Bundeskabinett beschließt Netzsperren gegen Kinderpornos
Bundesministerium der Justiz
Pressemitteilung vom 22.04.2009
Auf Vorlage des Bundesministers für Wirtschaft und Technologie hat die Bundesregierung am 22.04. 2009 den Entwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen beschlossen. Es setzt damit die erst kürzlich beschlossenen Eckpunkte (siehe unten) um.
Die neuen Regelungen enthalten Änderungsvorschläge zum Telemediengesetz (TMG) und zum Telekommunikationsgesetz (TKG). Sie beschränken sich – wie in den Eckpunkten festgelegt – auf Zugangserschwerungen zu kinderpornographischen Inhalten.
Kinderpornographie ist die Dokumentation von Kindesmissbrauch und der sexuellen Ausbeutung von Kindern. Hinter jedem Bild und jedem Film steht ein missbrauchtes Kind. Trotz internationaler Anstrengungen zur Täterermittlung und Schließung von Websites bleiben Angebote mit kinderpornographischen Inhalten im Internet abrufbar und nehmen beständig zu. Die polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet seit Jahren einen Anstieg bei der Verbreitung der Kinderpornographie im Netz. So ist allein in Deutschland im Zeitraum von 2006 auf 2007 ein Zuwachs von 111 % zu verzeichnen (2936 auf 6206 Fälle).
Gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern im Internet muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln vorgegangen werden. Die Täter müssen weiterhin mit Hochdruck ermittelt und kinderpornographische Seiten geschlossen werden. Das heute im Kabinett beschlossene Gesetz will – im Rahmen einer Gesamtstrategie gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern und seiner Darstellung im Internet – die bestehenden Möglichkeiten wirksam ergänzen.
Wesentliche Inhalte des geplanten Gesetzes sind:
- Auf der Basis von Sperrlisten des Bundeskriminalamts werden alle großen privaten Internetzugangsanbieter verpflichtet, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten im Internet durch geeignete technische Maßnahmen zu erschweren;
- Aus präventiven Gründen wird gegenüber den betroffenen Nutzern über eine sog. Stoppmeldung klargestellt, warum der Zugang zu einem kinderpornographischen Angebot erschwert wird
- Die Zugangsanbieter haften nur, wenn und soweit sie die Sperrliste des Bundeskriminalamts nicht ordnungsgemäß umsetzen.
- Die anfallenden Daten können für die Strafverfolgung genutzt werden.
Die Bundesregierung weiß, dass mit diesen Regelungen gesetzgeberisches Neuland betreten wird. Sie schlägt deshalb auch vor, dass innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes eine Evaluierung erfolgt.
Das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen ist unter http://bmwi.de/ abrufbar.
Eckpunkte zur Belämpfung von Kinderpornographie im Internet
Präambel:
Die Bundesregierung ist sich der politischen Verantwortung im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch und die sexuelle Ausbeutung von Kindern bewusst. Seit Anfang der 90er Jahre sind bereits wichtige gesetzliche Maßnahmen erfolgreich umgesetzt worden, um wirksam gegen Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Schriften vorzugehen. Dadurch ist sichergestellt, dass von Zugangsanbietern in Deutschland keine kinderpornographischen Inhalte in das Internet eingestellt werden.
Trotz dieser Erfolge ist festzustellen, dass Kinderpornographie im Internet dramatisch zunimmt und die Bilder immer brutaler werden. Die polizeiliche Kriminalstatistik weist seit Jahren einen Anstieg bei der Verbreitung von Kinderpornographie aus. Im Jahr 2007 hat sich die Zahl im Hinblick auf die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet mehr als verdoppelt (111%).
Über die kriminell ausgelebte Pädophilie hinaus hat sich Kinderpornographie zu einem kommerziellen Markt entwickelt. Einzelne kinderpornographische Videos werden 50.000 Mal im Monat heruntergeladen. Der Großteil der Kinderpornographie wird über kommerzielle Internetseiten verbreitet, deren Betreiber monatlich Millionenbeträge einnehmen.
Die Bundesregierung dokumentiert mit diesen Eckpunkten ihre Entschlossenheit, zügig ein Gesetzgebungsverfahren zu initiieren, in dem ein verbindlicher rechtlicher Rahmen für die Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten im Internet geschaffen wird, die im Ausland gehostet werden. Eine Ausweitung auf andere Zwecke ist nicht beabsichtigt.
Ziel ist es, neben dem Schutz der Opfer und dem Schutz vor erneuter Viktimisierung den kommerziellen Massenmarkt für Kinderpornographie im Internet empfindlich zu stören und ein weiteres klares gesellschaftliches Signal zur Ächtung von Kinderpornographie zu setzen. Internetseiten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, dürfen nicht frei zugänglich sein. Die Erschwerung des Zugangs zu kinderpornographischen Inhalten im Internet hat präventiven Charakter und flankiert andere Maßnahmen, insbesondere der Strafverfolgungsbehörden.
Mit dieser Initiative greift die Bundesregierung auch die aktuellen Bestrebungen in der Europäischen Union auf, Regelungen zu Zugangssperren zu kinderpornographischen Inhalten im Internet in Zusammenarbeit mit den Zugangsanbietern als ein Baustein zu Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie zu etablieren.
Wesentliche Inhalte des geplanten Gesetzes sind:
- Ziel ist es, auf rechtsstaatlicher Grundlage alle deutschen Zugangsanbieter zur Erschwerung des Zugangs zu Inhalten im Internet zu verpflichten, die kinderpornographisches Material im Sinne des § 184 b StGB darstellen oder darauf verweisen.
- Im Rahmen der angestrebten gesetzlichen Regelung sind auch Fragen bezüglich des Schutzes der Grundrechte, insbesondere des Fernmeldegeheimnisses, der Berufsfreiheit und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu klären.
- Die Liste der zu sperrenden Adressen wird durch eine staatliche Stelle bereitgestellt und verantwortet. Dabei wird sichergestellt, dass keine legalen Angebote auf die Liste gelangen und ein effektiver Rechtsschutz möglich ist.
- In Übereinstimmung mit den europäischen Vorgaben werden die Zugangsanbieter nicht verpflichtet, selbst nach illegalen kinderpornographischen Inhalten zu forschen.
- Soweit die Zugangsanbieter sich bei der Durchführung der Maßnahmen an die rechtlichen Vorgaben halten, wird sichergestellt, dass Haftungsansprüche wirtschaftlich nicht von ihnen zu tragen sind.
- Aus präventiven Gründen wird den Nutzern gegenüber klargestellt, warum der Zugang zur Internetseite verwehrt wird. Gleichzeitig wird ein Informations- und Beschwerdeweg bei der staatlichen Stelle eröffnet, die für die Listenerstellung verantwortlich ist. Dies wird durch geeignete Maßnahmen wie etwa eine Verpflichtung der Zugangsanbieter, auf eine ggf. von ihnen betriebene Stopp-Seite umzuleiten, umgesetzt werden.
- Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens werden die Eignung und Effizienz der unterschiedlichen technischen Sperrmaßnahmen zu erörtern sein.