„Zu Tisch in…“ nicht in allen Bereichen unterscheidungskräftig

25. Januar 2010
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Eigener Leitsatz:

Die Eintragungsfähigkeit der Marke "zu Tisch in…" wurde mangels Unterscheidungskraft von dem BPatG teilweise abgelehnt. Die Wortfolge "zu Tisch" ist eine gebräuchliche Redewendung für die Einnahme einer Mahlzeit. Der Verkehrskreis ordnet daher der Wortfolge den für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt "Tischgewohnheiten unterschiedlicher Regionen" zu. Eine Eintragung für Dienstleistung Beherbergung und Verpflegung von Gästen wurde daher abgelehnt. Für andere Waren und Dienstleistungsklassen, etwa Büroartikel, wurde die Eintragungsfähigkeit der Wortmarke "zu Tisch in…" vom BPatG bejaht.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 16.10.2009

Az.: 26 W (pat) 30/09

 


In der Beschwerdesache […] betreffend die Markenanmeldung 302 08 669.2 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. Mai 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und der Richter Lehner beschlossen:

1.

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Januar 2005 und vom 1. Juli 2008 aufgehoben, soweit die Anmeldung sowie die Erinnerung der Anmelderin bezüglich der Waren und Dienstleistungen „Bildschirmschonerprogramme; Firmware; nicht-codierte Telefonkarten, Postkarten, auch in Form von Adhäsionspostkarten, nicht codierte Ausweise; Schreibwaren einschließlich Schreibund Zeichengeräte; Büroartikel, nämlich Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermessen, Briefkörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büro- und Heftklammern; Aufkleber (auch selbstklebende); Sammeln und Liefern von Nachrichten; Datenverwaltung auf Servern; Design von Home-Pages und Web-Seiten; Konzeptionierung von Web-Seiten; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Dienstleistungen einer Datenbank; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken“ zurückgewiesen worden ist.

2.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe:

I

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

„Klasse 9
bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Spielprogramme für Computer; Bildschirmschonerprogramme; Maus-Matten; Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Datenbankprogramme; Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netware); Firmware;

Klasse 16
Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Papierhandtücher, Papierservietten, Filterpapier, Papiertaschentücher, Papierschmuck, Briefpapier, Toilettenpapier, Papierwindeln, Verpackungsbehälter, Verpackungstüten und Einwickelpapier; Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Fotomappen, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch in Buchform, Transparente, nicht-codierte Telefonkarten, Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Postkarten, auch in Form von Adhäsionspostkarten, nicht codierte Ausweise; Schreibwaren einschließlich Schreib- und Zeichengeräte; Büroartikel, nämlich Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermesser, Briefkörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büround Heftklammern, Aufkleber (auch selbstklebende); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen, Globen, Wandtafeln und Wandtafelzeichengeräten; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel, Taschen, Folien (letztere auch selbstklebend und für Dekorationszwecke);

Klasse 38
Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten;

Klasse 41
Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen für kulturelle und Unterrichtszwecke und Vorträgen; Veranstaltung von Sportwettbewerben;

Klasse 42
Datenverwaltung auf Servern; Design von Home-Pages und Web-Seiten; Konzeptionierung von Web-Seiten; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Dienstleistungen einer Datenbank; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken;

Klasse 43
Beherbergung und Verpflegung von Gästen“ bestimmten Wortmarke

Zu Tisch in…

mit zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, teilweise, nämlich für die Waren und Dienstleistungen „bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; Spielprogramme für Computer, Bildschirmschonerprogramme, Datenbankprogramme; Computer-Software; netzwerkunterstützende Computer-Software (Netware); Firmware; Papierservietten; Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Fotomappen, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch in Buchform, Transparente, nicht-codierte Telefonkarten, Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Postkarten, auch in Form von Adhäsionspostkarten, nicht codierte Ausweise; Schreibwaren einschließlich Schreib- und Zeichengeräte; Büroartikel, nämlich Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermessen, Briefkörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büro- und Heftklammern, Aufkleber (auch selbstklebende); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen; Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze, auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion; Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen für kulturelle und Unterrichtszwecke und Vorträgen;
Datenverwaltung auf Servern; Design von Home-Pages und Web-Seiten; Konzeptionierung von Web-Seiten; redaktionelle Betreuung von Internetauftritten; Entwurf und Entwicklung von Computersoftware; Dienstleistungen einer Datenbank; Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken; Beherbergung und Verpflegung von Gästen“

zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke insoweit jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Zur Begründung hat sie ausgeführt, im Zusammenhang mit den von der Zurückweisung erfassten Waren und Dienstleistungen weise die angemeldete Marke lediglich darauf hin, dass sie kulinarische Themen eines bestimmten Ortes, insbesondere regionale Rezepte und Essgewohnheiten zum Inhalt hätten bzw. zur Verbreitung dieser Inhalte in Fernsehen, Hörfunk und Internet geeignet seien oder benötigt würden. Auch dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine noch zu vervollständigende Bezeichnung handele, könne deren Unterscheidungskraft nicht herbeiführen. Letztlich sei auch die Eintragung von nach Ansicht der Anmelderin ähnlich gebildeten Marken nicht geeignet, einen Anspruch der Anmelderin auf Eintragung der angemeldeten Marke zu begründen.

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, die angemeldete Marke entbehre nicht jeglicher Unterscheidungskraft. Eine aus mehreren Wörtern oder sonstigen Bestandteilen zusammengesetzte Marke sei stets als Ganzes der Prüfung der Eintragungsfähigkeit zugrunde zu legen, ohne dass zusätzliche Wort- oder Bildbestandteile hinzugedacht werden dürften. Dies habe die Markenstelle unberücksichtigt gelassen, indem sie sich in der Begründung der angefochtenen Beschlüsse zunächst mit der Bezeichnung „zu Tisch“ auseinandergesetzt und sodann weitere Elemente zu der Marke hinzugedacht habe, die in dieser tatsächlich gar nicht enthalten seien. Die Marke in der angemeldeten Form sage im Zusammenhang mit einem Buch, einer Zeitschrift, einer Fernsehsendung oder den übrigen versagten Waren und Dienstleistungen ohne die Hinzufügung weiterer Angaben nichts über deren Art, Beschaffenheit oder Bestimmung aus. Insbesondere enthalte sie keinen Hinweis auf den Inhalt des Druckerzeugnisses oder Sendung. Die angemeldete Marke veranlasse den Verkehr vielmehr zu weiteren Gedankengängen, weshalb ihr die erforderliche Unterscheidungskraft zukomme.

Die Anmelderin beantragt, Die Beschlüsse der Markenstelle im Umfang der Versagung aufzuheben.

II

Die zulässige Beschwerde ist in dem aus Ziffer 1. des Beschlusstenors ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen jedoch unbegründet.

In Bezug auf die von der Markenstelle versagten Waren und Dienstleistungen, für die die Beschwerde keinen Erfolg hat, fehlt es der angemeldeten Marke an jeglicher Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne der vorgenannten Bestimmung besitzt eine Marke nur dann, wenn sie geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die Schutz begehrt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Produkte und Leistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (EuGH GRUR 2002, 804 – Philips). Die Unterscheidungskraft fehlt einer Marke insbesondere dann, wenn ihr für die fraglichen Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann (st. Rspr., vgl. z. B. BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050 – Cityservice); denn bei beschreibenden Angaben ist davon auszugehen, dass der Verkehr sie nicht als Mittel zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung versteht (BGH a. a. O. – marktfrisch; GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT).

Bei der angemeldeten Marke „Zu Tisch in…“ handelt es sich – auch ohne Hinzufügung oder Hinzudenken weiterer Wörter – in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, für die die Beschwerde keinen Erfolg hat, um eine Angabe, die für die fraglichen Waren und Dienstleistungen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt aufweist. Wie bereits die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, ist die Wortfolge „zu Tisch“ eine lexikalisch nachweisbare und insbesondere bei offiziellen Anlässen, aber auch privaten Einladungen weiterhin gebräuchliche Redewendung für die Einnahme einer Mahlzeit. Hiervon ausgehend ist die angemeldete Marke als solche – d. h. ohne Ersetzung der Punkte durch eine konkrete Ortsangabe – geeignet, eine Buchreihe bzw. eine Zeitschriften- oder Fernsehserie als solche dahingehend zu beschreiben, dass diese die Tischgewohnheiten, wie z. B. regionale Rezepte, Tischsitten und/oder die örtliche Dekoration des Tisches, in verschiedenen Teilen Deutschlands, Europas und der übrigen Welt zum Inhalt hat.

Dass einzelne Teile einer so bezeichneten Serie durch Hinzufügung einer konkreten Landes-, Regional- oder Ortsbezeichnung weiter konkretisiert werden können, stellt die Eignung der angemeldeten Marke als beschreibenden Oberbegriff für eine Serie von Veröffentlichungen bzw. Sendungen, die sich allesamt mit Tischthemen einzelner geografischer Bereiche befassen, nicht in Frage und macht die angemeldete Marke insbesondere nicht mehrdeutig.

Auch die von der Marke angesprochenen Verkehrskreise werden in der angemeldeten Bezeichnung angesichts des vorstehend dargestellten beschreibenden Inhalts bei einer Verwendung für die versagten Waren und Dienstleistungen, die allesamt Tischgewohnheiten unterschiedlicher Regionen zum Gegenstand haben können, nur die thematische Bezeichnung einer Serie von Veröffentlichungen bzw. Sendungen sehen. Eine darüber hinausgehende sprachliche Besonderheit, die den Verkehr veranlassen könnte, in der angemeldeten Marke trotz ihres beschreibenden Charakters einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen, weist die angemeldete Marke ebenfalls nicht auf, so dass ihr in Bezug auf die mit diesem Beschluss weiterhin versagten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG fehlt.

Angesichts ihrer Eignung, die versagten Waren und Dienstleistungen ihrer Art nach dahingehend zu beschreiben, dass es sich insoweit um eine Reihe bzw. Serie von Veröffentlichungen handelt, die sich mit den Tischgewohnheiten in verschiedenen Regionen befasst, besteht an der angemeldeten Marke für diese Waren und Dienstleistungen auch ein Freihaltungsbedürfnis der Mitbewerber, so dass der Eintragung der angemeldeten Marke insoweit auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.

Für die in Ziffer 1 des Beschlusstenors aufgeführten Waren und Dienstleistungen stellt die angemeldete Marke hingegen keine unmittelbar beschreibende Angabe dar, weil es sich bei diesen Waren und Dienstleistungen nicht um solche handelt, die sich in Form einer Reihe oder Serie inhaltlich mit regionalen Tischgewohnheiten befassen oder diese zum Inhalt haben, so dass der Beschwerde insoweit stattzugeben war.

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