Von wegen im Namen der Allgemeinheit!

08. Januar 2010
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Eigener Leitsatz:

Verfolgt ein Verein Wettbewerbsverstöße im Bereich des Glücksspielrechts, so ist dies nach den hier vorliegenden Gesamtumständen rechtsmissbräuchlich, wenn die Verstöße der eigenen Mitglieder planmäßig geduldet werden. Auffällig ist die hohe Anzahl der Verfahren in kurzer Zeit und die fast ausschließliche Vorgehensweise gegen staatliche Anbieter. Das Interesse der Allgemeinheit, nicht dauerhaft rechtsmissbräuchlich im Namen des Gemeinschutzes vorzugehen, überwiegt gegenüber dem Ziel, Glücksspielsucht zu verhindern und zu bekämpfen sowie den Jugendschutz zu gewährleisten. Es fehlt daher an der Prozessführungsbefugnis und die Klage ist als unzulässig abzuweisen.

Landgericht Hamburg

Urteil vom 22.10.2009

Az.: 327 O 144/09

Tenor

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der Bewerbung von öffentlichem Glücksspiel in Gestalt von Werbeplakaten auf Bussen des Öffentlichen Personennahverkehrs in Hamburg in ihrer konkreten Form in Anspruch. Die Beklagte erhebt gegenüber der Inanspruchnahme durch den Kläger unter anderem den Einwand des Rechtsmissbrauchs.

Der Kläger wurde am 04.12.2008 im Vereinsregister des Amtsgerichts Köln unter 43 VR 15826 eingetragen (Anlage B 1). Ihm gehören Mitglieder an, die sich auf dem Markt für Gewinn- und Glücksspielwesen betätigen bzw. sich betätigt haben. Dabei handelt es sich um Unternehmen aus dem Bereich gewerblicher Lottoservice, Sportwettenvermittlung und –veranstaltung und Gewinnspieleintragungsservice-Dienstleistungen. Wegen den einzelnen Mitglieder und deren Tätigkeitsfelder wird auf die Klageschrift vom 10.03.2009, den Schriftsatz vom 20.05.2009 sowie den Schriftsatz vom 13.08.2009 Bezug genommen.

Die satzungsmäßigen Aufgaben des Klägers und der Vereinszweck sind in § 3 der Satzung festgelegt. Insoweit heißt es dort wörtlich:

„§ 3 Vereinszweck und –aufgaben

1. Der Verein fördert insbesondere im Sinne der § 8 Abs.3 Nr.2 UWG und § 3 UKlaG die gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Interessen seiner Mitglieder und von Personen, die sich unmittelbar oder mittelbar im Wirtschaftsbereich des Geschicklichkeits-, Gewinn- und Glücksspielwesens einschließlich Lotterien, Ausspielungen und Wetten (der „Vereinsinteressenbereich“) betätigen und/oder betätigen wollen, unter Ausschluss von Interessen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder privatrechtlichen Gesellschaften, an den juristische Personen des öffentlichen Rechts unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind. Insbesondere hat der Verein den Zweck und die Aufgaben, im Vereinsinteressenbereich:

a) den unlauteren Wettbewerb in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen und/oder gesetzlichen Vorgaben zu fördern, auf faire gesetzliche Rahmenbedingungen für eine freie Entfaltung verantwortungsvoller unternehmerischer Tätigkeit, insbesondere seiner Mitglieder hinzuwirken oder solche Rahmenbedingungen ggf. zu erhalten, sowie unverhältnismäßigen staatlichen Maßnahmen und Beschränkungen einer freien und verantwortungsbewussten Ausübung beruflicher und unternehmerischer Grundfreiheitsrechte politisch und rechtlich entgegenzuwirken;

b) das Marktverhalten von Marktteilnehmern im Vereinsinteressensbereich zu beobachten und auf die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen hin zu kontrollieren, insbesondere im Hinblick auf die geltende Vorgaben und Bestimmungen zur

– Spielsuchtprävention und -bekämpfung;

– Ordnung und Überwachung des legalen Glücksspielangebotes mit dem Ziel, ein Ausweichen auf illegale Glücksspiele zu verhindern;

– Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes;

– Sicherstellung der ordnungsgemäßen Durchführung von Glücksspielen;

– Abwehr von mit illegalen Glücksspielen verbundener Folge- und Begleitkriminalität;

c) im Vereinsinteressensbereich den unlauteren, leistungswidrigen Wettbewerb in allen Erscheinungsformen, auch bezogen auf die Anwendung Allgemeiner Geschäftsbedingungen, im Zusammenwirken mit Behörden und Gerichten zu bekämpfen“ (…).

Der Satzungszweck wird gemäß § 3 der Satzung insbesondere verwirklicht durch außergerichtliche und gerichtliche Verfolgung von Rechtsverstößen in allen Erscheinungsformen.

Der Kläger geht gerichtlich vor allem gegen staatliche Glücksspielanbieter vor. Insgesamt führte er seit Gründung im Dezember 2008 über 60 Verfahren gegen staatliche Lotteriegesellschaften und deren Annahmestellen (vgl. etwa Anlage K 9 und K 17). Daneben erwirkte er aber auch einstweilige Verfügungen gegen private Anbieter in mindestens 5 Fällen (Anlage K 26-30). In diesen fünf Fällen ging es jeweils in der Sache um nach dem Glücksspielstaatsvertrag unzulässige Internetwerbung (vgl. § 5 Abs.3 GlüStV), die vom Kläger im Wege der einstweiligen Verfügung angegriffen wurde.

Gegen eigene Mitglieder ist der Kläger bislang weder außergerichtlich noch gerichtlich vorgegangen. Ein solches Vorgehen gegen eigene Mitglieder ist auch nicht beabsichtigt.

Es gab bereits Verfahren gegen mittelbare oder unmittelbare Mitglieder des Klägers oder mit diesen konzernverbundene Unternehmen wegen vermeintlicher Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag, u.a gegen Tipico Co. Ltd. (Landgericht Köln, 31 O 271/08); LottoTeam Fonds B.V. u.a., (Landgericht Oldenburg, 5 O 927/08); JAXX UK Limited (Landgericht Düsseldorf, 12 O 555/08); LottoTeam Fonds B.V. u.a. (Landgericht Hamburg, 312 O 824/08); Digibet Ltd., (Landgericht Köln, 31 O552/08); Happybet Sportwetten GmbH, (Landgericht Frankfurt, 2-06 O 605/06) und Personal Exchange International Ltd. (Landgericht Magdeburg, 36 O 160/07; vgl. Klageschriften aus diesen Verfahren: Anlage K 31 bis 37). Gegen die Firma happybet erging am 16.01.2008 ein Urteil des Landgerichts Frankfurt, wonach es diesem Unternehmen verboten wurde, in dem Gebiet des Landes Hessen Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten, anzubieten und zu bewerben (Anlage CBH 11). Für das Mitglied des Klägers LottoTeam Fonds B.V. hat das Saarländische Oberlandesgericht die Illegalität der Tätigkeit bejaht und die Klagebefugnis wegen Rechtsmissbrauchs verneint (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 30.03.2009, Az.: 1 U 601/08-177-, Anlage CBH 12, bestätigt durch Beschluss vom 07.05.2009, Anlage CBH 13).

Die Beklagte ist ein staatliches Glückspielunternehmen, das im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg exklusiv eine gesetzlich festgelegte Anzahl von Glücksspielen veranstaltet. Zu den von der Beklagten veranstalteten Glücksspielen zählt u.a. die Lotterie „LOTTO 6 aus 49" und „KENO – Die tägliche Lotterie".

Die Beklagte ließ einige Busse der öffentlichen Verkehrsbetriebe in Hamburg zu Werbezwecken mit folgenden Aufschriften versehen:

„ Jeden Tag Gewinne bis 1 Million EUR – KENO Die tägliche Zahlenlotterie."
„Fahrscheine vorn – Spielscheine am Kiosk"
„Lotto Guter Tipp“
„ Hält zum Glück an fast jedem Kiosk"

Wegen der Einzelheiten wird auf die Lichtbilder im Klageantrag sowie in dem Anlagenkonvolut B 5 Bezug genommen. Der Kläger mahnte die Beklagte daraufhin ab und forderte sie erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf.

Der Kläger meint, die in ihrer konkreten Form angegriffene Werbung der Beklagten verstoße angesichts der darin liegenden besonderen Aufforderung zur Glücksspielteilnahme gegen § 5 GlüStV und sei daher unzulässig. Ihr stehe insoweit ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift vom 10.03.2009, dem Schriftsatzes vom 20.05.2009 und vom 13.08.2009 Bezug genommen.

Als rechtsfähiger Verband gemäß § 8 Abs.3 Nr.2 UWG sei sie aktivlegitimiert. Insbesondere verfüge sie über die insoweit erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift vom 10.03.2009, dem Schriftsatz vom 20.05.2009 und dem Schriftsatz vom 13.08.2009 Bezug genommen.

Der Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 8 Abs.4 UWG) greife nicht durch. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs sei nach ständiger Rechtsprechung des BGH schon immer dann unbegründet, wenn die behaupteten Verstöße Interessen der Allgemeinheit berührten. Dies sei bei Verstößen gegen den Minderjährigenschutz – wie vorliegend – ohne weiteres der Fall, da diese unmittelbar Interessen der Allgemeinheit berührten.

Unabhängig von diesen Fällen sei es einem nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugten Verband grundsätzlich nicht verwehrt, nur gegen bestimmte Verletzer gerichtlich vorzugehen, gegen andere aber nicht; die Entscheidung hierüber stehe ebenso in seinem freien Ermessen, wie es dem einzelnen Gewerbetreibenden frei stehe, ob und gegen welche Mitbewerber er Klage erheben wolle. Eine unzumutbare Benachteiligung der angegriffenen Verletzer aus dem Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) gegenüber anderen etwa deshalb, weil nunmehr die angegriffenen Verletzer die Handlungen allein unterlassen müssen, sei darin schon deshalb nicht zu sehen, weil es den Verletzern offenstehe, ihrerseits gegen gleichartige Verletzungshandlungen der dem Kläger angehörenden, aber nicht angegriffenen Mitglieder vorzugehen.

Hinzu komme im vorliegenden Fall, dass die Blockgesellschaften, die regelmäßig als Verletzer von dem Kläger angegriffen würden, aufgrund des seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages (1.1.2008) bestehenden Monopols auf die Veranstaltung von Zahlenglücksspielen und Sofort- Glücksspielen die einzigen seien, die solche Glücksspiele anbieten, veranstalten und bewerben dürften. Die Gesellschaften des Deutschen Lotto- und Toto-Blocks seien daher die „natürlichen Gegner" des Klägers. Da die 16 Blockgesellschaften im DLTB jeweils selbständig und nur regional auf dem Gebiet „ihres" Bundeslandes tätig seien, bekämpften diese unlautere Werbung unter- und gegeneinander nicht. Sie gingen systematisch nicht gegen wettbewerbswidrige Handlungen anderer Blockgesellschaften vor; sie duldeten sie vielmehr systematisch und planvoll, so dass diesen die Aktivlegitimation wegen Rechtsmissbrauchs abzuerkennen sei. Jedenfalls sei bis heute kein Rechtsstreit bekannt geworden, in dem eine Blockgesellschaft die Werbung einer anderen Blockgesellschaft angegriffen habe. Wenn nicht der Kläger gegen das geschäftliche Handeln und die Werbung einzelner Blockgesellschaften gerichtlich vorgehen würde, so würde es niemand tun – selbst in Fällen, in denen die Interessen der Allgemeinheit betroffen seien, etwa beim Minderjährigenschutz. Die staatlichen Aufsichtsbehörden griffen nicht ein, da der Staat nach dem Glücksspielstaatsvertrag selbst unmittelbarer oder mittelbarer Veranstalter von Glücksspielen sei.

Es könne auch keine Rede davon sein, dass der Kläger unlauteren Wettbewerb der eigenen Mitglieder planmäßig dulde. Es gebe kein Mitglied des Klägers, das z.B. auffällige und anreißerische Buswerbung betreibe; es gebe kein Mitglied des Klägers, das z.B. den Verkauf von Sofort-Losen mit Eintrittskarten zu einem Pop-Konzert kombiniere usw. Es fehle insoweit an einer Vergleichbarkeit der Werbungen, so dass ein Rechtsmissbrauch bereits aus diesem Gesichtspunkt heraus zu entfallen habe. Zudem könne ein Rechtsmissbrauch immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände hinzukämen, die die Unlauterkeit begründeten, woran es vorliegend fehle.

Darüber hinaus gebe es auch sachliche Gründe, weshalb der Kläger in den von der Beklagten reklamierten Fülle nicht gegen seine Vereinsmitglieder vorgehe. Denn bekanntermaßen spielten in diesem Zusammenhang auch komplexe europarechtliche Fragen eine Rolle, hinsichtlich derer der Kläger eine dezidiert andere Auffassung vertrete als die Beklagte oder die übrigen Blockgesellschaften. Hinzu komme, dass selbst wenn der Kläger sich der Auffassung der Beklagten und der übrigen Blockgesellschaften anschließen und die Tätigkeit einzelner Mitglieder als „illegal" ansehen wollte, deren Nichtinanspruchnahme nicht den Vorwurf des Rechtsmissbrauches begründen könnte. Denn es gebe bereits zahlreiche Verfahren gegen mittelbare oder unmittelbare Mitglieder des Klägers oder mit diesen konzernverbundene Unternehmen, wie aus den Anlagen K 31 bis 37 ersichtlich sei.

Es bestehe weder ein sachlicher Grund noch sei es rechtsmissbräuchlich, in einer Situation, in der eine rechtliche Klärung der Zulässigkeit der Tätigkeit der unmittelbaren oder mittelbaren Mitglieder des Klägers bevorstehe, gegen diese weitere Klageverfahren einzuleiten. Er – der Kläger – sei indes nicht der Ansicht, dass der Glückspielstaatsvertrag angesichts europarechtlicher Bedenken nicht auf seine Mitglieder Anwendung finde.

Der Kläger hat des Weiteren ein Rechtsgutachten des Prof. Dr. K u.a. zur Frage der Aktivlegitimation des Klägers vorgelegt, das zu dem Ergebnis kommt, dass die Aktivlegitimation des Klägers gegeben sei und dass der Kläger auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs.4 UWG handele. Dieses Rechtsgutachten vom 11.09.2009 hat der Kläger zum Gegenstand seines Sachvortrages gemacht. Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen im Rechtsgutachten vom 11.09.2009 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es unter Androhung eines vom Gericht vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250,000,00 – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, es zu unterlassen, bei geschäftlichen Handlungen im Bereich des Glücksspielwesens auf Verkehrsmitteln des ÖPNV für die Lotterien Lotto und/oder KENZO zu werben und/oder werben zu lassen, wie auf den Bussen der Linie 189, 250, 289 in Hamburg geschehen und nachstehend dokumentiert.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger sei bereits zur Geltendmachung von lauterkeitsrechtlichen Ansprüchen nicht aktivlegitimiert, da es ihm an der erforderlichen finanziellen und persönlichen Ausstattung fehle. Insbesondere gehöre dem Kläger entgegen § 8 Abs.3 Nr.2 UWG keine erhebliche, repräsentative Zahl von Unternehmen an, die Waren oder Dienstleistungen in gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt anböten. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags wird auf die Ausführungen in der Klageerwiderung vom 16.04.2009 sowie im Schriftsatz vom 09.07.2009 und vom 03.09.2009 Bezug genommen. Die Klage sei zudem wegen Rechtsmissbräuchlichkeit i.S.v. § 8 Abs.4 UWG abzuweisen. Der Kläger richte seine Tätigkeit in diskriminierender und rechtsmissbräuchlicher Weise nahezu ausschließlich gegen staatliche Lotterieanbieter und dulde gleichzeitig planmäßig das gesetzeswidrige Verhalten seiner eigenen Mitglieder.

Die Beklagte hat im Einzelnen unter Vorlage von Screenshots Verstöße der Mitglieder des Klägers gegen den GlüStV behauptet und hierzu vorgetragen. Unter anderem verstießen danach die Mitglieder des Klägers VEWU, JAXX UK Ltd., LottoTeam Fonds B.V. gegen das Veranstaltungsverbot von Glücksspiel im Internet (§ 4 Abs.4 GlüStV), das Mitglied GWin GmbH und die Tipp 24 AG, die JAXX GmbH gegen das Internetwerbeverbot (§ 5 Abs.3 GlüStV), die Faber Lotto Services GmbH gegen das „Werbeverbot“ des § 5 Abs.2 GlüStV. Die Mitglieder von VEWU – bestehend aus der Firma digibet, der Firma primabet, der Firma tipico und der Firma happbet -, die Firma JAXX UK Ltd., die GWinGmbH agierten überdies ohne jede Erlaubnis entgegen § 4 Abs.1 GlüStV und damit illegal auf dem deutschen Markt. Wegen der Einzelheiten der behaupteten Verstöße wird auf die Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom 09. Juli 2009 und die dort abgebildeten Screenshots auf den Seiten 6 ff. sowie auf die Anlage CBH 16 ergänzend Bezug genommen.

Ein Unterlassungsanspruch stehe dem Kläger aber auch in der Sache nicht zu, da der beanstandeten Werbung der Beklagten unter Berücksichtigung der Gesetzessystematik und von Sinn und Zweck der Vorschrift kein im Sinne von § 5 16 GlüStV unzulässiger Aufforderungscharakter zukomme. Wegen der Einzelheiten des Vortrags wird auf die Klageerwiderung vom 16.04.2009, S.4 ff., S. 13 ff. verwiesen.

Zur Darstellung des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten und zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
Die Klage ist unzulässig.

1. Der Klage steht der Einwand des Rechtsmissbrauchs im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG entgegen. Nach dieser Vorschrift ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.

Nach der Rechtsprechung des BGH kann ein solcher Rechtsmissbrauch dann vorliegen, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig duldet (BGH, Urteil vom 23.01.1997, I ZR 29/94, Rn.34, GRUR 1997, H681H, H683H – Produktwerbung, nach juris). Es ist zwar grundsätzlich nicht missbräuchlich, wenn der Anspruchsberechtigte nur gegen einen oder einzelne von mehreren Verletzern vorgeht. Denn es steht dem Inanspruchgenommenen frei, seinerseits gegen die anderen Verletzer vorzugehen (BGH, Urteil vom 1.2.1967 – Ib ZR 3/65, GRUR 1967, H430H, H432H – Grabsteinaufträge I; BGH. Urteil vom 12.07.1984, I ZR 37/82, Rn.20, GRUR 1985, H58H, 59 – Mischverband II; BGH, Urteil vom 17.09.1998, I ZR 117/96, Rn.27, WRP 1999, H424H, H426H – Bonusmeilen; BGH, Urteil vom 06.04.2000, I ZR 294/97, GRUR 2001, H178H – Impfstoffversand an Ärzte, nach juris). Dies gilt auch dann, wenn ein Verband, der eine Rechtsfrage höchstrichterlich klären lassen will, zunächst gegen einen Dritten und nicht auch gegen ein eigenes Mitglied vorgeht (BGH, Urteil vom 12.12.1996, I ZR 7/94, GRUR 1997, H537H, H538H – Lifting-Creme; BGH GRUR 1997, H681H, H683H – Produktwerbung; BGH GRUR 1999, H515H, H516H – Bonusmeilen; BGH, Urteil vom 10.11.1999, I ZR 212/97, WRP 2000, H502H, H504H – Johanniskraut-Präparat; BGH, Urteil vom 06.05.2004, I ZR 275/01, Rn.45, WRP 2004, H1024H, H1027H – Sportlernahrung II, nach juris). Anders verhält es sich, wenn die Auswahl des Inanspruchgenommenen diskriminierend erfolgt. Das ist der Fall, wenn ein Verband grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig duldet (BGH GRUR 1997, H681H, H683H – Produktwerbung).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kommt die Kammer im Rahmen einer umfassenden Gesamtwürdigung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen des Klägers als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs.4 UWG einzustufen ist.

Rechtsfolge der missbräuchlichen gerichtlicher Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs ist, dass dem Kläger die Prozessführungsbefugnis fehlt und die Klage demnach als unzulässig abzuweisen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10.12.1998, I ZR 141/96, GRUR 1999, H509H, H510H – Vorratslücken; BGH, Urteil vom 17.01.2002, I ZR 241/99, GRUR 2002, H357H, H359H – Missbräuchliche Mehrfachabmahnung; BGH, Urteil vom 17.11.2005, I ZR 300/02, GRUR 2006, H243H Tz 22 – MEGA SALE; OLG Hamburg, Urteil vom 12.07.2006, 5 U 179/05, GRUR-RR 2006, H374H; KG, Beschluss vom 25.01.2008, 5 W 371/07, WRP 2008, H511H, nach juris). Insoweit kann die Frage offen bleiben, ob der Kläger ein rechtsfähiger Verband im Sinne von § 8 Abs.2 Nr.2 UWG ist, insbesondere über die erforderliche personelle und finanzielle Ausstattung verfügt.

2. Unstreitig hat der Kläger in der kurzen Zeit seines weniger als einjährigen Bestehens bereits über 60 Verfahren gegen staatliche Lotteriegesellschaften und deren Annahmestellen geführt. Die Beklagte hat dies insoweit unter Hinweis auf die von dem Kläger als Anlage K 9 und K17 vorgelegten Verfahren und unter Hinweis und teilweise Zitierung der Urteilgründe des Landgerichts Kiel vom 28. Juli 2009, 16 O 73/09, S.11 (CBH 15), wonach es auch in diesem Verfahren unstreitig war, dass der Kläger etwa 60 Verfahren gegen Gesellschaften des Lottoblocks in Deutschland geführt habe, vom Kläger unbestritten vorgetragen.

Ebenfalls als unstreitig anzusehen ist, dass die Mitglieder des Klägers zum Teil unter Verstoß gegen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages Dienstleistungen im Bereich des Glücksspiels anbieten.

Die Beklagte hat insoweit mehrfach substantiiert Verstöße der Mitglieder des Klägers unter Vorlage von Screenshots behauptet und hierzu im Einzelnen vorgetragen. Diesen Behauptungen ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Die pauschale Gegenbehauptung des Klägers, seine Mitglieder seien nicht illegal auf dem deutschen Markt tätig, ist nicht geeignet, die von der Beklagten im Einzelnen behaupteten Verstöße streitig zu stellen. Zudem hat der Kläger selbst unter Vorlage der Anlagen K 31 und K 37 dargelegt, dass bereits zahlreiche Verfahren gegen mittelbare oder unmittelbare Mitglieder des Klägers geführt werden.

Unstreitig steht demnach fest, dass die Mitglieder des Klägers VEWU, JAXX UK Ltd., LottoTeam Fonds B.V. gegen das Veranstaltungsverbot von Glücksspiel im Internet (§ 4 Abs.4 GlüStV), das Mitglied GWin GmbH und die Tipp 24 AG, die JAXX GmbH gegen das Internetwerbeverbot (§ 5 Abs.3 GlüStV), die Faber Lotto Services GmbH gegen das Werbeverbot des § 5 Abs.2 GlüStV verstoßen, wie sich aus den im Schriftsatz vom 09. Juli 2009 abgebildeten Screenshots auf den Seiten 6 ff. sowie in der Anlage CBH 16 ergibt. Überdies agieren jedenfalls die Mitglieder von VEWU – bestehend aus der Firma digibet, der Firma primabet, der Firma tipico und der Firma happbet – und die Firma JAXX UK Ltd. entgegen § 4 Abs.1 GlüStV ohne Erlaubnis und damit illegal auf dem deutschen Markt.

Bei diesen Verstößen handelt es sich um evidente Verstöße, die unschwer etwa durch eine Internetrecherche ermittelt werden können. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass ihm diese Verstöße seiner Mitglieder unbekannt gewesen seien, sondern hat vielmehr auf die bereits durch Wettbewerber gegen Mitglieder geführten Verfahren hingewiesen (Anlagen K 31 und K 37). Der Kläger hat zudem dargelegt, dass es sachliche Gründe dafür gebe, warum der Kläger nicht gegen seine Mitglieder vorgehe (auf welche im Folgenden noch eingegangen wird), womit er einräumt, dass er nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht und dies auch in Zukunft nicht beabsichtigt.

Diese Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag sind auch mit den im vorliegenden Fall von dem Kläger behaupteten Verstößen durch die Buswerbung der Beklagten gegen § 5 GlüStV vergleichbar. Sowohl das Internetwerbeverbot (§ 5 Abs.3 GlüStV), das Internetveranstaltungsverbot (§ 4 Abs.4 GlüStV) von Glücksspiel und der Erlaubnisvorbehalt bei Glücksspiel (§ 4 Abs.1 GlüStV) auf der einen Seite und das Verbot von Werbung für Glücksspiel mit Aufforderungscharakter (§ 5 GlüStV) auf der anderen Seite dient den in § 1 des GlüStV normierten Zielen des Gesetzes, nämlich vor allem die Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen und den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten. Die Verstöße sind vor allem auch von der Schwere her vergleichbar.

Die Vielzahl dieser evidenten – schwerwiegenden – Verstöße von Mitgliedern des Klägers gegen die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages und der Umstand, dass der Kläger hiergegen in keiner Weise vorgeht und dies auch nicht beabsichtigt auf der einen Seite und der Umstand, dass der Kläger bereits in der kurzen Zeit seiner Gründung in zahlreichen Verfahren gerichtlich gegen gleichartige Verstöße gegen den Glücksspielsstaatsvertrag von Nichtmitgliedern und hierbei nahezu ausschließlich gegen staatlichen Glücksspielanbietern (etwa 60 Verfahren) vorgegangen ist, auf der anderen Seite, lassen in einer Zusammenschau den hinreichend sicheren Schluss zu, dass der Kläger bewusst und planmäßig die Verstöße der eigenen Mitglieder toleriert und gezielt und ausschließlich gegen Nicht-Mitglieder vorgeht (so in Bezug auf den Kläger auch LG Kiel, Urteil vom 28.07.2009, 16 O 73/09, Rn.56; LG Saarbrücken, Urteil vom 24.06.2009, 7 KFH O 77/09, Rn.48 ff., nach juris,).

Dies zeigt, dass der Kläger bei seinem gerichtlichen Vorgehen von sachfremden Erwägungen geleitet ist, nämlich Verstöße ausschließlich von Nichtmitgliedern (insbesondere staatlichen Anbietern) zu ahnden und die eigenen Mitglieder vor Inanspruchnahme zu schonen. Es liegen demnach besondere Umstände vor, die die Annahme eines Rechtsmissbrauchs vorliegend rechtfertigen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger sich gerade ausweislich § 3 der Satzung das Ziel gesetzt hat, das Marktverhalten von Marktteilnehmern im Vereinsinteressenbereich zu beobachten und auf die Einhaltung der geltenden gesetzlichen Vorgaben und Bestimmungen hin zu kontrollieren, insbesondere im Hinblick auf die Vorgaben und Bestimmungen zur Suchtprävention, Ordnung und Überwachung des legalen Glückspielangebots mit dem Ziel, ein Ausweichen auf illegale Glücksspiel zu verhindern (…). Gerade diese Zielsetzung des Vereins, die in Übereinstimmung mit den in § 1 GlüStV normierten Zielen des Glücksspielstaatsvertrages steht, müsste es nahe legen, dass der Kläger gerade auch seine Mitglieder unter Lauterkeitsgesichtspunkten überprüft und bei Verstößen gegen diese vorgeht.

Einstweilige Verfügungen, die der Kläger gegen private Anbieter erwirkt hat (Anlage K 26-30), zeigen, dass denen der Mitglieder vergleichbare Verstöße vom Kläger bei Nichtmitgliedern verfolgt werden, der Kläger seiner in § 3 der Satzung selbst auferlegten Aufgabe der Marktbeobachtung im Bereich des Internets bei Nichtmitgliedern also nachkommt.

In diesen Fällen ging es jeweils um nach dem Glücksspielstaatsvertrag unzulässige Internetwerbung (vgl. § 5 Abs.3 GlüStV), welche die Nichtmitglieder betrieben.

3. Nachvollziehbaren Gründe dafür, warum der Kläger bei vergleichbaren Verstößen nicht gegen eigene Mitglieder, sondern ausschließlich gegen Nichtmitglieder vorgeht, sind nicht ersichtlich.

a) Insbesondere lassen sich europarechtliche Bedenken dafür nicht ernsthaft heranziehen.

So hat der Kläger selbst zuletzt klargestellt, dass er seinen Vortrag dazu, warum er gegen eigene Mitglieder nicht vorgehe, nicht dahin verstanden wissen wolle, dass er den Glücksspielstaatsvertrag angesichts europarechtlicher Bedenken auf seine Mitglieder für nicht anwendbar halte und etwa deshalb nicht gegen eigene Mitglieder vorgehe. Angesichts der Entscheidung des EUGH (Urteil vom 08.09.2009, C-42/07, nach juris) und des Bundesverfassungsgerichts (Nichtannahmebeschluss vom 20.03.2009, 1 BvR 2410/08, nach juris) erscheinen derartige Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Glücksspielstaatsvertrages mit Europarecht bzw. mit dem Grundgesetz auch nicht nahe liegend. Es hätte in jedem Fall näheren Vortrags dazu bedurft, um nachvollziehbar zu machen, warum Verstöße, bei Nichtmitgliedern intensiv durch zahlreiche Gerichtsverfahren innerhalb eines kurzen Zeitraums durch den Kläger verfolgt wurden, Verstöße der Mitglieder hingegen – trotz gleicher rechtlicher Rahmenbedingungen- betrafen, keinen rechtlichen Bedenken unterlagen.

b) Die Kammer sieht das Vorgehen des Klägers auch nicht dadurch als gerechtfertigt an, dass es teilweise wegen der von der Beklagten gerügten Verstöße von Mitgliedern des Klägers bereits Verfahren gegen diese gegeben hat, wie aus den Anlagen K 31 bis 37 ersichtlich. Wie der Kläger bereits einräumt, betreffen diese Verfahren nicht alle gerügten Verstöße und zudem kann der Umstand, dass die Verstöße der Mitglieder gegen den GlüStV zum Teil von Wettbewerbern gerichtlich angegriffenen werden, nicht als Rechtfertigung dafür dienen, von vornherein die eigenen Mitglieder planmäßig von einer gerichtlichen Inanspruchnahme durch den Kläger bei gleichartigen Verstößen durch den GlüStV auszusparen.

c) Die seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages (1.1.2008) teilweise bestehenden Monopolstellung der Blockgesellschaften im Bereich der Veranstaltung von Zahlenglücksspielen und Sofort-Glücksspielen rechtfertigt die vom Kläger gewählte Verletzerauswahl nicht. Die beschriebene Monopolstellung lässt nachvollziehbare Gründe, warum die eigenen Mitglieder, die selbst in zahlreichen Fällen gegen den GlüStV verstoßen, von einer gerichtlichen oder außergerichtlichen Inanspruchnahme durch den Kläger von vornherein planmäßig verschont bleiben, nicht erkennen.

d) Dass der Bundesgerichtshof seine Rechtsprechung, nach der ein Rechtsmissbrauch ausnahmsweise gegeben sein kann, wenn – wie dargelegt – grundsätzlich nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgegangen wird, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig geduldet werden (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.1997, I ZR 29/94, Rn.34, GRUR 1997, H681H, H683H – Produktwerbung, nach juris), im Rahmen der Sportlernahrung II- Entscheidung (vgl. BGH, Urteil vom 06.05.2004, I ZR 275/01, Rn.45, WRP 2004, H1024H, H1027H – Sportlernahrung II, nach juris) aufgegeben hätte, ist nicht erkennbar.

Soweit es in der vorgenannten Entscheidung heißt:

„Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, der Kläger handle, soweit er bislang nicht gegen eigene Mitglieder vorgegangen sei, nicht rechtsmissbräuchlich (vgl. H BGH, Urt. v. 12.12.1996 – I ZR 7/94 H , H GRUR 1997, 537 H , 538 = H WRP 1997, 721 H – Lifting-Creme; Urt. v. 23.1.1997 – H I ZR 29/94 H , H GRUR 1997, 681 H , 683 = H WRP 1997, 715 H – Produktwerbung; Urt. v. 17.9.1998 – H I ZR 117/96 H , H GRUR 1999, 515 H , 516 = H WRP 1999, 424 H – Bonusmeilen)“, nimmt der BGH ersichtlich allein auf die konkret zur Entscheidung anstehenden Fall Bezug, ohne von seiner bisherigen Rechtsprechung Abstand zu nehmen.

Der BGH zitiert vielmehr seine vorherige Rechtsprechung, insbesondere auch das Urteil vom 23.01.1997 – HI ZR 29/94H, GRUR 1997, 681H, 683 = WRP 1997, 715H – Produktwerbung, auf die er damit Bezug nimmt, ohne davon abzurücken.

e) Entgegen der Ansicht des Klägers ist es auch nicht so, dass nach der Rechtsprechung des BGH ein Rechtsmissbrauch schon immer dann ausscheidet, wenn die behaupteten Verstöße – wie vorliegend – Interessen der Allgemeinheit berühren. Der BGH führt im Gegenteil aus, dass in solchen Fällen – wenn auch nur unter besonderen Voraussetzungen – ein Rechtsmissbrauch vorliegen kann (Urteil vom 23.01.1997 – HI ZR 29/94H, Rn.34, GRUR 1997, 681H, 683 = WRP 1997, 715H – Produktwerbung). Dass solche besonderen Umstände vorliegend anzunehmen sind, wurde bereits dargelegt.

f) Dass die Beklagte ihrerseits gegen die Verstöße der Mitglieder des Klägers vorgehen könnte, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, denn dies rechtfertigt es vor dem Hintergrund der angeführten Rechtsprechung kein planmäßiges dauerhaftes Vorgehen des Klägers, nach dem die eigenen Mitglieder verschont werden und in diskriminierender Weise ausschließlich gegen gleichartige Verstöße von Nichtmitgliedern vorgegangen wird.

Durchgreifende rechtliche Schwierigkeiten, die sich nach Ansicht des Klägers bei einem Vorgehen gegen eigene Mitglieder stellen würden, erschließen sich der Kammer nicht. Dass sie vor dem Hintergrund der klaren Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages unschwer zu verfolgen wären, ist bereits dargelegt worden.

g) Schließlich kann sich der Kläger auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Zulassung des Missbrauchseinwands würde den Interessen der Allgemeinheit zuwiderlaufen, da dadurch das Vorgehen des Klägers gegen Verstöße, die auch dem Verbraucherschutz dienten, unterbunden würden und der konkret in Anspruch genommene sein Handeln fortsetzen könne.

Diese Argumentation verfängt nicht, da mit dieser Argumentation ein Verband stets in sachwidriger Weise ausschließlich gegen Nichtmitglieder vorgehen und sein Handeln dadurch rechtfertigen könnte, dass ja gleichwohl mittelbar die Allgemeinheit durch die wenn auch diskriminierende und sachwidrige Auswahl einiger Verletzer geschützt werde. In einem solchen Fall überwiegt aber das Interesse der Allgemeinheit daran, dass ein Verband nicht auf Dauer angelegt in rechtsmissbräuchlicher Weise unter dem Deckmantel des Gemeinschutzes tätig werden kann.

II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird festgesetzt auf EUR 30.000,-.

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