Fahrschulen dürfen Dienstleistungsentgelte nicht als „Anmeldegebühr“ bezeichnen

07. Mai 2015
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Fahrschulenzeichen auf einem Autodach im Straßenverkehr Urteil des LG Wiesbaden vom 19.12.2014, Az.: 13 O 38/14

Eine Fahrschule darf das von ihr geforderte Entgelt für allgemeine Aufwendungen des Fahrschulbetriebes nicht als „Anmeldegebühr“ bezeichnen. Diese Bezeichnung ist irreführend und wettbewerbswidrig, da der Verbraucher dahingehend getäuscht wird, dass es sich bei dem als „Gebühr“ bezeichneten Entgelt um eine frei verhandelbare Vergütungsposition der Fahrschulleistungen handelt und nicht die Tätigkeit einer öffentlichen Stelle vergütet werden soll.

Landgericht Wiesbaden

Urteil vom 19.12.2014

Az.: 13 O 38/14

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 € – ersatzweise Ordnungshaft – oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr

innerhalb einer Werbung für Fahrschulausbildungen mit Preisen zu werben und/oder werben zu lassen, wenn das Entgelt für die allgemeinen Aufwendungen des Fahrschulbetriebs als „Anmeldegebühr“ bezeichnet wird, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 2 und/oder Anlage K 7.

Der Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 246,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 21.08.2014 zu zahlen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ist ein nach § 8 Abs. 3 S. 2 UWG klagebefugter Verein.

Der Beklagte ist Inhaber der Fahrschule … in Wiesbaden.

Im Schaufenster der Fahrschulräume befand sich im April 2014 ein Aushang mit dem Aufdruck „Anmeldegebühr 79 €“. Auf die Anlage K 2 wird Bezug genommen. Der Beklagte veröffentlichte auf einer jedenfalls am 10.06.2014 abrufbaren Internetseite, die er für seine Fahrschule eingerichtet hatte, eine Preisliste, die ebenfalls eine „Anmeldegebühr“ zu 79 € enthielt. Auf die Anlage K 7 wird Bezug genommen.

Der Kläger erteilte unter dem 30.04.2014 unter anderem wegen der fehlenden Angabe des pauschalierten Entgelts i.S.d. § 19 Abs. 1 Ziff. 1 FahrlG (Grundbetrag) eine Abmahnung, wegen deren Inhalts auf die Anlage K 3 Bezug genommen wird. Die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung gab der Beklagte nicht ab.

Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte handle wettbewerbswidrig, indem er das pauschalierte Entgelt, zu dessen Angabe er gemäß § 19 Abs. 1 Ziff. 1 FahrlG verpflichtet sei, als „Anmeldegebühr“ bezeichne. Der Begriff der „Gebühr“ sei irreführend, weil hierdurch verschleiert werde, dass eine eigene Leistung des Beklagten vergütet werde, nämlich die allgemeinen Aufwendungen des Fahrschulbetriebs. Der Begriff „Gebühr“ suggeriere, dass es sich um die Vergütung der Tätigkeit einer öffentlichen Stelle handele, deren Höhe nicht verhandelbar sei. Die eigene Leistung des Beklagten werde hingegen günstiger dargestellt, als sie eigentlich sei. Der Preisaushang habe der Anlage 5 zu § 7 DurchführungsVO zum FahrlG zu entsprechen, auch die dort verwendeten Bezeichnungen seien bindend. Der Beklagte sei auch zur Erstattung der Abmahnkosten verpflichtet. Die Abmahnung sei vollumfänglich begründet gewesen.

Die erhobene Widerklage sei jedenfalls unbegründet. Auch soweit die Abmahnung teilweise zu Unrecht erfolgt sei, führe dies jedenfalls nicht zu Schadensersatzansprüchen des Abgemahnten.

Der Kläger beantragt,

der Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000,00 € -ersatzweise Ordnungshaft- oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen,im geschäftlichen Verkehrinnerhalb einer Werbung für Fahrschulausbildungen mit Preisen zu werben und/oder werben zu lassen, wenn das Entgelt für die allgemeinen Aufwendungen des Fahrschulbetriebs als „Anmeldegebühr“ bezeichnet wird, wenn dies geschieht wie in der Anlage K 2 und/oder Anlage K 7.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 246,10 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 21.08.2014 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung;

widerklagend,

den Kläger zu verurteilen, an ihn 984,60 € zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.09.2014 zu zahlen.

Der Kläger beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, eine Irreführung liege nicht vor, weil mindestens 98 % der angesprochenen Verkehrskreise eine richtige Vorstellung von dem Begriff „Gebühr“ hätten, nämlich dahingehend, dass hiermit die Vergütung eigener Leistungen des Beklagten gemeint sei. Hingegen werde sich bei einer repräsentativen Befragung herausstellen, dass der genannte Personenkreis zu mindestens 75 % mit dem Begriff „Grundbetrag“ nichts anfangen könne. Deshalb verstoße der Begriff „Grundbetrag“ gegen die eigentlich gewollten Grundsätze der Preisklarheit und Preiswahrheit.

Der Beklagte habe keine Abmahnkosten zu zahlen, weil der Kläger ein wirtschaftlich unsinniger Verein sei und wirtschaftlich völlig unsinnige Kosten produziere, die der Beklagte nicht zu tragen habe.

Da die Abmahnung vom 30.04.2014 insgesamt unberechtigt gewesen sei, schulde der Kläger die Kosten der außergerichtlichen Beauftragung des späteren Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Hier sei eine Geschäftsgebühr aus einem Streitwert von 20.000,00 € angemessen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Beklagte ist zur Unterlassung des aus dem Tenor ersichtlichen Verhaltens verpflichtet, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Ziff. 2, §§ 3, 4 Ziff. 11 UWG i.V.m. § 19 FahrlG.

Der Kläger ist als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen nach § 8 Abs. 3 Ziff. 2 UWG klagebefugt.

Der Beklagte ist nach § 19 Abs. 1 Ziff. 1 FahrlG verpflichtet, pauschaliert für die allgemeinen Aufwendungen des Fahrschulbetriebs das Entgelt durch einen Preisaushang anzugeben. Die Ausgestaltung des Aushangs hat gemäß § 19 Abs. 2 FahrlG der durch die DurchführungsVO geregelten Ausgestaltung zu entsprechen.

Nach dieser durch die DurchführungsVO geregelten Ausgestaltung ist für die Angabe des Entgelts für die allgemeinen Aufwendungen einschließlich des theoretischen Unterrichts der Begriff „Grundbetrag“ zu verwenden. Die Verwendung dieses Begriffs ist zwingend, eine Abweichung von dem Muster ist unzulässig (vgl. OLG Celle, Urteil vom 21.03.2013, 13 U 134/12).

Bei der Bestimmung des § 19 FahrlG handelt es sich um eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 4 Ziff. 11 UWG (vgl. z.B. OLG Celle, aaO; OLG München, Urteil vom 29.11.2007, 6 U 3444/07, RdNr. 3; OLG Hamm, Urteil vom 30.11.2006, 4 U 151/06, RdNr. 37 -letztere zitiert nach juris). In § 19 Abs. 1 S. 5 FahrlG sind Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit niedergelegt, durch die die angesprochenen Verkehrskreise vor irreführenden Angaben geschützt werden sollen.

Die Preisangaben auf der für die Fahrschule des Beklagten eingerichteten Internetseite (K 7) stellen einen Preisaushang im Sinne von § 19 FahrlG dar. Ebenso ist der Aushang im Schaufenster der Fahrschule (K 2) ein Auszug aus dem Preisaushang nach § 19 FahrlG. Allein die Verwendung anderer Begriffe in diesen Aushängen, als von § 19 Abs. 2 FahrlG in Verbindung mit dem Muster für den Preisaushang nach Anlage 5 zu § 7 FahrlGDV vorgeschrieben, stellt bereits einen Verstoß gegen die Marktverhaltensregel dar.

Auf eine Sinnhaftigkeit der verwendeten Begriffe kommt es deshalb nicht mehr an. Abgesehen davon ist aber auch die Bezeichnung des Entgelts für die allgemeinen Aufwendungen als „Grundgebühr“ irreführend. Der Verbraucher wird dahingehend getäuscht, dass es sich bei dem als „Gebühr“ bezeichneten Entgelt um eine frei verhandelbare Vergütungsposition der Fahrschulleistungen handelt und nicht die Tätigkeit einer öffentlichen Stelle vergütet werden soll. Damit suggeriert der Beklagte zugleich, dass seine eigene Leistung günstiger ist, da er zum Ausdruck bringt, die „Gebühr“ beziehe sich auf fremde (öffentliche) Leistungen. Diesen Umstand kann die erkennende Kammer aus eigener Sachkenntnis beurteilen, weil ihre Mitglieder selbst zu den angesprochenen Verkehrskreisen gehören. Die anderweitige Behauptung des Beklagten bedurfte auch deshalb keiner sachverständigen Bewertung, weil die Angabe von genauen Anteilen der Personenkreise, die durch den Begriff „Grundgebühr“ nicht irregeführt werden, hingegen den vorgeschriebenen Begriff „Grundbetrag“ missverstehen sollen, ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt wurde.

Die Kosten für die Abmahnung hat der Beklagte gemäß § 12 Abs. 1 UWG zu erstatten. Soweit der Beklagte die Auffassung vertritt, der Kläger sei ein wirtschaftlich völlig unsinniger Betrieb und produziere wirtschaftlich unsinnige Kosten, geht er fehl. Der Kläger ist kein auf Gewinnerzielung gerichtetes Wirtschaftsunternehmen, sondern hat zur Aufgabe, unlautere geschäftliche Handlungen zu verfolgen, sich an der Rechtsforschung zu beteiligen sowie die Aufklärung und Belehrung zur Förderung des lauteren Geschäftsverkehrs. Auf die umfangreichen Ausführungen von Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., Einl. 2.29 wird ergänzend Bezug genommen.

Der Kläger ist insbesondere auch berechtigt, seine Kosten in Form einer Pauschale geltend zu machen (vgl. Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, § 12, 1.98 m.w.N.). Hierbei begegnet die Höhe des geltend gemachten Betrags keinen Bedenken. Auf die Berechnung in der Klageschrift wird Bezug genommen.

Ob die Abmahnung vom 30.04.2014 vollumfänglich begründet war, kann dahinstehen. Jedenfalls war sie in oben dargelegtem Umfang berechtigt. Auch bei einer nur teilweise berechtigten Abmahnung sind deren Kosten aber in voller Höhe zu zahlen (vgl. Bornkamm, aaO, RdNr. 1.99).

Die Widerklage ist unbegründet.

Dem Beklagten stehen keine Schadensersatzansprüche gegen den Kläger zu.

Unabhängig davon, dass die Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 20.000,00 € für die geltend gemachten Anwaltsgebühren nicht nachvollziehbar ist, ist auch eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Zahlung nicht gegeben.

Auch hier kann dahinstehen, ob die Abmahnung vom 30.04.2014 teilweise zu Unrecht erfolgt ist. Allein eine unberechtigte Abmahnung begründet keine Schadensersatzansprüche. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann vorliegen, wenn die Abmahnung ihrerseits wettbewerbswidrig ist. Das ist hier schon deshalb auszuschließen, weil die Parteien keine Mitbewerber sind. Ein ausnahmsweise denkbarer Anspruch aus Delikt liegt ebenfalls nicht vor, weil jedenfalls der hierzu erforderliche subjektive Tatbestand auf Seiten des Klägers nicht vorliegt. Allein die objektive Unbegründetheit der Abmahnung reicht nicht aus.

Als unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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