Ehemann haftet bei Filesharing nicht für Ehefrau und Kinder

11. März 2013
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Eigener Leitsatz:

Der Anscheinsbeweis einer Täterschaft ist dann erschüttert, wenn die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen Geschehensablaufs besteht. Dies ist der Fall, wenn auch die Ehefrau und die Kinder Zugriff auf den Internetanschluss hatten und ebenfalls als Täter in Betracht kommen. Eine Störerhaftung scheitert bezüglich des Ehepartners daran, dass gegenüber diesem keine anlasslose Prüf- und Kontrollpflicht besteht (vgl. OLG Köln, Urteil vom 16.05.2012, Az.: 6 U 239/11). In Bezug auf die Kinder scheitert eine Störerhaftung am fehlenden Kausalitätsnachweis, da nicht festgestellt werden kann, dass eine etwaige Verletzung von Prüfpflichten gegenüber den Kindern für die Urheberrechtsverletzungen kausal geworden wäre. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass nicht die Kinder, sondern die Ehefrau – gegenüber der keine Prüfpflichten bestehen – die Urheberrechtsverletzung begangen hat.

Landgericht Köln

Urteil vom 11.09.2012

Az.: 33 O 353/11

 

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
 
Tatbestand:

Die Klägerin produziert und vermarktet Computerspiele.
Im Haushalt des Beklagten wohnen neben diesem dessen Ehefrau und die gemeinsamen Kinder (bei Klageerhebung 18 und 16 Jahre alt), die den Internetanschluss ebenfalls nutzen.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.03.2011 (Bl. 38 ff. d.A.) ließ die Klägerin den Beklagten wegen einer von ihr gesehenen Urheberrechtsverletzung betreffend das Computerspiel „Y“ erfolglos abmahnen sowie zur Zahlung angefallener Anwaltskosten und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 500,00 EUR auffordern.

Die Klägerin behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte für die Bundesrepublik Deutschland an dem Computerspiel „Y“ zu sein.

Nach den zutreffenden Feststellungen der von ihr beauftragten Firma V sei das Computerspiel am 05.02.2012 um 10:55:09 im Rahmen eines sog. Filesharingnetzwerkes über die IP-Adresse ##### zum Herunterladen verfügbar gemacht worden. Die Deutsche Telekom AG habe die Klägerin in der Folgezeit dahingehend beauskunftet, dass die betreffende IP-Adresse zum fraglichen Zeitpunkt dem Anschluss des Beklagten zugeordnet gewesen sei.
Die Klägerin meint, dass der Beklagte ihr – wenn nicht als Täter – jedenfalls als Störer hafte und ihr zur Erstattung von Anwaltskosten verpflichtet sei. Diese beziffert sie mit 651,80 EUR (1,3 Geschäftsgebühr aus 10.000,00 EUR zzgl. Auslagenpauschale).

Zur Begründung ihres Hilfsantrags verweist die Klägerin auf ihre Ansicht, dass der Beklagte die im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten zu tragen habe, weil dieser ihr gegenüber eine etwa nicht bestehende Haftung nicht substantiiert dargelegt habe.

Nachdem die Parteien die Klägerseite ursprünglich als Haupt- und Hilfsantrag gestellten Unterlassungsanträge nach Abgabe einer entsprechenden strafbewehrten Unterlassungserklärung des Beklagten übereinstimmend für erledigt erklärt haben und der Kläger die Klage hinsichtlich des zunächst ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzanspruchs i. H. v. 425,00 EUR  nebst Zinsen zurückgenommen hat, beantragt die Klägerin nunmehr,
den Beklagten zu verurteilen, 651,80 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 500,00 EUR seit dem 01.04.2011, im Übrigen seit dem 11.04.2011 an sie zu zahlen;

hilfsweise,

festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr den Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Durchführung des hier streitgegenständlichen Verfahrens mit dem Aktenzeichen 33 O 353/11 vor dem Landgericht Köln entstanden ist.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln.

In der Sache behauptet er, weder er noch eine andere Person aus seinem Haushalt hätten das Computerspiel zum Herunterladen angeboten. Die im Haushalt befindlichen Rechner und der WLAN-Anschluss seien durch eine Firewall geschützt, das WLAN WPA2-gesichert und zudem passwortgeschützt. Auf allen Rechnern sei ein Virenschutzprogramm installiert, so dass ein Upload gar nicht habe erfolgen können. Auf den im Haushalt befindlichen Rechnern befinde sich auch weder das Computerspiel „Y“ noch Filesharingsoftware. Er habe seine Ehefrau und die beiden Kinder zudem mehrmals jährlich dahingehend belehrt, dass die Teilnahme an Internettauschbörsen nicht gestattet sei, und habe die Computer auch wiedrholt auf das Vorhandensein von Tauschbörsenprogrammen untersucht. Allenfalls denkbar sei daher die Ausnutzung von – erst jetzt zu Tage getretenen – Sicherheitsmängeln des Routers durch unberechtigte Dritte.

Die angesetzten Abmahnkosten hält der Beklagte für überzogen. Allenfalls angemessen sei gemäß § 97a Abs. 2 UrhG ein Betrag von 100,00 EUR.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf das schriftsätzliche Vorbringen der Parteien und ihre zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.
Nachdem die Parteien die ursprünglich als Haupt- und Hilfsantrag angekündigten Unterlassungsanträge übereinstimmend für erledigt erklärt haben, die Klägerin die Klage hinsichtlich der zunächst ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzforderung zurückgenommen und der Beklagte dem konkludent durch Stellen des Klageabweisungsantrags hinsichtlich der „aktuellen Anträge“ zugestimmt hat, hatte die Kammer in der Hauptsache nur noch über den auf Erstattung von Anwaltskosten gerichteten Zahlungsantrag i. H. v. 651,80 EUR nebst Zinsen zu entscheiden.  Dieser ist zulässig, aber unbegründet.

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere folgt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln entgegen der Ansicht des Beklagten aus § 32 ZPO, da die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung in der unbefugten öffentlichen Zugänglichmachung eines Werkes liegt. Diese erfolgt bei der Benutzung einer sog. Tauschbörse in der Regel über das Internet bundesweit und damit bestimmungsgemäß auch in Köln (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 21.04.2011, Az.: 6 W 58/11). Ein darüber hinausgehender Bezug zum Gerichtsbezirk Köln ist – entgegen der Ansicht des Beklagten – nicht erforderlich.

2.  In der Sache hat die Klage jedoch keinen Erfolg.

a. Ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Erstattung von Abmahnkosten i. H. v. 651,80 EUR nebst Zinsen besteht nicht.
Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin Inhaberin der Urheberrechte an dem Computerspiel „Y“ ist und ob dieses tatsächlich über den Internetanschluss des Beklagten zum Herunterladen verfügbar gemacht worden ist. Denn selbst wenn man dies zugunsten der Klägerin unterstellen wollte, würde der Beklagte für die hierin liegende Urheberrechtsverletzung weder als Täter noch als Störer haften.

aa. Eine Täterhaftung des Beklagten ist zu verneinen.

(1) Das OLG Köln hat in einem vergleichbar gelagerten Fall mit Urteil vom 16.05.2012 (Az. 6 U 239/11) unter Verfestigung und Weiterentwicklung seiner bisherigen Rechtsprechung folgendes ausgeführt:

„  a) Die Ansprüche des verletzten Rechteinhabers richten sich in erster Linie gegen den Verletzer, also denjenigen, der die Rechtsverletzung als Täter – selbst, gemeinsam mit anderen oder mittelbar über unselbständig handelnde Dritte – begeht. Für ein solches täterschaftliches Handeln der Beklagten hat die Klägerin keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dargelegt und unter Beweis gestellt.

aa) Die Täterschaft des beklagten Anschlussinhabers ist als anspruchsbegründende Tatsache nach allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen vom Kläger darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Zu seinen Gunsten gelten dabei gewisse Beweiserleichterungen: Wird ein geschütztes Werk von einer IP-Adresse aus öffentlich zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist; daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen (BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 [Rn. 12] – Sommer unseres Lebens; vgl. Senat, GRUR-RR 2010, 173 [174]; Urt. v. 23.03.2012 – 6 U 67/11). Eine Umkehr der Beweislast ist damit aber ebenso wenig verbunden wie eine über seine prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Gegner alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen (vgl. BGH, NJW 2007, 155 [156] m.w.N.; Zöller / Greger, ZPO, 29. Aufl., vor § 284 Rn. 34; Prütting / Gehrlein / Laumen, ZPO, 4. Aufl., § 286 Rn. 73). Steht der Beweisführer – wie der Rechteinhaber in Bezug auf Vorgänge in der Sphäre des Anschlussinhabers – außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs, kann vom Prozessgegner (zur Vermeidung der Geständnisfiktion aus § 138 Abs. 3 ZPO) im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (vgl. BGH, NJW 2008, 982 [Rn. 16]; OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 31.08.2010 – 11 U 7/10 [Rn. 31 bei juris]). Diese sekundäre Darlegungslast geht aber in der Regel nicht so weit, dass der Anschlussinhaber durch eigene Nachforschungen aufklären müsste, wer Täter der Rechtsverletzung ist (vgl. OLG Hamm, MMR 2012, 40).

Erst recht obliegt dem Anschlussinhaber nicht der Beweis des Gegenteils in dem Sinne, dass er sich bei jeder über seinen Internetzugang begangenen Rechtsverletzung vom Vorwurf der täterschaftlichen Begehung entlasten oder exkulpieren muss. Die oben erwähnte – tatsächliche – Vermutung seiner Verantwortlichkeit beruht nämlich (mangels einer dem § 831 Abs. 1 S. 2 BGB oder § 18 Abs. 1 S. 2 StVG entsprechenden Regelung) nicht auf einer gesetzlichen Wertung, sondern wie der (nach herrschender Meinung nicht auf individuelle Willensentschlüsse anwendbare) Beweis des ersten Anscheins (vgl. Zöller / Greger, a.a.O., Rn. 29, 31; Prütting / Gehrlein / Laumen, a.a.O., Rn. 25 ff., 37 m.w.N.) auf der Annahme eines der Lebenserfahrung entsprechenden Geschehensablaufs, wonach in erster Linie der Anschlussinhaber seinen Internetzugang nutzt, jedenfalls über die Art und Weise der Nutzung bestimmt und diese mit Tatherrschaft bewusst kontrolliert. Diese Annahme wird erschüttert und die Vermutungsgrundlage beseitigt, wenn Umstände feststehen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehensablaufs – nämlich der Alleintäterschaft eines anderen Nutzers des Internetanschlusses – ergibt. Dafür wird es regelmäßig genügen, wenn Hausgenossen des Anschlussinhabers – wie sein Ehegatte – selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können (…).

Die Klägerin macht geltend, die Möglichkeit der tatsächlichen Nutzung von Internetanschlüssen durch mindestens eine weitere Person neben dem Anschlussinhaber sei der Standardfall, so dass bei Zugrundelegung der Auffassung des Senats die Vermutung regelmäßig leerlaufe und die Rechteinhaber praktisch rechtlos gestellt würden. Damit verkennt sie Begründung und Reichweite der in Rede stehenden Beweiserleichterungen, durch die kein zusätzlicher Tatbestand der täterschaftlichen Haftung von Internetanschlussinhabern geschaffen oder diesen die Führung des Negativbeweises aufgebürdet, sondern lediglich den beschränkten Wahrnehmungsmöglichkeiten der Rechteinhaber Rechnung getragen werden soll.

Nach ihrem Vorbringen muss es in Fällen der vorliegenden Art sogar bei der sekundären Darlegungslast des Anschlussinhabers sein Bewenden haben, weil danach schon kein Erfahrungssatz besteht, dass der Anschlussinhaber seinen Internetzugang vorwiegend selbst nutzt und kontrolliert, sondern der Standardfall die selbständige Nutzung durch weitere Personen ist. (…)

b) Eine Haftung der Beklagten als Teilnehmerin einer fremden Haupttat (vgl. §§ 26, 27 StGB, § 830 Abs. 2 BGB) würde neben einer Teilnahmehandlung wenigstens bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat voraussetzen, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGHZ 158, 236 [250] = GRUR 2004, 860 = WRP 2004, 1287 – Internet-Versteigerung I; BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 [Rn. 16] – Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2011, 152 = WRP 2011, 223 [Rn. 30] – Kinderhochstühle im Internet). Dies kann nach dem Vorbringen der Klägerin nicht festgestellt werden. Selbst wenn die Beklagte – wofür Anhaltspunkte fehlen – allgemein gewusst und gebilligt hätte, dass ihr Ehemann den Internetzugang zur Teilnahme an Peer-to-Peer-Netzwerken nutzte, ergab sich daraus noch nicht, dass sie von den konkret in Rede stehenden Rechtsverletzungen Kenntnis hatte (vgl. BGHZ 180, 134 = GRUR 2009, 597 = WRP 2009, 730 [Rn. 14] – Halzband, zur Nutzung eines eBay-Kontos durch die Ehefrau).“

Diesen Ausführungen, die die bisherige Rechtsprechung des OLG Köln bestätigen und vertiefen, schließt sich die Kammer in vollem Umfang an. Soweit die Klägerin dem entgegen setzen will, ausgehend von der „Sommer unseres Lebens“-Entscheidung des BGH sei es Sache des Anschlussinhabers, den „Sachverhalt so klarzustellen“, dass eine unmittelbar rechtsverletzende Handlung nur von einem Dritten und nicht von ihm begangen worden sein könnte, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn die Vermutung ist schon dann erschüttert, wenn die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen Geschehensablaufs besteht (vgl. nur Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 32. Auflage 2011, § 286 Rn. 13 m.w.N.). Dies ist aber eben schon dann der Fall, wenn außer dem Anschlussinhaber auch ein anderer Haushaltsangehöriger als Täter in Betracht kommt.

(2) Die Anwendung dieser Grundsätze führt auch im vorliegenden Fall zu einer Verneinung der täterschaftlichen Haftung des Beklagten:

(a)  Zwar hat der Beklagte vorliegend (auch) bestritten, dass irgendeine Person aus seinem Haushalt – und mithin auch nicht seine Ehefrau – die streitgegenständliche Urheberrechtsverletzung begangen habe. Darin ist aber nicht der generelle Ausschluss einer in Betracht kommenden Täterschaft der Ehefrau zu sehen. Vielmehr war der Vortrag des Beklagten unter Berücksichtigung der Gesamtumstände dahingehend zu verstehen, dass in erster Linie bestritten werden sollte, dass das Computerspiel überhaupt über den Internetanschluss des Beklagten zum Herunterladen angeboten worden ist – also weder durch den Beklagten noch durch seine Ehefrau oder seine Kinder. Für den Fall dass die Urheberrechtsverletzung doch über den Internetanschluss des Beklagten begangen worden sein sollte, wollte der Beklagte seinen Vortrag erkennbar dahingehend verstanden wissen, dass nicht nur er, sondern auch seine Ehefrau und die Kinder Zugriff auf den Internetanschluss hatten, also keinesfalls nur er als Täter in Betracht komme. Andernfalls hätte sich insbesondere jeder Vortrag des Beklagten zu einer Erfüllung seiner Prüf- und Kontrollpflichten erübrigt.

Damit aber wäre es Sache der Klägerin gewesen, die Täterschaft des Beklagten substantiiert darzulegen und unter Beweis zu stellen. Entsprechender Vortrag ist jedoch trotz mit Beschluss vom 13.06.2012 erfolgter Hinweise der Kammer (Bl. 290 ff. d.A.) nicht erfolgt.

(b) Insoweit kommt auch eine Haftung des Beklagten über § 832 BGB für etwaige Urheberrechtsverletzungen seiner Kinder nicht in Betracht. Das OLG Köln hat insoweit in einem Beschluss vom 21.04.2011 (Az. 6 W 58/11) bzgl. einer vergleichbaren Fallgestaltung, in der ebenfalls neben dem Ehepartner auch ein minderjähriges Kind Zugriff auf den Internetanschluss hatte, folgendes ausgeführt:

„Jedenfalls aber ist die Vermutung dann entkräftet, wenn weitere Personen Zugriff auf den Internetanschluss hatten und ebenso als Täter in Betracht kommen (vgl. Beschluss des Senats vom 24.3.2011 – 6 W 42/11, BeckRS 2011, 06737), wovon hier zugunsten der Beklagten zu 1 auszugehen ist. Es kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 1 jedenfalls aus § 832 BGB hafte. Dies setzte voraus, dass feststünde, dass ihr minderjähriger Sohn die Dateien zum Herunterladen angeboten hat. Dies ist aber nicht der Fall; ebenso kommen die erwachsene Tochter oder der Beklagte zu 2 als Täter in Betracht.“

Die Kammer schließt sich auch diesen Ausführungen an.

bb.
Auf Erstattung von Abmahnkosten haftet unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag zwar auch der bloße Störer. Im vorliegenden Fall kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte Störer ist.

(1)  Zur Störerhaftung hat das OLG Köln in seinem Urteil vom 16.05.2012 (Az.: 6 U 239/11) folgendes ausgeführt:

„c) Entgegen der Auffassung der Klägerin haftet die Beklagte als Inhaberin des Internetanschlusses für die streitbefangenen Urheberrechtsverletzungen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung oder unter dem Gesichtspunkt des gefahrerhöhenden Verhaltens aus der Verletzung einer Verkehrspflicht.
aa) Als Störer kann analog § 1004 BGB bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (BGH, GRUR 2011, 152 = WRP 2011, 223 [Rn. 45] – Kinderhochstühle im Internet). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH, GRUR 2004, 438 [442] – Feriendomizil I). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch Genommenem eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 [Rn. 19] – Sommer unseres Lebens; GRUR 2011, 1038 = WRP 2011, 1609 [Rn. 20] – Stiftparfüm; vgl. BGH [V. Zivilsenat], GRUR 2011, 321 [Rn. 15]). Eine Prüfpflicht kann bereits mit Inbetriebnahme einer technischen Einrichtung entstehen, setzt dann aber eine schon dadurch eintretende Gefährdung absoluter Rechtsgüter Dritter voraus (vgl. BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 [Rn. 24] – Sommer unseres Lebens; BGH [V. Zivilsenat], GRUR 2011, 321 [Rn. 16]).

bb) Im Verhältnis der Beklagten zu ihrem verstorbenen Ehemann ist hier keine solche Verletzung zumutbarer Prüfpflichten festzustellen.
Im Streitfall sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Beklagte wusste oder annehmen musste, ihr Ehepartner werde über ihren Internetanschluss Rechtsverletzungen begehen, die sie durch zumutbare Maßnahmen verhindern konnte. Insbesondere ist nicht feststellbar, dass es auch noch nach der Abmahnung der Klägerin zu Urheberrechtsverstößen unter Benutzung des Internetzugangs gekommen ist.

Von einer anlasslosen zumutbaren Prüf- und Kontrollpflicht der Beklagten gegenüber ihrem Ehemann ist dagegen nicht auszugehen. Wie der Senat bereits an anderer Stelle (Beschluss vom 24.03.2011 – 6 W 42/11 = MMR 2011, 396) näher ausgeführt hat, bestehen im Verhältnis einer Ehefrau als Internetanschlussinhaberin zu ihrem Ehemann als überwiegendem Nutzer eines solchen Anschlusses keine vergleichbaren Kontrollpflichten wie im Verhältnis der Eltern zu ihren – insbesondere minderjährigen – Kindern oder anderen Hausgenossen.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der „Halzband“-Entscheidung des BGH (BGHZ 180, 134 = GRUR 2009, 597 = WRP 2009, 730). Dort ging es darum, dass der beklagte Ehemann das Passwort zu seinem eBay-Mitgliedskonto nicht unter Verschluss gehalten, sondern in dem auch seiner Ehefrau zugänglichen Schreibtisch so verwahrt hatte, dass diese ohne Schwierigkeiten davon Kenntnis nehmen konnte. Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass er damit seine nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay bestehende Pflicht, die Zugangsdaten so geheimzuhalten, dass Dritte davon keine Kenntnis erlangen können, in einer Weise verletzt habe, die seine Haftung für die von seiner Ehefrau möglicherweise unter Verwendung dieser Daten begangenen Rechtsverletzungen begründen kann (zur vertraglichen Haftung nach Rechtsscheingrundsätzen, für die es nicht bereits ausreicht, dass der Kontoinhaber die Zugangsdaten nicht hinreichend vor dem Zugriff des Handelnden geschützt hat, vgl. BGH [VIII. Zivilsenat], NJW 2011, 2421).
Für die Überlassung eines Internetanschlusses gelten in Bezug auf die Störerhaftung für die Verletzung absoluter Rechte jedoch andere Maßstäbe (vgl. BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 [Rn. 15] – Sommer unseres Lebens). Denn beide Konstellationen sind nicht miteinander vergleichbar.
Im Streitfall geht es nicht um ein eBay-Mitgliedskonto, über das Rechtsgeschäfte abgewickelt werden, für das besondere Regeln gelten und dessen Nutzung bereits für sich genommen eine gewisse erhöhte Gefahr von Verletzungen fremder Kennzeichen- oder Urheberrechte begründen mag. Es geht vielmehr um die Nutzung eines auf den Namen eines Ehegatten laufenden Internetanschlusses, der – wie ein Telefonanschluss – regelmäßig von beiden Ehegatten gemeinsam benutzt wird (weshalb die Inanspruchnahme von Telefondienstleistungen durch einen Ehepartner grundsätzlich von § 1357 Abs. 1 BGB gedeckt ist, BGH [III. Zivilsenat], NJW 2004, 1593). Hier kann der Inhaber nicht ohne besonderen Anlass für alle Kommunikation, die über diesen Anschluss stattfindet, verantwortlich gemacht werden.

cc) Aus den vorstehenden Erwägungen erhellt zugleich, dass die vom Anschlussinhaber dem Ehepartner eingeräumte Möglichkeit, Telefon oder Internet unbeaufsichtigt für eigene Zwecke – und damit unter Umständen auch für unerlaubte Handlungen – zu nutzen, kein relevantes gefahrerhöhendes Verhalten (Ingerenz) im Sinne einer Verletzung von Verkehrspflichten (vgl. BGHZ 173, 188 [Rn. 22, 36] = GRUR 2007, 890 = WRP 2007, 1173 – Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, Urteil vom 09.11.2011 – I ZR 150/09 – Basler-Haar-Kosmetik [Rn. 60] m.w.N.) darstellt, die seine Mithaftung begründet.“

Auch diesen Ausführungen schließt sich die Kammer an. Soweit die Klägerin meint, dass die Verneinung von Prüfpflichten gegenüber dem Ehepartner in Fällen wie dem vorliegenden nicht mit § 1357 BGB in Einklang zu bringen sei, geht dies fehl. Unabhängig davon, dass § 1357 BGB ohnehin nur auf Rechtsgeschäfte – die noch dazu der angemessenen Deckung des gemeinsamen Lebensbedarfs dienen müssen – Anwendung findet, beruht die Vorschrift nämlich auf dem Gedanken, dass eine Verständigung der Eheleute nicht vor jedem Geschäft, dass der angemessenen Deckung des Lebensbedarfs dient, erfolgen kann. Hiermit wäre es aber unvereinbar, wenn den einen Ehepartner nunmehr in diesem Bereich eine Kontrollpflicht gegenüber dem jeweils anderen Ehepartner träfe.

(2)  Die Anwendung der geschilderten Grundsätze auf den hier zu entscheidenden Fall führt zur Verneinung einer Störerhaftung des Beklagten.
Zwar kann nach dessen Vorbringen – siehe oben – nicht ausgeschlossen werden, dass dessen Ehefrau für die Urheberrechtsverletzungen verantwortlich ist. Mangels dieser gegenüber bestehenden Prüfpflichten würde der Beklagte hierfür aber nicht haften.

Eine Störerhaftung ergibt sich auch nicht daraus, dass – anders als in dem vom OLG Köln zu entscheidenden Fall – auch die Kinder des Beklagten Zugriff auf den Internetanschluss hatten. Zwar bestehen hinsichtlich der Nutzung eines vorhandenen Internetanschlusses durch Kinder – jedenfalls, wenn diese noch minderjährig sind – Prüf- und Kontrollpflichten des Anschlussinhabers, deren Verletzung zu einer Haftung als Störer führen kann. Im vorliegenden Fall kann jedoch – dies entspricht auch der Rechtssprechung des OLG Köln zum fehlenden Kausalitätsnachweis i. R. d. Haftung des Anschlussinhabers über § 832 BGB in Fällen, in denen neben minderjährigen Kindern auch der andere Ehepartner im Haushalt lebt, siehe oben – nicht festgestellt werden, dass eine etwaige Verletzung solcher Prüfpflichten gegenüber den Kindern des Beklagten für die Urheberrechtsverletzungen kausal geworden wäre. Auch dann könnte nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass die Urheberrechtsverletzungen nicht durch die Kinder, sondern durch die Ehefrau des Beklagten – der gegenüber Prüfpflichten aber gar nicht bestanden – erfolgt wären.

Insoweit wäre es aber wieder Sache der darlegungsbelasteten Klägerin, denjenigen Kausalverlauf schlüssig darzulegen und ggf. zu beweisen, der eine Störerhaftung des Beklagte begründen könnte. Können nämlich schon weitergehende – sekundäre – Darlegungen des Anschlussinhabers als diejenige, dass Hausgenossen selbständig auf den Internetanschluss zugreifen können (s.o.), bei der täterschaftlichen Haftung, bei der zudem eine tatsächliche Vermutung gegen den Anschlussinhaber streitet, nicht verlangt werden, kann dies erst recht nicht bei der Verteidigung gegen die Inanspruchnahme als Störer gefordert werden.

Die Klägerin kann sich hier zur Erfüllung ihrer Darlegungslast auch nicht mit einem pauschalen Verweis auf die Art des Computerspiels begnügen. Zielgruppe des Computerspiels „Y“ mögen vor allem Jugendliche sein. Dies genügt jedoch nicht, um eine Täterschaft der Kinder des Beklagten zu vermuten. Denn zum einen handelt es sich um individuelle Geschmacksfragen. Zum anderen bleibt denkbar, dass die Ehefrau des Beklagten das Spiel für eines ihrer Kinder heruntergeladen hat. Im Übrigen muss diese das Spiel aber auch gar nicht heruntergeladen haben. Denn inkriminierte Handlung ist das Bereitstellen des Spiels zum Herunterladen durch andere Filesharingteilnehmer, nicht aber das Herunterladen durch den Nutzer. Möglich ist es daher, dass durch die Ehefrau des Beklagten etwas ganz anderes (z. B. auch ein Musiktitel) heruntergeladen wurde und in dieser Zeit ein anderer Filesharingteilnehmer Zugriff auf das auf dem Computer im Filesharingordner enthaltene Spiel genommen hat.

Für die etwaige Verletzung von Sicherungspflichten bzgl. der Einrichtung des Routers gilt entsprechendes. Es ist schon nicht substantiiert dargelegt, dass etwaige Verletzungen für die Urheberrechtsverletzungen kausal geworden wären.

b. Auch der von der Klägerin gestellte Hilfsantrag, mit welchem sie die Feststellung begehrt, dass der Beklagte ihr zum Ersatz des durch die Durchführung des hiesigen Verfahrens entstandenen Schaden verpflichtet sei, hat keinen Erfolg.

Für ein entsprechendes Begehren besteht keine Anspruchsgrundlage. Insbesondere besteht grundsätzlich keine Pflicht des unberechtigt Abgemahnten, vorgerichtlich überhaupt Stellung zu den ihm gemachten Vorwürfen zu nehmen, geschweige denn, diese zu widerlegen. Im Übrigen hat der Beklagte die Klägerin hier aber auch sogar mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 11.04.2011 (Bl. 46 f. d.A.) darauf hinweisen lassen, dass weder er noch irgendjemand über seinen Internetanschluss die Urheberrechtsverletzungen begangen habe. Dies hätte der Klägerin Anlass zu Überprüfungen geben können; von dem Beklagten jedenfalls war keine weitere Substantiierung zu verlangen.

II.
 Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91a ZPO. Dabei waren der Klägerin auch die auf die übereinstimmend für erledigt erklärten Unterlassungsanträge entfallenden Kosten aufzuerlegen. Denn aus den obigen Ausführungen ergibt sich, dass der Beklagte auch diesbezüglich nicht passivlegitimiert ist, die Klägerin also auch insoweit in dem Rechtsstreit unterlegen wäre. Billigkeitsgesichtspunkte, die eine abweichende Kostenverteilung erfordern würden, sind nicht ersichtlich.

III.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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