Ausnahmsweise einstweiliges Verfügungsverfahren bei Anschlusssperrung
Amtsgericht München
Beschluss vom 15. Mai 2014
Az.: 158 C 11272/14
ln dem Rechtsstreit
…
erlässt das Amtsgericht München am 15.05.2014 ohne mündliche Verhandlung wegen Dringlichkeit gemäß§ 937 Abs. 2 ZPO folgenden Beschluss:
1. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, unverzüglich den Telekommunikationsanschluss des Antragstellers (Kundennr. … mit der Rufnummer … freizuschalten.
2. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 2.000,00 € festgesetzt.
4. Mit dem Beschluss sind zuzustellen:
Antragschrift vom 14.05.2014
eidesstattliche Versicherung vom 14.05.2014
eidesstattliche Versicherung vom 15.05.2014
Entscheidungsgründe
Wegen des Sachverhaltes wird auf die Antragsschrift vom 14.05.2014 und die Ergänzungsschrift vom 15.04.2014 sowie die damit vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.
I. Der Antrag ist zulässig und begründet.
Das Amtsgericht München ist gemäß§§ 12, 17, 937 ZPO örtlich und gemäß§ 1 ZPO in Verbindung mit§§ 23 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG sachlich zuständig.
Es liegt sowohl ein Verfügungsanspruch (1.) als auch ein Verfügungsgrund (2.) vor.
1. Der Antragsteller hat einen vertraglichen Anspruch auf Freischaltung des Telefonanschlusses. Es wurde glaubhaft vorgebracht, dass die Sperrung des Telefonanschlusses nicht gerechtfertigt ist. Der Verweis auf die noch offene Rechnung aus den Monaten Januar und Februar 2013 ist nicht zulässig, da die technische Prüfung vom 16.05.2013 später als zwei Monate nach der Beanstandung durch den Teilnehmer am 08.02.2013 erfolgte, so dass gemäß§ 45i Abs. 3 Satz 2 TKG vermutet wird, dass das in Rechnung gestellte Verbindungsaufkommen des Anbieters unrichtig ermittelt ist.
2. Da es sich um eine Leistungsverfügung handelt, sind an den Verfügungsgrund besonders ho he Anforderungen zu stellen. Eine Leistungsverfügung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn der Antragsteller auf sofortige Erfüllung so dringend angewiesen ist, dass er ein ordentliches Verfahren nicht abwarten kann, ohne unverhältnismäßig großen, gar irreparable Schaden zu erleiden (vgl. Thomas/Putzo, § 940 Rn. 6). Eine solche besondere Dringlichkeit besteht insbesondere, wenn die berufliche Situation einen Telekommunikationanschluss erforderlich macht.
a) Der Antragsteller ist als Netzwerkadministrator bei … (Autozulieferer) im Saarland angestellt. Er hat glaubhaft vorgetragen, in Notfällen auch von zu Hause auf das System seiner Arbeitgeberin zugreifen zu müssen. Er hat Abends und an Wochenenden, im Wechsel mit anderen Kollegen, Rufbereitschaft Wenn akute Störungen des Netzwerks seiner Arbeitgeberin auftreten, die zu Störungen des gesamten Betiebsablaufes und damit zu erheblichen Produktionsverlusten führen können, muss der Antragssteiler möglichst schnell das Problem beheben. Dies ist nur möglich, wenn er sich von zu Hause aus im Netzwerk der Arbeitgeberin einloggt
b) Weiterhin ist auch der Sohn des Antragstellers auf eine Internetverbindung angewiesen. Es wurde glaubhaft vorgetragen, dass im Rahmen der schulischen Hausaufgaben die Nutzung des Internats erforderlich ist. Regelmäßig erhält der Sohn die Aufgabe, im Internet zur Vorbereitung auf den Unterricht zu recherchieren. Vor dem Hintergrund einer langwierigen Auseinandersetzung mit der Antragsgegnerin in einem Hauptsacheverfahren, ist das schulische Fortkommen des Sohnes des Antragstellers bei einer längeren Sperrung des Internets gefährdet.
c) Grundsätzlich wäre es dem Antragsteller zumutbar auf einen mobilen Internetzugriff auszuweichen (vgl. AG Brühl, Urteil vom 06.05.2010, Az. 106 C 94/10; AG Bühl, 13.11.2012, Az. 7 C 275/12). Vorliegend handelt es sich aber um einen Ausnahmefall: Der Antragsteller hat glaubhaft vorgetragen, dass eine mobile Internetverbindung, aufgrund mangelnder Netzabdeckung bzw. der
örtlichen Gegebenheiten, im Wohngebäude und auch außerhalb des Wohngebäudes des Antragstellers nur stark eingeschränkt genutzt werden kann. Eine Erledigung der beruflichen Aufgaben des Antragstellers sowie der schulischen Aufgaben durch den Sohn ist wegen der sehr schlechten Datenkommunikation nicht möglich.
d) ln zusammenfassender Würdigung der glaubhaft gemachten Tatsachen geht das Gericht – auch in Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur heutigen Bedeutung des Internets im täglichen Leben (vgl. Urteil vom 24.01.2013, Az. 111 ZR 98/12) sowie vor dem Hintergrund, dass lediglich die Rechnungen Januar und Februar 2013 streitig sind und im Übrigen die Grundgebühr und Nutzungsentgelte gezahlt werden – von einer besonderen Dringlichkeit bezüglich der Freischaltung des Telekommunikationsanschlusses des Antragstellers aus.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf§ 91 ZPO analog.