Neue Wortmarke „IDEAL Versicherung“

28. Januar 2010
[Gesamt: 0   Durchschnitt:  0/5]
3766 mal gelesen
0 Shares

Eigener Leitsatz:

Die Markenstelle hatte die Anmeldung des Wortzeichens "IDEAL Versicherung" zurückgewiesen. Der Verkehrskreis würde die Wortfolge mit "ideale Versicherung" gleichsetzen. Daher weise sie als beschreibende Sachaussage nicht die notwendige Unterscheidungskraft auf. Das Bundespatentgericht wies diesen Beschluss zurück und bejahte die Eintragungsfähigkeit von "IDEAL Versicherung". Aufgrund der Verwendung von Großbuchstaben und dem fehlenden "E" dränge sich eine Gleichsetzung mit "ideale" nicht auf. Insoweit sei vielmehr davon auszugehen, dass der Verkehrskreis das Element "IDEAL" als Substantiv ansehen. Auch lässt sich die Wortfolge nicht als gebräuchlich nachweisen, so dass eine ausreichende Unterscheidungskraft vorliegt.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 16.09.2009

Az.: 29 W (pat) 24/09

 


In der Beschwerdesache […] betreffend die Markenanmeldung 306 19 177.6 hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. September 2009 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker, der Richterin Kopacek und des Richters Dr. Kortbein beschlossen:

Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. April 2009 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen "Fotografien; Büroarbeiten; Versicherungswesen, Versicherungsberatung, Vermittlung von Versicherungen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Dienstleistungen von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Krankenpflegedienste, Seniorenpflegedienste; Betrieb von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Dienstleistungen eines Bestattungsunternehmens, Bestattungsvorsorgeberatung (ausgenommen Versicherungsberatung), Beratung betreffend Bestattungen" zurückgewiesen wurde.

Entscheidungsgründe:

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 23. März 2006 das Wortzeichen IDEAL Versicherung für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 16:
Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckletter; Druckstöcke;

Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

Klasse 36:
Versicherungswesen, Versicherungsberatung, Vermittlung von Versicherungen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

Klasse 44:
Dienstleistungen von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Krankenpflegedienste, Seniorenpflegedienste; Betrieb von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Gesundheits- und Schönheitspflege;

Klasse 45:
Dienstleistungen eines Bestattungsunternehmens, Bestattungsvorsorgeberatung (ausgenommen Versicherungsberatung), Beratung betreffend Bestattungen.

Mit Beschluss vom 20. April 2009 hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1 und 5, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise für nachfolgende Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen;

Klasse 16:
Druckereierzeugnisse; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;

Klasse 36:
Versicherungswesen, Versicherungsberatung, Vermittlung von Versicherungen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;

Klasse 44:
Dienstleistungen von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Krankenpflegedienste, Seniorenpflegedienste; Betrieb von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern;

Klasse 45:
Dienstleistungen eines Bestattungsunternehmens, Bestattungsvorsorgeberatung (ausgenommen Versicherungsberatung), Beratung betreffend Bestattungen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Begriff "IDEAL Versicherung" werde dahingehend verstanden, dass die von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen von einer hervorragenden Versicherung angeboten oder für deren Tätigkeit benötigt würden. Das Anmeldezeichen sei aus Wörtern der deutschen Alltagssprache zusammengesetzt, so dass es von den angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen ohne weiteres verstanden werde. Demzufolge sei die lexikalische Nachweisbarkeit nicht erforderlich. Die Verbraucher würden das beanspruchte Zeichen mit der Wortfolge "ideale Versicherung", die im Verkehr bereits von Dritten verwendet werde, gleichsetzen.

Entweder gingen sie von einem Schreibfehler oder einer gewollten Abweichung zwecks Erregung von Aufmerksamkeit aus. Ein Hinweis auf einen bestimmten Betrieb werde in dem Begriff "IDEAL Versicherung" nicht gesehen, da hervorragende Leistungen in der Werbung üblicherweise mit anpreisenden Worten herausgestellt würden und davon ausgegangen werde, dass es mehr als eine perfekte Versicherung gebe. Vielmehr benenne das angemeldete Zeichen lediglich das Thema und die Art der Waren und Dienstleistungen, für die es als schutzunfähig angesehen worden sei. Im Übrigen seien bereits die vergleichbaren Anmeldungen 301 30 834.9 – Idealhyp, 303 57 641.3 – IDEALCREDIT und 300 49 333.9 – Lastminute Versicherung nicht zur Eintragung gelangt.

Dagegen hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt, den Beschluss vom 20. April 2009 aufzuheben, soweit die Eintragung zurückgewiesen wurde.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, dass die Wortfolgen "ideale Versicherung" und "IDEAL Versicherung" nicht gleichgesetzt werden dürften. Im ersten Fall benenne das Adjektiv "ideale" eine Eigenschaft des nachfolgenden Substantivs "Versicherung", so dass sich daraus eine Sachaussage ergebe. Demgegenüber fehle es im zweiten Fall an einer offensichtlichen, eindeutigen Beziehung der beiden Begriffe zueinander, da "IDEAL" als Substantiv aufgefasst werde. Es handele sich um verhältnismäßig einfache Wörter der deutschen Sprache, bei denen Schreibfehler, gerade wenn sie den Sinn einer Aussage veränderten, eher die Ausnahme seien. Insofern könne nicht davon ausgegangen werden, dass der angesprochene Verkehr die Wortfolge "IDEAL Versicherung" als fehlerhafte Schreibweise der Begriffskombination "ideale Versicherung" ansehe. Auch eine gewollte, Aufmerksamkeit erregende Abweichung werde er darin nicht erkennen, da die Kombination von zwei Substantiven nicht regelwidrig oder ungewöhnlich sei. Unter einem Ideal werde u. a. ein Muster, ein Wunschbild oder ein Ziel verstanden. Eine Versicherung eigne sich jedoch nicht, zum Ideal erhoben zu werden. Es liege deshalb fern, in der Kombination "IDEAL Versicherung" eine Sachaussage zu sehen. Im Übrigen seien bereits vergleichbare Marken, insbesondere 302 04 580 – ERDGAS IDEAL, 304 57 601 – Ideal Personal, 305 56 697 – Kultur Café Ideal, 396 13 904 – KV ideal oder 300 78 798 – I-DEAL, eingetragen worden.

In der mündlichen Verhandlung vom 16. September 2009 hat die Beschwerdeführerin die Anmeldung für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen zurückgenommen:

Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet.

1.

Bei dem angemeldeten Zeichen handelt es sich nicht um eine Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, die im Verkehr u. a. zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen dienen kann. Solche Zeichen oder Angaben müssen im Allgemeininteresse, das dieser Vorschrift zugrunde liegt, allen Unternehmen zur freien Verfügung belassen werden, um ungerechtfertigte Monopolisierungen von Wörtern zugunsten Einzelner zu verhindern (vgl. EuGH GRUR 2004, 680 – BIOMILD).

a) Die Wortkombination "IDEAL Versicherung" lässt sich als feststehender Begriff der deutschen Sprache lexikalisch nicht nachweisen. Auf Grund der Großschreibung und des Fehlens des Buchstabens "E" am Wortende drängt sich eine Gleichsetzung des Bestandteils "IDEAL" mit dem Adjektiv "ideale" nicht auf. Hierfür spricht auch, dass es "Ideal" als eigenständiges Substantiv in der deutschen Sprache gibt und Kombinationen von Hauptwörtern nicht unüblich sind.

Insofern ist davon auszugehen, dass erhebliche Teile des Verkehrs das Element "IDEAL" als Substantiv ansehen. Darunter wird der Inbegriff der Vollkommenheit oder das als höchster Wert erkannte Ziel oder die Idee, nach deren Verwirklichung man strebt, verstanden (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Auflage 2006, CD-ROM). Dem weiteren Element "Versicherung" kommt vorliegend zum einen die Bedeutung eines Vertrags mit einer Versicherungsgesellschaft zu. Zum anderen lässt es sich auch im Sinne von Versicherungsbeitrag oder Versicherungsgesellschaft interpretieren (vgl. Duden, a. a. O.). Damit vermittelt das angemeldete Zeichen Aussagen wie u. a. "Vollkommenheit-Versicherungsvertrag", "Ziel- Versicherungsbeitrag" oder "Idee-Versicherungsgesellschaft".

Diese Begriffskombinationen ergeben jedoch keinen klar verständlichen Sinn, da das Substantiv "Ideal" ein Fachausdruck der Philosophie, insbesondere der Ästhetik, der Ethik und der Metaphysik, ist, während der Begriff "Versicherung" im Bereich der Wirtschaft und der Daseinsvorsorge verwendet wird.

Insofern werden in dem Anmeldezeichen Wörter mit unterschiedlichem etymologischen Hintergrund miteinander verbunden. Deshalb ist es nicht geeignet, die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen "Fotografien; Büroarbeiten; Versicherungswesen, Versicherungsberatung, Vermittlung von Versicherungen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Dienstleistungen von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Krankenpflegedienste, Seniorenpflegedienste; Betrieb von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Dienstleistungen eines Bestattungsunternehmens, Bestattungsvorsorgeberatung (ausgenommen Versicherungsberatung), Beratung betreffend Bestattungen" unmittelbar zu beschreiben.

Dies gilt auch dann, wenn die im Verkehr gebräuchlichen Bedeutungen des Begriffs "Ideal" der Beurteilung der Schutzfähigkeit zugrunde gelegt werden. So wird er u. a. als Synonym für Maxime, Leitsatz, Utopie, Vorbild oder Muster verwendet (vgl. "Wie sagt man noch?" unter "http://- www.wie-sagt-man-noch.de/synonyme/"). Im Sinne von Vorbild-Versicherungsvertrag oder Muster-Versicherungsgesellschaft vermittelt die Wortverbindung "IDEAL Versicherung" jedoch keine eindeutigen Vorstellungen (vgl. auch BGH GRUR 2002, 64, Rdnr. 24 – INDIVIDUELLE).

Zum einen stellt sich die Frage, welche Eigenschaften einen vorbildlichen Versicherungsvertrag oder eine vorbildliche Versicherungsgesellschaft kennzeichnen. Hierunter können beispielsweise eine umfassende Risikoabdeckung, ein niedriger oder angemessener Betrag, eine hohe Versicherungssumme, die unbürokratische Abwicklung von Schadensfällen oder die Zuverlässigkeit des Versicherungsunternehmens zu verstehen sein. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass Muster-Versicherungsverträge allenfalls von unabhängigen Stellen wie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (früher: Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen), nicht jedoch von in Konkurrenz zueinander stehenden Versicherungsunternehmen angeboten werden (BGH GRUR 2009, 949 – My world).

b) Im Übrigen bestehen erhebliche Bedenken, ob auch unter Zugrundelegung des von der Markenstelle angenommenen Bedeutungsgehalts "Ideale Versicherung" das angemeldete Zeichen in Verbindung mit allen von der Zurückweisung umfassten Waren und Dienstleistungen als unmittelbar beschreibende Merkmalsangabe anzusehen ist. So ist insbesondere nicht erkennbar, welchen sachlichen Bezug "Fotografien; Dienstleistungen von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Krankenpflegedienste, Seniorenpflegedienste; Betrieb von Pflegeheimen, Sanatorien und Krankenhäusern; Dienstleistungen eines Bestattungsunternehmens, Bestattungsvorsorgeberatung (ausgenommen Versicherungsberatung), Beratung betreffend Bestattungen" zu einer idealen Versicherung aufweisen.

2.

Darüber hinaus sind auch die Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht gegeben.

Unterscheidungskraft im Sinne dieser Bestimmung ist die einer Marke innewohnende Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdnr. 48 – Henkel; GRUR 2004, 1027, 1029, Rdnr. 33 und 42 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT). Bei Wortmarken ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs von fehlender Unterscheidungskraft auszugehen, wenn der Marke ein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Sinngehalt zugeordnet werden kann oder wenn es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006).

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Zwar können auch bisher noch nicht lexikalisch nachweisbare oder nicht verwendete Bezeichnungen als verständliche Sachaussagen erkannt und damit nicht als betriebliche Herkunftshinweise aufgefasst werden (vgl. EuGH – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT, a. a. O., Rdnr. 37 – 47). Ausweislich der Senatsrecherchen wird die Begriffskombination "IDEAL Versicherung" jedoch nur in Verbindung mit der Beschwerdeführerin im Sinne eines Herkunftshinweises verwendet (vgl. Google-Trefferlisten, Suchbegriff: "IDEAL Versicherung").

Zudem kommt ihr entsprechend den Ausführungen unter 1. kein beschreibender Sinngehalt zu.

Auch als gebräuchliche Wortfolge lässt sich das angemeldete Zeichen nicht nachweisen, so dass ihm eine geringe, jedoch zur Begründung der Schutzfähigkeit noch ausreichende Unterscheidungskraft zukommt. Der Schutzumfang beschränkt sich dabei auf die Wortkombination als solche.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Jetzt zum Newsletter anmelden!

Erlaubnis zum Versand des Newsletters: Ich möchte regelmäßig per E-Mail über aktuelle News und interessante Entwicklungen aus den Tätigkeitsfeldern der Anwaltskanzlei Hild & Kollegen informiert werden. Diese Einwilligung zur Nutzung meiner E-Mail-Adresse kann ich jederzeit für die Zukunft widerrufen, in dem ich z. B. eine E-Mail an newsletter [at] kanzlei.biz sende. Der Newsletter-Versand erfolgt entsprechend unserer Datenschutzerklärung.

n/a