„Freundefinder“ und zahlreiche AGB-Klauseln von Facebook rechtswidrig
Kammergericht Berlin
Urteil vom 24.01.2014
Az.: 5 U 42/12
In dem Rechtsstreit der Facebook Ireland Limited,
Beklagten und Berufungsklägerin,
(Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte)
gegen
den Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. -,
Kläger und Berufungsbeklagten,
(Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt)
hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstraße 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 24.01.2014 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht und die Richter am Kammergericht Dr. H. und Dr. P
für Recht erkannt:
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 6. März 2012 verkündete Urteil der Zivilkammer 16 des Landgericht Berlin – 16 0 551/10 – wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung (hinsichtlich der landgerichtlichen Verurteilung in I 1 und I 2 in Höhe von jeweils 7.500 Euro, hinsichtlich der landgerichtlichen Verurteilung in I 3 in Höhe von 15.000 Euro, hinsichtlich der landgerichtlichen Verurteilungen in II 1.1, 1.2, 1.3, 1.4, 2.1, 2.2, 2.3 in Höhe von jeweils 2.500 Euro und im Übrigen in Höhe des jeweils vollstreckbaren Betrages) abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit (hinsichtlich der landgerichtlichen Verurteilungen in I und II in der vorgenannten Höhe, im Übrigen in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages) leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
A.
Der Kläger (ein Verbraucherschutzverband) nimmt die Beklagte, die in Europa das soziale Internet-Netzwerk „Facebook“ betreibt, auf Unterlassung in Anspruch, und zwar wegen der dort angebotenen Anwendungsoption „Freunde finden“ sowie im Hinblick auf vier Klauseln der von der Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen und drei Klauseln ihrer Datenschutzrichtlinien.
Die Plattform der Beklagten bietet Nutzern die Möglichkeit eine Profilseite einzurichten, auf der sie sich vorstellen sowie Fotos und Videos hochladen können. Auch können Nutzer dort öffentlich sichtbare Nachrichten hinterlassen oder Notizen veröffentlichen, aber auch Nachrichten persönlich austauschen. Die Plattform ist mittels einer Programmierschnittstelle für die Anwendungen von Drittanbietern geöffnet. Einnahmen erzielt die Beklagte vor allem über das Werbegeschäft.
Gegenstand der Klage zur Anwendungsoption „Freunde finden“ ist der am 2/3. November 2010 aktuelle Registrierungsprozess (Seite 10 f. der Klage i. V. m. Anlage K3). In dessen Verlauf wird der Nutzer gefragt, ob seine Freunde schon bei Facebook registriert seien. Der schnellste Weg dies festzustellen sei das Durchsuchen seines E-Mail-Kontos. Dies kann der Nutzer sodann unter Angabe seiner E-Mail-Adresse und seines E-Mail-Passwortes und durch Betätigung des Buttons „Freunde finden“ veranlassen. Unterhalb dieses Buttons befindet sich der als Link ausgestaltete Hinweis „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert“. Betätigt der Nutzer diesen Link, so erscheint ein Pop-Up-Fenster mit folgender Information:
„Wir können die E-Mail-Adressen, die Du mithilfe des Importeurs hochgeladen hast, dazu benutzen, um dir bei der Vernetzung mit deinen Freunden zu helfen. Dies beinhaltet auch das Generieren von Freundschaftsvorschlägen für dich und deine Kontakte auf Facebook.“
Nach Betätigen des Buttons „Freunde finden“ werden die E-Mail-Adressen derjenigen Kontakte des Nutzers, die nicht Mitglieder der Beklagten sind, importiert und sodann in einer Liste einzeln aufgeführt. Dort ist vor dem jeweiligen Kontakt ein Feld vorgesehen, das voreingestellt bereits ein Häkchen enthält, welches sich aber auch entfernen lässt. Unter dieser Liste befinden sich Buttons mit der Beschriftung „Einladungen versenden“ und „Überspringen“. Sind Kontakte des Nutzers allerdings bereits Mitglied bei Facebook (was bei dem klägerseits dargestellten Registrierungsvorgang nicht der Fall war), so werden diese in einem ersten Schritt aufgelistet; erst sodann erfolgt in einem zweiten Schritt die vorstehend beschriebene Information über die Kontakte, die noch nicht Mitglieder bei Facebook sind.
Am 21. April 2010 erhielt die beim Kläger beschäftigte Zeugin T eine E-Mail mit der Einladung eines Herrn M, dass sie sich bei der Beklagten anmelden solle. Zuvor hatte sich Herr M ein Bekannter der Zeugin, dort registrieren lassen. Weder ihm noch der Beklagten gegenüber hatte die Zeugin in die Übermittlung einer solchen Mail eingewilligt. Mit einer E-Mail vom 8. Mai 2010 wurde die Zeugin an diese Einladung erinnert. Zu diesen Zeitpunkten war der Registrierungsprozess der Beklagten noch derart gestaltet, dass Nutzer die Häkchen vor dem jeweiligen Kontakt zwecks Einladung manuell setzen mussten, diese also nicht voreingestellt waren. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers erhielt am 2. November 2010 ebenfalls eine solche Mail, ohne darin zuvor gegenüber der Beklagten eingewilligt zuhaben. Zu Grunde lag die Registrierung der Zeugin E bei der Beklagten.
Des Weiteren wendet sich der Kläger gegen die aus dem Tenor zu II ersichtlichen, von der Beklagten am 30.4.2010 verwendeten AGB und Datenschutzrichtlinien. Die Einwilligung in deren Geltung erfolgt durch die vorformulierte Klausel „Indem du auf „Registrieren“ klickst, bestätigst du, dass du die Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien gelesen hast und diesen zustimmst“, wobei die Wörter „Nutzungsbedingungen“ und ,,Datenschutzrichtlinien“ jeweils als Link auf diese ausgestaltet sind (S. 2 Anl. K3).
Der Kläger stützt sich im Hinblick auf den Registrierungsprozess auf § 8 UWG und im Hinblick auf die Bedingungen und Richtlinien der Beklagten auf § 1 UKIaG. Er hat folgende Ansicht vertreten:
Die E-Mails von April und Mai 2010 stellten Werbung der Beklagten dar; der Einladende könne nicht wirksam für die Empfängerin einwilligen. Dies beanstandet er nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, wobei er ergänzend darauf hinweist, dass sich sein Antrag nur gegen die E-Mails richte, die an Nicht-Mitglieder von Facebook gingen. Welche der Personen aus seinem E-Mail-Konto dies konkret seien, wisse der Nutzer nicht, weshalb er auch keine unbeeinflusste und eigenständige Entscheidung über die Einladungen treffen könne. Die Erinnerungsmail sei erst recht belästigend.
Im Rahmen ihres Registrierungsprozesses enthalte die Beklagte den Nutzern auch Informationen vor, da sie diesen unterstelle, durch Betätigen des Buttons „Freunde finden“ in die Datennutzung durch die Beklagte eingewilligt zu haben. Wesentliche Informationen dafür fänden sich aber erst in dem Pop-Up-Fenster, zu der der Nutzer bei der Registrierung aber nicht zwingend geführt werde. Die Beklagte informiere zudem nicht darüber, dass auch auf Daten von Kontakten des Nutzers zu-gegriffen werde, die nicht Mitglied bei Facebook seien. Damit verstoße die Beklagte gegen § 4 Abs. 1, §§ 5 und 5 a sowie § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit §§ 4a, 28 Abs. 3a BDSG.
Die beanstandeten AGB verstießen gegen die §§ 307 f. BGB, die Datenschutzrichtlinien gegen §§ 12, 13 TMG sowie die bereits erwähnten Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes; bezüglich letzteren rügt der Kläger insbesondere, dass dem Nutzer die Bedeutung seiner Erklärung nicht in der erforderlichen Deutlichkeit mitgeteilt und zudem die vorgeschriebene Schrift-form nicht eingehalten worden sei. Für beide Regelungswerke gelte nach Ziffer 16.3. Nr. 2 der AGB (Anl. K7) deutsches Recht.
Der Kläger hat mit der am 6. April 2011 zugestellten Klage beantragt,
I.
A. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollstrecken an ihren Vorständen,
zu unterlassen;
im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern mit einem Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland
1. Mitteilungen wie die aus Anlage Antrag 1 ersichtliche zu versenden und/oder versenden zu lassen, wenn die kontaktierten Verbraucher nicht zuvor eine Einwilligung in die Nutzung der E-Mail Adresse erteilt haben;
2. Mitteilungen wie die aus Anlage Antrag 2 ersichtliche zu versenden und/oder versenden zu lassen, wenn die kontaktierten Verbraucher nicht zuvor eine Einwilligung in die Nutzung der E-Mail Adresse erteilt haben;
3. im Rahmen des Registrierungsprozesses auf der Internetseite mit der Adresse www.facebook.de/com dem Verbraucher die Möglichkeit einzuräumen, durch Betätigen eines Textfeldes „Freunde finden“ (wie aus dem als Anlage Antrag 3 beigefügten Bild-schirmausdruck ersichtlich) Kontaktdaten, insbesondere E-Mail Adressen aus einer bestehenden Adressdatei in den Datenbestand bei Facebook zu importieren und im Registrierungsprozess auf die Tatsache, dass mit diesem Import das Generieren von Freundschaftsvorschlägen für die registrierende Person sowie die Kontaktpersonen verbunden ist, nur dadurch hinzuweisen, dass bei Betätigen des Links „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert“ (ersichtlich aus Anlage Antrag 3) ein Popupfenster wie aus dem Bild-schirmausdruck der Anlage Antrag 4 ersichtlich geöffnet wird.
B. Die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, letztere zu vollziehen an ihren Vorständen,
zu unterlassen,
nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über die Teilnahme an einem sozialen Netzwerk mit Verbrauchern, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland unterhalten, einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:
1. („Erklärung der Rechte und Pflichten“)
1.1 (Ziffer 1.1 „Der Austausch deiner Inhalte und Informationen“ i.V.m. Ziffer 16. 3.1) Für Inhalte, die unter die Rechte an geistigem Eigentum fallen, wie Fotos und Videos („IP-Inhalte“), erteilst du uns vorbehaltlich deiner Privatsphäre- und Anwendungseinstellungen die folgende Erlaubnis: Du gibst uns eine nichtexklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, unentgeltliche, weltweite Lizenz für die Nutzung aller IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest („lP-Lizenz“).
1. Ziffer 2 gilt mit der Maßgabe, dass unsere Nutzung dieser Inhalte auf die Verwendung auf oder in Verbindung mit Facebook beschränkt ist.
1.2 [Ziffer 10. „Über Werbung auf Facebook“]
Unser Ziel ist es Werbeanzeigen nicht nur für Werbetreibende sondern auch für dich wertvoll zu gestalten. Damit dies möglich ist, erklärst du dich mit Folgendem einverstanden:
1. Du kannst über deine Privatsphäre-Einstellungen einschränken, inwiefern dein Name und dein Profilbild mit kommerziellen oder gesponserten Inhalten verbunden werden können, die von uns zur Verfügung gestellt werden.) Du erteilst uns die Er-laubnis, vorbehaltlich der von dir festgelegten Einschränkungen, deinen Namen und dein Profilbild in Verbindung mit diesen Inhalten zu verwenden.
1.3 [Ziffer 13. „Änderungen i. V.m. Ziffer 16. 3.3]
1. Wir können diese Erklärung ändern, wenn wir dich über die „Facebook Site Governance“-Seite (Seite zur Regelung der Nutzung von Facebook) darüber informieren und dir eine Möglichkeit zur Reaktion auf die entsprechenden Änderungen geben. Um zukünftig Informationen zu Änderungen dieser Erklärung zu erhalten, werde ein Fan der „Facebook Site Governance „-Seite.
2. (Bei Änderungen der Abschnitte 7, 8, 9 und 11 (Abschnitte über Zahlungen, Anwen-dungsentwickler, Webseitenbetreiber und Werbetreibende), werden wir dich mindestens drei Tage im Voraus benachrichtigen.) Bei allen anderen Änderungen wirst du von uns mindestens sieben Tage im Voraus benachrichtigt.
Abweichend von Ziffer 13 treten Änderungen 30 Tage nach dem Datum in Kraft, an dem wir über die geplanten Änderungen informiert haben. Wenn Du die Änderungen nicht akzeptieren möchtest, musst du dein Konto löschen, und wenn du dies nicht tust, gilt das als Annahme der Änderung. Wir werden dich in unserer die Änderung ankündigenden E-Mail auf diese 30-Tages-Frist und ihre Bedeutung besonders hinweisen.
1.4 (Ziffer 14. Beendigung)
Wenn du gegen den Inhalt oder den Geist dieser Erklärung verstößt oder anderweitig mögliche rechtliche Risiken für uns erzeugst, können wir die Bereitstellung von Facebook für dich ganz oder teilweise einstellen. Wir werden dich per E-Mail oder wenn du dich das nächste Mal für dein Konto anmeldest darüber informieren.
2. („Facebook-Datenschutzrichtlinien“)
2.1 (2. Informationen die wir erhalten
Informationen von anderen Webseiten)
Es ist uns gestattet, zusammen mit Werbepartnern und anderen Webseiten Programme einzurichten, mit denen diese uns Informationen mitteilen:
– Es ist uns gestattet, von Werbekunden Informationen darüber abzufragen, wie unsere Nutzer auf die von uns eingeblendeten Werbeanzeigen reagiert haben (und zu Vergleichs-zwecken, wie andere Nutzer, die diese Werbeanzeigen nicht gesehen haben, sich auf deren Webseiten verhalten haben). Dieser Datenaustausch, der gewöhnlich als „Besuchsaktionsaus wertung“ bezeichnet wird, hilft uns bei der Messung der Wirksamkeit unserer Werbung und bei der Verbesserung der Qualität der eingeblendeten Werbeanzeigen.
– Es ist uns gestattet, Informationen darüber zu erhalten, ob du bestimmte Werbeanzeigen auf anderen Webseiten angesehen oder auf diese interaktiv reagiert hast oder nicht, um die Wirksamkeit dieser Werbeanzeigen zu messen.
Sollten wir in einem solchen Fall Daten erhalten, über die wir noch nicht verfügen, werden wir diese innerhalb von 180 Tagen „anonymisieren , sie also nicht mehr mit einem bestimmten Nutzer in Verbindung bringen. Im Rahmen dieser Programme nutzen wir die Informationen ausschließlich so wie im untenstehenden Abschnitt „Verwendung deiner Informationen durch uns“ beschrieben.
2.2 (4. Informationen, die du mit Dritten teilst
Herstellung einer Verbindung mit einer Anwendung oder Webseite.)
Wenn du eine Verbindung zu einer Anwendung oder Webseite herstellst, wird dieser der Zugang auf allgemeine Informationen über dich gestattet. Der Begriff „Allgemeine Informa-tionen“ umfasst folgende Informationen von dir und deinen Freunden: Name, Profilbild, Geschlecht, Nutzerkennnummer, Verbindungen sowie alle Inhalte, die unter Verwendung der Privatsphäre-Einstellung „Alle“ mit anderen geteilt werden …
2.3 (9. Sonstige Bestimmungen Änderungen.)
Wir können diese Datenschutzrichtlinien gemäß den in der Erklärung der Rechte und Pflichten von Facebook beschriebenen Verfahren ändern. Sofern nicht anders angegeben, gelten unsere aktuellen Datenschutzrichtlinien für sämtliche in unserem Besitz befindlichen Informationen über dich und dein Konto. Wenn wir Änderungen an diesen Datenschutzrichtlinien vornehmen, werden wir dich durch eine Bekanntgabe hier und auf der „Facebook Site Governance“-Seite (Seite zur Regelung der Nutzung von Facebook) informieren. Du kannst sicherstellen, dass du derartige Mitteilungen erhältst, indem du ein Fan der „Facebook Site Governance“-Seite wirst.
II. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 200,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. April 2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat zunächst geltend gemacht, dass der vom Kläger dargestellte Registrierungsprozess seit Januar 2011 nicht mehr aktuell sei, da sie sich nach Gesprächen mit dem Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit dazu entschlossen habe diesen zu ändern. Nunmehr seien die auf S. 7 f der Klageerwiderung (BI. 90 f dA) genannten Schritte zu durchlaufen. Seit dem 25. März 2011 verwende sie auch neue AGB.
Im Hinblick auf sämtliche Ansprüche hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. Insofern verweist sie auf Pressemeldungen des Klägers aus den Jahren 2008 und 2009 sowie April 2010 (Anl. B5 f.), in denen dieser sich mit ihr beschäftigt. Es sei davon auszugehen, dass er sich zum Erlangen dieser Informationen bei ihr registriert habe. Sollte er dies nicht getan haben, hätte er zumindest grob fahrlässig gehandelt.
Die Beklagte hat folgende Ansicht vertreten:
Die Klageanträge seien unbestimmt. Das Versenden der E-Mails stelle keine geschäftliche Handlung der Beklagten dar, sondern vielmehr eine private des jeweiligen Nutzers. Dieser habe auch keinen finanziellen Anreiz, die E-Mails zu versenden. Es sei ihm zudem möglich, die Erinnerungs-Mails zu stornieren und/oder die importierten Kontakte vollständig zu löschen, während die Empfänger den Einladungs-Mails widersprechen könnten. Der Nutzer könne auch sehr wohl eine unbeeinflusste und eigenständige Entscheidung über die konkret eingeladenen Personen treffen, da er aufgrund der unterschiedlichen Listen wisse, ob diese Mitglieder der Beklagten sind. Im Rahmen ihres Registrierungsprozesses enthalte sie den Nutzern auch keine Informationen vor. Für den Nutzer komme der Zugriff auf sein E-Mail-Konto nicht überraschend.
Im Hinblick auf die Datenschutzrichtlinien gelte irisches Recht, da die Rechtswahl nur das Privatrecht erfasse. Insoweit behauptet die Beklagte, dass sie selbst die Daten verarbeite und in den USA lediglich eine Auftragsverarbeitung durchführen lasse. Die einzelnen Klauseln hielten einer rechtlichen Prüfung stand.
Das Landgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Mit ihrer Berufung wiederholt und vertieft die Beklagte ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Auch er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
B.
Die Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
I.
Dies gilt zum einen, soweit sie sich gegen die landgerichtliche Verurteilung zur Unterlassung der Versendung der E-Mails gemäß Anlage Antrag 1 (LGU Tenor I 1, Klageantrag I A 1) wendet.
1.
Weder der Klageantrag noch die landgerichtliche Verurteilung sind zu unbestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
a)
Der Zusatz „wie die aus Anlage Antrag 1 ersichtliche“ macht deutlich, dass letztlich nur eine Verurteilung im Umfang der konkreten Verletzungsform begehrt und ausgesprochen wird. Er ist entgegen der Annahme des Landgerichts zwar nicht als bloßes Beispiel zu verstehen. Der Zusatz entspricht aber inhaltlich der Wendung „wenn dies geschieht wie“ und stellt damit auf die konkrete Verletzungsform ab.
b)
Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten bedarf es auch keiner weitergehenden Abstraktionen im Unterlassungsausspruch zur Kennzeichnung des Verbotenen.
Die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags ist in der Regel unproblematisch, wenn der Kläger lediglich das Verbot der Handlung begehrt, so wie sie begangen worden ist, insbesondere wenn der Antrag nur eine Kopie der beanstandeten Handlung enthält (BGH, GRUR 2009, 1075, TZ. 10 – Betriebsbeobachtung; GRUR 2002, 75, juris Rn. 52 – „SOOOO … BILLIG“). Die Reichweite eines daraufhin ergehenden Unterlassungstitels wird durch die in die Urteilsformel aufgenommene Kopie und die zur Auslegung heranzuziehende Antragsbegründung und Begründung der gerichtlichen Entscheidung näher umschrieben (BGH, GRUR 2010, 855, TZ. 17, 19 – Folienrollos). Es ist dann Sache des Beklagten, Wege zu finden, die aus dem Verbot herausführen (BGH, WRP 2011, 742, TZ. 15 – Rechtsberatung durch Lebensmittelchemiker; GRUR 2011, 82, TZ. 35 – Preiswerbung ohne Umsatzsteuer; Köhler in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Auflage, § 12 Rn. 2.45).
2.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers folgt aus § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1 UWG. Die hier streitgegenständlichen E-Mails (gemäß Anlage Antrag 1/Anlage K5 sowie Anlage K4) stellen eine unzumutbar belästigende und damit unerlaubte Werbung dar, § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.
a)
Diese Einladungs-E-Mails sind eine „Werbung“ der Beklagten für die von ihr unter facebook.de/com angebotene Dienstleistung eines sozialen Netzwerkes.
aa)
Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Werbung ist jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (BGH, GRUR 2013, 1259, TZ. 17 mit weiteren Nachweisen – Empfehlungs-E-Mail).
bb)
Die vorliegenden Einladungs-E-Mails sollen Personen, die noch nicht dem sozialen Netzwerk der Beklagten beigetreten sind, als Mitglied gewinnen. Damit werben sie zwanglos für die Dienstleistung der Beklagten. Auf die Unentgeltlichkeit dieser Dienstleistung kommt es dabei nicht an. Die Beklagte bietet ihre Dienstleistung gewerblich an und sie will über die von ihr (anderen Unternehmen) angebotenen Werbemöglichkeiten Einnahmen erzielen.
cc)
Für die Einordnung als Werbung ist es nicht entscheidend, wenn das Versenden von Empfehlungs-E-Mails letztlich auf dem Willen eines Dritten beruht. Maßgeblich ist vielmehr allein däs Ziel, das mit dem Zurverfügungstellen der Empfehlungsfunktion erreicht werden soll. Da eine solche Funktion erfahrungsgemäß den Zweck hat, auf den Empfohlenen und die von ihm angebotenen Leistungen aufmerksam zu machen, enthalten die auf diese Weise versandten Empfehlungs-E-Mails Werbung (vergleiche BGH, am angegebenen Ort, Empfehlungs-E-Mail, TZ. 19).
b)
Unstreitig sind die vorliegenden Einladungs-E-Mails ohne eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten versandt worden.
c)
Die Beklagte haftet für die Zusendung der Einladungs-E-Mails als (mittelbare) Täterin.
Auch dabei ist es ohne Bedeutung, dass der Versand der E-Mails letztlich auf die Eingabe der E-Mail-Adressen durch einen Dritten zurückgeht (vergleiche BGH, am angegebenen Ort, Empfehlungs-E-Mail, TZ. 23).
aa)
Maßgeblich ist in derartigen Fällen grundsätzlich, dass der Versand der Empfehlungs-E-Mails auf die gerade zu diesem Zweck zur Verfügung gestellte Weiterempfehlungsfunktion des Unternehmens zurückgeht und das Unternehmen beim Empfänger einer Empfehlungs-E-Mail als Absender erscheint. Sinn und Zweck der Weiterleitungsfunktion des Unternehmens bestehen auch gerade darin, dass Dritten (unter Mitwirkung unbekannter weiterer Personen) ein Hinweis auf den Internetauftritt des Unternehmens übermittelt wird (BGH, am angegebenen Ort, Empfehlungs-E-Mail, TZ. 23).
bb)
Vorliegend ist allerdings die Besonderheit gegeben, dass nicht die Beklagte bei den Empfängern der Einladungs-E-Mails als Absender erscheint, sondern jeweils der Dritte, der bei seiner Registrierung als Nutzer die E-Mail-Anschriften zur Verfügung gestellt und den Button „Einladungen versenden“ betätigt hat.
aaa)
Es kann an einer E-Mail-Werbung des Unternehmens fehlen, wenn das Unternehmen zwar Nutzer auffordert, anderen Verbrauchern Einladungs-E-Mails zu übersenden, das Unternehmen dabei aber nur technische Hilfe leistet, damit die Nutzer bequem eine solche eigene persönliche Einladungs-E-Mail an Verwandte, Freunde und Bekannte versenden können (vergleiche Stellungnahme 5/2009 zur Nutzung sozialer Online-Netzwerke der Artikel-29-Datenschutzgruppe, WP 163, Ziff. 3.8 Abs. 2, Seite 12).
Eine solche Einladungs-E-Mail ist allein dem privaten Nutzer zuzurechnen, wenn dieser sich in Kenntnis aller wesentlichen Umstände – und damit eigenverantwortlich – zur Versendung dieser E-Mails entschließt. Der auch für das Unternehmen werbende Effekt wird dabei durch den privaten Zweck der Einladungs-E-Mails verdrängt. Denn dem Nutzer geht es dabei allein darum, mit den von ihm Eingeladenen ebenfalls über das soziale Netzwerk und die von diesem gebotenen Vorteile kommunizieren zu können. Es muss keinem Verbraucher verwehrt werden, Freunden und Bekannten in einer E-Mail einen konkreten Hinweis auf ein von ihm für gut befundenes Produkt zu geben.
bbb)
Vorliegend kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass der sich registrierende Nutzer (nach dem hier allein maßgeblichen Internetauftritt der Beklagten bis – jedenfalls – zum 2. November 2010) die wesentlichen Umstände der in seinem Namen versandten Einladungs-E-Mails erkennen konnte. Im Gegenteil: Ihm wird suggeriert, mithilfe seiner von ihm zur Verfügung gestellten E-Mail-Adressen würden nur diejenigen seiner Freunde gesucht, die bereits bei Facebook registriert sind. Denn der angesprochene Durchschnittsverbraucher (zu denen auch die Mitglieder des Senats zählen) wird diesen Vorgang nach den ihm gegebenen Informationen so verstehen können.
Die Aufforderung zum Hochladen seines E-Mail-Kontos erscheint unter der Überschrift „Sind deine Freunde schon bei Facebook?“. Die weitere Angabe „Viele deiner Freunde sind vielleicht schon hier.,Das Durchsuchen deines E-Mail-Kontos ist der schnellste Weg, um deine Freunde auf Facebook zu finden“ verweist alleine auf eine Suche nach bereits bei Facebook registrierten Freunden.
Der Link „Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert“ lässt nur auf einen Hinweis zur Datensicherheit schließen, nicht aber auf Angaben zu weitergehenden Zwecken der beabsichtigten Suche. Der Verbraucher hat daher schon keinen Anlass, diesen Link zu betätigen. Darüber hinaus gibt auch dieser Link bei seiner Betätigung keine hinreichend deutliche Information zu einer Einladung per E-Mail solcher Freunde, die noch nicht Nutzer von Facebook sind. Es wird nur auf eine Hilfe „bei der Vernetzung mit deinen Freunden“ hingewiesen sowie darauf, dies beinhalte „auch das Generieren von Freundschaftsvorschlägen für dich und deine Kontakte auf Facebook“. Diese Aussagen können ohne weiteres allein auf eine Suche von bereits bei Facebook registrierten Freunden bezogen verstanden werden.
Jedenfalls dann, wenn in dem E-Mail-Konto des sich registrierenden Verbrauchers keine bereits bei Facebook registrierten Nutzer vorhanden sind, erhält dieser Verbraucher keine gesonderte Liste zu bereits vorhandenen Freunden. Er muss die sich ihm zeigende Liste nach den vorhergehend gegebenen Informationen aber so verstehen. Der Verbraucher erkennt dann gar nicht, dass er außerhalb des Netzwerks stehende Verwandte, Freunde und Bekannte anspricht, zumal mit einer E-Mail.
Der Hinweis über der Liste „Lade deine Freunde und Familienmitglieder zu Facebook ein“ führt im Hinblick auf die geweckte Erwartungshaltung des Verbrauchers ebenfalls nicht entscheidend weiter. Für sich genommen kann eine Einladung „zu Facebook“ zwar andeuten, dass Außenstehende angesprochen werden sollen. Der sich registrierende Verbraucher wird an dieser Stelle aber keine vertieften Überlegungen mehr anstellen. In der Erwartung einer Suche nach bereits bei Facebook registrierten Freunden kann er den vorgenannten Hinweis ohne weiteres dahin verstehen, diese.Freunde würden zu seinem Auftritt bei Facebook eingeladen werden. Dem sich registrierenden Verbraucher wird der Inhalt der Einladungs-E-Mails auch nicht konkret aufgezeigt.
Unter diesen Umständen wird dieser Verbraucher darüber getäuscht, dass nicht nur nach Freunden auf Facebook (deren grundsätzliches Einverständnis mit einer Suche der Verbraucher – angesichts des Zwecks eines sozialen Netzwerkes – man ohne weiteres annehmen kann) gesucht wird, sondern auch solche Verwandte, Freunde und Bekannte angesprochen werden, die außerhalb von Facebook stehen (und sich deshalb belästigt fühlen können).
cc)
Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Missbrauch der Empfehlungs-Funktion nicht in Kauf nehmen würde.
Denn es ist offensichtlich, dass die Weiterleitungsfunktion gerade dazu benutzt wird, an Dritte Empfehlungs-E-Mails zu versenden, ohne dass Gewissheit darüber besteht, ob sie sich damit einverstanden erklärt haben (BGH, am angegebenen Ort, Empfehlungs-E-Mail, TZ. 23).
Insoweit ist es auch unerheblich, wenn die Beklagte vorliegend in Ziff. 5.9 der „Erklärung der Rechte und Pflichten“ (Anlage K7) den Hinweis aufgenommen hat „Du wirst Personen, die keine Nutzer sind, ohne ihre Einverständniserklärung weder markieren noch ihnen E-Mail-Einladungen schicken“, zumal dies getrennt von den „Facebook-Datenschutzrichtllnien“ erfolgt, die ihrerseits in Ziff. 6 Abs. 3 auf die E-Mail-Einladungen hinweisen. Die Beklagte kann nicht ernsthaft erwarten (und macht es auch nicht geltend), dass die sich registrierenden Nutzer diese verstreuten, zwischen einer Vielzahl von weiteren Informationen versteckten Angaben (die nur über Links in der Fußzeile der Webseite „Datenschutz“ und „ImpressumlNutzungsbedingungen“ eingesehen werden können) zur Kenntnis genommen haben, wenn sie bereits zu Beginn ihres Registrierungsverfahrens aufgefordert werden, Freunde zu finden und hierzu die Daten ihres E-Mail-Kontos zur Verfügung zu stellen, und dies ohne konkreten Hinweis auf die vorgenannten Angaben in ihren allgemeinen Nutzungsbedingungen.
3.
Der vorstehend erörterte Unterlassungsanspruch ist auch nicht verjährt, § 11 UWG.
a)
Dies folgt hier bereits daraus, dass der Verstoß vom 2.11.2010 (Anlage K4) die sechsmonatige Verjährungsfrist bei Eingang der Klage am 15.11.2010 ohne weiteres wahrt, § 167 ZPO. Der Gerichtskostenvorschuss ist am 26.11.2010 geleistet worden. Die weitere Verzögerung bis zur Klagezustellung am 22.3.2011/6.4.2011, insbesondere infolge von Übersetzungen, beruht allein auf der weiteren Verfahrensbehandlung durch das Gericht. Die Zustellung der Klage ist deshalb „demnächst“ im Sinne des § 167 ZPO erfolgt.
b)
Soweit im Klageantrag und im Unterlassungstenor des Landgerichts jeweils auf die konkrete Verletzungshandlung vom 21.4.2010 aus der Anlage Antrag 1 Bezug genommen wird, bedarf dies keiner Korrektur. Denn die damit umschriebene konkrete Verletzungsform umfasst auch den weiteren Verstoß aus der vorstehend genannten E-Mail vom 2.11.2010. Auf den Umstand, dass bei dem Internetauftritt der Beklagten, der der E-Mail vom 2.11.2010 zu Grunde lag, die anzuschreibenden Adressen bereits mit einem Häkchen versehen waren (anders als bei der E-Mail vom 21.4.2010), kommt es nach dem vorstehend Erörterten nicht entscheidend an.
II.
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch hinsichtlich der Erinnerungs-E-Mail vom 8.5.2010 (LGU Tenor 1 2, Klageantrag IA2; Anlage Antrag 2/Anlage K6) den Unterlassungsanspruch aus § 7 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1 UWG bejaht.
1.
Vorstehende Erörterungen zu 1 1. und 1 2. gelten entsprechend.
Hier kann sogar noch weniger angenommen werden, der sich registrierende Verbraucher habe auch die spätere Versendung von nachfassenden Erinnerungs-E-Mails erkennen können. Darüber hinaus erscheint bei diesen E-Mails die Beklagte sowohl in der Absenderangabe als auch nach ihrem Inhalt unmittelbar als Absender (so dass die Grundsätze der Entscheidung des BGH „Empfehlungs-E-Mail“ sogar unmittelbar einschlägig sind).
2.
Auch dieser Unterlassungsanspruch ist nicht verjährt, § 11 UWG.
a)
Entgegen der Annahme des Landgerichts kann allerdings nicht von einer Dauerhandlung ausgegangen werden.
Der Verstoß besteht in dem Zugang der jeweiligen unerbetenen E-Mail-Werbung beim Empfänger. Der einzelne Verstoß dauert nicht an, sondern er kann höchstens fortlaufend wiederholt werden.
Damit ist verjährungsrechtlich grundsätzlich – ungeachtet eines etwaigen Fortsetzungszusammenhangs – jede Zusendung gesondert zu beurteilen.
Der Annahme des Landgerichts liegt möglicherweise die Vorstellung zu Grunde, die Beklagte habe auch im weiteren Zeitraum nach dem 8.5.2010 bis zum Klageeingang derartige Erinnerungs-E-Mails in einer Vielzahl von Fällen an (hier) unbekannte Empfänger versandt. Auf derartige Verletzungshandlungen hat sich vorliegend der Kläger aber nicht gestützt, zumal nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass sich die jeweiligen Adressaten mit dem Empfang der E-Mails vorher ausdrücklich einverstanden erklärt hatten (mag dies hier angesichts der zu vermutenden großen Zahl auch tatsächlich fern liegend sein).
Angesichts des bis zum November 2010 nicht veränderten Internetauftritts der Beklagten mag zwar einiges dafür sprechen, dass insoweit die Versendung von Erinnerungs-E-Mails als unerwünschte und damit unlautere Werbung gedroht hatte. Der Kläger hat sich allerdings auf eine Erstbegehungsgefahr (als einen von der Wiederholungsgefahr gesonderten Streitgegenstand, vergleiche Bornkamm, am angegebenen Ort, § 8 Rn. 1.21; BGH, MMR 2010, 547, TZ. 16 – Internet-Sportwetten vor 2008) nicht berufen. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob eine etwaige Erstbegehungsgefahr nicht ohnehin durch die zwischenzeitlich vorgenommenen Änderungen im lnternetauftritt der Beklagten entfallen ist (zum Wegfall der Erstbegehungsgefahr vergleiche BGH, GRUR 2008, 912, TZ. 30 – Metrosex; GRUR 2009, 841, TZ. 23 – Cybersky; Bornkamm, am angegebenen Ort, § 8 Rn. 1.26,1.27c).
b)
Die bei dem Kläger für die Verfolgung dieser Wettbewerbsverstöße zuständige Sachbearbeiterin hat allerdings erst am 23.7.2010 von der Erinnerungs-E-Mail vom 8.5.2010 an Frau T erfahren. Eine frühere Kenntnis der Sachbearbeiterin hat die verjährungsrechtlich beweisbelastete Beklagte weder näher dargetan noch hat sie hierfür Beweis angetreten. Insoweit ist die sechsmonatige Verjährungsfrist auch hinsichtlich der Erinnerungs-E-Mail bei Eingang der Klage am 15.11.2010 gewahrt.
c)
Frau T war (auch als zuständige Fachbereichsleiterin beim Kläger) keine Wissensvertreterin entsprechend dem Rechtsgedanken des § 166 BGB.
aa)
Wissensvertreter ist jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls weiterzugeben (BGHZ 117,104, 106; PalandVEllenberger, BGB, 73. Auflage, § 166 Rn. 6). Bei juristischen Personen ist das nach dem insoweit anzuwendenden Rechtsgedanken des § 166 BGB dann der Fall, wenn der Bedienstete vom Träger mit der Erledigung der konkreten betreffenden Angelegenheit in eigener Verantwortung betraut worden ist (BGH, NJW 1994, 1150, juris Rn. 12 mit weiteren Nachweisen; NJW 2000, 1411, juris Rn. 11, 17f).
Dem Wissensvertreter ist nur geschäftliches Wissen zuzurechnen, dass er durch die Tätigkeit für den Vertretenen erlangt hat; privates Wissen ist nur zu berücksichtigen, wenn sich die Pflicht zur Organisation eines Informationsaustausches aus Gründen des Verkehrsschutzes ausnahmsweise auch auf privates Wissen erstreckt (PalandtlEllenberger, am angegebenen Ort, mit weiteren Nachweisen; vergleiche auch Köhler, am angegebenen Ort, § 11 Rn. 1.27).
bb)
Die Beklagte hat nicht unter Beweisantritt dargetan, dass die Fachbereichsleiterin konkret mit der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen in eigener Verantwortung befasst war, noch weniger hinsichtlich des hier einschlägigen Projekts „Verbraucherrechte in der digitalen Welt“ und (ganz konkret) der hier maßgeblichen Verfolgung der Beklagten. Dagegen spricht schon, dass sie auch als Leiterin des Fachbereichs „Wirtschaft und Internationales“ über keine juristische Ausbildung verfügte (anders als die Sachbearbeiterin(..)) und dieser Fachbereich sachlich sehr weit gefasst war.
cc)
Darüber hinaus hatte die Fachbereichsleiterin die E-Mail vom 8.5.2010 nur privat erhalten.
In einer solchen Situation könnte von ihr – selbst bei Annahme der Stellung einer Wissensvertreterin – eine Weitergabe dieser Information an die zuständige Sachbearbeiterin nur dann erwartet werden, wenn sie die Bedeutung dieser E-Mail ohne weiteres hätte erkennen können. Dazu hätte ihr aber jedenfalls der Inhalt der Registrierung bei der Beklagten bekannt sein müssen. Die Fachbereichsleiterin war nicht bei der Beklagten registriert. Nach dem Vortrag der Beklagten mögen im Hause des Klägers bereits Jahre vorher der Internetauftritt der Beklagten und dabei auch die Registrierung beobachtet worden sein. Eine konkrete Kenntnis hiervon und dauerhafte Erinnerung auch der Fachbereichsleiterin wird von der Beklagten
weder näher vorgetragen noch wird hierfür Beweis angetreten.
III.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte auch ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich ihres Internetauftritts nach Betätigung des Buttons „Freunde finden“ (LGU Tenor I 3, Klageantrag I A 3; Anlage Antrag 3, Anlage Antrag 4, vergleiche auch Anlage K3) zu.
1.
Dieser Unterlassungsanspruch folgt zum einen aus § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG (in Verbindung mit § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, § 3 Abs. 1 UWG).
Die Beklagte tarnt die Einladungs-E-Mails als private E-Mails der im Absender genannten Freunde oder Bekannten, obwohl es sich um Werbung handelt, die – wie erörtert – allein die Beklagte verantwortet.
a)
Der Internetauftritt der Beklagten unter dem Button „Freunde finden“ ist im Hinblick auf die dazu gegebenen Informationen der Beklagten – wie erörtert – nicht nur geeignet, sondern sogar weit gehend darauf angelegt, sich registrierende Nutzer dazu zu veranlassen, ihr E-Mail-Konto der Beklagten zu offenbaren und unter Vortäuschen einer Suche nach befreundeten Nutzern des sozialen Netzwerkes unerkannt eine Werbung für die Beklagte auszulösen. Dies führt dazu, dass auch die Empfänger dieser Einladungs-E-Mails von einer privaten Mitteilung ihres Freundes ausgehen und insoweit getäuscht werden.
b)
Die Empfänger der Einladungs-E-Mails werden sich nicht selten allein aufgrund ihres Irrtums überhaupt dem Inhalt dieser E-Mails näher zuwenden, obwohl sie eine – als solche erkennbare – Werbe-E-Mail der Beklagten sogleich und ungelesen gelöscht hätten. Die Beklagte verschafft sich mit dieser gezielten und systematischen Irreführung der Empfänger einen ganz erheblichen Werbe- und Wettbewerbsvorteil.
2.
Auch die sich registrierenden Nutzer werden relevant irregeführt, § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 UWG.
Diese werden – wie erörtert – als Verbraucher bei Abschluss eines Vertrages mit der Beklagten (Beitritt zum sozialen Netzwerk der Beklagten und objektiv mit diesem zusammenhängend, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG) durch gezielte und systematische Irreführung zur Preisgabe ihrer E-Mail Adressdaten gegenüber der Beklagten und zum Auslösen einer getarnten Werbung der Beklagten veranlasst.
3.
Darüber hinaus folgt der Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Vorgangs „Freunde finden“ auch aus § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 1, § 4a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BDSG.
a)
Vorliegend ist deutsches Datenschutzrecht anzuwenden.
aa)
Das BDSG findet Anwendung, sofern eine verantwortliche Stelle, die nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum belegen ist, personenbezogene Daten im Inland erhebt, verarbeitet
oder nutzt, § 1 Abs. 5 Satz 2 BDSG.
aaa)
Dem BDSG liegt die Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 1995/46 EG) zu Grunde. Die mit dieser Richtlinie angestrebte Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften ist nicht auf eine Mindestharmonisierung beschränkt, sondern führt zu einer grundsätzlich umfassenden Harmonisierung (EuGH, Slg 2011, 1-12181, TZ. 29).
Im Hinblick darauf will diese Richtlinie den freien Verkehr personenbezogener Daten sicherstellen, wobei sie zugleich ein hohes Niveau des Schutzes der Rechte und Interessen der von diesen Daten betroffenen Personen gewährleistet (EuGH, am angegebenen Ort, TZ. 28). So sieht etwa Art. 7 der Richtlinie eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle vor, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann (EuGH, am angegebenen Ort, TZ. 30). Art. 5 der EG-Datenschutzrichtlinie räumt den Mitgliedstaaten zwar ein Ermessen ein, doch dürfen die Mitgliedstaaten danach weder neue Grundsätze in Bezug auf die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten neben Art. 7 der Richtlinie einführen, noch zusätzliche Bedingungen stellen, die die Tragweite eines der sechs in diesem Artikel vorgesehenen Grundsätze verändern würden (EuGH, am angegebenen Ort, TZ. 32). Dieser Artikel erlaubt nämlich den Mitgliedstaaten lediglich, nach Maßgabe des Kapitels II und damit des Artikels 7 dieser Richtlinie die Voraussetzungen näher zu bestimmen, unter denen die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig ist (EuGH, am angegebenen Ort, TZ. 33). Insoweit ist zu beachten, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Einzelne in all den Fällen, in denen die Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich unbedingt und hinreichend genau sind, vor den nationalen Gerichten gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen berufen kann, wenn der Staat die Richtlinie nicht fristgemäß oder unzulänglich in nationales Recht umgesetzt hat (EuGH, am angegebenen Ort, TZ. 51). Auch wenn die Richtlinie den Mitgliedstaaten unbestreitbar ein mehr oder weniger großes Ermessen bei der Umsetzung einiger ihrer Bestimmungen eingeräumt, so begründen doch inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen eine unbedingte Verpflichtung (EuGH, am angegebenen Ort, TZ. 52).
Art. 4 der EG-Datenschutzrichtlinie gehört zum Kernbereich dieser Richtlinie, wenn diese Vorschrift die Anwendbarkeit des anzuwendenden – weit gehend harmonisierten – nationalen Rechts im Einzelnen regelt. Damit soll gerade das einwandfreie Funktionieren des Binnenmarkts im Bereich der Datenverarbeitung länderübergreifend sichergestellt werden. Die Regelung ist bestimmt und abschließend formuliert. Art. 4 der EG-Datenschutzrichtlinie regelt das anwendbare einzelstaatliche Recht vorgezogen vor der Ermessensklausel des Art. 5 der EG¬Datenschutzrichtlinie. Auch erwähnt Art. 13 („Ausnahmen und Einschränkungen“) Art. 4 nicht. All dies spricht dagegen, den Mitgliedstaaten insoweit selbst auch nur ein Ermessen einzuräumen. Art. 4 der Datenschutzrichtlinie enthält so konkrete Regelungen, dass von einer unbedingten Verpflichtung ausgegangen werden muss.
Diese Regelung knüpft nicht an die Staatsangehörigkeit oder den Ort der Anwesenheit desjenigen an, von dem Daten erhoben und weiter verarbeitet werden (Arbeitspapier WP 179 der Artikel-29-Datenschutzgruppe, Stellungnahme 8/2010 zum anwendbaren Recht, Seite 11; Arbeitspapier WP 56 der Artikel-29-Datenschutzgruppe über die Frage der internationalen Anwendbarkeit des EU-Datenschutzrechts bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Internet durch Websites außerhalb der EU, Seite 8), sondern stellt in Art. 4 Abs. 1 lit. a auf den Ort der Niederlassung des die Daten erhebenden und weiter verarbeitenden Unternehmens ab. Besteht eine Niederlassung in mehreren Ländern des EWR, ist das nationale Recht anzuwenden, soweit in diesem Land des EWR Daten verarbeitet werden (also jeweils beschränkt auf die konkreten Datenverarbeitungsvorgänge).
Art. 4 Abs. 1 lit. c der EG-Datenschutzrichtlinie schreibt eine Anwendung des nationalen Rechts (insgesamt) vor, wenn die Datenverarbeitung von einem für die Verarbeitung Verantwortlichen ausgeführt wird, der nicht im Gebiet der Gemeinschaft niedergelassen ist und zum Zwecke der Verarbeitung. personbezogener Daten auf automatisierte oder nicht automatisierte Mittel zurückgreift, die im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats belegen sind (es sei denn, dass diese Mittel nur zum Zweck der Durchfuhr durch das Gebiet der Europäischen Gemeinschaft verwendet werden)
bbb)
Die für den hier maßgeblichen Internetauftritt in Deutschland verwendeten Server und Anlagen werden im Ausgangspunkt von der Muttergesellschaft der Beklagten in den USA – also außerhalb des EWA – vorgehalten. Ebenso werden die über den Internetauftritt der Beklagten erhobenen und weitergehend verwendeten Daten in tatsächlicher Hinsicht von dieser Muttergesellschaft
verarbeitet.
Dabei werden etwa auch Cookies auf den Computern der Nutzer in Deutschland verwendet (Ziff. 2 Abs. 7 „Cookie-Informationen“). Der Begriff der verwendeten „Mittel“ im Sinne der EG-Datenschutzrichtlinie wird weit verstanden. Es wird nicht darauf abgestellt, wer Besitzer oder Eigentümer der Mittel ist. Der PC eines Nutzers kann deshalb als ein solches „Mittel“ in Betracht kommen (Arbeitspapier WP 56 der Artikel-29-Datenschutzgruppe 30.5.2002 über die Frage der internationalen Anwendbarkeit des EU-Datenschutzrecht bei der Verarbeitung personenbezogener Daten im Internet durch Websites außerhalb der EU, Seite 12). Mit der Verwendung von Cookies setzt der Verantwortliche auf dem Computer des Nutzers eine Datenverarbeitung in Gang, so dass er im Land des Nutzers „Mittel“ zum Zwecke der Datenverarbeitung nutzt (Arbeitspapier WP 56, am angegebenen Ort; Arbeitspapiere WP 179, am angegebenen Ort, Seite 26).
Die Muttergesellschaft der Beklagten in den USA verwendet daher in Deutschland „Mittel“ zur Datenverarbeitung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 lit. c Datenschutzrichtlinie und sie „erhebt“ und „verarbeitet“ daher auch Daten im Sinne des § 1 Abs. 5 Satz 2 BDSG.
Darüber hinaus hat die Beklagte die Einbindung des Auftragsdatenverarbeiters (..)/USA für Facebook auch in Kiel – über einen dortigen von A beauftragten lnternetprovider – (Anlage K 16, Seite Ziffer 17) nicht – auch nicht nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – in Abrede gestellt. Da die Beklagte nur eine Auftragsdatenverarbeitung über ihre Muttergesellschaft vorträgt (also keine eigene Auftragsdatenverarbeitung über A und deren Subunternehmern), ist insoweit von einer Beauftragung der A durch die Muttergesellschaft in den USA auszugehen. Insoweit sind der Muttergesellschaft/USA auch die von A und deren Subunternehmern in Deutschland verwendeten Datenverarbeitungsanlagen als eigene in Deutschland verwendete „Mittel“ zuzurechnen.
bb)
Das somit – im Ausgangspunkt – anwendbare deutsche Datenschutzrecht wird nicht gemäß § 1 Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1 BDSG durch irisches Datenschutzrecht ausgeschlossen.
aaa)
Nach dieser Vorschrift des deutschen BDSG findet das Gesetz keine Anwendung, sofern eine in einem anderen Mitgliedstaat des EWR belegene verantwortliche Stelle personenbezogene Daten im Inland erhebt, verarbeitet oder nutzt. „Erheben“ ist gemäß § 3 Abs. 3 BDSG das Beschaffen von Daten über den Betroffenen. „Verantwortliche Stelle“ ist jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten für sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch andere im Auftrag vornehmen lässt, § 3 Abs. 7 BDSG.
bbb)
Die EG-Datenschutzrichtlinie regelt die Anwendbarkeit des einzelstaatlichen Rechts positiv. Jeder Mitgliedstaat wendet nach Art. 4 Abs. 1 lit. a sein einzelstaatliches Recht auf alle Verarbeitungen personenbezogener Daten an, die im Rahmen der Tätigkeit einer Niederlassung ausgeführt werden, die der für die Verarbeitung Verantwortliche im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats besitzt. „Verantwortlicher für die Verarbeitung“ ist gemäß Art. 2 lit. d der EG-Datenschutzrichtlinie die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder jede andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidend. Die Datenschutzrichtlinie spricht im Erwägungsgrund 19 auch den Begriff der „Niederlassung“ an. Danach setzt eine Niederlassung die effektive und tatsächliche Ausübung einer Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung voraus. Die Rechtsform einer solchen Niederlassung, die eine Agentur oder eine Zweigstelle sein könne, ist in dieser Hinsicht nicht maßgeblich. Gemäß Art. 2 lit. e der EG-Datenschutzrichtlinie ist „Auftragsbearbeiter“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder jede andere Stelle, die personenbezogene Daten im Auftrag des für die Verarbeitung Verantwortlichen verarbeitet.
ccc)
Dass die Beklagte eine „feste Einrichtung“ ist, steht außer Frage. Es fehlt aber ein hinreichender Vortrag dazu, dass sie die hier maßgebliche Erhebung und weitere Verarbeitung der Daten vornimmt. Insoweit ist § 1 Abs. 5 BDSG richtlinienkonform dahin auszulegen, dass diese Datenverarbeitungsvorgänge von der Beklagten auch „effektiv und tatsächlich“ ausgeübt wird.
Die Beklagte trägt nur vor, sie sei alleinige Vertragspartnerin aller Facebook Nutzer außerhalb Nordamerikas. Sie bestimme die Datenverarbeitung durch die Facebook Inc. in den USA. Sie sei zentrale Ansprechpartnerin für alle Datenschutzbehörden in Europa. Vor diesem Hintergrund sei sie in die Verarbeitung personenbezogener Daten „einbezogen“.
Eine eigene effektive und tatsächliche Datenverarbeitung (mittels eigener Datenverarbeitungsanlagen und eigenem Personal) wird damit nicht dargetan. Es ist insbesondere nicht erkennbar, dass die Beklagte den Internetauftritt für Deutschland mit eigenem Personal programmiert und diese Programme und ihre Änderungen unmittelbar selbst auf Datenverarbeitungsanlagen (eigene oder auch nur solche der Muttergesellschaft in den USA) aufspielt. Letztlich bezieht sie sich insoweit auch nur auf die tatsächliche Datenverarbeitung durch ihre Muttergesellschaft. Weitergehendes hat die Beklagte auch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geltend gemacht.
Eine (gegenüber der Muttergesellschaft) vertragsrechtlich übernommene oder vorbehaltene Verantwortlichkeit für die Datenverarbeitung ist vorliegend allein bedeutsam für die Frage, ob die Beklagte Auftraggeberin einer Auftragsverarbeitung der Daten durch die Muttergesellschaft in den USA ist. Dabei steht es der Beklagten grundsätzlich frei, einen Dritten für eine solche Auftragsverarbeitung einzusetzen, so dass die von dem Dritten unter der Kontrolle der Beklagten tatsächlich vorgenommene Datenverarbeitung der Beklagten datenschutzrechtlich als eigene zuzurechnen wäre.
Maßgeblich ist dabei nach Art. 2 lit. d der EG-Datenschutzrichtlinie nicht die rechtliche Entscheidungsbefugnis, sondern die tatsächliche Entscheidungsmacht (Arbeitspapier WP 169 der Artikel-29-Datenschutzgruppe zur Stellungnahme 1/2010 zu den Begriffen „für die Verarbeitung Verantwortlicher“ und „Auftragsverarbeiter“, Seite 10f). Dies ist bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 1 Abs. 5, § 3 Abs. 3, Abs. 4 BDSG zu beachten. Während der erste Vorschlag der Kommission für die Datenschutzrichtlinie noch auf die Stelle abstellte, „“die zuständig ist, … zu entscheiden“, ist im geänderten Kommissionsvorschlag stattdessen nur von der Stelle die Rede, „die entscheidet“. Dem folgten auch der Gemeinsame Standpunkt des Rates und der angenommene Wortlaut der Datenschutzrichtlinie (Arbeitspapier WP 169, Seite 10). Maßgeblich sind deshalb die faktischen Elemente und Umstände eines Falles (Arbeitspapier WP 169, Seite 11). Es ist deshalb unerheblich, wenn die Rolle des für die Verarbeitung Verantwortlichen einer Stelle übertragen wird, die nicht wirklich in der Lage ist, diese Entscheidungen zu treffen (Arbeitspapier WP 169, Seite 11). Entscheidend ist, bei wem de facto die Verantwortung für die Verarbeitung liegt, selbst wenn sich diese Verarbeitung als unrechtmäßig erweist oder die Datenverarbeitung in unrechtmäßiger Weise durchgeführt wird (Arbeitspapier WP 169, Seite 11). Das Abstellen auf die tatsächliche Entscheidungsmacht korrespondiert auch mit dem Verständnis einer „Niederlassung“ im Sinne der EG-Datenschutzrichtlinie, wenn insoweit ebenfalls „die effektive und tatsächliche Ausübung“ der Datenverarbeitung allein maßgeblich ist. Nur mit einer solchen Auslegung kann wirksam einer Umgehung der Regelungen zum anwendbaren Recht in der EG-Datenschutzrichtlinie begegnet werden.
Unter diesen Umständen mag vorliegend zwar die Beklagte gegenüber ihrer Muttergesellschaft in den USA vertraglich zur Entscheidung über die Datenverarbeitung berechtigt sein. Diese vertragliche Berechtigung wird aber überlagert und verdrängt durch die gesellschaftsrechtliche Befugnis der Muttergesellschaft in den USA. Diese kann Entscheidungsprozesse bei der Beklagten faktisch jederzeit an sich ziehen, sei es durch Anweisungen als Gesellschafterin an die Organe, sei es durch einen Austausch der Organe. Nach dem Vortrag der Parteien ist die Facebook Inc. in den USA uneingeschränkt Muttergesellschaft der Beklagten, also zu 100 %. Dem ist die Beklagte nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung auch nicht entgegengetreten. Ein insoweit wesentliches Abweichen des irischen Gesellschaftsrechts der Incorporated zum deutschen Gesellschaftsrecht der GmbH und der AG ist nicht ersichtlich, zumal die letztendliche Entscheidungsbefugnis der Gesellschafter der inneren Logik privatautonomer Gesellschaften entspricht. Datenschutzrechtlich kommt insoweit eine Datenverarbeitung im Wege der Auftragsverarbeitung durch eine Muttergesellschaft für eine hundertprozentige Tochtergesellschaft nicht in Betracht (ohne nähere Erörterung dieses Problems im Ergebnis anderer Auffassung: OVG Schleswig-Holstein, NJW 2013, 1977, juris Rn. 13ff).
cc)
Unabhängig davon ist deutsches Datenschutzrecht vorliegend auch vertragsrechtlich aufgrund einer Rechtswahl der Vertragsparteien (Beklagte und Nutzer) maßgeblich.
aaa)
Zutreffend verweist das Landgericht darauf, dass die Vertragsparteien in Ziff. 16 Abs. 3 Nr. 2 der „Erklärung der Rechte und Pflichten“ (Anlage K7; nachfolgend „Nutzungsbedingungen“) eine ausdrückliche Wahl des deutschen Rechts getroffen haben.
Diese umfasst auch das deutsche Datenschutzrecht. In Ziff. 1 der Nutzungsbedingungen werden die Datenschutzrichtlinien der Beklagten angesprochen und der Nutzer wird aufgefordert, diese zu lesen und sie zu verwenden, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Ziff. 1 Abs. 5 (Geltungsbereich) der Facebook-Datenschutzrichtlinien (Anlage K8) verweist zwar eigenständig darauf, durch die Nutzung von oder den Zugang zu Facebook erkläre sich der Nutzer mit den hier dargelegten Datenschutzverfahren der Beklagten einverstanden. Damit wird aber nur die entsprechende Regelung zur Erklärung des Einverständnisses in den Nutzungsbedingungen (dort sogar vorangestellt vor Ziff. 1) wiederholt. Die Nutzungsbedingungen nehmen ausdrücklich auf die Datenschutzrichtlinien der Beklagten Bezug und diese werden damit – obgleich gesondert formuliert – zum Bestandteil der Nutzungsbedingungen. Bestärkt wird dies durch die Regelung in Ziff. 18 Nr. 1 der Nutzungsbedingungen, die ausdrücklich klarstellt, diese Erklärung stelle die gesamte Vereinbarung zwischen den Parteien in Bezug auf Facebook dar.
bbb)
Die Rechtswahl scheitert nicht daran, dass öffentliches Recht nicht vertraglich vereinbart werden könne.
Das BDSG enthält unter anderem Rechte des Betroffenen gegen das datenverarbeitende Unternehmen auf Auskunft und auf Berichtigung, Löschung und Sperrung (§ 6 Abs. 1, §§ 19, 20, 34, 35) sowie einen Schadensersatzanspruch des Betroffenen gegen das Unternehmen (§ 7). Diese Ansprüche nehmen auf die allgemeine Ausgestaltung der Zulässigkeit einer Datenverarbeitung im BDSG Bezug, insbesondere auch auf §§ 4, 28. Insoweit enthält das BDSG auch Privatrecht (dies übersieht das OVG Schleswig-Holstein, CR 2013, 254, juris Rn. 12, dass aber auch nur mit einer öffentlich-rechtlichen Eingriffsbefugnis befasst war).
Ob sich die Beklagte einem (etwa sogar strengeren) irischen Datenschutzrecht durch die Vereinbarung des Datenschutzrechtes eines anderen Mitgliedsstaats der EG entziehen könnte, kann hier dahingestellt bleiben. Die Wahl des deutschen Rechts führt dazu, dass das deutsche Datenschutzrecht jedenfalls in seinem privatrechtlichen Teil zur Anwendung kommt, auch soweit es strenger sein sollte als das irische Datenschutzrecht (soweit irisches Datenschutzrecht denn überhaupt – im Gegensatz zu vorstehenden Erörterungen – im gesetzlichen Ausgangspunkt deutsches Datenschutzrecht ausschließen würde). Dies macht vorliegend auch Sinn. Denn in Ziff. 1 der Nutzungsbedingungen stellt die Beklagte ausdrücklich klar, wie wichtig ihr die Privatsphäre des Nutzers und der Schutz seiner Daten sind. Mit der Vereinbarung auch des deutschen Datenschutzrechts nimmt sie den Nutzern in Deutschland einen Teil der Sorgen, indem sie die in Deutschland insoweit geltenden und diesen Nutzern vertrauten Maßstäbe auch für sich zu Grunde legt.
b)
Die der Beklagten zurechenbare Datenerhebung nach Betätigung des Buttons „Freunde finden“ verstößt gegen § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG.
Danach ist die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke der Werbung zulässig, soweit der Betroffene eingewilligt hat.
aa)
Gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG ist die Einwilligung nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Dabei ist er auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung hinzuweisen, § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG.
Diese Anforderungen des BDSG haben eine hinreichende Grundlage in der EG-Datenschutzrichtlinie. Art. 7 lit. erfordert (im vorliegenden Zusammenhang), dass die betroffene Person ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung in die Datenverarbeitung gegeben hat. Die „Einwilligung der betroffenen Person“ ist gemäß Art. 2 lit. h EG-Datenschutzrichtlinie jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt und mit der die betroffene Person akzeptiert, dass personenbezogene Daten, die sie betreffen, verarbeitet werden. Die betroffenen Personen sind vom Daten verarbeitenden Unternehmen unter anderen über die Zweckbestimmungen der Verarbeitung, für die die Daten bestimmt sind, zu informieren, Art. 10 lit. b EG-Datenschutzrichtlinie.
bb)
Im vorliegenden Fall wird der Nutzer aber – wie erörtert – nicht darüber unterrichtet (sondern insoweit sogar irregeführt), dass die vom Nutzer zur Verfügung gestellten Adressen seines E-Mail-Kontos auch für eine Werbung der Beklagten bei außerhalb des Netzwerkes Facebook stehenden Dritten verwendet werden. Insoweit fehlt es an einer freien Entscheidung des Nutzers und somit auch an einer wirksamen Einwilligung in diese Datenverarbeitung.
c)
§ 28 Abs. 3 Satz 1, § 4a Abs. 1 BDSG sind Marktverhaitensvorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG (vergleiche OLG Karlsruhe, NJW 2012, 3312, juris Rn. 32ff; OLG Stuttgart, GRUR-RR 2007, 330, juris Rn. 27; OLG Köln, CR 2011, 680, juris Rn. 13; Köhler, am angegebenen Ort, § 4 Rn. 11.42; a. A. OLG München, GRUR-RR 2012, 395, juris Rn. 26ff; KG, 2. ZS/Kartellsenat, Beschluss vom 5. Oktober 2007, 2 W 1/07 Kart, Umdruck Seite 5; OLG Frankfurt, GRUR 2005, 785, juris Rn. 29).
aa)
Marktverhaltensvorschriften sind solche, die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, § 4 Nr. 11 UWG.
Die Vorschrift muss – zumindest auch – den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer bezwecken. Wie sich aus dem Wort „auch“ ergibt, muss dieser Zweck nicht der einzige und nicht einmal der primäre sein (Köhler, am angegebenen Ort, § 4 Rn. 11.33). Es genügt, dass die Vorschrift auch das Interesse der Marktteilnehmer schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Es reicht dagegen nicht aus, dass sich die Vorschrift lediglich reflexartig zu Gunsten der Marktteilnehmer auswirkt (Köhler, am angegebenen Ort, § 4 Rn. 11.35a).
Liegt eine Marktverhaltensregelung vor, stellt sie zugleich eine Berufsausübungsregelung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG dar (Köhler, am angegebenen Ort, § 4 Rn. 11.33). Insofern stellt ihre Verletzung regelmäßig ebenso einen Verstoß gegen die für den Unternehmer geltende fachliche Sorgfalt dar, § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG (vergleiche auch BGH, GRUR 2012, 949, TZ. 46 – Missbräuchliche Vertragsstrafe, betreffend die Verwendung unwirksamer AGB), Eine Marktverhaltensregelung, die Verbraucher schützen soll, setzt deshalb regelmäßig voraus, dass. sie einer Beeinträchtigung der Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, entgegenwirken will. Der Verbraucher soll nicht zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst werden, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
bb)
Es ist im Ausgangspunkt zwar zutreffend, dass das BDSG wie auch die EG-Datenschutzrichtlinie den einzelnen Bürger in seinem Persönlichkeitsrecht schützen will. Dieser Zweck geht über einen Verbraucherschutz hinaus. Allein daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass ein solcher Verbraucherschutz nicht auch beabsichtigt ist. Denn das BDSG wie auch die EG-Datenschutzrichtlinie reglementieren nicht nur eine Datenverarbeitung im persönlichen, nicht geschäftlichen Lebensbereich der Bürger, sondern auch in ihrer wirtschaftlichen Betätigung als Verbraucher. Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist ebenso der Schutz des Verbrauchers im Zusammenhang mit einer Datenverarbeitung durch Unternehmen.
§ 28 Abs. 3 BDSG regelt ausdrücklich die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke der Werbung und nimmt insoweit zugleich auf die allgemeine Regelung der „Einwilligung“ in § 4a Abs. 1 BDSG Bezug-.
Gemäß Erwägungsgrund 18 der EG-Datenschutzrichtlinie müssen – um zu vermeiden, dass eine Person der gemäß dieser Richtlinie gewährte Schutz vorenthalten wird – „auf jede“ in der Gemeinschaft erfolgte Verarbeitung personenbezogener Daten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats angewandt werden. In Erwägungsgrund 9 und in Art. 1 Abs. 1 wird „der Schutz der Rechte und Freiheiten natürlicher Personen“ angesprochen, und zwar mit dem Zusatz „insbesondere das Recht auf die Privatsphäre“. Erwägungsgrund 33 erwähnt das Erfordernis einer ausdrücklichen Einwilligung der betroffenen Person zum Schutze der „Grundfreiheiten“ oder der „Privatsphäre“. Schon dies macht deutlich, dass die Datenschutzrichtlinie nicht nur den Bürger in seiner Privatsphäre schützen will (wenn auch insoweit „insbesondere“), sondern darüber hinausgehend in jeder Beziehung, also auch bei einer Erhebung und weiteren Verarbeitung von Daten im wirtschaftlichen Interesse des Unternehmens bei einem Verbraucher. Erwägungsgrund 71 unterstreicht dies. Danach soll die Richtlinie den gesetzlichen Regelungen eines Mitgliedstaats im Bereich der geschäftlichen Werbung gegenüber in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Verbrauchern nicht entgegenstehen, sofern sich diese gesetzlichen Regelungen nicht auf den Schutz der Person bei der Verarbeitung personenbezogener Daten beziehen. Daraus wird deutlich, dass auch die Datenverarbeitung im Zusammenhang mit der geschäftlichen Werbung von der Datenschutzrichtlinie spezifisch erfasst werden soll. Art. 2 lit.a erwähnt bei der Definition der „personenbezogenen Daten“ ebenso eine Bestimmbarkeit der Person durch Zuordnung zu spezifischen Elementen, die Ausdruck (unter anderem) ihrer „wirtschaftlichen Identität“ sind.
cc)
Erhebt ein Unternehmer im geschäftlichen Zusammenhang von einem Verbraucher Daten und erfolgt eine weitere Verarbeitung dieser Daten, insbesondere für Zwecke der Werbung, liegt in der Mitteilung der Daten durch den Verbraucher an den Unternehmer regelmäßig eine „geschäftliche Entscheidung“ im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG.
Deutlich wird dies etwa bei einer Werbung auf vom Verbraucher besuchten lnternetplattformen, wenn die dort aufleuchtende Werbung aufgrund der vom Verbraucher erhobenen Daten individuell auf diese Verbraucher zugeschnitten werden kann. Dies mag im Grundsatz auch im Interesse des Verbrauchers liegen. Zwangsläufig ist dies aber nicht. Denn es muss in der freien Entscheidung des Verbrauchers liegen, inwieweit er sich einer Verführung durch Werbung – insbesondere einer individuell zielgerichteten – aussetzen will. Weiß der Verbraucher etwa um eine individuelle Neigung, einer Werbung für bestimmte Produkte vorschnell und wenig überlegt nachzugeben, muss es ihm möglich sein, sich vor einer solchen Werbung zu schützen. Werden bei einem Verbraucher individuell Daten zu seinem Kaufverhalten und sonstigem geschäftlichen Verhalten (auch für Zwecke einer individuell-zielgerichteten Werbung) erhoben, muss der Verbraucher für diese Datenerhebung und weitere Datenverarbeitung sein Einverständnis gegeben haben. Dies ist auch Ausdruck eines notwendigen Verbraucherschutzes. Das insoweit erforderliche Einverständnis des Verbrauchers ist dann zugleich eine „geschäftliche Handlung“ im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG.
Der verbraucherschützende Charakter der privatrechtlichen Datenschutzbestimmungen wird ebenso erkennbar, wenn von den Verbrauchern erhobene Daten – nicht fern liegend nach einem rasterartigen Muster – von den Unternehmen dazu verwendet werden, um zu entscheiden, ob und zu welchen individuellen Bedingungen dem Verbraucher ein Angebot gemacht werden soll. Die Datenerhebung und weitere Datenverarbeitung des Unternehmens ist Teil seiner geschäftlichen Handlungen. Auch der Verbraucher trifft insoweit geschäftliche Entscheidungen. Insbesondere wenn dem Verbraucher aufgrund einer solchen Datenverarbeitung der Zugang zu bestimmten Produkten verwehrt wird, könnte er sich hiergegen – jedenfalls in einem gewissen Umfang – mit den datenschutzrechtlichen Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsansprüchen usw. wehren oder sich sogar – soweit möglich – bereits von Anfang an einer Datenerhebung und weiteren Datenverarbeitung widersetzen.
Auch die hier in Rede stehende Datenerhebung und weitere Datenverarbeitung zur Übersendung von (mangels hinreichender Einwilligung der Nutzer) Werbe-E-Mails an außerhalb von Facebook stehende Freunde und Bekannte betrifft eine geschäftliche Handlung der Beklagten und eine darin eingebundene geschäftliche Entscheidung der sich registrierenden Nutzer, die – wie erörtert – als Mittel zum Werbezweck der Beklagten missbraucht werden.
dd)
Die hohe Effizienz einer individuell auf den jeweiligen Verbraucher zugeschnittenen Werbung zeigt die besondere Bedeutung der diesen Bereich regelnden Vorschriften für die gewerbliche Wirtschaft. Insoweit ist es für alle Gewerbetreibenden ein dringendes Gebot, in diesem Bereich gleichen Wettbewerbsbedingungen ausgesetzt zu sein. Die hier maßgeblichen Vorschriften des Datenschutzes sollen daher auch im Interesse der Mitbewerber das Marktverhalten zueinander (insbesondere bei der Werbung) regeln.
d)
Der vorliegende Verstoß gegen § 28 Abs. 3 Satz 1, § 4a Abs. 1 BDSG als Marktverhaltensregelungen führt zu einer spürbaren Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher, § 3 Abs. 2 Satz 1 UWG.
Eine hinreichende Einwilligung ist das zentrale Element im Datenschutz des Verbrauchers gegenüber den Unternehmen. Im vorliegenden Zusammenhang der Datenerhebung und weiteren Datenverarbeitung soll dem Verbraucher eine Werbung der Beklagten als eigene persönliche Erklärung untergeschoben werden.
e)
Die vorstehend angesprochenen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche der Klägerin sind nicht verjährt, § 11 Abs. 2 UWG.
Es kann auf die Ausführungen oben 1 3 Bezug genommen werden. Darüber hinaus stellt der Internetauftrift der Beklagten zur Datenerhebung (nach Betätigung des Buttons „Freunde finden“) eine Dauerhandlung dar, die jedenfalls bis zum 2.11.2010 anhielt.
IV.
Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht dem Kläger einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte hinsichtlich der Bestimmungen in Ziff. 2.1 (nicht wie LGU Tenor „1.1“) und Ziff. 16.3.1 der Nutzungsbedingungen der Beklagten zur Einräumung einer Lizenz durch die Nutzer zuerkannt (Antrag I B 1.1, LGU Tenor II 1.1), § 1 UKIaG.
1.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann die Unwirksamkeit dieser Klausel allerdings nicht mit einem Verstoß gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 31 Abs. 5 UrhG begründet werden.
Eine Anwendung des Schutzgedankens des § 31 Abs. 5 UrhG kommt als Maßstab einer Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach seinem Wortlaut, seiner systematischen Stellung und seinem Zweck als Auslegungsregel nicht in Betracht (BGH, GRUR 2012, 1031, TZ. 16ff mit weiteren Nachweisen – Honorarbedingungen Freie Journalisten).
2.
Die Unwirksamkeit der Lizenzklausel folgt hier zum einen aus ihrer generellen Unentgeltlichkeit, § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 11 Satz 2 UrhG.
a)
Vorliegend geht es nicht um einen urheberrechtlichen Vertrag im eigentlichen Sinne, in dem eine Lizenzerteilung und eine Gegenleistung als Hauptleistungen geregelt werden und in dem Vergütungsregelungen grundsätzlich von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB ausgenommen sind (vergleiche BGH, am angegebenen Ort, Honorarbedingungen Freier Journalisten, TZ. 28). Die Lizenzerteilung durch die Nutzer an die Beklagte ist hier nur eine Nebenregelung zur weiteren Ausgestaltung des sozialen Netzwerkes der Beklagten.
b)
Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine zur Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung (das Vorliegen einer solchen ist zwischen den Parteien – angesichts der Verwendung als vorformulierte, mit der Nutzer nicht ausgehandelte Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen, § 305 Abs. 1 BGB – nicht im Streit) führende unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Eine solche Klausel ist nur dann zulässig, wenn für sie ein sachlich rechtfertigender Grund gegeben ist und den berechtigten Interessen des Kunden hinreichend Rechnung getragen wird, insbesondere keine überwiegenden Belange des Kunden entgegenstehen (BGH, NJW 2010, 1449, juris Rn. 12 m.w.N.).
aa)
Gemäß § 11 Satz 2 UrhG dient das Urheberrecht der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes. Diese Vorschrift soll nach dem Willen des Gesetzgebers Leitbildcharakter haben und es der Rechtsprechung ermöglichen, die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes auch im Rahmen der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff BGB nach diesem Normzweck auszulegen (BGH, am angegebenen Ort, Honorarbedingungen Freie Journalisten, TZ. 29). § 11 Satz 2 UrhG begründet daher das Prinzip einer angemessenen Vergütung des
Urhebers.
bb)
Die vorliegende Lizenzklausel gibt der Beklagten generell eine unentgeltliche Befugnis, alle vom Nutzer eingestellten urheberrechtlich geschützten Werke (insbesondere Fotos und Videos) weltweit zu verwenden.
Der Verwendungszweck wird in Ziff. 2.1 der Nutzungsbedingungen nicht näher eingeschränkt. Auch Ziff. 16.3.1 der Nutzungsbedingungen verweist nur darauf, die Nutzung der Lizenz durch die Beklagte sei „auf die Verwendung auf oder in Verbindung mit Facebook beschränkt“. Insoweit räumt der Nutzer der Beklagten jedenfalls die Befugnis ein, die urheberrechtlich geschützten Werke für eigene Bewerbungen ihrer Dienstleistung (eines sozialen Netzwerkes) zu verwenden. In Ziff. 10.2 der Nutzungsbedingungen wird nur darauf hingewiesen, dass die Inhalte und Informationen des Nutzers nicht ohne seine Zustimmung an andere Werbetreibende „weitergegeben“ werden. Eine kommerzielle Nutzung durch die Beklagte selbst ist kein notwendiger Bestandteil der Nutzung Ihres Netzwerkes. Eine in jedem Fall unentgeltliche Befugnis zu einer solchen kommerziellen Nutzung durch die Beklagte ist mit dem Leitbild einer angemessenen Vergütung des Urhebers nicht zu vereinbaren.
Darüber hinaus und unabhängig hiervon lassen die Nutzungsbedingungen – in der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (BGH, NJW 2003, 1137, 1238; Köhler, am angegebenen Ort, § 1 UKlaG Rn. 4 mit weiteren Nachweisen) – auch den Schluss zu, dass die Beklagte anderen Unternehmen für deren kommerzielle Nutzung der für den Nutzer urheberrechtlich geschützten Werke eine (gegebenenfalls auch entgeltliche) Unterlizenz erteilen kann, ohne dass der Nutzer ein Vergütungsanspruch geltend machen kann oder er am Ertrag beteiligt wird. Die Lizenz ist ausdrücklich als übertragbar und unterlizenzierbar ausgestaltet. Ziff. 10.2 bezieht sich nur auf eine Weitergabe von Inhalten und Informationen an „Werbetreibende“, ist also auf Werbezwecke beschränkt. Sie erfasst nicht weitergehende Nutzungen. Auch Ziff. 6 (Weitergabe von Informationen durch uns) der Datenschutzrichtlinien der Beklagten erwähnt nur die Weitergabe der „Informationen“ des Nutzers an Dritte, nicht aber die Weitergabe von „Inhalten“. Vom Nutzer eingestellte urheberrechtliche Werke sind regelmäßig keine „Informationen“ gemäß Ziff. 17.4 der Nutzungsbedingungen, sondern davon zu unterscheidende „Inhalte“ gemäß Ziff. 17.5 der Nutzungsbedingungen. Die Einschränkungen aus Ziff. 16.3.1 beziehen sich zum einen nur auf „unsere Nutzung“, also die der Beklagten. Unklar bleibt, ob damit auch eine Unterlizenzierung an Dritte und eine daran anschließende eigene Nutzung durch Dritte erfasst wird. Zudem ist die Einschränkung der Nutzung „auf die Verwendung auf oder in Verbindung mit Facebook“ inhaltlich unklar, weil eine irgendwie geartete „Verbindung mit Facebook“ ausreichen und vom Nutzer nicht hinreichend überblickt werden kann.
Im Übrigen ist nicht einmal sicher auszuschließen, dass die Beklagte auch eine Befugnis erhält, urheberrechtlich geschützte Inhalte ihrer Nutzer im Lizenzwege an Dritte für deren Werbezwecke (gegebenenfalls gegen Entgelt) weiterzugeben, ohne dass der Nutzer am Ertrag beteiligt wird. Zwar stellt Ziff. 10.2 der Nutzungsbedingungen insoweit allgemein ein Zustimmungserfordernis des Nutzers auf. Aus der Regelung zur Lizenzerteilung kann insoweit aber bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung auf eine damit bereits erteilte Zustimmung der Nutzer geschlossen werden. Wann und wie die Zustimmung gemäß Ziff. 10.2 der Nutzungsbedingungen erteilt werden soll, wird gerade nicht festgelegt. Der Zustimmungsvorbehalt aus Ziff. 10.2 ist zudem nach der Überschrift der Ziff. 10 auf „Werbung auf Facebook“ beschränkt. Er erfasst damit nach seinem Wortlaut nicht die Werbung Dritter außerhalb von Facebook.
3.
Die Unwirksamkeit der Lizenzklausel folgt vorliegend auch aus § 307 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 BGB.
a)
Der Verwender ist gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in Allgemeinen Geschäftsbedingungen klar, einfach und präzise darzustellen. Dieses Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BGH, am angegebenen Ort, Honorarbedingungen Freier Journalisten, TZ. 34 mit weiteren Nachweisen).
b)
Die Lizenzklausel ist nicht klar und verständlich.
Dies folgt schon daraus, dass der Zweck der Lizenzerteilung nicht konkret geregelt ist. Schon die vorstehenden Erörterungen haben gezeigt, dass allenfalls aus dem Gesamtgefüge der Nutzungsbedingungen und der Datenschutzrichtlinien der Beklagten Anhaltspunkte für Einschränkungen folgen können, und dies noch nicht einmal hinreichend sicher erkennbar.
Die Wendung „auf oder in Verbindung mit Facebook“ aus Ziff. 16.1 der Nutzungsbedingungen hat – wie erörtert – keinen hinreichend konkretisierenden Inhalt hinsichtlich der eingeräumten Nutzungsbefugnis. Dritte Unternehmen könnten danach als Lizenznehmer die Inhalte uneingeschränkt jedenfalls „auf“ Facebook verwenden. In kundenfeindlichster Auslegung stünde zudem jede Verwendung und Weitergabe von Inhalten des sozialen Netzwerkes durch die Beklagte auch in Verbindung mit diesem Netzwerk. Denn eine „Verbindung mit Facebook“ folgt schon aus der Stellung der Beklagten als Betreiberin des sozialen Netzwerkes und aus dem Umstand, dass es sich um Inhalte dieses Netzwerkes handelt. Der Begriff „in Verbindung mit Facebook“ ist völlig konturenlos. Auch die Definition in Ziff. 17.8 der Nutzungsbedingungen zum „Verwenden“ bezieht sich schon sprachlich nicht auf den in Ziff. 2.1 gebrauchten Begriff der „Nutzung“ und er ist mit seiner einschränkungslosen Aufzählung („Verwenden, Kopieren usw.“) auch völlig untauglich, die Konturen des Zwecks der Lizenzeinräumung näher zu bestimmen.
Selbst die Beklagte verweist hinsichtlich der eingeräumten Nutzungsbefugnisse schlicht auf Ziff. 17.8 der Nutzungsbedingungen und die dort enthaltene Definition zum „Verwenden“. Diese Definition spricht nur allgemein urheberrechtliche Befugnisse an („Verwenden, Kopieren, öffentliche Vorführungen oder Anzeigen, Verbreiten, Modifizieren, Ersetzen und Erstellen von abgeleiteten Versionen“), so dass danach ebenso eine Unterlizenzierung zu Werbezwecken und allen sonstigen kommerziellen Zwecken zulässig wäre.
4.
Eine Verjährung hat das Landgericht zutreffend verneint (LGU Seite 20). Hierauf wird Bezug genommen.
V.
Die Klausel „Über Werbung auf Facebook“ in Ziff. 10.1 der Nutzungsbedingungen (Klageantrag 1 B 1.2, LGU Tenor II 1.2) ist ebenfalls unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
1.
Dies folgt zum einen aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Nutzer kann der Klausel hinsichtlich der nicht näher erklärten Befugnis zur Einschränkung der Privatsphäre-Einstellungen nicht entnehmen, in welchen Zusammenhang sein Name und sein Profilbild bei einer Werbung gestellt werden darf.
Die Verwendung des Namens und des Profilbildes „in Verbindung mit kommerziellen oder gesponserten Inhalten“ ist ebenfalls völlig konturenlos. Es ist nicht erkennbar, ob die „Verbindung“ nur bedeutet, dass Werbung Dritter bei den diesbezüglichen Angaben des Nutzers erfolgen darf (also etwa auf den Seiten des Nutzers bei Facebook). Es kommt auch die Ausdeutung in Betracht, der Name und das Profilbild des Nutzers könnten auf anderen Seiten des sozialen Netzwerks bei der Werbung erscheinen.
Unklar bleibt desweiteren, warum die Beklagte in dieser Klausel zum einen von „Werbung“ und „Werbeanzeigen“ spricht, in der Klausel zur Gestattung der Verwendung in Ziff. 10.1 hingegen von „kommerziellen oder gesponserten Inhalten“. Letztlich könnte dies in einer kundenfeindlichen Auslegung auch dahin verstanden werden, dass sich die Beklagte ein Einverständnis der Nutzer zu einer Schleichwerbung geben lässt. Dies kann der Durchschnittsverbraucher aber nicht einmal ansatzweise erkennen und dies wäre auch unredlich.
Mehrdeutig ist ebenso die auf kommerzielle und gesponserte Inhalte bezogene Wendung „die von uns zur Verfügung gestellt werden“. Der Wortlaut legt nahe, dies seien nur Werbungen der Beklagten selbst. Die vorgenannte Wendung stellt auf ein Zur-Verfügung-Stellen im Interesse der Beklagten ab. In einer kundenfeindlichen Auslegung kommt aber auch in Betracht, dass die Beklagte den Werbetreibenden Werbeplätze auf ihrem sozialen Netzwerk zur Verfügung stellt und dies mit der Wendung zum Ausdruck gebracht werden soll.
2.
Angesichts der vorgenannten Unklarheiten zum Zweck (und damit zum Umfang) der Einwilligung folgt die Unwirksamkeit der Werbeklausel auch aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 28 Abs. 3 Satz 1, § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG.
a)
Allgemeine Geschäftsbedingungen können wegen eines Verstoßes gegen das Erfordernis einer wirksamen Einwilligung in § 4 Abs. 1, § 4a Abs. 1 BDSG – als Maßstab einer Abweichung oder Ergänzung im Sinne des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB – nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein und einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UKIaG begründen (BGH, GRUR 2008, 1941, TZ. 17f „Payback“; WRP 2010, 278, TZ. 16 „Kundenbindung- und Rabattsystem“). § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG ist gegenüber § 4 Abs. 1 BDSG bei einer Datenverarbeitung für Zwecke der Werbung nur eine speziellere Vorschrift.
b)
§ 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG erfordert eine Einwilligung des Betroffenen. § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG konkretisiert die Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung und verlangt, dass der Betroffene auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung hinzuweisen ist. Damit werden Art. 2 lit. h (vergleiche BGH, am angegebenen Ort, Payback, TZ. 21), und Art. 10 lit. b der EG-Datenschutzrichtlinie umgesetzt. Die EG-Datenschutzrichtlinie erfordert in Art. 2 lit. h eine Willensbekundung des Betroffenen, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt. Gemäß Art. 10 lit. b muss der Betroffene über die Zweckbestimmungen der Datenverarbeitung informiert werden.
c)
Die danach erforderliche Zweckbestimmung der Datenverarbeitung für den konkreten Fall ist nicht gegeben, wenn vorliegend die diesbezügliche Klausel mehrfach und in einem erheblichen Umfang unklar gefasst ist. Das Erfordernis eines Einverständnisses des Betroffenen ist – wie erörtert – ein zentraler Grundgedanke des Datenschutzrechts.
Vl.
Die Änderungsklauseln in Ziff. 13.1, Ziff. 13.2 und Ziff. 16.3. 4 der Nutzungsbedingungen (Klageantrag 1 B 1.3, LGU Tenor 11 1.3) sind wegen des Umfangs der vorbehaltenen Änderungskompetenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
1.
Nach diesen Regelungen sollen die von der Beklagten beabsichtigten Anpassungen ihrer Nutzungsbedingungen nicht aufgrund eines einseitigen Bestimmungsrechts des Verwenders eintreten, sondern aufgrund eines – gegebenenfalls fingierten – Konsenses beider Vertragsparteien.
a)
Bei einem einseitigen Bestimmungsrechts des Verwenders muss sich die Reichweite der Anpassungsbefugnis des Verwenders aus Transparenzgründen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) aus der Klausel selbst ergeben (BGH, WRP 2008, 1112, TZ. 12 „Allgemeine Geschäftsbedingungen eines Internet-Service-Providers“). Dieses Erfordernis kann nicht ohne weiteres auf Anpassungen im Wege des Konsenses übertragen werden (BGH, am angegebenen Ort, TZ. 28). Aus diesem Grunde ist auch § 308 Nr. 4 BGB, der einseitige Änderungsbefugnisse des Verwenders regelt, nicht unmittelbar anwendbar (BGH, am angegebenen Ort, TZ. 28). Die Regelung in Ziff. 16.3.4 der Nutzungsbedingungen für den Eintritt der Zustimmungsfiktion genügt zudem den Anforderungen des § 308 Nr. 5 BGB (vergleiche BGH, am angegebenen Ort, TZ. 28).
b)
Die Einhaltung von § 308 Nr. 5 BGB schließt aber die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB nicht aus. Vielmehr müssen die vom Verwender beanspruchten Wirkungen der fingierten Erklärung den Kriterien dieser Bestimmungen standhalten (BGH, am angegebenen Ort, TZ. 30).
2.
Ziff. 13.1 und Ziff. 13.2 der Nutzungsbedingungen benachteiligen auch unter Berücksichtigung, dass keine einseitige Anpassungsbefugnis der Beklagten besteht, sondern Änderungen des Vertragsverhältnisses nur im Wege eines – gegebenenfalls fingierten – Konsenses zu Stande kommen sollen, die Nutzer der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vergleiche BGH, am angegebenen Ort, TZ. 31).
a)
Nach der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung der Klauseln sind Anpassungen nicht nur von einzelnen Details der vertraglichen Beziehungen der Parteien mittels der fingierten Zustimmung zulässig. Vielmehr soll jedwede Änderung der Erklärung der Rechte und Pflichten möglich sein. Dies betrifft etwa auch die bisherige Unentgeltlichkeit der Nutzung des sozialen Netzwerks der Beklagten. In ihrem Internetauftrift erklärt die Beklagte im Zusammenhang mit der Registrierung des Nutzers ausdrücklich, Facebook sei kostenlos und werde es auch immer bleiben. Insoweit enthalten die Nutzungsbedingungen konsequent (noch) keine Regelung über eine Kostentragung der Nutzer oder ein von diesen zu zahlendes Entgelt. In Ziff. 18.1 der Nutzungsbedingungen wird klargestellt, dass diese Erklärung die gesamte Vereinbarung `zwischen den Parteien in Bezug auf Facebook darstellt. Im Hinblick auf die völlig einschränkungslose Änderungsbefugnis der Beklagten behält sich die Beklagte damit nach der kundenfeindlichsten Auslegung vor, auch Regelungen etwa über eine Kostenbeteiligung der Nutzer oder eine Entgeltlichkeit in ihre Nutzungsbedingungen aufzunehmen.
b)
Hieraus ergibt sich, dass im Wege der Zustimmungsfiktion sogar Änderungen von Essentialla des Vertrages, insbesondere aller von den Nutzern geschuldeter Leistungen (unter Einschluss von Hauptleistungen) möglich sind, ohne dass eine Einschränkung besteht. Der Verwender erhält damit eine Handhabe, das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten, insbesondere das Äquivalenzverhäitnis von Leistungen und Gegenleistungen erheblich zu seinen Gunsten zu verschieben und damit die Position seines Vertragspartners zu entwerten (vergleiche BGH, am angegebenen Ort, TZ. 31).
Für solche weit reichenden, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffenden Änderungen ist ein den Erfordernissen der §§ 145 ff BGB genügender Änderungsvertrag notwendig (BGH, am angegebenen Ort, TZ. 32). Eine Zustimmungsfiktion reicht hierfür unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Kunden des Verwenders nicht aus. Erfahrungsgemäß setzt sich der größte Teil von Verbrauchern nicht mit Vertragsanpassungen auseinander, die ihnen in der in der Klausel vorgesehenen Weise angesonnen werden. Sie werden deshalb regelmäßig in der Annahme, die Änderung werde „schon ihre Ordnung haben“ schweigen. Eine solche Klausel läuft deshalb in der Praxis weit gehend auf eine einseitige, inhaltlich nicht eingegrenzte Änderungsbefugnis des Verwenders hinaus. Eine solche Rechtsmacht wird für weniger gewichtige Anpassungen hinzunehmen sein, nicht jedoch für die nach dem Wortlaut der Klausel mögliche weit gehende Veränderung des Vertragsgefüges (BGH, am angegebenen Ort, TZ. 32).
Deshalb ist auch vorliegend jedenfalls für die Einführung einer Kostenbeteiligung oder eine Entgeltlichkeit ein den Erfordernissen der §§ 145 ff BGB genügender Änderungsvertrag notwendig.
Ob die Änderungsmöglichkeit, soweit sie sich auf die Nutzungsbedingungen außerhalb der Hauptleistungspflichten bezieht, bei isolierter Betrachtung wirksam wäre, braucht nicht entschieden zu werden (zurückhaltend hinsichtlich einer Unwirksamkeit insoweit BGH, am angegebenen Ort, TZ. 33, unter Hinweis auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken, gegen die bislang keine Bedenken erhoben worden seien).
VI.
Die Beendigungsklausel in Ziff. 14 der Nutzungsbedingungen (Klageantrag 1 B 1.4; LGU Tenor 11 1.4) ist gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unangemessen und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
1.
Zutreffend verweist das Landgericht darauf (LGU Seite 21), dass die Beendigungsklausel ein außerordentliches Kündigungsrecht der Beklagten ohne Abmahnung und wichtigen Grund vorsieht, was dem Kern des § 314 BGB zuwider läuft. Nicht jeder Verstoß gegen den Inhalt oder den Geist der Nutzungsbedingungen und nicht jedes anderweitig erzeugte mögliche rechtliche Risiko begründet zwangsläufig einen wichtigen Grund. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten für eine derart weit gehende Beendigungsmöglichkeit ist nicht dargetan, auch wenn die Dienstleistung der Beklagten kostenlos ist. Dies folgt nicht zuletzt aus den häufig mühevoll vom Nutzer aufgebauten Kontakten auf Facebook und der Marktmacht der Beklagten aus der großen Verbreitung ihrer sozialen Netzwerkes.
2.
Die Wiederholungsgefahr ist nicht durch die Unterwerfungserklärung der Muttergesellschaft der Beklagten vom 23.92009 (Anlage B 18) entfallen.
Die Unterwerfungserklärung der Muttergesellschaft bezieht sich nicht auf einen kerngleichen Verstoß, wenn die dortige Beendigungsklausel noch den Zusatz enthielt „Im Allgemeinen werden wir versuchen dich zu benachrichtigen, sind jedoch nicht dazu verpflichtet“. Damit hätte schon eine Beendigung der Vertragsbeziehungen ohne eine Kündigungserklärung erfolgen können. In der hier streitgegenständlichen Beendigungserklärung soll hingegen immerhin eine Kündigungserklärung erfolgen („Wir werden dich per E-Mail oder wenn du dich das nächste mal für dein Konto anmeldest darüber informieren“).
Der Kläger hat auf diesen Unterschied hingewiesen. Die Beklagte hat daraufhin nicht geltend gemacht, die Unterwerfungserklärung der Muttergesellschaft habe auch die Beanstandung des ersten Satzes der Beendigungsklausel unter dem Gesichtspunkt des § 314 BGB zum Gegenstand gehabt. Die der Unterwerfungserklärung der Muttergesellschaft zu Grunde liegende Abmahnung des Klägers vom 17.7.2009 ist nicht vorgelegt worden. Auch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte hierzu nichts Weitergehendes geltend gemacht.
Insoweit kommt es auf die Personverschiedenheit (MuttergeselischaftiBeklagte) und die Höhe der versprochenen Vertragsstrafe (2.000 € je Klausel, maximal 8.000 €) nicht mehr an.
VII.
Die Werbereaktionsdaten-Klausel in Ziff. 2 Absatz „Von Dritten zur Verfügung gestellte Informationen:“, Unterabsatz „Informationen von anderen Webseiten“ (Klageantrag B 2.1, LGU Tenor II 2.1) der Facebook-Datenschutzrichtlinien (betreffend Informationen über die Reaktion des Nutzers auf Werbeanzeigen) ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Dies folgt aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 4a Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass die in der vorliegenden Klausel erklärte Einwilligung in die Datenverarbeitung (Anlage K3, Seite 2: unterhalb des Buttons „Registrieren“ befindet sich der Text „In dem du auf ‚Registrieren‘ klickst, bestätigt du, dass du die Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien [ausgestaltet als Link] gelesen hast und diesen zustimmt“) nicht wirksam ist.
1.
Dies gilt entgegen der Annahme des Landgerichts aber nicht deshalb, weil der Nutzer nicht erkennen könne, dass überhaupt Daten erhoben und verwendet werden würden, geschweige denn zu welchem Zweck dies geschehen solle.
Der Begriff „Datenschutzrichtlinien“ ist für den Durchschnittsverbraucher aus sich heraus verständlich. Entsprechend dem Datenschutzgesetz weiß er, dass in den Datenschutzrichtlinien erörtert wird, welche Daten wie erhoben und verarbeitet werden. Die – im Internet übliche – Ausgestaltung als Link macht es dem Nutzer dann auch ohne weiteres möglich, sich auch über die Zwecke der Datenverarbeitung zu informieren. § 4a Abs. 1, § 28 Abs. 3 BDSG und Art. 7 lit. a, Art. 2 lit. h EG-Datenschutzrichtlinie erfordern nicht, dass eine Kenntnisnahme der Datenschutzregelungen durch die Betroffenen – so weit als möglich – erzwungen werden muss (etwa durch eine notwendig erscheinende Information mit einem Zustimmungs-Button, vergleiche BGH, am angegebenen Ort, Payback, TZ. 23). § 28 Abs. 3 Satz 1, Abs. 3a BDSG verlangen selbst bei einer Datenverarbeitung für Zwecke der Werbung und einer hierzu elektronisch erklärten Einwilligung nur, dass die Einwilligung protokolliert wird, der Betroffene deren Inhalt jederzeit abrufen und die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann.
2.
Die Einwilligung ist aber deshalb unwirksam, weil sie mit der Betätigung des Buttons „Registrieren“ gegeben werden soll, die Information zur Bedeutung dieser Betätigung (als Einverständniserklärung auch in die Datenschutzrichtlinien der Beklagten) aber erst unterhalb dieses Buttons gegeben wird.
Wenn Art. 7 lit. a, Art. 2 lit. h EG-Datenschutzrichtlinie eine Einwilligung ohne jeden Zweifel und in Kenntnis der Sachlage verlangen, dann muss die Information vor der Betätigung des Buttons gegeben werden, der die Einverständniserklärung sein soll. Dies gilt zumal dann, wenn – wie hier – die bloße Möglichkeit einer Kenntnisnahme der Information (über einen Link) als ausreichend angesehen wird.
3.
Darüber hinaus ist die Werbereaktionsdaten-Klausel auch inhaltlich unbestimmt und deshalb sowohl nach Art. 7 lit.a, Art. 2 lit. h EG-Datenschutzrichtlinie, § 28 Abs. 3 Satz 1, § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG als auch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unzulässig.
Wenn gestattet werden soll, dass die Beklagte Informationen darüber erhält, ob der Nutzer bestimmte Werbeanzeigen „auf anderen Webseiten angesehen oder auf diese interaktiv reagiert hat oder nicht“, dann ist schon unklar, ob dies nur Webseiten auf Facebook betreffen soll (vergleiche etwa Ziff. 9 der Nutzungsbedingungen hinsichtlich der „Besonderen Bestimmungen für Entwickler/Betreiber von Anwendungen und Webseiten“, womit Webseiten bei Facebook gemeint sind), oder auch Webseiten, die nur mit Facebook verbunden sind (vergleiche etwa Ziff. 2 Absatz „Facebook-Plattform“ Satz 2 der Datenschutzrichtlinien die Beklagten) oder gar jedwede Webseite auf welchem Internetauftritt auch immer (wofür der einschränkungslose Wortlaut sprechen kann). Insbesondere mit Letzterem muss der Nutzer ohne eine ausdrückliche Information nicht rechnen, denn dies würde auf eine schier uferlose Datensammlung zu seiner Person hinauslaufen.
Im Übrigen lässt die vorstehende Einwilligung zur Datensammlung bei anderen Webseiten offen, ob der Nutzer sogar insoweit zustimmen soll, als die von dem Betreiber der anderen Webseite über den Nutzer erhobenen Daten ohne Einverständnis und damit rechtswidrig erhoben und weitergehend verarbeitet worden sind. Eine solche Einwilligung kann die Beklagte rediicherweise nicht erwarten.
VIII.
Die Klausel in Ziff. 4 Absatz „Herstellen einer Verbindung mit einer Anwendung oder Webseite“ der Datenschutzrichtlinien der Beklagten (Klageantrag 1 B 2.2; LGU Tenor II 2.2) ist ebenfalls gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1′ BGB unwirksam.
Auch hier folgt dies aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 4a Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG.
1.
Die mit der Betätigung des Buttans „Registrieren“ abzugebende Einverständniserklärung ist wegen der erst darunter gegebenen Information unwirksam. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen unter VII 2 Bezug genommen.
Der Vortrag der Beklagten zu einem weiteren gesonderten Hinweis (der bei Herstellung einer Verbindung zu einer Anwendung oder Webseite gegeben werde, Anlage B 10) führt nicht weiter.
Der Kläger hat diesen Vortrag bestritten. Die Beklagte trägt schon nicht näher vor, dass diese Gestaltung bereits vor der Änderung ihres Internetauftritts im Januar 2011 vorhanden war. Die Anlage B 10 ist schon wegen der Angabe „Facebook … 2011 Deutsch“ insoweit unergiebig. Auch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte hierzu nichts Weitergehendes vorgetragen.
Im Übrigen hat der Kläger darauf verwiesen, dass die Datenschutzrichtlinien im weiteren Text der hier in Rede stehenden Klausel den Hinweis enthalten „Wenn die Anwendung oder Webseite weitere Informationen anfordert, muss sie nach deiner Erlaubnis für die Bereitstellung dieser Informationen fragen“. Insoweit fehlt jeder nähere Vortrag der Beklagten, dass dieser gesonderte Hinweis nicht nur dann gegeben wird, wenn weitere Informationen angefordert werden. Die Anlage B 10 führt insoweit nicht weiter. Denn dort werden gerade auch zusätzliche Daten angesprochen. Dem ist die Beklagte nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht
entgegengetreten.
Zudem fehlt – auch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat – weiterhin ein Beweisantritt der Beklagten.
2.
Darüber hinaus ist die Verbindungs-Klausel „Herstellen einer Verbindung mit einer Anwendung oder Webseite“ inhaltlich unbestimmt und deshalb sowohl nach Art. 7 lit.a, Art. 2 lit. h EG-Datenschutzrichtlinie, § 28 Abs. 3 Satz 1, § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG als auch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unzulässig.
a)
Mit der Klausel soll Dritten der „Zugang auf allgemeine Informationen“ über den Nutzer gestattet werden. Hinsichtlich des Umfangs der „allgemeinen Informationen“ erfolgt zwar eine nähere Auflistung. Unklar bleibt aber, welche Befugnis dem Dritten mit einer Erlaubnis zum „Zugang“ gegeben wird.
„Zugang“ zu Informationen im Internet bedeutet im Verständnis eines Durchschnittsverbrauchers regelmäßig nur, dass Dritte diese Informationen im Internetauftritt einsehen dürfen.
Dies wäre für den Nutzer grundsätzlich völlig unproblematisch, soweit ohnehin nur die öffentlich verfügbaren Daten sichtbar gemacht werden würden. Es ist hier schon nicht ohne weiteres erkennbar, inwieweit die Auflistung darüber hinausgeht. Die Auflistung der Daten endet mit dem Hinweis „sowie alle Inhalte, die unter Verwendung der Privatsphäre-Einstellung ‚Alle‘ mit anderen geteilt werden“. Dies deutet darauf hin, dass die Auflistung und die Informationen unter „Alle“ unterschiedliche Inhalte zum Gegenstand haben. Die im Absatz „Informationen für ‚Alle'“ beispielhaft aufgeführten Daten finden sich dann aber auch in der Auflistung zur Klausel über den Zugang. Unter diesen Umständen wird der Nutzer der (in der vorliegenden Klausel) abgeforderten Einwilligung keine besondere Bedeutung beimessen, weil sie nur eine Einsicht in ohnehin öffentlich verfügbare Informationen geben würde.
b)
Der Kläger hat unwidersprochen vorgetragen, die Klausel beziehe sich auf Daten, die es dem Datenverwender erlauben, ein Profil der betroffenen Personen zu erstellen. Dies geht aber wegen der Verknüpfung zu einem individuellen Werbeprofil durch den Betreiber der Anwendung oder der Webseite deutlich über die vom Nutzer aus seiner Sicht gegebene Einwilligung hinaus.
c)
Selbst in dem von der Beklagten vorgetragenen gesonderten Hinweis der Betreiber der Anwendung oder der Webseite (Anlage B 10) findet sich nur die Angabe, der Dritte wolle auf die genannten Daten „zugreifen“. Diese Beschreibung könnte darauf hindeuten, dass die Daten verfügbar gemacht werden sollen. Angesichts des hier streitgegenständlichen Hinweises der Beklagten auf den „Zugang“ zu den Daten und der darüber hinaus gegebenen Information zu etwaigen Anforderung weiterer Informationen durch den Betreiber der Anwendung oder der Webseite hat der Nutzer aber regelmäßig keinen Anlass, den „Zugriff“ der Betreiber der Anwendung oder der Webseite anders zu verstehen als einen „Zugang“. Wenn der vorgetragene gesonderte Hinweis (Anlage B 10) abschließend mitteilt „Wenn du fortfährst, stimmst du den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Datenschutzrichtlinien [ausgestaltet als Link] von FarmVille [dem Betreiber dieser Anwendung] zu“, dann hat der Nutzer nach dem vorstehend Erörterten schon keinen Anlass, einem Link zu den Datenschutzrichtlinien des Betreibers nachzugehen.
IX.
Die Änderungsklausel in Ziff. 9 „Sonstige Bestimmungen“ unter Absatz „Änderungen“ der Datenschutzrichtlinien der Beklagten (Klageantrag 1 B 2.3, LGU Tenor 11 2.3) ist ebenfalls gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
Auch hier folgt dies aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verbindung mit § 4a Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 3 Satz 1 BDSG.
1.
Die hier im Streit stehende Änderungsklausel in den Facebook-Datenschutzrichtlinien nimmt in ihrem ersten Satz ausdrücklich Bezug auf die „gemäß den in der Erklärung der Rechte und Pflichten von Facebook beschriebenen Verfahren“. Dies sind die bereits angesprochenen Änderungsklauseln in Ziff. 13.1, Ziff. 13.2 und Ziff. 16.3.4 der Nutzungsbedingungen.
Nach diesen Regelungen in den Nutzungsbedingungen sollen – wie erörtert – die von der Beklagten beabsichtigten Anpassungen nicht aufgrund eines einseitigen Bestimmungsrechts des Verwenders eintreten, sondern aufgrund eines – gegebenenfalls fingierten – Konsenses beider Vertragsparteien.
Insoweit gilt auch hier im Ausgangspunkt zu Gunsten der Beklagten, dass das Erfordernis einer transparenten Angabe der Reichweite der Änderungsbefugnis nicht ohne weiteres auf Anpassungen im Wege des Konsenses übertragen werden kann, aus diesem Grunde auch § 308 Nr. 4 BGB, der einseitige Änderungsbefugnisse des Verwenders regelt, nicht unmittelbar anwendbar ist und die Regelung in Ziff. 16.3.4 der Nutzungsbedingungen für den Eintritt der Zustimmungsfiktion zudem den Anforderungen des § 308 Nr. 5 BGB genügen muss (vergleiche oben VI 1a).
Darüber hinaus betrifft die hier vorliegende Änderungsklausel für die Datenschutzrichtlinien der Beklagten weder Hauptleistungspflichten noch sonstige Essenzialia des Vertrages, so dass auch kein Eingriff in das Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung droht. Insoweit kann nicht von vornherein davon ausgegangen werden, auch hier sei ein den Erfordernissen der §§ 145 ff BGB genügender Änderungsvertrag notwendig (vergleiche oben VI 2).
2.
Auch wenn die in Satz 1 der Änderungsklausel-der Facebook-Datenschutzrichtlinien in Bezug genommene Regelung in Ziff. 16.3.4 der Nutzungsbedingungen für den Eintritt der Zustimmungsfiktion den Anforderungen des § 308 Nr. 5 BGB genügt, wird dies im vorliegenden Zusammenhang durch Satz 3 der Änderungsklausel der Datenschutzrichtlinie aber wieder infrage gestellt.
Die Änderungsklausel in Ziff. 16.3.4 der Nutzungsbedingungen weist für die gemäß § 308 Nr. 5 BGB zu gebenden Hinweise auf eine „die Änderung ankündigende(n) E-Mail“ hin. Über den Weg einer individuellen Information jedes Nutzers per E-Mail mag den Anforderungen an eine „ohne jeden Zweifel“ gegebene Einwilligung des Nutzers „für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage“ genügt werden können.
In Satz 3 der Änderungsklausel der Datenschutzrichtlinien heißt es aber nachfolgend „Wenn wir Änderungen an diesen Datenschutzrichtlinien vornehmen, werden wir dich durch eine Bekanntgabe hier und auf der ‚Facebook Site Governance‘-Seite (Seite zur Regelung der Nutzung von Facebook) informieren. Du kannst sicherstellen, dass du derartige Mitteilungen erhältst, indem du ein Fan der ‚Facebook Site Governance‘-Seite wirst“. Damit bringt die Beklagte zum Ausdruck, die Änderungen an den Datenschutzrichtlinien würden – anders als bei den zuvor in Bezug genommenen Änderungen der Nutzungsbedingungen – doch nicht durch eine persönliche E-Mail mitgeteilt werden, sondern nur durch eine bloße Bekanntgabe in den Datenschutzrichtlinien („hier“) und auf der Verwaltungsseite von Facebook (‚Facebook Site Governance‘-Seite).
3.
Eine solche Regelung ist in sich widersprüchlich und schon deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen fehlender Transparenz unangemessen benachteiligend. Dies gilt auch dann, wenn im Wege einer Auslegung nach rechtswissenschaftlichen Maßstäben die eingangs und nur durch die Bezugnahme gegebene Aussage (Satz 1) durch die nachfolgende ausdrückliche Regelung (Satz 2) als verdrängt angesehen werden kann, soweit diese nachfolgende Regelung (als die speziellere) von der vorhergehenden allgemeinen Regelung abweicht. Derartige juristische Überlegungen können von einem Durchschnittsverbraucher nicht erwartet werden.
Darüber hinaus genügt eine bloße Bekanntgabe der Änderungen schon nicht den Anforderungen des § 308 Nr. 5 BGB und den dort geforderten weitergehenden Information.
Die Bekanntgabe auf Webseiten mit bloßen allgemeinen Verwaltungsinhalten entspricht zudem nicht dem Erfordernis eines „besonderen Hinweises“ im Sinne des § 308 Nr. 5 BGB im Sinne einer individuellen Benachrichtigung. Jedenfalls kann aber bei einer solchen allgemeinen Bekanntmachung auf Seiten, die die Nutzer regelmäßig schon wegen der damit verbundenen Mühen und einem zu erwartenden eher geringen Erkenntnisgewinn überhaupt nicht aufsuchen, nicht mehr von einer „ohne jeden Zweifel“ gegebenen Einwilligung im datenschutzrechtlichen Sinne gesprochen werden. Der in Satz 3 der Änderungsklausel der Facebook
Datenschutzrichtlinie abschließend gegebene Rat, zur Sicherstellung der Information möge der Nutzer „ein Fan der ‚Facebook Site Governance‘-Seite“ werden, wird im Regelfall nach dem vorstehend Erörterten wenig Anklang finden. Auch im Hinblick auf die zumutbare Möglichkeit einer individuellen E-Mail-Information kann dies nicht genügen.
X.
War die Abmahnung des Klägers mithin berechtigt, hat das Landgericht auch den Anspruch auf Zahlung der Abmahnkosten zutreffend bejaht, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 BGB.
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung folgt in den tragenden Gründen der höchstrichterlichen Rechtsprechung und sie beruht insoweit auf den besonderen Umständen des vorliegenden Falles.