Verbreitung von Portraits eines Prominenten

06. August 2013
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Eigener Leitsatz:

Das Verbreiten eines Bildes über das Internet verstößt nicht gegen das Recht am eigenen Bild, wenn es einem höheren Interesse der Kunst dient. Das liegt aber nur dann vor, wenn das Bild über das rein handwerkliche Können hinaus einen weiteren Gehalt besitzt.

Oberlandesgericht Düsseldorf

Urteil vom 23.07.2013

Az.: I-20 U 190/12

 

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28. November 2012 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt nachgelassen, eine Vollstreckung aus diesem Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 10.000,00 € abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
 
Entscheidungsgründe:

A)
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger ist ein bekannter Berufssportler. Der Beklagte erstellt sogenannte „POP-Art“-Gemälde, die er entweder über eBay oder über seine Homepage www….de vermarktet. So bot er unter anderem das im Tenor des landgerichtlichen Urteils wiedergegebene Bild, welches den Kopf des Klägers mit einer Kappe zeigt, bei eBay unter der Artikelangabe „POP ART Gemälde/ painting X. Y. – Golf“ und der Beschreibung „Golfing Superstar X. Y.“ an, welches er tatsächlich zum Preis von 43,50 € verkaufte.

Das Landgericht hat den Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, ohne Einwilligung des Klägers Bildnisse zu verbreiten und/oder zur Schau zu stellen und/oder zu bewerben und/oder anzubieten und/oder sonst in den Verkehr zu bringen, sofern der Kläger bildlich dargestellt wird, wenn dies wie im Tenor des landgerichtlichen Urteils wiedergegeben erfolgt, sowie derartige Bildnisse zu verbreiten und/oder zur Schau zu stellen und/oder zu bewerben und/oder anzubieten und/oder sonst in den Verkehr zu bringen, wenn dies geschieht wie folgt: „POP ART Gemälde/ painting X. Y. – Golf“ und/oder „Golfing Superstar X. Y.“. Ferner hat es die Schadensersatzpflicht des Beklagten festgestellt und ihn zur Zahlung von vorgerichtlichen Kosten in Höhe von 523,46 € verurteilt.

Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Er macht unter vertiefender Wiederholung seines erstinstanzlichen Sachvortrages geltend, die beanstandete Darstellung sei gerechtfertigt, weil der Kläger eine Person der Zeitgeschichte sei. Insgesamt genüge es, dass die Darstellung erkennen lasse, es handele sich um einen bekannten Sportler. Das Interesse des Klägers an der kommerziellen Verwertung seines Bildes müsse dahinter zurücktreten. Auch diene die Darstellung einem höheren Interesse der Kunst.

Der Beklagte beantragt,

das am 28.11.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Bilder hätten keinen nennenswerten Aussagegehalt und stellten daher keine Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte dar. Das Interesse des Klägers, selbst über die Verbreitung seines Bildnisses zu entscheiden, überwiege. Die Bildnisse stellten sich auch nicht als Kunst dar. Es fehle an einer künstlerisch-individuellen Gestaltung ebenso wie an einer Verarbeitung von Eindrücken, Erfahrungen oder Ansichten des Beklagten. Der Kläger könne sich auch der kommerziellen Verwendung seines Namens widersetzen.

Hinsichtlich aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

B)
Die zulässige Berufung des Beklagten hat der Sache nach keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Unterlassungsanspruch in Bezug auf die Verbreitung oder Zurschaustellung der im Urteil des Landgerichts wiedergegebenen Bilder ebenso wie in Bezug auf die Verwendung seines Namens zur Bewerbung derselben aus § 1004, § 823 Abs. 1, Abs. 2, § 12 BGB, §§ 22, 23 KUG.

Dass der Beklagte ohne Einwilligung des Klägers dessen Bildnis verbreitet beziehungsweise öffentlich zur Schau gestellt hat, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Zur Rechtfertigung kann sich der Beklagte indes weder auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 noch auf § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG berufen.

Nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG dürfen Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte auch ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet und zur Schau gestellt werden. Dabei ist allerdings bereits bei der Prüfung der Frage, ob ein zeitgeschichtliches Ereignis vorliegt, eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen erforderlich (Dreier/Specht in Dreier/Schulze UrhG, 4. Aufl., § 23 KUG Rn. 10). Der Informationsgehalt des hier in Rede stehenden Bildnisses beschränkt sich auf das Aussehen des Klägers mit einer Kappe; zwar wird ein Zusammenhang mit seinen sportlichen Erfolgen hergestellt, diese Information wird jedoch nicht durch das Bild untermauert. Gegenüber diesem sehr eingeschränkten Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiegt das Recht des Klägers. Grundsätzlich ist es auch prominenten Persönlichkeiten frei gestellt, ob und in welcher Weise sie Dritten die kommerzielle Verwertung ihres Bildes gestatten (BGHZ 20, 345 Rn. 10 – Paul Dahlke zit. n. juris). Um eine derartige kommerzielle Verwendung handelt es sich aber hier, denn der Beklagte macht sich die Bekanntheit des Klägers zunutze, um seine Bilder abzusetzen. Dies wird zum einen schon an der Bewerbung deutlich, die nicht den Künstler und sein Produkt, sondern den Namen des Klägers und den von ihm betriebenen Sport hervorhebt. Die Darstellung dient damit nicht in erster Linie der Information der Öffentlichkeit oder auch der künstlerischen Verarbeitung, sondern dem kommerziellen Produktabsatz. Die Bildnisse stellen sich auch in ihrer werblichen Anpreisung wie Fanartikel dar.

Nach § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG dürfen nicht auf Bestellung gefertigte Bildnisse ohne Einwilligung verbreitet und zur Schau gestellt werden, wenn die Verbreitung bzw. Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient. Das ist dann der Fall, wenn die Verwendung des Bildnisses für einen künstlerischen Zweck notwendig, geboten und verhältnismäßig ist.

Die hier in Rede stehenden Bilder stellen insoweit schon keine Kunst dar. Zwar setzt dies nicht Werkqualität voraus (vgl. Dreier/Specht in Dreier/Schulze UrhG, 4. Aufl., § 23 KUG Rn. 44; Schertz GRUR 2007, 558, 564), gleichwohl ist die Kunst aber vom nicht künstlerischen Bereich abzugrenzen. Zwar entzieht sich letztlich der Kunstbegriff schon deshalb einer klaren Definition, weil sich der Normbereich der Kunst eigengesetzlich gestaltet (BVerfGE 67, 213, – Anachronistischer Zug). Gleichwohl ist es für die praktische Rechtsanwendung erforderlich, gewisse Grundanforderungen festzulegen. Im Ansatz folgt aus der Eigengesetzlichkeit der Kunst die Autonomie des Künstlers, der damit selbst darüber bestimmt, was er zum Kunstwerk erhebt. Dabei besteht das Wesen der künstlerischen Betätigung in der freien schöpferischen Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen oder Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zur unmittelbaren Anschauung gebracht werden. Dabei wird es in der Regel ein gewisser Anhaltspunkt sein, wenn bei formaler, typologischer Betrachtung die Zuordnung zu einem bestimmten Werktyp (Malerei, Dichtung) möglich ist, weil dann aufgrund der Komplexität und Assoziationsvielfalt ein weiter Deutungsspielraum eröffnet wird, der eine fortgesetzte und unterschiedliche Interpretation zulässt (Götting in Festschrift für Raue, 427, 430).

Dass neben dem künstlerischen auch wirtschaftliche Interessen verfolgt werden, mag unschädlich sein (Dreier/Specht a.a.O. Rn. 44), weil die Regelung ansonsten leerlaufen würde. Das gilt aber nur, wenn diese Interessen gegenüber dem künstlerischen Zweck untergeordnet sind.

Hier ist schon nicht ersichtlich, inwieweit Eindrücke, Erfahrungen oder Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zum Ausdruck gebracht werden. Über das rein handwerkliche Können hinaus haben die beiden in Rede stehenden Bildnisse keinen Gehalt. Die Verfremdung des Bildnisses geht nicht über das hinaus, was als bloßer Stil – der Pop-Art nämlich – bekannt ist. Auch im Übrigen lässt sich ein künstlerischer Gehalt des Bildes nicht ermitteln. So bietet der Beklagte auf seiner Internetseite ausdrücklich an, beliebige Motive auf Anfrage in dieser Manier oder Machart herzustellen. Schon die dort wiedergegebenen Beispiele (vgl. z.B. Anlage K9) belegen, dass bei den Bildern des Beklagten nicht die Verarbeitung bestimmter Einsichten, sondern der dekorative Charakter im Vordergrund steht.

Auch hier überwiegt demnach das Persönlichkeitsrecht des Klägers. Wie schon angesprochen ist es auch prominenten Persönlichkeiten grundsätzlich frei gestellt, ob und in welcher Weise sie Dritten die kommerzielle Verwertung ihres Bildes gestatten (BGHZ 20, 345 Rn. 10 – Paul Dahlke). Der Grundsatz ist selbst dann anzuwenden, wenn es sich um eine künstlerische Darstellung handelt (OLG Hamburg, MMR 2004, 413, 414). Wie oben dargelegt, macht sich der Beklagte die Bekanntheit des Klägers zunutze, um seine Bilder abzusetzen. Insoweit überwiegt aber das Recht des Klägers zu entscheiden, wem er in welcher Weise eine Verwertung seiner Persönlichkeit gestattet. Es ist durch die Kunstfreiheit nicht abstrakt gedeckt, die Bekanntheit des Klägers zur Förderung des eigenen Produktabsatzes auszunutzen. Im Streitfall gibt es kein höheres Interesse der Kunst, das überwiegen würde.

Wie schon die Kammer zutreffend ausgeführt hat, kann für die Berechtigung des Beklagten zur werbenden Verwendung des Namens des Klägers nichts anderes gelten. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug.

Da der Beklagte auch schuldhaft handelte, hat das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung seine Schadensersatzpflicht festgestellt und ihn zur Zahlung der der Höhe nach unstreitigen Abmahnkosten verurteilt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen. Die hierfür in § 543 Abs. 2 ZPO niedergelegten Voraussetzungen sind nicht gegeben. Die relevanten Rechtsfragen sind durch die zitierten höchstrichterlichen und obergerichtlichen Entscheidungen beantwortet. Als reine Einzelfallentscheidung hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Streitwert:

20.000,00 € (entsprechend der von den Parteien nicht angegriffenen erstinstanzlichen Festsetzung)

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