Markenschutz für DiGITALRAD!O

12. Dezember 2013
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Eigener Leitsatz:

Die Wort-/Bildmarke DiGITALRAD!O weist aufgrund ihrer aus Punkten bestehenden Schreibweise und der unterschiedlichen Ausgestaltung der drei "i" Schutz begründende graphische Komplexität auf und ist als Marke ausreichend unterscheidungskräftig.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 07.11.2013

Az.: 27 W (pat) 556/13

 

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 057 660.5

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 7. November 2013

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. August 2013 aufgehoben.

Entscheidungsgründe:

I

Die Anmeldung der Wort-/Bildmarke

für ein umfangreiches Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Klassen 16, 35 und 41 hat die Markenstelle mit dem angefochtenen Beschluss wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Der Begriff „Digitalradio“ sei für sich genommen nicht schutzfähig, zumal „Radio“ eine Begriffserweiterung erfahren habe (vgl. BPatG BeckRS 2010, 26615 – makaraokeradio; EuG v. 22.5.2008 – T-0254/06 – RadioCom).

Das als Ausrufezeichen gestaltete i am Wortende sei ein gewöhnliches Gestaltungsmittel (vgl. BPatG BeckRS 2013, 03030 – !Solid). Auch sonst sei die Graphik nicht ausreichend, um das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft zu überwinden.

Gegen die ihr am 20. August 2013 bekannt gegebene Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 17. September 2013, mit der sie sinngemäß beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben.

II

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Schutzgewährung für die konkret beanspruchte Marke steht weder fehlende Unterscheidungskraft noch ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG) entgegen, so dass der angegriffene Beschluss auf die Beschwerde hin aufzuheben ist.

Bei Marken, die aus Wort- und Bildbestandteilen kombiniert sind, hat sich die Prüfung der Schutzfähigkeit auch darauf zu erstrecken, ob die Marke in ihrer Gesamtheit den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (vgl. BGH BlPMZ 2001, 397 – antiKalk) und so geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer zu unterscheiden.

In ihrer Gesamtheit fehlt dem angemeldeten Zeichen nicht jegliche Unterscheidungskraft.

Auch wenn der Wortbestandteil „Digitalradio“ für sich betrachtet schutzunfähig ist, gilt dies nicht für die Marke in ihrer Gesamtheit. Unter Berücksichtigung sämtlicher konkreter Merkmale der beanspruchten Marke ist dieser nach der Auffassung des Senats nicht jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen. Die Markenstelle hat dabei allein auf das als Ausrufezeichen gestaltete dritte i abgestellt. Hinzu kommen hier aber die aus Punkten bestehende Schreibweise sowie die unterschiedlichen Ausgestaltungen der drei i. Die Gestaltung der Wort-/Bildmarke weist somit eine den Schutz begründende Komplexität auf. Dadurch wirkt das Zeichen hinreichend eigentümlich, um sich dem Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel einzuprägen.

Damit fehlt der Marke jedenfalls genau in der graphischen Merkmalskombination, in der sie beansprucht wird, nicht einmal bei den Waren- und Dienstleistungen, für die „Digitalradio“ inhalts- oder merkmalsbeschreibend ist, jegliches Mindestmaß an Unterscheidungskraft. Dies gilt erst recht für die Waren und Dienstleistungen, bei denen dies nicht der Fall ist, wie z.B. Feuerwerkskörper, Theaterveranstaltungen etc.

Die konkrete Gestaltung ist auch nicht freihaltungsbedürftig, so dass die angemeldete Marke schutzfähig ist. Dem Markenschutz stehen Belange der Allgemeinheit (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607, Rn. 51 – Libertel) nicht entgegen, weil der Schutz der Marke auf die ganz konkrete Ausgestaltung beschränkt ist, und nicht gegenüber Kennzeichnungen oder sonstigen Angaben besteht, welche zwar ebenfalls den Wortbestandteil „Digitalradio“ enthalten, aber nicht die konkrete graphische Ausgestaltung der Marke der Anmelderin aufweisen. Vielmehr steht eine Verwendung des Wortes in anderer Gestaltungsform der Allgemeinheit weiterhin offen.

Es gibt auch eine ganze Reihe von Entscheidungen, die auf der Linie der hier getroffenen liegen, aber von der Markenstelle nicht herangezogen wurden (z.B. BeckRS 2012, 06372 – QC, BeckRS 2012, 03638 – musicLine; GRUR-Prax 2012, 378 – Food artists). Das zeigt, dass der Beurteilung graphischer Elemente in Bezug auf Unterscheidungskraft und Freihaltungsbedürfnis jeweils eine Einzelfallentscheidung zu Grunde liegt.

Es ist auch nicht geboten, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu der vom Senat in BeckRS 2013, 07048 – Düsseldorfer Congress zugelassenen Rechtsbeschwerde (anhängig unter dem Az. I ZB 29/13) abzuwarten. Diese Rechtsbeschwerde hat der Senat zur Klärung der Rechtsfrage zur Frage zugelassen, ob und inwieweit die großzügige Beurteilung der Möglichkeiten zur unterscheidungskräftigen Benutzung (BPatG BeckRS 2010, 06996 – in Kölle jebore; BGH GRUR 2010, 825 – Marlene-Dietrich-Bildnis; GRUR 2010, 1100 – TOOOR!:, BPatG BeckRS 2011, 21662 – Scorpions) hinsichtlich der zu unterstellenden Verwendungsart auch geboten ist, wenn die Marke nicht im Zusammenhang mit Waren, sondern mit Dienstleistungen verwendet wird. Insoweit wich der Senat von Entscheidungen, wie BeckRS 2012, 22904 – le Flair; GRUR-Prax 2012, 434 – SACHSEN! und – SAXONY!, die jeweils Markenschutz gewährt haben, ab.

Zu einer Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs. 3 MarkenG besteht kein Anlass, da die Wertung der graphischen Ausgestaltung durch die Markenstelle nicht in Bezug auf alle versagten Waren und Dienstleistungen willkürlich erscheint und das Fehlen jeder Differenzierung damit nicht allein ausschlaggebend dafür ist, dass die Anmelderin Beschwerde einlegen musste.

Die Beurteilung der Graphik kann im Hinblick auf die zitierte divergierende Rechtsprechung auch nicht allgemein als willkürlich angesehen werden.

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