Von falschen Geschirrspülern neben richtigen Preisen…
Eigener Leitsatz:
Wird in einem Werbeprospekt neben einem richtigen Preis ein nicht zu dem beschriebenen Modell passender Geschirrspüler abgebildet, so stellt dies keinen Verstoß gegen Wettbewerbsrecht dar. Derartige Werbung spricht einen allgemeinen Verkehrskreis ohne spezifische Vorkenntnisse an, bei welchem der Anlockeffekt mit einem tatsächlich hochwertigeren abgebildeten Produkt ausnahmsweise unterbleibt, da ein Geschirrspüler mangels eines spezifischen Aussehens rein optisch keinen Rückschluss auf die Qualität zulässt.
Oberlandesgerich Hamm
Urteil vom 16.06.2009
Az.: 4 U 44/09
Tenor:
Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 4. Dezember 2008 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Antragstellerin betreibt ein Möbelhaus in X, die Antragsgegnerin führt Möbelhäuser in M und S.
Am 17. Juli 2008 ließ die Antragsgegnerin mit der M Tagespost auch im Werbegebiet der Antragstellerin einen Werbeprospekt mit der Überschrift "Riesige Küchenwelt Neueröffnung nach Totalumbau" verteilen. In diesem Prospekt war ein zum Teil geöffneter T-Geschirrspüler mit silbrig-farbener Blende zu sehen, der zu einem Vorteilspreis von 475,00 € angeboten wurde. Die neben dem Gerät abgedruckte Beschreibung bezog sich auf einen Geschirrspüler der Marke T mit der Typenbezeichnung ######. Bei dem abgebildeten Geschirrspüler handelte es sich aber nicht um diesen beschriebenen Geschirrspüler, sondern um einen höherwertigen T-Geschirrspüler mit anderer Typenbezeichnung. Nach der Behauptung der Antragstellerin handelte es sich dabei um den Geschirrspüler ######1.
Auf derselben Seite des vorgenannten Prospekts wies die Antragsgegnerin auf die kostenlose Lieferung hin.
In der Zeit vom 21. Juli bis 27. Juli 2008 hat die Antragsgegnerin in einem weiteren Prospekt mit Möbeln und Küchen geworben, die sie aufgrund einer von ihr durchgeführten offiziellen Inventur günstiger anbot.
Nach erfolgloser Abmahnung hat die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin gestellt, der am 21. August 2008 beim Landgericht eingegangen ist.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass sich aus der fehlerhaften Beschreibung des Geschirrspülers eine Täuschung des Verbrauchers ergebe. Dieser erwarte, dass sich der angegebene Preis auf den abgebildeten Geschirrspüler beziehe. Es sei aber nicht möglich gewesen, den abgebildeten höherwertigen Geschirrspüler für 475,00 € zu erhalten. Außerdem handele es sich bei dem Preis von 475,00 Euro nicht um einen Liefer,- sondern um einen Abholpreis. Der Geschirrspüler werde entgegen der im Prospekt enthaltenen Aussage nicht kostenlos geliefert. Schließlich täusche die Antragsgegnerin über den Anlass des Verkaufs. Für die Antragsgegnerin bestehe keine Pflicht zur Inventur im Zeitpunkt des angekündigten Inventurverkaufs. Eine derartige Pflicht gebe es nur am Ende des Geschäftsjahres.
Die Antragstellerin hat zunächst beantragt,
die Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen,
es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd,
a. in der Werbung
aa) einen Geschirrspüler abzubilden und einen Preis zuzuordnen, wenn der abgebildete Geschirrspüler zu dem zugeordneten Preis nicht erhältlich ist,
und/oder
bb) einen Geschirrspüler zu einem Preis anzubieten, in dem die Kosten der Anlieferung nicht enthalten sind, wenn auf diese Tatsache nicht eindeutig erkennbar hingewiesen wird,
b. einen Inventurverkauf mit Preisvorteilen auf Präsentationsstücke zu bewerben und dabei anzugeben, dass es sich um eine offizielle Inventur handelt, zu der die Antragsgegnerin (Beklagte) als Handelsunternehmen nach § 240 Abs. 2 HGB verpflichtet ist, sofern die Voraussetzungen für die Erstellung eines Inventars nach § 240 Abs. 2 HGB nicht vorliegen.
Das Landgericht hat im Wesentlichen antragsgemäß am 22. August 2008 eine entsprechende Beschlussverfügung (Bl. 27 f.) erlassen. Gegen diese Beschlussverfügung hat die Antragsgegnerin einen Teilwiderspruch im Hinblick auf die Anträge zu a) eingelegt, so dass damit der Verfügungsansprüche zu b) nicht mehr im Streit war. Nachdem die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht den Verfügungsantrag a) bb) zurückgenommen hatte, haben die Parteien nur noch darüber gestritten, ob das Landgericht der Antragstellerin zu Recht untersagt hatte, in Werbung einen Geschirrspüler abzubilden und einen Preis zuzuordnen, wenn der abgebildete Geschirrspüler zu dem zugeordneten Preis nicht erhältlich ist, wie geschehen mit dem Prospekt mit der Überschrift "Riesige Küchenwelt Neueröffnung nach Total-Umbau!" gemäß Anlage AS2.
Die Antragstellerin hat beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 22.08.2008 hinsichtlich des Buchstabens a) aa) aufrechtzuerhalten.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 22.08.2008 hinsichtlich Punkt a) aa) aufzuheben und den entsprechenden Antrag zurückzuweisen.
Sie hat bereits den Verfügungsgrund in Abrede gestellt und behauptet, der Geschäftsführer der Antragstellerin habe bereits am 17. Juli 2008, also am Tag der Prospektverteilung, von dieser Werbung Kenntnis erlangt. Sie hat gemeint, die Dringlichkeitsvermutung habe die Antragstellerin dadurch widerlegt, dass ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erst am 21. August 2008 beim Landgericht Münster anhängig gemacht worden sei. In der Sache hat die Antragstellerin behauptet, der in der Werbung abgebildete Geschirrspüler zeige infolge eines Versehens ihrer Werbeagentur das Gerät ######1. Die unverbindliche Preisempfehlung für dieses Gerät betrage 1.232 €. Die Antragsgegnerin hat gemeint, eine Irreführung liege nicht vor, da der angesprochene Verbraucher in erster Linie auf die Beschreibung des Elektrogeräts abstelle. Jedenfalls liege insoweit keine relevante Irreführung vor. Die Abbildungen des Geschirrspülers unterschieden sich nur in optische Marginalien, die der Durchschnittsverbraucher nicht erkennen könne. Für seine Kaufentscheidung spiele insbesondere die falsch abgebildete Blende keine Rolle.
Das Landgericht hat seine einstweilige Verfügung zu Punkt a) aa) aufgehoben und insoweit den auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung gerichteten Antrag zurückgewiesen, weil es mit der Antragsgegnerin eine relevante Irreführung verneint hat. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird insoweit auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 90, 90 R) verwiesen.
Die Antragstellerin greift das Urteil mit der Berufung an, mit der sie ihren zuletzt gestellten erstinstanzlichen Antrag weiter verfolgt. Sie moniert, dass das Landgericht gegen § 286 Abs. 1 ZPO verstoßen habe. Es habe entscheidungserheblichen Sachverhalt unvollständig festgestellt und deshalb seiner Beurteilung ein falsches Verkehrsverständnis zugrunde gelegt. Zu Unrecht sei das Landgericht davon ausgegangen, dass der abgebildete Geschirrspüler, was Größe und Schärfe angehe, nicht geeignet sei, bei dem normalen Leser des Prospekts irgendwelche Vorstellungen darüber entstehen zu lassen, um welches Gerät es sich bei dem abgebildeten Gerät handele, zumal auf der Abbildung ohne Lupe lediglich der Schriftzug T zu entziffern sei. Die Abbildung im Prospekt lasse deutlich mehr Details erkennen. Über dem Schriftzug sei eine Anzahl von Bedientasten erkennbar, die innenliegend in eine Edelstahlverkleidung eingebettet seien. Genau dies sei bei dem beschriebenen Geschirrspüler gerade nicht der Fall. Der beschriebene Geschirrspüler weise nämlich weniger Programmtasten auf, und zudem seien diese nicht in eine Edelstahlblende, sondern eine Kunststoffleiste integriert. Diese Unterschiede beeinflussten den Wert eines Geschirrspülers maßgebend. Das und auch die Entscheidung Scanner-Werbung des Bundesgerichtshofs habe das Landgericht nicht berücksichtigt. Unabhängig von dem Verstoß gegen § 286 ZPO habe das Landgericht auch den Schutzzweck der Anspruchsnorm verkannt und demzufolge deren Schutzbereich zu eng bemessen. Die Antragstellerin meint mit näheren Ausführungen auch zu weiteren Urteilen des Bundesgerichtshofs, dass es sich vorliegend um einen klassischen Irreführungsfall handele, da über positive Leistungsmerkmale wie den Preis und die Verfügbarkeit des beworbenen Erzeugnisses zu dem angegebenen Preis getäuscht werde. Diese Täuschung bewirke eine für den Werbenden günstige Marktentscheidung der angesprochenen Verbraucher. Insbesondere entstehe auch eine Anlockwirkung.
Die Antragsgegnerin verteidigt das angefochtene Urteil, indem sie u. a. auf das Urteil vom 07. April 2009 in dem Rechtsstreit 25 O 40/09 LG Münster verweist. Mit näheren Ausführungen legt die Antragsgegnerin dar, warum ihres Erachtens das Landgericht im vorliegenden Rechtsstreit nicht gegen § 286 ZPO verstoßen hat und warum der Irreführung die geschäftliche Relevanz fehlt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 9. Juni 2009 (Bl.133 ff.) Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Antragstellerin ist unbegründet, weil diese von der Antragsgegnerin die Unterlassung der angegriffenen Prospektwerbung nicht verlangen kann.
1) Der noch im Streit befindliche Unterlassungsantrag ist bestimmt genug im Sinne des § 253 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Die beanstandete Werbung ist als konkrete Verletzungshandlung in den Antrag aufgenommen worden, was bei einer Irreführung geboten ist, weil es insoweit auf die Gesamtumstände ankommt.
2) Der Verfügungsgrund ist gegeben. Die zugunsten der Antragstellerin streitende Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist hier angesichts des zeitnahen Vorgehens im Rahmen der Rechtsverfolgung nicht widerlegt.
3) Der Antragstellerin steht weder nach altem noch nach neuem Recht ein Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs.1, 3; 5 UWG zu. Zwar kann kein Zweifel daran bestehen, dass die Antragstellerin anspruchsberechtigt ist, denn die Parteien sind Mitbewerber i.S.d. § 8 Abs.3 Nr.1 UWG. Sie betreiben beide Möbelhäuser und handeln mit Einrichtungsgegenständen. Die Prospektwerbung der Antragsgegnerin stellt aber weder eine unlautere Wettbewerbshandlung noch eine unzulässige Handlung in Form einer irreführenden Werbung dar.
a) Die Preisangabe, nach der die abgebildete Spülmaschine 475,00 € kosten soll, stellt eine Angabe tatsächlicher Art im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. dar, die von den angesprochenen Verbrauchern auch besonders ernst genommen wird.
b) Die angesprochenen Verkehrskreise sind hier die allgemeinen Verbraucher, die sich für den Erwerb von Spülmaschinen interessieren. Es gibt unter ihnen im Gegensatz zur Entscheidung BGH GRUR 2002,715, 716 –Scanner-Werbung auch keine Gruppe von Interessenten, die sich mit den betreffenden Maschinen von T schon näher beschäftigt haben, so dass es auch keine gespaltene Verkehrsauffassung insoweit gibt.
c) Diese allgemeinen Verkehrskreise ohne spezielle Vorkenntnis von den Produkten der Firma T im Detail haben angesichts der Werbung die Vorstellung, dass die abgebildete Maschine und die nebenstehende Beschreibung zueinander passen und dass das beschriebene Produkt zum Vorzugspreis von 475,00 € angeboten wird. Diese Vorstellung ist jedenfalls teilweise unrichtig. Bei sich widersprechenden Angaben, wie sie hier angesichts der tatsächlich nicht zueinander passenden bildlichen Darstellung und schriftlichen Beschreibung der Maschine vorliegen, darf keine Deutung falsch sein. Das ist hier aber der Fall, weil die abgebildete Maschine unstreitig nicht für 475,00 € angeboten wird. Daran muss sich die Beklagte festhalten lassen, auch wenn es zu der Darstellung der nicht zu der maßgebenden Beschreibung passenden Maschine aufgrund eines Fehlers der beauftragten Werbeagentur gekommen sein sollte.
d) Die durch die Irreführung erzeugte Fehlvorstellung ist jedoch nicht wettbewerbsrechtlich relevant.
aa) Die angesprochenen Verkehrskreise interessieren sich aufgrund der Produktbeschreibung für die Geschirrspülmaschine einer bestimmten Ausstattung, die nur 475,00 € kosten soll. Dieser Umstand ist für ihr Interesse und ihre etwaige Kaufentscheidung maßgebend. Insoweit werden sie auch nicht in die Irre geführt.
bb) Die Tatsache, dass die Verbraucher die abgebildete Maschine für den angegebenen Preis nicht kaufen können, ist für den Anlockeffekt und die Kaufentscheidung dagegen ausnahmsweise nicht maßgeblich. Diese haben nämlich dem unspezifischen Aussehen der Maschine mit der neutral und vom Design her unauffällig gehaltenen Front hier keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Die Siemensgeräte ähneln sich nach den von der Beklagten vorgelegten Abbildungen insoweit sehr. Es gibt nur marginale Unterschiede zwischen den unterschiedlich ausgestatteten und im Preis daher sehr unterschiedlichen Modellen. Insbesondere die äußere Erscheinung, die dafür maßgeblich ist, wie das Gerät später in der betreffenden Küche wirkt, bleibt sich gleich. Die vorhandenen Unterschiede wie die nur im geöffneten Zustand sichtbare Bedienleiste aus Edelstahl liefern den Kaufinteressenten keine Informationen über die Qualität und den Wert der angebotenen Maschine. Der Verbraucher bekommt dadurch insbesondere keine Vorstellung von einem besonderen Design. Auch die Tastatur und die Zahl der Druckknöpfe ist rein funktional bestimmt. Mit der Art der Tastatur als solcher ist gleichfalls keine Wertvorstellung verbunden. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem Fall, der der Entscheidung Scanner-Werbung des BGH zugrunde lag. Das hat zur Folge, dass das Bild der Geschirrspülmaschine den Interessenten letztlich keine für die Kaufentscheidung maßgeblichen Informationen liefert und diese damit auch nicht beeinflussen kann.
e) Ebenso fehlt es an einer irreführenden Werbung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG n.F.. Es liegt zwar eine Täuschung durch unwahre Angaben vor, die eine irreführende Werbung darstellt. Diese ist aber aus den oben genannten Gründen nicht wettbewerbsrechtlich relevant.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.