Unzulässige Werbung mit veraltetem UVP

10. Oktober 2014
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Urteil des LG Wuppertal vom 24.02.2014, Az.: 12 O 43/10

Die Werbung mit einer Unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers ist irreführend und damit unzulässig, wenn die Empfehlung im Zeitpunkt der Werbung nicht mehr gültig ist. Handelt es sich um ein Auslaufmodell und ist die Preisempfehlung daher veraltet, muss der Werbende deutlich hierauf hinweisen.

Unlauter ist auch die Werbung mit Warenangeboten, wenn der Unternehmer die Absicht verfolgt, den Verbraucher nach Bestellung auf den Kauf eines Nachfolgemodells umzulenken, indem er das bestellte Modell als nicht mehr lieferbar darstellt oder sich weigert, die bestellte Ware zu liefern.

Landgericht Wuppertal

Urteil vom 24.02.2014

Az.: 12 O 43/10

Tenor

I.
Die Beklagte wird verurteilt,

1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgelds in Höhe von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr

a)
gegenüber Verbrauchern Nähmaschinen und Bügelpressen unter Angabe von Preis und Produktbeschreibung im Onlineshop zum Verkauf anzubieten und nach Bestellung durch Verbraucher die Kunden anzurufen und ihnen andere als die bestellten Modelle beispielsweise Nachfolgemodelle zum Kauf anzubieten, um sie dabei von der ursprünglichen Bestellung umzulenken, indem das bestellte Modell entweder als nicht lieferbar dargestellt wird oder so beschrieben wird, dass es als eine fehlerhafte Ausführung der Ware (wie Ausstellungsstücke anstelle der angebotenen und bestellten Neuware) dargestellt wird und/oder dieses fehlerhafte Modell zu liefern und/oder indem sie sich weigert, die beworbenen Waren zu liefern oder innerhalb vertretbarer Zeit zu liefern, wie sofort nach Bestelleingang bei den mit der Lieferzeitangabe: “sofort lieferbar” beworbenen Waren;

b)
in Preisgegenüberstellungen mit Unverbindlichen Preisempfehlungen zu werben, wenn diese vom Hersteller nicht mehr ausgesprochen werden, wenn die Produkte selbst nicht als Auslaufmodell bezeichnet sind;

c)
Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern zu betreiben, die eine ausdrückliche vorherige Einwilligung für diese Form der werblichen Ansprache nicht erteilt haben;

2.
an den Kläger 208,65 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2010 zu zahlen.

II.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 30 % und der Beklagten zu 70 % auferlegt.

III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 EUR; der Kläger kann die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Wegen des Sachverhalts wird zunächst verwiesen auf den Tatbestand des Teilurteils der Kammer vom 08.08.2011 (GA 95 ff.).

Hierdurch ist die Beklagte verurteilt worden, es bei Meidung von Ordnungsmitteln im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Nähmaschinen im Internet zum Verkauf zu stellen, ohne diese als Einzelstücke zu kennzeichnen, wenn diese nur einmal zur Verfügung stehen; in Preisgegenüberstellungen mit Unverbindlichen Preisempfehlungen zu werben, wenn diese vom Hersteller nicht mehr ausgesprochen werden, wie folgt: “UVP*, (es folgt der gestrichene Preis), Bei uns nur … €” und der Sternchenauflösung: “Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers (bei Auslaufmodellen die Empfehlung des letzten Produktionsjahres)”, wenn die Auflösung der Angabe “UVP” nicht gut wahrnehmbar und lesbar ist.

Die Klage ist abgewiesen worden, soweit der Kläger beantragt hat, der Beklagten zu untersagen, Waren im Internet zum Verkauf zu stellen, die nicht zur Belieferung zur Verfügung stehen und sie zu verurteilen, an ihn eine Vertragsstrafe in Höhe von 5.500,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2010 zu zahlen.

Gegen dieses Teilurteil hat der Kläger Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt in dieser Instanz nunmehr noch,

zu erkennen wie geschehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 13.01.2014 (GA 241 ff.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die über die mit dem genannten Teilurteil beschiedenen Ansprüche des Klägers hinausgehende Klage ist zulässig und begründet.

Die Klagebefugnis des Klägers hinsichtlich der hier geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche folgt (ebenso wie seine materielle Anspruchsbefugnis) aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2 UWG.

Die Anträge des Klägers sind hinreichend bestimmt. Das gilt im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten auch hinsichtlich seines Begehrens, ihr zu untersagen Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern zu betreiben, die eine ausdrückliche vorherige Einwilligung für diese Form der werblichen Ansprache nicht erteilt haben. Es ist klar und eindeutig, was mit dem Verbot gemeint sein soll. Deshalb reicht eine eng an der gesetzlichen Formulierung des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG orientierte Antragsfassung aus (vgl. OLG Hamm Urteil vom 15.08.2006 – 4 U 78/06, BeckRS 2006, 11435).

Sachlich ist das Unterlassungsbegehren des Klägers gerechtfertigt, weil die Beklagte sich mit dem hier angegriffenen Verhalten unlauter verhält.

Hinsichtlich der Telefonwerbung ohne vorangegangene ausdrückliche Einwilligung des Endverbrauchers (I 1 c des Tenors) folgt dies aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Die Beklagte hat ausdrücklich eingeräumt, nach jeder Bestellung im Internet telefonisch Kontakt dem jeweiligen Kunden aufzunehmen, obwohl dieser keine ausdrückliche Einwilligung hierzu erteilt hat. Eine solche Kontaktaufnahme ist auch dann, wenn es der Beklagten hierbei allein um eine umfassendere Beratung des Kunden gehen sollte, unzulässig.

Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG zu, soweit er beantragt, der Beklagten zu untersagen in Preisgegenüberstellungen mit Unverbindlichen Preisempfehlungen zu werben, wenn diese vom Hersteller nicht mehr ausgesprochen werden, wenn die Produkte selbst nicht als Auslaufmodell bezeichnet sind (I 1 b des Tenors).

Die Beklagte hat entsprechend geworben. Sie hat unter anderem im Oktober 2009 die Maschine Pfaff Hobbylock 4752 mit einer UVP von (durchgestrichen) 439,00 € beworben (Anlage K 5). Tatsächlich war diese Maschine schon in der ab 1. Januar 2009 geltenden Preisliste der Firma Pfaff (Anlage K 19) nicht mehr aufgeführt. Dem ist die Beklagte nicht konkret entgegengetreten. Im Übrigen ist dies durch den vorgelegten Screenshot der Seite der Beklagten und die ebenso vorgelegte Preisliste auch bewiesen.

Diese Werbung ist unlauter. Die Bezugnahme auf eine Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers ist unter anderem dann als irreführend anzusehen, wenn diese im Zeitpunkt der Werbung nicht mehr gültig ist und der Werbende auf diesen Umstand nicht hinweist (vgl. BGH GRUR 2004, 437, m.N.).

Ferner ist die unter I 1 a des Tenors untersagte Werbung der Beklagten gemäß § 3 Abs. 3 in Verbindung mit der Nr. 6 der Anlage hierzu unzulässig. Unlauter sind danach Waren- oder Dienstleistungsangebote zu einem bestimmten Preis, wenn der Unternehmer sodann in der Absicht, stattdessen eine andere Ware oder Dienstleistung abzusetzen, eine fehlerhafte Ausführung der Ware oder Dienstleistung vorführt oder sich weigert zu zeigen, was er beworben hat, oder sich weigert, Bestellungen dafür anzunehmen oder die beworbene Leistung innerhalb einer vertretbaren Zeit zu erbringen.

Aufgrund der Aussagen der hier vernommenen Zeugen ergibt sich bei einer notwendigen Gesamtbetrachtung, dass die Beklagte tatsächlich – jedenfalls in der Mehrzahl der von dem Kläger gerügten Fälle – versucht hat, diese von dem bestellten, zu einem günstigen Preis angebotenen Modell auf eine (in der Regel) teurere Maschine umzulenken.

Hierbei führt der Umstand, dass es sich bei den Zeugen zumindest ganz überwiegend um Testkäufer gehandelt hat, nicht dazu, dass sie grundsätzlich als nicht glaubwürdig anzusehen sind.

In der Sache ist aufgrund der Zeugenaussagen zunächst festzustellen, dass jede telefonische Kontaktaufnahme mit den Käufern nach der Bestellung jeweils von der Beklagten ausging. Das gilt auch hinsichtlich der Zeugen I und L, die nach ihren auch insoweit überzeugenden Bekundungen um einen Rückruf gebeten wurden. Das entspricht auch der von der Beklagten ausdrücklich eingeräumten Verfahrensweise, telefonisch mit jedem Kunden Kontakt aufzunehmen.

Auch wenn den Zeugen L und Strahler die bestellte Maschine später geliefert wurde, ändert dies nichts daran, dass auch insoweit seitens der Beklagten jedenfalls versucht wurde, diese zum Kauf anderer Maschinen zu veranlassen.

Soweit der Zeuge E bekundet hat, von den vier bestellten Maschinen sei „nur eine geliefert (worden), und zwar in einem desolaten Zustand”, bezog sich diese Zustandsbeschreibung bei einer sachgerechten Würdigung der Gesamtaussage ersichtlich auf die Verpackung. Diese hat der Zeuge unmittelbar zuvor als desolat bezeichnet, deshalb habe er die Lieferung nicht angenommen. Der von der Beklagten dargelegte Widerspruch in der Aussage des Zeugen E, einerseits die Nichtannahme der Lieferung, andererseits eine (negative) Beschreibung des Inhalts dieser Lieferung, lässt sich also gerade nicht feststellen.

Das von den Zeugen glaubhaft geschilderte Verhalten der Beklagten lässt insgesamt nur den Schluss zu, dass diese nach der Bestellung versucht, mit unterschiedlichen Argumenten, die Besteller zu einer Änderung der Bestellung zu veranlassen. Angesichts dieses Verhaltens ist zumindest für die Zukunft zu befürchten, dass sie sämtliche oben untersagten Begründungen für eine solche Änderung der Bestellungen verwendet.

Das Zahlungsbegehren der Klägerin ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG für die Abmahnung vom 19.11.2009 (Anlage K 9) gerechtfertigt.

Hinsichtlich des hierin unter Nr. 1 b) gerügten Verstoßes hat die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben. Das dort unter Nr. 1 a) beanstandete Verhalten ist der Beklagten durch dieses Urteil untersagt worden. Damit war die Abmahnung insgesamt gerechtfertigt. Hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Kosten bestehen keine Bedenken. Die geforderten Zinsen sind aufgrund des Verzugs der Beklagten gerechtfertigt.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Streitwert: 20.000,00 EUR.

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