KiNDER, KINDER!

07. Januar 2010
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
9098 mal gelesen
0 Shares

Eigener Leitsatz:

Die Wortmarken "TiMi KiNDERJOGHURT" und "KINDER" sind sich nicht ähnlich. Obwohl in beiden Zeichen das Element "kinder" vorkommt, schließt sich eine Ähnlichkeit aufgrund verschiedener visueller und klanglicher Merkmale aus. Das fragliche Element prägt zudem unterscheidlich stark den Gesamteindruck, im Zeichen TiMi KiNDERJOGHURT ist es sogar von fast vernachlässigender Bedeutung. 

Europäisches Gericht erster Instanz

Urteil vom 14.10.2009

Az.: T-140/08

In der Rechtssache T-140/08

Ferrero SpA mit Sitz in Alba (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Gielen und F. Jacobacci,

Klägerin,

gegen

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch D. Botis als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer:

Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck mit Sitz in Innsbruck (Österreich),

betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 30. Januar 2008 (Sache R 682/2007-2) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen der Ferrero SpA und der Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck

erlässt

DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer),

unter Mitwirkung der Präsidentin I. Pelikánová, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters S. Soldevila Fragoso,

Kanzler: B. Pastor, Hilfskanzlerin,

aufgrund der am 14. April 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 22. Juli 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,

auf die mündliche Verhandlung vom 11. März 2009

folgendes

Urteil


Vorgeschichte des Rechtsstreits

Am 8. April 1998 meldete die Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) eine Gemeinschaftsmarke an.

Dabei handelte es sich um folgendes Bildzeichen:

Die Marke wurde für folgende Waren der Klasse 29 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:

„Joghurt, Fruchtjoghurt, Joghurtgetränke, Früchte enthaltende Joghurtgetränke; vorwiegend auf Joghurt bzw. auf Joghurtprodukten basierende halbfertige und fertige Speisen; Joghurt-Cremen“.

Am 14. Januar 1999 erhob die Klägerin, die Ferrero SpA, gegen die Anmeldung hinsichtlich aller von dieser erfassten Waren einen Widerspruch, den sie auf ihre seit dem 28. Januar 1965 in Italien eingetragene ältere Wortmarke KINDER (erst Nr. 168843, nach Verlängerung Nr. 684985) für die Waren „Kaffee, Tee, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Brot, Kekse, Kuchen, Teig für Kuchen und Süßwaren, Eiscreme, Honig, Melassesirup, Hefe und Hefepulver; Salz, Senf; Pfeffer, Essig, Soßen; Gewürze; Speiseeis; Kakao, Kakaoprodukte, nämlich Kakaotrunkpaste, Schokoladenpaste; Teigmäntel, insbesondere Schokoladenmäntel, Schokolade, Pralinen, Schokoladenschmuck für Weihnachtsbäume, mit Alkohol gefüllte Schokoladenprodukte, Konditor‑ und Konfiseriewaren, einschließlich harter und weicher Teigmäntel für Kuchen“ in Klasse 30 stützte.

Mit Entscheidung vom 29. September 2000 wies die Widerspruchsabteilung den Widerspruch gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 207/2009) zurück.

Diese Entscheidung wurde anschließend von der Vierten Beschwerdekammer mit Entscheidung vom 3. November 2003 in der Sache R 1147/2000-4 bestätigt.

Nach der Zurückweisung des Widerspruchs wurde die Marke im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 42/2004 vom 11. Oktober 2004 veröffentlicht.

Am 19. August 2005 reichte die Klägerin gegen die Eintragung dieser Gemeinschaftsmarke hinsichtlich aller von dieser erfassten Waren einen Antrag auf Nichtigerklärung nach Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 53 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009) ein.

Die Klägerin bezog sich für diesen Antrag auf Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 und stützte ihn auf ihre oben in Randnr. 4 genannte italienische Eintragung sowie 35 weitere ältere italienische, französische, spanische und internationale Rechte, die in Randnr. 5 ihrer Klageschrift aufgeführt sind und die alle den Bestandteil „kinder“ mit einem Zusatzelement und/oder Bildelemente enthalten.

Mit Entscheidung vom 14. März 2007 erklärte die Nichtigkeitsabteilung die Gemeinschaftsmarke TiMi KiNDERJOGHURT nach Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 für nichtig.

Am 4. Mai 2007 legte die Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung nach Art. 59 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 60 der Verordnung Nr. 207/2009) beim HABM eine Beschwerde ein.

Der Beschwerde wurde von der Zweiten Beschwerdekammer mit Entscheidung vom 30. Januar 2008 stattgegeben (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Die Beschwerdekammer hob die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung auf und wies den Antrag auf Nichtigerklärung zurück.

Zur Begründung führte die Beschwerdekammer zunächst aus, dass die Nichtigkeitsabteilung, obgleich Entscheidungen über Widersprüche keine Rechtskraft zukomme, an die Feststellungen und die Schlussfolgerungen in der Sache, die in früheren Entscheidungen des HABM enthalten seien, gebunden bleibe, denn dies folge aus der Regel nemo potest venire contra factum proprium, wonach die Verwaltung durch ihre eigenen Handlungen gebunden werde, insbesondere wenn diese den Verfahrensbeteiligten den ordnungsgemäßen Erwerb von Rechten an einer Gemeinschaftsmarke erlaubt hätten. Sodann bestätigte die Beschwerdekammer die in der Entscheidung der Widerspruchsabteilung und in der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer vom 3. November 2003 getroffenen Feststellungen, mit denen die Marken angesichts ihrer erheblichen visuellen und klanglichen Unterschiede als insgesamt verschieden beurteilt worden waren. Die Beschwerdekammer wies daher den Antrag auf Nichtigerklärung zurück, da eine Anwendungsvoraussetzung des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94, nämlich die Identität oder Ähnlichkeit der Zeichen, nicht erfüllt sei.

Anträge der Parteien

Die Klägerin beantragt,

– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;

– dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

Das HABM beantragt,

– die Klage insgesamt abzuweisen;

– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen;

– hilfsweise, falls nach Auffassung des Gerichts die Zeichen nicht unähnlich sein sollten, über die Anwendung von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 zu entscheiden, wenn das Gericht dafür über hinreichende Informationen verfügt, oder die Sache zur weiteren Entscheidung an das HABM zurückzuverweisen;

– letzterenfalls dem HABM nur seine eigenen Kosten aufzuerlegen.


Entscheidungsgründe

Die Klägerin stützt ihre Klage auf zwei Klagegründe, nämlich erstens eine fehlerhafte Anwendung des Grundsatzes der Rechtskraft und zweitens einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94.

Zum ersten Klagegrund: Fehlerhafte Anwendung des Grundsatzes der Rechtskraft

Vorbringen der Parteien

Im Rahmen des ersten Klagegrundes trägt die Klägerin vor, dass sich die Beschwerdekammer selbst widersprochen habe, soweit sie einerseits ausgeführt habe, dass Entscheidungen über Widersprüche keine negative Rechtskraftwirkung hätten, weil sie der Zulässigkeit eines späteren Antrags auf Nichtigerklärung nicht entgegenstünden, und andererseits behauptet habe, dass solche Entscheidungen, wenn über einen späteren Antrag auf Nichtigerklärung im Verhältnis zwischen denselben Beteiligten, mit gleichem Gegenstand und mit gleicher Begründung zu entscheiden sei, nicht völlig unbeachtet bleiben dürften. Die Klägerin betont, dass Entscheidungen über Widersprüche im Rahmen eines späteren Nichtigkeitsverfahrens keinerlei Bindungswirkung hätten. Sie führt dafür die folgenden vier Gründe an.

Erstens seien die vor der Nichtigkeitsabteilung vorgebrachten neuen Tatsachen und ergänzenden Beweismittel, insbesondere die Nachweise für die Bekanntheit der Marke KINDER und der Markenfamilie KINDER, ausreichend, um den Streitgegenstand weitgehend zu ändern, so dass die Schlussfolgerungen, die in der Entscheidung über den Widerspruch gezogen worden seien, nicht mehr zutreffend seien.

Zweitens sei die von der Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung getroffene Unterscheidung zwischen „positiver“ und „negativer“ Rechtskraftwirkung gekünstelt und rechtlich unbegründet. Eine Entscheidung erwachse entweder in Rechtskraft oder nicht.

Drittens sei der in der angefochtenen Entscheidung angeführte Grundsatz nemo potest venire contra factum proprium dem Verwaltungsverfahren fremd.

Viertens könnten die Zurückweisung eines Widerspruchs und anschließende Eintragung einer Gemeinschaftsmarke für deren Inhaber weder Rechtssicherheit noch Vertrauensschutz erzeugen, weil die geltende Regelung die Möglichkeit biete, die Eintragung später mit einem Antrag auf Nichtigerklärung oder einer Widerklage im Verletzungsverfahren anzugreifen.

Infolgedessen sei die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Das HABM schließt sich zunächst der in der angefochtenen Entscheidung sowie in der Klageschrift vertretenen Auffassung an, dass die Nichtigkeitsabteilung durch den Ausgang des Widerspruchsverfahrens nicht gebunden sei, wenn sich der der Streitigkeit zugrunde liegende Sachverhalt erheblich geändert habe, weil sie dann über eine neue Sache zu entscheiden habe.

Das HABM erläutert weiter, dass hingegen in Verfahren, in denen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse die gleichen seien, eine wichtige Unterscheidung zu treffen sei zwischen einerseits dem „Kohärenzgebot“, das eine mit der Eintragung von Marken befasste behördliche Instanz dadurch zu wahren habe, dass sie in jedem Verfahren die gleichen Rechtsgrundsätze anwende und nach Möglichkeit Präzedenzentscheidungen in identischen oder ähnlichen Fällen berücksichtige, und andererseits der Verpflichtung dieser Instanz, wegen der rechtlichen Bindungswirkung ihrer eigenen früheren Entscheidung oder der früheren Entscheidung einer übergeordneten behördlichen oder gerichtlichen Instanz zu dem gleichen Ergebnis wie in einem früheren Verfahren zu gelangen.

Das „Kohärenzgebot“, das durch den Erlass mehr oder weniger bindender interner Leitlinien, Praxishandreichungen oder Qualitätskontrollen umgesetzt werde, werde nach der Rechtsprechung durch die Wahrung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung beschränkt. Infolgedessen könne eine Behörde nicht durch eine frühere Entscheidung gebunden sein, die fehlerhaft sei. Da namentlich die Entscheidungen, die das HABM gemäß der Verordnung Nr. 40/94 über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke zu treffen habe, gebundene Entscheidungen und keine Ermessensentscheidungen seien, sei die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen allein auf der Grundlage der Verordnung Nr. 40/94 in ihrer Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter und nicht auf der Grundlage einer früheren Entscheidungspraxis des HABM oder seiner Beschwerdekammern zu beurteilen.

Daher könne die Regel nemo potest venire contra factum proprium unabhängig von der Frage, ob sie hier anwendbar sei, im vorliegenden Fall nicht dahin ausgelegt werden, dass die Nichtigkeitsabteilung durch die früheren Entscheidungen der Widerspruchsabteilung oder der Beschwerdekammer in der gleichen Angelegenheit gebunden werde.

Diese Auslegung stehe überdies in Einklang mit einem Umkehrschluss aus Art. 62 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 64 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009), nach dessen Wortlaut die rechtliche Beurteilung, die die Beschwerdekammern ihren Entscheidungen zugrunde legten, nur für die „erste Instanz“ bindend sei, wenn die Angelegenheit an die Instanz, die die angefochtene Entscheidung erlassen habe, zurückverwiesen werde und soweit der Tatbestand derselbe sei.

Das HABM stimmt im Übrigen dem Vorbringen der Klägerin zu, dass die Zurückweisung eines Widerspruchs und anschließende Eintragung einer Gemeinschaftsmarke keinen Vertrauensschutz schaffen könnten.

Aus diesen Überlegungen schließt das HABM, dass der Beschwerdekammer, soweit sie angenommen habe, dass die Nichtigkeitsabteilung durch die frühere Entscheidung der Widerspruchsabteilung gebunden gewesen sei, tatsächlich ein Rechtsfehler unterlaufen sei.

Nach Ansicht des HABM ist jedoch vor einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung festzustellen, ob die Beschwerdekammer in der Sache fehlerfrei entschieden habe. Für das vorliegende Verfahren sei daher zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung begründet sei, soweit die Beschwerdekammer darin die Zeichenähnlichkeit im Rahmen von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 beurteilt habe.

Würdigung durch das Gericht

Im Rahmen des vorliegenden Klagegrundes ist zu prüfen, welche Relevanz in einem vor dem HABM geführten Nichtigkeitsverfahren Feststellungen und Schlussfolgerungen besitzen, die eine Beschwerdekammer in einer früheren Entscheidung über dieselbe Gemeinschaftsmarke zu einem Widerspruchsverfahren zwischen denselben Beteiligten getroffen hat.

Dazu ist zunächst zu bemerken, dass unabhängig davon, wie diese Frage zu beantworten ist, die Beschwerdekammer in den Randnrn. 32 bis 46 der angefochtenen Entscheidung eine eigenständige und vollständige Prüfung der Streitigkeit in der Sache vornahm, wobei sie insbesondere die Ähnlichkeit der in Frage stehenden Zeichen prüfte, die Gegenstand des zweiten Klagegrundes ist.

Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer ungeachtet ihrer Ausführungen in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung im vorliegenden Fall den Grundsatz der Rechtskraft nicht anwandte. Der erste Klagegrund beruht daher auf einer fehlerhaften Prämisse und ist deshalb zurückzuweisen.

Gleichwohl ist vor der Prüfung des zweiten Klagegrundes darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer in den Randnrn. 17 bis 29 der angefochtenen Entscheidung zu Recht darlegte, dass der Grundsatz der Rechtskraft, nach dem der endgültige Charakter einer gerichtlichen Entscheidung nicht in Frage gestellt werden darf, auf das Verhältnis zwischen einer Endentscheidung über einen Widerspruch und einem Antrag auf Nichtigerklärung insbesondere deshalb keine Anwendung findet, weil die Verfahren vor dem HABM Verwaltungsverfahren und keine gerichtlichen Verfahren sind und weil die einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 40/94, nämlich Art. 52 Abs. 4 und Art. 96 Abs. 2 (jetzt Art. 53 Abs. 4 und Art. 100 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009), nichts in diesem Sinne vorsehen.

Ebenfalls zu Recht hat die Beschwerdekammer in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die in der Endentscheidung über einen Widerspruch getroffenen Feststellungen bei der Entscheidung über einen Antrag auf Nichtigerklärung im Verhältnis zwischen denselben Beteiligten, mit gleichem Gegenstand und mit gleicher Begründung nicht völlig unbeachtet bleiben dürfen, sofern diese Feststellungen oder entschiedenen Punkte nicht durch neue Tatsachen, Beweismittel oder Gründe berührt werden. Diese Erwägung ist nämlich nur ein spezieller Ausdruck der Rechtsprechung, nach der die frühere Entscheidungspraxis des HABM einen Umstand darstellt, der bei der Beurteilung, ob ein Zeichen als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann, berücksichtigt werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 9. Juli 2008, Reber/HABM – Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli [Mozart], T-304/06, Slg. 2008, II-1927, Randnrn. 45 und 53).

Zu Unrecht hingegen nahm die Beschwerdekammer in Randnr. 30 der angefochtenen Entscheidung an, dass aufgrund der Regel nemo potest venire contra factum proprium, des Schutzes erworbener Rechte sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes die Stellen des HABM in einem Nichtigkeitsverfahren an die Feststellungen gebunden seien, die in der das Widerspruchsverfahren abschließenden Entscheidung getroffen worden seien. Zum einen nämlich kann die im Widerspruchsverfahren ergangene, selbst die dieses Verfahren abschließende Entscheidung, da sie keine Rechtskraft besitzt, weder erworbene Rechte noch Vertrauensschutz hinsichtlich des Ausgangs eines späteren Nichtigkeitsverfahrens begründen. Zum anderen würde, folgte man der Argumentation der Beschwerdekammer in diesem Punkt, dem Vorgehen gegen eine eingetragene Gemeinschaftsmarke, die Gegenstand einer Entscheidung über einen Widerspruch war, mittels eines Antrags auf Nichtigerklärung im Verhältnis zwischen denselben Beteiligten, mit gleichem Gegenstand und mit gleicher Begründung jede praktische Wirksamkeit genommen, obgleich dieses Vorgehen, wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, nach der Verordnung Nr. 40/94 möglich ist.

Das Ergebnis, zu dem die Beschwerdekammer hinsichtlich der Bindungswirkung von Feststellungen, die in der Endentscheidung über einen Widerspruch enthalten sind, im Rahmen des späteren Nichtigkeitsverfahrens gelangte, ist daher verfehlt.

Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94

Vorbringen der Parteien

Im Rahmen des zweiten Klagegrundes trägt die Klägerin erstens vor, dass die Bekanntheit ihrer verschiedenen älteren Marken von der Beschwerdekammer nicht ordnungsgemäß berücksichtigt worden sei.

Insoweit sei zunächst daran zu erinnern, dass die Bekanntheit und die Unterscheidungskraft im Zusammenhang mit Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 eine „entscheidende Rolle“ spielten und sie auch im Zusammenhang mit Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 wesentliche Gesichtspunkte für die Bejahung oder Verneinung von Verwechslungsgefahr seien.

Obgleich die Beschwerdekammer in Randnr. 35 der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich des hohen Bekanntheitsgrads der älteren Marke die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung bestätigt habe, habe sie es anschließend versäumt, diese Bekanntheit bei ihrer Prüfung der Unterscheidungskraft der älteren Marke und bei deren Vergleich mit der angegriffenen Marke zu berücksichtigen.

Soweit die Beschwerdekammer bei ihrer Würdigung der Nachweise für die Bekanntheit der älteren Marke in Randnr. 35 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt habe, es gehe aus den Studien auch hervor, dass das Wort „kinder“ spontan mit den Konfiseriewaren der Marke KINDER in gedankliche Verbindung gebracht werde, habe sie zudem die Bandbreite der Waren, mit denen sich die Bekanntheit der Marke KINDER verbinde, unangemessen eingeengt. Bei richtiger Würdigung hätte sich nämlich die Schlussfolgerung ergeben, dass die Marke KINDER nicht nur mit Konfiseriewaren gedanklich in Verbindung gebracht werde, sondern auch mit Schokolade, Schokoladeeiern, Snacks (einschließlich Snacks auf Milchbasis) und Schokoladeriegeln.

Schließlich sei entgegen den Darlegungen der Beschwerdekammer bei der Beurteilung, ob zwei Zeichen einander ähnlich seien, die Bekanntheit einer Marke zu berücksichtigen. Insoweit sei an die Rechtsprechung zu erinnern, nach der Marken, die entweder von Haus aus oder infolge ihrer Bekanntheit auf dem Markt eine erhöhte Unterscheidungskraft besäßen, einen größeren Schutzumfang genössen als Marken mit geringerer Unterscheidungskraft. Obgleich diese Rechtsprechung Fragen der Ähnlichkeit im Rahmen von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 betreffe, sei doch die Bekanntheit als ein im vorliegenden Fall relevanter Umstand gleichfalls für die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Zeichen im Rahmen des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 zu berücksichtigen. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass im früheren Markenrecht der Benelux-Länder das Bestehen eines Zusammenhangs zwischen dem Bekanntheitsgrad und der Ähnlichkeit von Marken in dem Sinne anerkannt gewesen sei, dass das Vorliegen einer gedanklichen Verknüpfung oder Ähnlichkeit umso eher bejaht worden sei, je stärker oder bekannter die Marke sei.

Auch wenn, zweitens, die von der angegriffenen Marke erfassten Waren und die Waren der älteren Marken nicht identisch seien und nicht zur selben Klasse gehörten, ändere dies doch nichts daran, dass die in Frage stehenden Waren hochgradig ähnlich seien. Da nämlich die Waren der Markenfamilie mit dem Wortelement „kinder“ im Bewusstsein der Verbraucher eng mit Milch und allgemein Milchprodukten verknüpft seien, erschiene eine Benutzung des Zeichens TiMi KiNDERJOGHURT für Produkte auf Joghurtbasis geeignet, bei den Verbrauchern eine enge gedankliche Verbindung zwischen den Produkten dieser Markenfamilie und den von der angegriffenen Marke erfassten Waren herzustellen.

Die Klägerin rügt drittens, dass die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt habe, dass die Klägerin Inhaberin einer großen Familie von Marken sei, die den Bestandteil „kinder“ in Verbindung mit Wörtern oder mit unterscheidungskräftigen oder beschreibenden Symbolen enthielten oder daraus zusammengesetzt seien.

Das Vorliegen einer Serie oder Familie von Marken sei jedoch für die Beurteilung, ob Verwechslungsgefahr bestehe, ein maßgeblicher Faktor. Eine Verwechslungsgefahr könne nämlich durch die Möglichkeit begründet werden, dass die angegriffene Marke und die zu der Serie gehörenden älteren Marken gedanklich in Verbindung gebracht werden könnten, wenn die angegriffene Marke mit den älteren Marken Ähnlichkeiten aufweise, die den Verbraucher glauben machen könnten, dass sie Teil dieser Serie sei und dass daher die mit ihr gekennzeichneten Waren die gleiche betriebliche Herkunft wie die Waren der älteren Marke oder eine verwandte Herkunft hätten. Eine Verwechslungsgefahr könne sogar dann bestehen, wenn der Vergleich zwischen der angegriffenen Marke und den älteren Marken, jeweils getrennt betrachtet, nicht die Feststellung erlaube, dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr vorliege.

Da im vorliegenden Fall weder von der Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck noch von der Beschwerdekammer jemals bestritten worden sei, dass der Bestandteil „kinder“ der wesentliche Bestandteil einer Markenfamilie sei und dass alle Marken, aus denen diese Familie bestehe, auf dem Markt weithin benutzt und von den Verbrauchern als eine Markenfamilie wahrgenommen würden, liege es auf der Hand, dass die angegriffene Marke, da sie ebenfalls den Bestandteil „kinder“ enthalte, unmittelbar als eine weitere Marke der Familie oder Serie wahrgenommen würde. Die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Assoziationsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 werde dadurch zur Gewissheit.

Viertens schließlich macht die Klägerin geltend, dass die von der Beschwerdekammer in den Randnrn. 36 bis 44 der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Beurteilung, der zufolge die beiden Zeichen nicht ähnlich seien, unstimmig und unrichtig sei. Die Klägerin stützt dies auf die drei folgenden Gründe.

Zunächst habe die Beschwerdekammer nicht die Rechtsprechung berücksichtigt, der zufolge der erforderliche Ähnlichkeitsgrad im Rahmen des Zeichenvergleichs gemäß Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 nicht der gleiche sei wie nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung. Anders als die letztgenannte Bestimmung sei im Rahmen von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung nämlich nicht erforderlich, dass die Ähnlichkeit der Zeichen eine Verwechslungsgefahr auslösen könne.

Sodann habe die Beschwerdekammer, statt die Ähnlichkeit der Zeichen anhand des von ihnen hervorgerufenen Gesamteindrucks zu beurteilen, die angegriffene Marke einer „zergliedernden Betrachtung“ unterworfen.

Schließlich sei drittens die von der Beschwerdekammer getroffene Feststellung, dass der Bestandteil „Timi“ der dominierende Bestandteil der angegriffenen Marke sei, offensichtlich verfehlt. Zum einen nämlich sei dieser Bestandteil in Weiß auf dunklerem Hintergrund wiedergegeben, was ihn „weniger unmittelbar lesbar“ mache als bei einer Wiedergabe in Schwarz auf weißem Hintergrund, und zum anderen mache er seiner Größe nach nur einen kleinen Teil der Gesamtmarke aus. Das dominierende Element der Marke sei vielmehr das Element „kinder“. Denn zum einen sei das Element „Kinderjoghurt“ in Schwarz wiedergegeben und nehme erheblich mehr Raum ein als der Bestandteil „Timi“. Zum anderen müsse das Element „Joghurt“ als ein beschreibendes Wort entweder als ein zu vernachlässigender Bestandteil oder aber als ein Element betrachtet werden, das faktisch die Ähnlichkeit mit der Markenfamilie KINDER hervorhebe. Gleichfalls verfehlt sei im Übrigen die von der Beschwerdekammer in Randnr. 41 der angefochtenen Entscheidung getroffene Feststellung, dass der Bestandteil „kinder“ nicht hervortrete oder nicht als ein eigenständiger Bestandteil erscheine und mit dem Element „Joghurt“ verbunden sei. Nach der Rechtsprechung beseitige die Verbindung eines unterscheidungskräftigen Elements mit einem beschreibenden Element nämlich nicht die Ähnlichkeit des unterscheidungskräftigen Elements. Selbst wenn man annähme, dass das Element „Timi“ gleichfalls relevant sei, hätte die Beschwerdekammer dennoch beim Vergleich der beiden Zeichen nicht den Bestandteil „kinder“ völlig übergehen dürfen. Insoweit sei daran zu erinnern, dass im Einzelfall eine ältere Marke, die von einem Dritten in einem zusammengesetzten Zeichen benutzt werde, das die Unternehmensbezeichnung dieses Dritten enthalte, eine selbständig kennzeichnende Stellung in dem zusammengesetzten Zeichen behalte, ohne jedoch darin den dominierenden Bestandteil zu bilden. In einem solchen Fall könne der von dem zusammengesetzten Zeichen hervorgerufene Gesamteindruck das Publikum glauben machen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammten, in welchem Fall das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen sei.

Aus alledem ergebe sich in Anbetracht der Ähnlichkeit der Marken und der Waren sowie bei Berücksichtigung der Bekanntheit der Marke KINDER und der Markenfamilie der Klägerin, dass erstens eine erhöhte Gefahr der Beeinträchtigung im Sinne von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 vorliege, die in einer Schädigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Wortmarke KINDER bestünde, dass ferner die Tirol Milch reg. Gen. mbH Innsbruck diese Unterscheidungskraft und Wertschätzung in unlauterer Weise ausnutze und dass schließlich auch eine erhöhte Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung bestehe.

Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

Würdigung durch das Gericht

Es ist zunächst hervorzuheben, dass das Vorliegen einer Ähnlichkeit zwischen der älteren Marke und der angegriffenen Marke eine Anwendungsvoraussetzung bildet, die Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94, auf die Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung verweist, gemeinsam ist. Hinsichtlich der Beurteilung dieser Anwendungsvoraussetzung ist der Rechtsprechung zu Art. 5 Abs. 2 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1), dessen Regelungsgehalt mit dem des Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 im Wesentlichen identisch ist, zu entnehmen, dass diese Voraussetzung insbesondere Gemeinsamkeiten im Bild, im Klang oder in der Bedeutung erfordert (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 23. Oktober 2003, Adidas-Salomon und Adidas Benelux, C-408/01, Slg. 2003, I-12537, Randnr. 28 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Im Übrigen geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 weiter hervor, dass für die Erfüllung dieser die Ähnlichkeit betreffenden Voraussetzung nicht der Nachweis erforderlich ist, dass für die betroffenen Verkehrskreise zwischen der älteren bekannten Marke und der angegriffenen Marke Verwechslungsgefahr besteht. Es genügt, dass der Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken bewirkt, dass die beteiligten Verkehrskreise die Marken gedanklich miteinander verknüpfen. Ob eine solche gedankliche Verknüpfung besteht, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles umfassend zu beurteilen. Beim Vergleich der Zeichen ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken nach Bild, Klang oder Bedeutung auf den von ihnen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente der Marken zu berücksichtigen sind (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts vom 16. April 2008, Citigroup und Citibank/HABM – Citi [CITI], T-181/05, Slg. 2008, II-669, Randnrn. 64 und 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall bestehen trotz der Präsenz des Elements „kinder“ in beiden Zeichen, wie die Beschwerdekammer in Randnr. 42 der angefochtenen Entscheidung zu Recht ausgeführt hat, eine Reihe von visuellen und klanglichen Merkmalen, die es ausschließen, dass die Zeichen als ähnlich wahrgenommen werden.

Erstens bildet das Element „kinder“ eine Einheit mit dem Element „Joghurt“, was diesen Elementen eine eigenständige, spezifische Existenz nimmt. Die Elemente „kinder“ und „Joghurt“ haben nämlich nicht nur den gleichen visuellen Stellenwert, sondern die stilisierten Unregelmäßigkeiten der tanzenden und gewellten Schriftart des Elements „Kinderjoghurt“ machen dieses zu einer harmonischen Einheit, in der die beiden dieses Element bildenden Elemente kaum noch wahrnehmbar sind. Diese Besonderheiten zeigen entgegen dem Vorbringen der Klägerin, dass das Element „kinder“ nicht einfach nur mit dem Element „Joghurt“ verbunden ist. Zum anderen ähnelt die angegriffene Marke wegen des in ihr verwendeten stilisierten Schriftbilds visuell nicht der älteren Wortmarke, die dem Antrag auf Nichtigerklärung zugrunde liegt und die in klassischem Schriftbild gehalten ist.

Zweitens ist festzustellen, dass das Element „kinder“ in der angegriffenen Marke lediglich Teil des Elements „Kinderjoghurt“ ist, das im Verhältnis zu dem Bestandteil „Timi“ nur eine sekundäre Bedeutung hat. Insoweit ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, mit dem sie dartun will, dass das Element „Timi“ nicht das dominierende Element sei, da es von geringer Größe und angeblich weniger gut lesbar sei als das Element „Kinderjoghurt“. Denn zum einen bildet dieses Element in visueller Hinsicht den zentralen Punkt in dem Zeichen, da es in seinem Mittelpunkt hervorgehoben platziert ist und über dem Element „Kinderjoghurt“ steht, so dass es als Erstes den Blick auf sich zieht. Diese zentrale Platzierung gleicht weitgehend aus, dass das Element „Timi“ in kleinerer Schrift als das Element „Kinderjoghurt“ gestaltet ist und dass seine Wiedergabe in Weiß auf schwarzem Grund es möglicherweise weniger gut lesbar macht als das unten im Zeichen angeordnete Element „Kinderjoghurt“. Zum anderen ist in klanglicher Hinsicht festzustellen, dass der Bestandteil „Timi“ derjenige ist, der als Erstes ausgesprochen wird, so dass die Verbraucher ihm größere Bedeutung beimessen. Das Element „kinder“ wird daher durch das dominierende Element „Timi“ zurückgedrängt, das sich ohne Zweifel dem Verbraucher einprägt.

Drittens ist das Element „kinder“ im Gegensatz zu seiner Position in der älteren Wortmarke, auf die der Antrag auf Nichtigerklärung gestützt wird, in der angegriffenen Marke zwischen zwei anderen Elementen platziert, nämlich zum einem dem Element „Timi“ und zum anderen dem Element „Joghurt“. Dieser Unterschied mindert nicht nur beträchtlich die klangliche Ähnlichkeit, die zwischen den beiden Zeichen wegen des ihnen gemeinsamen Elements bestehen könnte, sondern auch eine etwaige visuelle Ähnlichkeit, die sich aus diesem gemeinsamen Element ergeben könnte. Daher ist das Element „kinder“ im von der fraglichen Marke hervorgerufenen Gesamteindruck ein zu vernachlässigender Bestandteil.

Demnach hat die Beschwerdekammer zu Recht festgestellt, dass die fraglichen Zeichen nicht ähnlich sind.

Dieses Ergebnis wird durch die übrigen Argumente der Klägerin nicht in Frage gestellt.

Was erstens das Vorbringen zur Bekanntheit der älteren Marke und zu der Ähnlichkeit der von den streitigen Marken erfassten Waren angeht, so können diese Umstände für die Beurteilung einer Verwechslungsgefahr zwar berücksichtigt werden, sind aber ohne Einfluss auf die Beurteilung der zwischen den Zeichen bestehenden Ähnlichkeit.

Jedenfalls ist hinsichtlich des Vorbringens zur Bekanntheit der älteren Marke zum einen zu bemerken, dass im vorliegenden Fall das oben in den Randnrn. 56 bis 58 festgestellte Fehlen einer Ähnlichkeit zwischen den Zeichen so ausgeprägt ist, dass die Bekanntheit der Marke KINDER unabhängig davon, ob sie unstreitig ist oder nicht, diese fehlende Ähnlichkeit nicht in Frage zu stellen vermag. Was zum anderen das Vorbringen zur Ähnlichkeit der von den streitigen Marken erfassten Waren angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Waren der angegriffenen Marke alle mit Joghurt verwandt sind und alle zur Klasse 29 gehören, während die Waren der für den Antrag auf Nichtigerklärung angeführten 36 älteren Rechte im Wesentlichen Kakao- und Schokoladenprodukte, Kuchen sowie Back- und Konfiseriewaren sind und alle zur Klasse 30 gehören. Im Übrigen macht entgegen dem Vorbringen der Klägerin der Umstand, dass einige der letztgenannten Produkte eine bestimmte Menge Milch enthalten können, diese nicht zu Waren, die Milch oder Milchprodukten im Allgemeinen oder gar Joghurtprodukten ähnlich wären. Demnach wird das Fehlen von Ähnlichkeit zwischen den streitigen Zeichen eindeutig nicht durch das Bestehen irgendeiner Ähnlichkeit zwischen den Waren der streitigen Marken ausgeglichen.

Soweit die Klägerin zweitens auf das Vorhandensein einer Markenfamilie oder -serie verweist, ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung beim Bestehen einer Markenfamilie oder -serie die Verwechslungsgefahr, die im Rahmen von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 zu beurteilen ist, dadurch erhöht wird, dass der Verbraucher sich hinsichtlich der Herkunft oder des Ursprungs der von der angegriffene Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen irren kann und zu Unrecht annimmt, dass die angegriffene Marke zu der Familie oder Serie von Marken gehört (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 13. September 2007, Il Ponte Finanziaria/HABM, C-234/06 P, Slg. 2007, I-7333, Randnr. 63). Jedoch ist, wie sich dieser Rechtsprechung entnehmen lässt, das Vorliegen einer Markenfamilie oder -serie nicht relevant im Rahmen der Beurteilung, ob die Art. 8 Abs. 1 Buchst. b und Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 gemeinsame Anwendungsvoraussetzung, nämlich das Bestehen von Ähnlichkeit zwischen der älteren Marke und der angegriffenen Marke, erfüllt ist.

Selbst wenn man annähme, dass das Vorliegen einer Markenfamilie oder -serie für die Beurteilung des Bestehens einer solchen Ähnlichkeit ein maßgeblicher Faktor ist, ist jedenfalls die Gefahr, dass die Verbraucher im vorliegenden Fall tatsächlich annehmen könnten, dass die angegriffene Marke Teil dieser Markenfamilie oder -serie ist, wegen des Gewichts der Unähnlichkeiten, die zwischen der angegriffenen Marke und den in Randnr. 5 der Klageschrift aufgeführten Zeichen bestehen, sehr gering oder sogar inexistent.

Insoweit sind nämlich insbesondere die drei folgenden Aspekte hervorzuheben. Erstens ist das Element „Kinderjoghurt“ der angegriffenen Marke im Gegensatz zu den in Randnr. 5 der Klageschrift aufgelisteten Zeichen in einem Wort geschrieben, ohne dass zwischen dem Element „kinder“ und dem Element „joghurt“ ein Zwischenraum bestünde. Zweitens zeichnet sich die angegriffene Marke im Gegensatz zu den in Randnr. 5 der Klageschrift aufgeführten Zeichen durch die oben in Randnr. 56 angesprochenen stilisierten Unregelmäßigkeiten des Elements „Kinderjoghurt“ aus. Drittens enthält die angegriffene Marke im Gegensatz zu den in Randnr. 5 der Klageschrift genannten Zeichen das Element „Timi“, das wegen seines dominierenden Stellenwerts das Element „Kinderjoghurt“ und erst recht dessen Bestandteil „kinder“ zurücktreten lässt.

Das Vorbringen zum Bestehen einer Markenfamilie oder -serie ist daher zurückzuweisen.

Soweit die Klägerin drittens rügt, die Beschwerdekammer habe verkannt, dass im Rahmen von Art. 8 Abs. 5 der Verordnung Nr. 40/94 bei der Prüfung des Ähnlichkeitsgrads nicht ermittelt werden müsse, ob Verwechslungsgefahr bestehe, ist festzustellen, dass die Erwägungen der Beschwerdekammer, die sich das Gericht oben in den Randnrn. 56 bis 58 zu eigen gemacht hat, das Fehlen einer Ähnlichkeit unabhängig davon belegen, ob der Ähnlichkeitsgrad eine Verwechslungsgefahr hervorrufen kann. Dieses Vorbringen der Klägerin geht deshalb ins Leere und ist zurückzuweisen.

Viertens schließlich ist der Beschwerdekammer entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht dadurch ein Fehler unterlaufen, dass sie eine „zergliedernde Betrachtung“ der angegriffenen Marke vornahm. Denn im Rahmen der Beurteilung des Ähnlichkeitsgrads ist der von der Kombination der Markenbestandteile hervorgerufene Gesamteindruck zu berücksichtigen, was jedoch nicht damit unvereinbar ist, diese Bestandteile nacheinander zu prüfen. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer zunächst in Randnr. 43 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Unterschiede zwischen den Zeichen ihren einzigen ähnlichen Aspekt ausglichen, und sodann hervorgehoben, dass die Zeichen, jeweils als Ganzes miteinander verglichen, einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorriefen. Da die fragliche „zergliedernde Betrachtung“ nicht auf Kosten einer Berücksichtigung des Gesamteindrucks, den die Kombination der die streitigen Marken bildenden Bestandteile hervorruft, vorgenommen wurde, ist dieses Vorbringen der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen.

Nach alledem ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.

Aus der Gesamtheit der vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.


Kosten

Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Ferrero SpA trägt die Kosten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a