerikanische Produktion, der eine deutschsprachige Tonspur hinzugefügt worden ist. In der Sendung gaben professionelle Pokerspieler Tipps und Tricks preis. Sie begann mit einem Vorspann, in dem die teilnehmende Spielerin und die teilnehmenden Spieler vorgestellt worden sind. Der Vorspann endete mit dem optischen und akustischen Hinweis, dass die Sendung von „Fulltiltpoker.net“ gesponsert wurde. Das Logo von „Fulltiltpoker.net“ war in nahezu jeder Einstellung – oft mehrfach – zu sehen, z.B. auf einem großen Bildschirm zwischen zwei miteinander redenden Personen, auf animierten und tatsächlichen Spielchips, in den Bauchbinden, in erklärenden Animationen, auf Spielkartenrückseiten und auf Tafeln der Studiodekoration. Am Ende der Sendung wurde zum Besuch der Homepage von „Fulltiltpoker.net“ aufgefordert: „Wenn ihr zu Hause eine Herausforderung sucht, loggt euch bei fulltiltpoker.net ein. Phil, Logan und Howard warten auf euch“. Die Sendung wurde von zwei Werbeblöcken und einem Einzelspot für das von Fulltiltpoker.net ausgerichtete Pokerturnier „Heads Up – das Pokerduell“, der auch in einem der Werbeblöcke gelaufen ist, unterbrochen.

„Fulltiltpoker“ bietet Poker im Internet an. Es hat seinen Sitz auf Alderney. Die – nicht mehr existente – Internetseite „www.fulltiltpoker.net“ enthielt ein kostenloses Angebot für Pokerspiele. Sie diente ausschließlich der Unterhaltung und bot Übungsmöglichkeiten sowie eine Plattform für den Erfahrungsaustausch an.

Die Klage gegen den Bescheid der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien vom 23. November 2011 hat das Verwaltungsgericht abgewiesen.

Mit der Ausstrahlung der Sendung habe die Klägerin gegen das Verbot der Schleichwerbung in § 7 Abs. 7 RStV i.V.m. Ziff. 4 WRL verstoßen. Die zur Erfüllung des Begriffs der Schleichwerbung erforderliche Werbeabsicht der Klägerin liege vor. Auch wenn nicht festgestellt werden könne, dass sie für die gehäufte Darstellung der Marke „Fulltiltpoker.net“ ein Entgelt bekommen hat – dann wäre gemäß Ziff. 4 Nr. 4 WRL diese zu vermuten –, sei bei einer Gesamtbetrachtung der Sendung eine eigene Werbeabsicht ihrerseits zu bejahen. Könne keine Entgeltzahlung festgestellt werden, seien hinsichtlich der Werbeabsicht konkrete Indizien heranzuziehen. Eine Werbeabsicht der Klägerin sei gegeben, wenn nicht das Abbilden der Lebenswirklichkeit in der Sendung, sondern der Werbeeffekt im Vordergrund stehe. Die Werbeabsicht dränge sich bei der durch den Programminhalt nicht veranlassten, intensiven und wiederholten Hervorhebung des Logos auf. Ein weiteres Indiz sei die Ausstrahlung von zwei Werbespots für Angebote von „Fulltiltpoker.net“.

Allein der Umstand, dass es sich um eine Fremdproduktion handle, befreie den Veranstalter nicht von der Einhaltung der rundfunkrechtlichen Vorschriften.

Die den Verstoß gegen das Schleichwerbeverbot begründende Gefahr der Irreführung (§ 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV, Ziff. 4 Nr. 3 WRL) liege dann vor, wenn die Darstellung von Waren, Marken, Dienstleistungen etc. in werblicher Absicht wegen ihrer vermeidbaren Werbewirkung den Trennungsgrundsatz unterlaufe. Die Täuschung sei darin begründet, dass Werbung zum Inhalt des Programms gemacht werde, ohne als solche gekennzeichnet zu sein.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin ihr Ziel, den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2011 aufzuheben, weiter.

Eine Täuschung über den Werbezweck liege nicht vor. Es handle sich hier um einen Fall der aufgedrängten Werbung. Der Werbezweck werde dann nicht verborgen, wenn er unmissverständlich erkennbar sei. Aufgedrängte Werbung falle deshalb nicht unter das Schleichwerbeverbot.

Die subjektiven Voraussetzungen einer Schleichwerbung – der Rundfunkveranstalter müsse selbst mit Werbeabsicht handeln – seien nicht gegeben. Darauf aus einer Gesamtbetrachtung der Sendung einschließlich der Werbespots in ihrem Umfeld zu schließen, sei unzulässig. Bei der Wiederholung der Platzierung des Logos im Lizenzprogramm handle es sich um aufgedrängte Werbung. Hinsichtlich der unfreiwilligen Mitausstrahlung von aufgedrängten „Werbebotschaften“ sei das Trennungsprinzip durch eine teleologische Reduktion eingeschränkt. Die Klägerin habe nach dem Lizenzvertrag kein Recht zur Bearbeitung der streitgegenständlichen Sendung gehabt und habe sich auch in keiner Verhandlungsposition befunden, die es ihr erlaubt hätte, auf einem Bearbeitungsrecht zu bestehen. Sie hätte die Übertragung der Sponsorenlogos nur durch vollständigen Verzicht auf die Sendung verhindern können, was ihr aber im Hinblick auf die Programmfreiheit nicht zuzumuten gewesen sei.

Unzulässig sei die kumulative Würdigung der aufgedrängten Werbung einerseits und der ausgestrahlten Werbespots andererseits. Werbung sei nach § 43 RStV eine zulässige Finanzierungsform für die Rundfunkveranstalter und könne deshalb nicht als Begründung für Schleichwerbung herangezogen werden.

Die Marke „Fulltiltpoker.net“ werde nicht zu stark herausgestellt. Es handle sich schon nicht um eine ausschließlich zu Werbezwecken geschaffene künstliche Lebenswirklichkeit. Das Pokerspiel und die erläuternden Hinweise des Moderators stünden eindeutig im Vordergrund. Werbung dominiere den Handlungsablauf nicht.

Die Werbung im Sendungsumfeld verstärke die Werbeabsicht der aufgedrängten Werbung nicht. Nach dem Regelungsregime des Rundfunkstaatsvertrags sei jede Form der Werbung, nämlich Sponsoring, Produktplatzierung oder Werbespots separat zu beurteilen.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletze die Klägerin schließlich in ihrem Grundrecht der Rundfunkfreiheit. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die Darstellung des Logos „Fulltiltpoker.net“ aus programmlichen Gründen sowie zur Wahrnehmung von Informationspflichten im Rahmen des verfassungsrechtlich geschützten Programmauftrags gerechtfertigt sei.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 23. November 2011 aufzuheben.

Hilfsweise wird für den Fall, dass das Gericht zum Ergebnis kommt, die Sache sei in der Hauptsache erledigt, beantragt,

die Rechtswidrigkeit der in Nr. 1 Buchstabe a und Buchstabe b des Bescheids der Beklagten vom 10. Juni 2011 ausgesprochenen Beanstandungen festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich die eigene Werbeabsicht der Klägerin bereits aus der Vermutungsregelung des § 2 Abs. 2 Nr. 8 RStV. An die Entgeltlichkeit seien wesentlich weniger strenge Anforderungen zu stellen, als dies seitens des Verwaltungsgerichts vertreten werde. Die wirtschaftlichen Vorteile der Klägerin im Rahmen des Gesamtgefüges der vertraglichen Konstruktionen zwischen den einzelnen Beteiligten seien als „ähnliche Gegenleistung“ anzusehen.

Unabhängig davon sei ausgehend von der werblichen Intensität, durch die sich die Sendung mit der Omnipräsenz des Sponsorenlogos auszeichne, die Werbeabsicht der Klägerin durch die Indizien belegbar und positiv feststellbar. Sie könne sich nicht lapidar darauf zurückziehen, dass es sich bei der Gesamtheit der werblichen Maßnahmen um aufgedrängte Werbung handeln würde. Der Einkauf einer Fremdproduktion befreie nicht von der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben des Rundfunkstaatsvertrags.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 3. März 2015, den Schriftverkehr im Berufungsverfahren sowie die beigezogenen Akten des Verwaltungsgerichts und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid insoweit zu Recht an der im Zeitpunkt des Bescheidserlasses geltenden Rechtslage gemessen (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 47). Die am 12. April 2010 ausgestrahlte Sendung „Learn from the Pros“ verletzt das Verbot der Schleichwerbung gemäß § 7 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. August 1991 (GVBl S. 451; BayRS 2251-6-S), zuletzt geändert durch den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 15. bis 21. Dezember 2010 (GVBl S. 258), indem durch die Darstellung des Logos „Fulltiltpoker.net“ in nahezu jeder Einstellung, zum Beispiel auf einem großen Bildschirm zwischen zwei miteinander das Geschehen kommentierenden Personen, auf animierten und tatsächlichen Spielchips, in den Bauchbinden, in erklärenden Animationen, auf den Rückseiten der Spielkarten und auf Tafeln der Studiodekoration dieses Logo werblich hervorgehoben wurde. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 23. November 2011 ist insoweit rechtmäßig. Die Klägerin wird in ihren Rechten dadurch nicht verletzt.

Die beschriebene Darstellung des Logos „Fulltiltpoker.net“ ist Schleichwerbung im Sinn der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 RStV.

Das Logo weist auf die unter der Marke „Fulltiltpoker“ angebotenen Dienstleistungen im Internet hin. Unter der Marke wurden Dienstleistungen um das Pokerspiel angeboten. Im Zeitpunkt der Produktion der Sendung und ihrer Ausstrahlung wurde mit der Internetseite „www.Fulltiltpoker.net“ ein kostenloses Angebot für Pokerspieler eröffnet, das ausschließlich der Unterhaltung diente und Übungsmöglichkeiten sowie eine Plattform für den Erfahrungsaustausch geboten hat.

Die Klägerin hatte auch die Absicht, mit der Darstellung für die Dienstleistungen von „Fulltiltpoker“ zu werben, womit die Darstellung die Voraussetzungen der Schleichwerbung im Sinne der Legaldefinition erfüllt.

Ob die Werbeabsicht schon gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 RStV und Ziffer 4 Nr. 4 der gemeinsamen Richtlinien der Landesmedienanstalten für die Werbung, die Produktplatzierung, das Sponsoring und das Teleshopping im Fernsehen (WerbeRL/FERNSEHEN – im Folgenden: WerbeRL) in der Fassung vom 23. Februar 2010 bereits gesetzlich vermutet wird, kann dahinstehen. Nach diesen Vorschriften wird die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters mit der Folge der Beweislastumkehr gesetzlich vermutet, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 69). Eine Gegenleistung liegt zwar schon dann vor, wenn die Übertragungsrechte für Produktionen, die die Werbung enthalten, verbilligt vergeben werden. Der Preisnachlass muss aber unmittelbar für die Mitübertragung der Werbung gewährt werden (Schulz in Hahn/Vesting, Beck‘scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Aufl. 2012, § 2 RStV Rn. 120). Ein derartiger unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Darstellung des Schriftzugs „Fulltiltpoker.net“ und einem Preisnachlass für die Übertragungsrechte an der Sendung „Learn from the Pros“ kann nicht ohne Weiteres festgestellt werden. In dem Vertrag zwischen der Produktionsfirma Real Media LLC und der Klägerin vom 1. Juli 2009 wurde ein Preis von 400.000 Euro für vier Programmformate von „Fulltiltpoker“ mit insgesamt 160 Stunden Programm vereinbart. Der Frage, ob der Preis – wie die Klägerin vorträgt – branchenüblich ist, muss nicht nachgegangen werden.

Soweit die Vermutung des § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 RStV nicht greift oder ihre Voraussetzungen nicht mit hinreichender Sicherheit festgestellt werden können, kann auf die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters aufgrund weiterer Indizien geschlossen werden (Ziffer 4 Nr. 3 WerbeRL). Unabhängig davon, dass die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters schon dann indiziert ist, wenn aus der Sicht eines objektiven Betrachters von der Präsentation eine werbliche Wirkung ausgeht (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 68), kommen als weitere Indizien die Intensität der Werbewirkung, die häufige Einblendung des Produktnamens, insbesondere immer dann, wenn es interessant wird, oder auch die Alleinstellung eines beworbenen Unternehmens in Frage (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 72).

Alle diese Indizien liegen hier vor. Die gesamte Sendung wird von „Fulltiltpoker“ geradezu geprägt. Das Logo „Fulltiltpoker“ kommt immer dann ins Bild, wenn die Spielzüge von zwei Kommentatoren erläutert werden, also gerade dann, wenn die Aufmerksamkeit der Zuschauer besonders gefordert ist. In der Sendung wird überdies ausschließlich die Marke „Fulltiltpoker“ präsentiert.

Zu Recht sieht das Verwaltungsgericht die nicht als Werbung gekennzeichnete Präsentation des Dienstleistungsangebots von „Fulltiltpoker“ als nicht unter dem Gesichtspunkt der sog. aufgedrängten Werbung gedeckt.

Aufgedrängte Werbung lässt einerseits den Schluss auf eine Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters nicht zu, weil sie nicht dem Zweck der Werbung dient, andererseits indiziert sie keine Irreführungsgefahr und verletzt damit auch nicht den Trennungsgrundsatz des § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV. Nach allgemeiner Meinung geht von solchen Darstellungen zwar ein Werbeeffekt aus, der jedoch nicht zu beanstanden ist, soweit die Präsentation aus überwiegend programmlich-dramaturgischen Gründen, insbesondere zur Darstellung der realen Umwelt, oder im Rahmen der Wahrnehmung von Informationspflichten erfolgt (Holznagel in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 2 RStV Rn. 68). Dieser Grundsatz wird von Ziffer 4 Nr. 1 WerbeRL aufgenommen.

Nach der Rechtsprechung (z.B. BGH, U.v. 22.2.1990 – I ZR 78/88 – BGHZ 110, 278 = juris Rn. 34) ist Werbung im Rahmen des Unvermeidbaren zulässig, weil sie als Bestandteil der realen Umwelt bei Berichten und Darstellungen nicht künstlich ausgespart werden kann. Das heißt, dass Werbung in diesem Sinn im Rahmen des Notwendigen zulässig ist bei (fiktiven) Darstellungen, also Spielfilmen, Fernsehspielen, Theaterstücken, Spielszenen, erklärenden und beratenden Beiträgen, bei der Übertragung von (realen) Ereignissen oder Berichten darüber, insbesondere über sportliche Veranstaltungen und, wenn Waren, Dienstleistungen oder Tätigkeiten selbst Gegenstand der Berichterstattung sind, z.B. bei Tests.

Die beanstandete Sendung, eine – wie die Klägerin vorgetragen und auf eine Ähnlichkeit mit Schaukämpfen im Tennis hingewiesen hat – organisierte Schauveranstaltung, kann der zweiten Fallgruppe nur schwer zugeordnet werden. Es spricht nichts dafür, dass es sich um ein Ereignis handelt, das beispielsweise einem sportlichen Schaukampf vergleichbar ist. Im Sport, besonders im Profisport, steht der Wettkampf im Vordergrund. (OVG RhPf B.v. 17.12.2008 – 2 A 10327/08 – ZUM 2009, 507 = juris Rn. 44). Ein Wettkampfzweck ist hier jedoch nicht erkennbar, vielmehr wird das Geschehen allein zur Übertragung im Fernsehen inszeniert.

So gesehen entspricht die Sendung eher der ersten Fallgruppe. Damit erfolgt die Übertragung der Werbung nicht in Wahrnehmung von Informationspflichten, muss also nicht in Kauf genommen werden, um über ein real stattfindendes Ereignis berichten zu können. Die Häufung der Darstellung des Logos von „Fulltiltpoker.net“ ist ferner nicht unter programmlich-dramaturgischen Gesichtspunkten erforderlich, sondern stellt allein den Eventsponsor „Fulltiltpoker“ heraus. Ohne programmlich-dramaturgische Notwendigkeit wird der Schriftzug „Fulltiltpoker“ immer dann platziert, wenn der Zuschauer besonders aufmerksam das Geschehen verfolgt, beispielsweise, wenn die Spielzüge von den beiden Kommentatoren näher erläutert werden. Damit wird die Grenze zwischen aufgedrängter Werbung oder realistischer Darstellung, die hinzunehmen ist, einerseits und der Schleichwerbung andererseits überschritten. Soweit – wie hier – von der Darstellung aus der Sicht eines objektiven Betrachters eine werbende Wirkung ausgeht, ist die Werbeabsicht des Rundfunkveranstalters – wie bereits dargelegt – grundsätzlich indiziert. Auch aus den übrigen näher ausgeführten Indizien ist auf eine eigene Werbeabsicht der Klägerin zu schließen.

Angesichts dessen kann sich die Klägerin nicht darauf zurückziehen, dass es sich um eine Fremdproduktion handelt. Der Rundfunkveranstalter ist dafür verantwortlich, dass von ihm ausgestrahlte Fremdproduktionen dem deutschen Rundfunkrecht genügen. Auch für ihn ist erkennbar, dass die Grenze hinnehmbarer aufgedrängter Werbung überschritten ist. Strahlt er die Sendung gleichwohl aus, ist kein anderer Schluss möglich, als dass es ihm selbst auf die Werbewirkung ankommt. Soweit der Veranstalter weder programmlich-dramaturgische Gründe geltend machen kann, noch einer Informationspflicht nachkommt, können ausschließlich wirtschaftliche Gründe des Veranstalters selbst maßgeblich sein.

Angesichts der vorliegenden Indizien für eine eigene Werbeabsicht der Klägerin kann dahinstehen, ob sich zusätzlich aus einer Gesamtbetrachtung der Sendung ein solches Indiz ergeben kann. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass irreführende Schleichwerbung auch dann vorliegt, wenn die Werbeabsicht bei nicht als Werbung gekennzeichneter Darstellung von Waren oder Dienstleistungen im redaktionellen Programm aufgrund von deren Intensität und Massierung nicht mehr verborgen bleibt. Allein aufgrund der fehlenden Kennzeichnung als Werbung wird die Eignung, über den Zweck der Darstellung zu täuschen, begründet (OVG RhPf B.v. 17.12.2008 – 2 A 10327/08 – ZUM 2009,507-513 = juris Rn. 56 und U.v. 29.4.2014 – 2 A 10894/13 – juris Rn. 67 f.). Es wäre ein merkwürdiges Ergebnis, müsste der Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz allein wegen seiner Offenkundigkeit folgenlos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO. Die Revision war gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 48 RStV zuzulassen.

Beschluss

Der Streitwert für beide Rechtszüge wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

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