Bewerbung eines Produkts mit Testurteil ohne Rangangabe zulässig, wenn keine anderen Produkte mit besserer Gesamtnote bewertet wurden

11. Februar 2014
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Beschluss des OLG Hamburg vom 14.11.2013, Az.: 3 U 52/13

Eine Werbung für ein Produkt mit einem Testurteil ("GUT (1,9)") ist ohne Angabe des Bewertungsranges zulässig und nicht irreführend, wenn zwar andere Produkte mit besseren Punktewerten (1,7 bzw. 1,8) beurteilt wurden, jedoch kein Produkt eine bessere Gesamtnote ("SEHR GUT")  im Test erzielt hatte. Die Mitteilung über den Rang einer Bewertung ist in diesem Fall keine für die Kaufentscheidung des Verbrauchers wesentliche Information im Sinne des §5a UWG.

 Oberlandesgericht Hamburg

Beschluss vom 14.11.2013

Az.: 3 U 52/13

Entscheidungsgründe

I.

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 26.2.2013 (Geschäfts-Nr. 416 HKO 193/12) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen, da sie offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg sein dürfte. Das Landgericht, auf dessen Ausführungen im angegriffenen Urteil zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, dürfte die Klage zu Recht abgewiesen haben.

1. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung der Kosten einer vorgerichtlichen Abmahnung, mit welcher die Werbung für das von der Beklagten vertriebene Blutzuckermessgerät „C.“ beanstandet wurde. Dieses Produkt hat die Beklagte mit dem Logo der Stiftung Warentest mit dem Wortlaut „Stiftung Warentest test GUT (1,9) Im test: 15 Blutzuckermessgeräte Ausgabe 7/2012 www.test.de“ beworben (Anlage K 2).

Die Klägerin hat diese Werbung mit ihrer Abmahnung (Anlage K 3) als irreführend beanstandet, weil darin verschwiegen worden sei, dass Wettbewerbsprodukte – darunter auch das Produkt der Klägerin – bei der Stiftung Warentest besser abgeschnitten hatten (s. Testergebnis Anlage K 1).

Hinsichtlich des erstinstanzlichen Vortrags wird zur Vermeidung von Wiederholungen das angefochtene Urteil in Bezug genommen. Das Landgericht hat eine Irreführung verneint und deshalb die Klage abgewiesen.

In der Berufungsinstanz verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter und macht geltend, dass das Landgericht das von der Klägerin vorgetragene Verkehrsverständnis nicht angenommen habe. Die Werbung werde dahin verstanden, dass es keine Produkte gebe, die in dem angeführten Test besser bewertet worden seien, als dasjenige der Beklagten. Dies folge aus der Benotung und dem Umstand, dass die Beklagte jeden Hinweis auf die besser getesteten Wettbewerbsprodukteunterlassen habe. Hierin liege ein Verstoß gegen §§ 5, 5a, 6 UWG. Das Landgericht habe auch die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 25.10.2012 (Az. 6 U 186/11) falsch bewertet.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.2.2013, Az. 416 HKO 193/12, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 2.687,60 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.10.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze und ihre Anlagen verwiesen.

2. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit dem Landgericht geht der Senat davon aus, dass der Beklagten angesichts der Werbung mit dem Testergebnis eine Irreführung (auch durch Unterlassen) nicht zur Last fällt.

Der Senat hat durchaus zur Kenntnis genommen, dass das OLG Frankfurt in der genannten Entscheidung (abgedruckt in K&R 2013, 129) bei der Bewertung von Werbung mit Testergebnissen eine tendenziell strengere Sichtweise einnimmt als der Bundesgerichtshof in der Entscheidung „Test Gut“ aus dem Jahre 1982 (GRUR 1982, 437) und dass der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde gegen dieses Urteil mit Beschluss vom 15.8.2013 zurückgewiesen, diese Sichtweise also gebilligt hat (Az. I ZR 212/12). Das OLG Frankfurt hat im Leitsatz der genannten Entscheidung seine Auffassung festgehalten, dass bei der Werbung mit einem Testergebnis „gut“ der Stiftung Warentest grundsätzlich der Rang des Qualitätsurteils im Rahmen des Gesamttests deutlich gemacht werden müsse, wenn mehrere Konkurrenzergebnisse mit „sehr gut“ bewertet worden seien und das Testergebnis des beworbenen Erzeugnisses gerade noch überdurchschnittlich gewesen sei. Das Interesse der Verbraucher, so das OLG Frankfurt in der genannten – an dieser Stelle über BGH „Test gut“ hinausgehenden – Entscheidung (juris Rn. 13 a.E.), bei einer Werbung mit Testergebnissen auch über den Rang einer Bewertung informiert zu werden, bestehe auch dann, wenn diese Bewertung im Einzelfall über dem Durchschnitt liege.

Der vorliegende Fall ist aber von der Fallkonstellation, über die das OLG Frankfurt geurteilt hat, in entscheidenden Punkten zu differenzieren, weshalb vorliegend auch bei Zugrundelegung einer – im Vergleich mit der alten BGH-Entscheidung – etwaig strengeren Sichtweise auf Testwerbung die Annahme einer Irreführung – durch Handeln oder Unterlassen – nicht in Betracht kommt, ohne dass hierin eine Abweichung von obergerichtlicher Rechtsprechung läge.

Anders als im Fall des OLG Frankfurt, in dem mit der Note „gut 2,2“ ohne Hinweis auf die mit „sehr gut“ erfolgte Beurteilung mehrerer Wettbewerbsprodukte geworben worden war, sind vorliegend keine Produkte mit „sehr gut“ bewertet worden. Vielmehr sind 12 Produkte mit „gut“ bewertet worden, davon – besser als das Produkt der Beklagten (Punktwert 1,9) – drei mit dem Punktwert 1,7 und eines mit dem Punktwert 1,8. Das Spitzenfeld des Testergebnisses bewegt sich also nicht nur innerhalb ein und derselben Notenstufe („gut“), sondern weist auch nur geringfügige Punktabstände auf. Der Senat ist der Auffassung, dass in dieser Konstellation eines engen Spitzenfelds die Mitteilung über das Rangverhältnis der Bewertung keine für die Kaufentscheidung des Verbrauchers wesentliche Information im Sinne des § 5a UWG ist. Wesentlich ist eine solche Information nur dann – und diese Feststellung stimmt mit den Judikaten sowohl des BGH als auch des OLG Frankfurt überein – wenn nennenswerte Rangunterschiede – etwa bei Existenz in einer besseren Notenstufe bewerteter Konkurrenzprodukte – überhaupt zu verzeichnen sind. Welche Bedeutung den Werberichtlinien der Stiftung Warentest bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung zukommt, kann letztlich offenbleiben. Denn auch die Stiftung Warentest schreibt in ihren ab dem 25.1.2012 geltenden Bedingungen die Verdeutlichung des Ranges nicht mehr vor (s. Anlage KE 1). Aus der alten Fassung der Bedingungen ging zudem zweifelsfrei nur hervor, dass die Stiftung Warentest eine Verdeutlichung des Ranges des verwendeten Qualitätsurteils für erforderlich hielt („insbesondere dann“), wenn bessere Qualitätsurteile für andere Produkte vergeben worden seien. „Qualitätsurteil“ im Sinne dieser alten Fassung der Bedingungen der Stiftung Warentest war aber das in Worte gefasste Testergebnis (s. Anlage K 1. dort S. 90 in der Tabellenübersicht).

Der Senat teilt daher auch nicht das von der Klägerin angenommene Verkehrsverständnis, aus der beanstandeten Werbung werde entnommen, im Test habe kein Produkt (auch nur nach dem Punktwert) besser abgeschnitten als das der Beklagten.

II.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

III.

Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Die Klägerin möge aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung erwägen.

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