Zur Schutzdauer für in den USA erstveröffentlichte Werke
Bundesgerichtshof
Urteil vom 26.02.2014
Az.: I ZR 49/13
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 21. Februar 2013 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Klägerin ist ein Filmproduktionsunternehmen. Sie beabsichtigt, den von dem US-amerikanischen Schriftsteller Edgar Rice Burroughs verfassten Roman „Tarzan of the Apes“ („Tarzan bei den Affen“) zu verfilmen. Der Roman wurde am 10. September 1912 in den Vereinigten Staaten von Amerika veröffentlicht und beim Copyright Office registriert. Die Registrierung wurde am 13. November 1939 erneuert. Edgar Rice Burroughs ist am 19. März 1950 verstorben.
Die Beklagte, eine in Kalifornien ansässige Gesellschaft kalifornischen Rechts, verfügt über sämtliche Rechte an dem Roman mit Ausnahme der „Serial Rights“, also der Rechte zur Veröffentlichung des Werks in einer periodisch erscheinenden Sammlung. Sie hat sich in der vorgerichtlichen Korrespondenz der Parteien gegen die beabsichtigte Verfilmung des Romans und eine Verwendung der Titel „Tarzan“, „Tarzan of the Apes“ oder „Tarzan bei den Affen“ zur Bezeichnung des Films gewandt. Sie ist der Auffassung, das Werk sei in Deutschland noch bis zum 31. Dezember 2020 urheberrechtlich geschützt.
Die Klägerin ist dagegen der Ansicht, der urheberrechtliche Schutz des Romans sei in Deutschland am 31. Dezember 2000 erloschen. Deshalb sei es nunmehr zulässig, den Roman ohne Zustimmung der Beklagten zu verfilmen und die in Rede stehenden Titel zur Bezeichnung des Films zu verwenden.
Die Klägerin hat beantragt,
I.
festzustellen, dass der Beklagten gegen sie keine Ansprüche wegen einer Verfilmung und filmischen Auswertung des Romans „Tarzan of the Apes“ des Autors Edgar Rice Burroughs in Deutschland zustehen;
II.
festzustellen, dass der Beklagten gegen sie keine Ansprüche wegen der Verwendung der Bezeichnung „Tarzan“, „Tarzan of the Apes“ oder „Tarzan bei den Affen“ als Titel oder Titelbestandteil zur Bezeichnung einer Verfilmung des Romans „Tarzan of the Apes“ des Autors Edgar Rice Burroughs in Deutschland zustehen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben (OLG München, ZUM-RD 2013, 463). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagten stünden gegenüber der Klägerin in Deutschland keine Ansprüche wegen einer Verfilmung des Romans oder einer Verwendung der in Rede stehenden Bezeichnungen für eine solche Verfilmung zu. Dazu hat es ausgeführt:
Der Roman sei in Deutschland seit dem 1. Januar 2001 gemeinfrei. Als Recht des Schutzlandes sei deutsches Urheberrecht anzuwenden. Der urheberrechtliche Schutz richte sich gemäß § 121 Abs. 4 Satz 1 UrhG nach dem Inhalt der Staatsverträge. Nach dem deutsch-amerikanischen Übereinkommen von 1892 genieße das Werk in Deutschland urheberrechtlichen Schutz nach inländischem Recht. Die in Deutschland bei Veröffentlichung des Werkes geltende Schutzdauer von 30 Jahren nach dem Tod des Urhebers sei im Jahr 1934 auf 50 Jahre und im Jahr 1965 auf 70 Jahre verlängert worden. Nach dem Welturheberrechtsabkommen komme dem Werk allerdings lediglich die Verlängerung der Schutzdauer auf 50 Jahre zugute. Die 50-jährige Schutzfrist sei am 31. Dezember 2000 abgelaufen. Nach der Revidierten Berner Übereinkunft bestehe für das Werk in Deutschland kein Urheberrechtsschutz. Die Übereinkunft sei auf das Werk nicht anwendbar, weil der Roman in den Vereinigten Staaten vor deren Beitritt zu dieser Übereinkunft gemeinfrei geworden sei.
Titelschutzrechtliche Ansprüche schieden jedenfalls wegen der Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG aus. Soweit die in Rede stehenden Titel zur Bezeichnung einer Verfilmung des Romans verwendet würden, würden sie als beschreibende Angaben benutzt. Eine solche Benutzung verstoße im Blick darauf, dass der Roman urheberrechtlich nicht mehr geschützt sei, nicht gegen die guten Sitten.
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Der Beklagten stehen gegen die Klägerin keine Ansprüche wegen einer Verfilmung des Romans „Tarzan of the Apes“ in Deutschland zu (dazu I). Sie hat gegen die Klägerin auch keine Ansprüche wegen einer Verwendung der Angaben „Tarzan“, „Tarzan of the Apes“ oder „Tarzan bei den Affen“ zur Bezeichnung einer solchen Verfilmung (dazu II).
I. Die Beklagte hat gegen die Klägerin keine Ansprüche wegen einer Verfilmung und filmischen Auswertung des von dem US-amerikanischen Schriftsteller Edgar Rice Burroughs verfassten Romans „Tarzan of the Apes“ in Deutschland. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der urheberrechtliche Schutz des am 10. September 1912 in den Vereinigten Staaten erstmals veröffentlichten Romans in Deutschland am 31. Dezember 2000 abgelaufen ist.
1. Die Klägerin begehrt mit ihrem Klageantrag zu I die Feststellung, dass der – in Kalifornien ansässigen – Beklagten keine Ansprüche wegen einer Verfilmung des Romans in Deutschland zustehen. Aus dem zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden Klagevorbringen ergibt sich, dass Gegenstand der Klage allein Ansprüche wegen einer Verletzung in Deutschland bestehender Urheberrechte an dem Roman sind. Danach ist gemäß § 32 ZPO die – auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende – internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte begründet (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 – I ZR 69/08, BGHZ 185, 291 Rn. 14 – Vorschaubilder I).
2. Da die Klägerin für den Roman im Inland urheberrechtlichen Schutz beansprucht, ist deutsches Urheberrecht anzuwenden. Die Frage, ob Ansprüche im Falle der Verletzung eines Urheberrechts bestehen, ist grundsätzlich nach dem Recht des Schutzlandes – also des Staates, für dessen Gebiet der Schutz in Anspruch genommen wird – zu beantworten (Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht [ROM-II-Verordnung]; BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 – I ZR 42/04, GRUR 2007, 691 Rn. 21 f. = WRP 2007, 996 – Staatsgeschenk; Urteil vom 22. Januar 2009 – I ZR 247/03, GRUR 2009, 840 Rn. 17 = WRP 2009, 1127 – Le-Corbusier-Möbel II; BGHZ 185, 291 Rn. 14 – Vorschaubilder I).
3. Als ausländischer Staatsangehöriger genießt Edgar Rice Burroughs für seinen Roman „Tarzan of the Apes“ gemäß § 121 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 UrhG den urheberrechtlichen Schutz nach Inhalt der Staatsverträge, da dieses Werk mehr als dreißig Tage vor seinem Erscheinen im Geltungsbereich des Urheberrechtsgesetzes außerhalb dieses Gebietes erschienen ist. Der Roman ist am 10. September 1912 in den Vereinigten Staaten erstmals veröffentlicht worden. Das Urheberrechtsgesetz ist im Jahre 1965 in Kraft getreten. Der Roman ist daher zwangsläufig nicht innerhalb von dreißig Tagen nach seinem Erscheinen in den Vereinigten Staaten im Geltungsbereich des Urheberrechtsgesetzes erschienen.
Da Edgar Rice Burroughs US-amerikanischer Staatsangehöriger war und der Roman „Tarzan of the Apes“ erstmals in den Vereinigten Staaten erschienen ist, ist die Frage, ob und wie lange der Roman in Deutschland urheberrechtlich geschützt ist, nach den zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten bestehenden Staatsverträgen zu beurteilen. Danach sind folgende zweiseitigen oder mehrseitigen Staatsverträge in Betracht zu ziehen: Das Übereinkommen zwischen dem Deutschen Reich und den Vereinigten Staaten von Amerika über den gegenseitigen Schutz der Urheberrechte vom 15. Januar 1892 (Übereinkommen von 1892; dazu a); das Welturheberrechtsabkommen vom 6. September 1952 in seiner am 24. Juli 1971 in Paris revidierten Fassung (WUA; dazu b); die Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. September 1886 in ihrer am 24. Juli 1971 in Paris revidierten Fassung (RBÜ; dazu c); das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums vom 15. April 1994 (TRIPS-Übereinkommen) und der WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 20. Dezember 1996 (WCT; dazu d). Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Roman nach dem Inhalt dieser Staatsverträge in Deutschland nur bis zum 31. Dezember 2000 urheberrechtlich geschützt war.
a) Wäre allein das Übereinkommen von 1892 maßgeblich, wäre der Roman „Tarzan of the Apes“ in Deutschland allerdings bis zum 31. Dezember 2020 urheberrechtlich geschützt.
aa) Das Übereinkommen von 1892 ist in seinem Fortbestand durch die Weltkriege unberührt geblieben und nach wie vor in Kraft (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 1978 – I ZR 97/76, BGHZ 70, 268, 270 f. – Buster-Keaton-Filme; Urteil vom 27. Januar 1978 – I ZR 4/77, GRUR 1978, 302, 303 – Wolfsblut, jeweils mwN).
bb) Nach Art. 1 des Übereinkommens von 1892 sollen die Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika im Deutschen Reich den Schutz des Urheberrechts bezüglich der Werke der Literatur und Kunst sowie den Schutz der Photographien gegen unbefugte Nachbildung auf derselben Grundlage genießen, wie solcher den Reichsangehörigen gesetzlich zusteht. Den Angehörigen der Vereinigten Staaten wird danach in Deutschland urheberrechtlicher Schutz nach inländischem Recht gewährt. Auch die Schutzdauer im Inland richtet sich ausschließlich nach inländischem Recht; es kommt also nicht darauf an, ob und gegebenenfalls wie lange das fragliche Werk in den Vereinigten Staaten noch geschützt ist (vgl. BGHZ 70, 268, 271 f. – Buster-Keaton-Filme; BGH, GRUR 1978, 302, 303 – Wolfsblut, mwN).
cc) Zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung des Romans am 10. September 1912 waren Schriftwerke im Deutschen Reich nach dem Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG) vom 19. Juni 1901 (RGBl. S. 227) in der Fassung des Gesetzes vom 22. Mai 1910 (RGBl. S. 793) geschützt. Gemäß § 29 Satz 1 LUG endigte der Schutz des Urheberrechts, wenn seit dem Tod des Urhebers dreißig Jahre und außerdem seit der ersten Veröffentlichung des Werkes zehn Jahre abgelaufen waren. Nach § 34 LUG begannen die Schutzfristen mit dem Ablaufe des Kalenderjahrs, in welchem der Urheber gestorben oder das Werk veröffentlicht worden war. Da der Urheber des am 10. September 1912 veröffentlichten Werkes am 19. März 1950 verstorben ist, wäre die Schutzfrist am 31. Dezember 1980 abgelaufen. Die Schutzfrist ist allerdings durch das Schutzfristverlängerungsgesetz vom 13. Dezember 1934 (RGBl. II S. 1395) auf fünfzig Jahre verlängert worden und hätte danach am 31. Dezember 2000 geendet. Das Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 (BGBl. I S. 1273) hat die Schutzfrist jedoch auf siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert (§ 64 Abs. 1, § 129 Abs. 1 Satz 1 UrhG aF); sie hätte daher bis zum 31. Dezember 2020 gewährt.
b) Das Übereinkommen von 1892 wird jedoch durch das Welturheberrechtsabkommen überlagert. Dieses Abkommen lässt zwar die Verlängerung der Schutzfrist auf 50 Jahre bis zum 31. Dezember 2000 unberührt, führt aber dazu, dass dem Werk die Verlängerung der Schutzfrist auf 70 Jahre bis zum 31. Dezember 2020 nicht zugutekommt.
aa) Das Welturheberrechtsabkommen ist für Deutschland und die Vereinigten Staaten in seiner (ursprünglichen) Genfer Fassung am 16. September 1955 und in seiner Pariser Fassung am 10. Juli 1974 in Kraft getreten (BGBl. II 2013, Fundstellennachweis B, S. 415 f.).
bb) Das Abkommen ist auf das hier in Rede stehende Werk anwendbar, da dieses beim Inkrafttreten des Abkommens in Deutschland als dem Vertragsstaat, in dem der Schutz beansprucht wird, geschützt war (Art. VII WUA).
cc) Gemäß Art. XIX Satz 1 WUA lässt das Welturheberrechtsabkommen zwar die mehrseitigen oder zweiseitigen Verträge oder Vereinbarungen über das Urheberrecht unberührt, die zwischen zwei oder mehr diesem Abkommen angehörenden Staaten in Kraft sind. Weichen die Bestimmungen eines solchen Vertrags oder einer solchen Vereinbarung jedoch von den Bestimmungen des Abkommens ab, so haben die Bestimmungen des Abkommens gemäß Art. XIX Satz 2 WUA den Vorrang. Die Schutzdauer des Urheberrechts ist in dem zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten in Kraft stehenden Übereinkommen von 1892 abweichend vom Welturheberrechtsabkommen geregelt (dazu (1)). Nach der vorrangigen Regelung des Welturheberrechtsabkommens ist das hier in Rede stehende Werk grundsätzlich nur bis zum 31. Dezember 1987 geschützt (dazu (2)).
(1) Nach Art. IV Abs. 1 WUA wird die Schutzdauer des Werkes durch das Recht des Vertragsstaats, in dem der Schutz beansprucht wird, gemäß Art. IV und II WUA geregelt.
Gemäß Art. II Abs. 1 WUA genießen veröffentlichte Werke der Angehörigen eines Vertragsstaats und die zum ersten Mal im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats veröffentlichten Werke in jedem anderen Vertragsstaat den gleichen Schutz, den dieser andere Staat den zum ersten Mal in seinem eigenen Hoheitsgebiet veröffentlichten Werken seiner Staatsangehörigen gewährt, sowie den durch dieses Abkommen besonders gewährten Schutz. Von dieser Regelung weicht die Regelung in Art. 1 des Übereinkommens von 1892, die den Angehörigen der Vereinigten Staaten in Deutschland urheberrechtlichen Schutz nach inländischem Recht gewährt, nicht ab.
Nach Art. IV Abs. 4 Buchst. a WUA ist allerdings kein Vertragsstaat verpflichtet, einem Werk einen längeren Schutz als den zu gewähren, der für Werke dieser Art in dem Vertragsstaat, in dem das Werk zum ersten Mal veröffentlicht worden ist, festgelegt ist. Die Bestimmungen in Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA regeln die Durchführung eines Schutzfristenvergleichs. Deutschland hat von der den Vertragsstaaten damit eingeräumten Möglichkeit, einem Werk im Inland keinen längeren Schutz als im Ursprungsstaat zu gewähren, Gebrauch gemacht. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob dies bereits durch das am 25. Februar 1955 in Kraft getretene Gesetz über das am 6. September 1952 unterzeichnete Welturheberrechtsabkommen vom 24. Februar 1955 (BGBl. II S. 101) geschehen ist, mit dem dem Abkommen zugestimmt (Art. 1) und dieses mit Gesetzeskraft veröffentlicht (Art. 2 Abs. 1) worden ist, oder erst durch die am 1. Januar 1966 in Kraft getretene Regelung des § 140 UrhG, mit der in das Gesetz über das Welturheberrechtsabkommen folgender Artikel 2a eingefügt worden ist:
Für die Berechnung der Dauer des Schutzes, den ausländische Staatsangehörige für ihre Werke nach dem Abkommen im Geltungsbereich des Urheberrechtsgesetzes genießen, sind die Bestimmungen in Art. IV Nr. 4 bis 6 des Abkommens anzuwenden.
Da die durch das deutsche Recht für anwendbar erklärten Bestimmungen in Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA, wonach die Schutzdauer im Wege eines Schutzfristenvergleichs zu ermitteln ist, von der Regelung in Art. 1 des Übereinkommens von 1892 abweichen, wonach sich die Schutzdauer nach inländischem Recht richtet, sind sie nach Art. XIX Satz 2 WUA gegenüber dieser vorrangig.
(2) Nach den vorrangigen Bestimmungen in Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA wäre das hier in Rede stehende Werk nur bis zum 31. Dezember 1987 geschützt gewesen.
Gemäß Art. IV Abs. 4 Buchst. a WUA ist dem Werk in Deutschland kein längerer Schutz zu gewähren als in den Vereinigten Staaten als dem Vertragsstaat, in dem das Werk zum ersten Mal veröffentlicht worden ist. In Deutschland wäre das Werk aufgrund von Art. 1 des Übereinkommens von 1892 bis zum 31. Dezember 2020 geschützt (vgl. oben Rn. 18). In den Vereinigten Staaten war das Werk im Sinne der für den Schutzfristenvergleich maßgeblichen Bestimmungen in Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA indessen nur bis zum 31. Dezember 1987 geschützt. Sehen die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaats zwei oder mehr aufeinanderfolgende Schutzfristen vor, so wird gemäß Art. IV Buchst. b Satz 1 WUA für die Anwendung des Art. IV Abs. 4 Buchst. a WUA die Summe dieser Schutzfristen als die von diesem Staat gewährte Schutzdauer angesehen. Nach Sec. 23 des „Copyright Act of 1909“ betrug die Schutzfrist 28 Jahre nach der ersten Veröffentlichung und konnte um weitere 28 Jahre verlängert werden. Aufgrund der Erneuerung der Registrierung wäre der Urheberrechtsschutz des am 10. September 1912 erstmals veröffentlichten Werkes somit nach 56 Jahren am 10. September 1968 abgelaufen. Die Schutzfrist ist allerdings durch verschiedene Verlängerungsgesetze, zuletzt durch Sec. 304 des „Copyright Act of 1976“, auf insgesamt 75 Jahre (endend mit dem Ablauf des letzten Kalenderjahres) verlängert worden (vgl. Drexl, GRUR Int. 1990, 35, 42). Sie lief danach am 31. Dezember 1987 ab.
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass sich an diesem Ergebnis nichts ändert, wenn der Roman – wie die Beklagte behauptet – zwischen dem 11. und dem 17. September 1912 und damit innerhalb von dreißig Tagen seit seiner ersten Veröffentlichung in den Vereinigten Staaten auch im Vereinigten Königreich veröffentlicht wurde. Gemäß Art. IV Abs. 6 Satz 2 WUA gilt allerdings jedes Werk, das innerhalb von dreißig Tagen seit seiner ersten Veröffentlichung in zwei oder mehr Vertragsstaaten erschienen ist, als in diesen Staaten gleichzeitig veröffentlicht; ferner gilt das Werk bei gleichzeitiger Veröffentlichung in zwei oder mehr Vertragsstaaten gemäß Art. IV Abs. 6 Satz 1 WUA für die Anwendung des Art. IV Abs. 4 WUA als zum ersten Mal in dem Staat veröffentlicht, der die kürzeste Schutzdauer gewährt. Das Berufungsgericht hat jedoch mit Recht angenommen, dass das Vereinigte Königreich nach dieser Bestimmung jedenfalls deshalb nicht als Ursprungsland des Werkes anzusehen ist, weil die Vereinigten Staaten die kürzere Schutzdauer gewähren. Die Schutzdauer des Werkes in den Vereinigten Staaten betrug insgesamt 75 Jahre ab der ersten Veröffentlichung des Werkes am 11. September 1912 und endete daher am 31. Dezember 1987. Dagegen belief sich die Schutzfrist im Vereinigten Königreich nach Sec. 3 des britischen „Copyright Act 1911“ auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers am 19. März 1950 und endete damit erst am 31. Dezember 2000.
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Schutzdauer im Sinne von Art. IV Abs. 6 WUA nicht ohne Rücksicht auf den Zeitpunkt ihres Beginns zu berechnen. Der Bestimmung des Art. IV Abs. 2 Buchst. c WUA ist, anders als die Revision meint, nicht zu entnehmen, dass die Schutzdauer auf diese Weise zu berechnen ist. Für eine solche Berechnung gibt es auch keinen sachlichen Grund. Für die zeitliche Reichweite des Schutzes eines Werkes kommt es allein auf den Ablauf der Schutzfrist und damit nicht nur auf deren Dauer in Jahren, sondern auch auf deren Beginn an. Es ist daher unerheblich, dass die 50-jährige Schutzdauer im Vereinigten Königreich für sich genommen kürzer ist als die 75-jährige Schutzdauer in den Vereinigten Staaten. Entscheidend ist, dass die bereits mit der Veröffentlichung des Werkes am 12. September 1912 beginnende und bis 31. Dezember 1987 laufende Schutzfrist in den Vereinigten Staaten früher endete als die erst mit dem Tod des Urhebers am 19. März 1950 einsetzende und bis zum 31. Dezember 2000 währende Schutzfrist im Vereinigten Königreich.
dd) Nach Art. XIX Satz 3 WUA bleiben von den grundsätzlich vorrangigen Regelungen des Welturheberrechtsabkommens allerdings die Rechte an einem Werk unberührt, die in einem dem Abkommen angehörenden Staat aufgrund bestehender Verträge oder Vereinbarungen erworben worden sind, bevor das Abkommen für diesen Staat in Kraft getreten ist. Danach bleibt zwar die Verlängerung der Schutzfrist auf 50 Jahre bis zum 31. Dezember 2000 unberührt; die Verlängerung der Schutzfrist auf 70 Jahre bis zum 31. Dezember 2020 kommt dem Werk jedoch nicht zugute.
(1) Zu den Rechten, die gemäß Art. XIX Satz 3 WUA unberührt bleiben, gehören die Rechte an einem Werk, die in Deutschland aufgrund des Übereinkommens von 1892 erworben worden sind, bevor das Welturheberrechtsabkommen für Deutschland in Kraft getreten ist. Diese Rechte bleiben in ihrem Bestand erhalten; zu diesem Bestand gehört die Schutzdauer des Rechts (vgl. BGHZ 70, 268, 274 f. – Buster-Keaton-Filme; BGH, GRUR 1978, 302, 304 – Wolfsblut, mwN).
(2) Das Welturheberrechtsabkommen ist für Deutschland am 16. September 1955 in Kraft getreten. Zuvor war an dem Roman in Deutschland aufgrund des Übereinkommens von 1892 in Verbindung mit dem Literatururhebergesetz vom 19. Juni 1901 und dem Schutzfristverlängerungsgesetz vom 13. Dezember 1934 bereits ein Urheberrecht mit einer Schutzdauer von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers erworben worden. Dieses Urheberrecht bleibt in seinem Bestand und mit dieser Schutzdauer gemäß Art. XIX Satz 3 WUA unberührt (vgl. BGHZ 70, 268, 273 bis 276 – Buster-Keaton-Filme). Die Schutzdauer des Urheberrechts ist zwar durch das Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert worden. Diese Erweiterung des Rechts genießt jedoch keinen Bestandsschutz nach Art. XIX Satz 3 WUA, weil sie erst nach dem Inkrafttreten des Welturheberrechtsabkommens für Deutschland erfolgt ist (Hartmann in Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl., Vor §§ 120 ff. Rn. 70; offengelassen in BGH, GRUR 1978, 302, 304 – Wolfsblut).
ee) Die Verlängerung der Schutzfrist des Urheberrechts auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers kommt dem Werk auch nicht deshalb zugute, weil die Regelung des § 64 Abs. 1 UrhG aF zur Schutzfristverlängerung vor der Regelung des § 140 UrhG zum Schutzfristenvergleich in Kraft getreten ist.
(1) Die Regelung des § 64 Abs. 1 aF UrhG, mit der die Schutzfrist auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert wurde, ist gemäß § 143 Abs. 1 UrhG bereits am 17. September 1965 – dem Tag nach der Verkündung des Urheberrechtsgesetzes – in Kraft getreten. Dagegen ist die Regelung des § 140 UrhG, wonach die Bestimmungen in Art. IV Nr. 4 bis 6 WUA für die Berechnung der Schutzdauer der vom Welturheberechtsabkommen erfassten Werke anzuwenden sind, gemäß § 143 Abs. 2 UrhG erst am 1. Januar 1966 in Kraft getreten.
(2) Nach Ansicht der Beklagten ist die frühere Verlängerung der Schutzfrist auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers gegenüber der späteren Durchführung des Schutzfristenvergleichs in ihrem Bestand geschützt, weil die Regelung des § 64 Abs.1 aF UrhG vor der Regelung des § 140 UrhG in Kraft getreten ist. Die Klägerin hält dem entgegen, die Dauer des Schutzes, den ausländische Staatsangehörige für ihre Werke nach dem Welturheberrechtsabkommen in Deutschland genössen, richte sich bereits seit dem Inkrafttreten des Welturheberrechtsabkommens am 16. September 1955 nach den Bestimmungen in Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA; die am 1. Januar 1966 in Kraft getretene Regelung des § 140 UrhG stelle dies nur deklaratorisch fest. Ein Bestandsschutz der Schutzfristverlängerung komme daher nicht in Betracht.
(3) Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Bestimmungen in Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA bereits seit dem Inkrafttreten des Welturheberrechtsabkommens am 16. September 1955 oder erst seit dem Inkrafttreten des § 140 UrhG am 1. Januar 1966 anzuwenden sind, mit Recht als nicht entscheidungserheblich angesehen (für eine Anwendung seit dem 16. September 1955 Katzenberger in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 117 und § 140 UrhG Rn. 3; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl., § 140 Rn. 2; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 10. Aufl., § 140 UrhG Rn. 2; Hartmann in Möhring/Nicolini aaO Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 74 und 137; Spautz in Möhring/Nicolini aaO § 140 UrhG Rn. 1; E. Ulmer, GRUR Ausl. 1960, 57, 62 f.; ders., GRUR Int. 1979, 39, 41; Drexl, GRUR Int. 1990, 35, 38 f.; für eine Anwendung seit dem 1. Januar 1965 OLG Frankfurt am Main, GRUR 1981, 739, 741; vgl. auch zu Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA die Denkschrift zum Welturheberrechtsabkommen und Begründung zum Zustimmungsgesetz, GRUR Ausl. 1955, 292, 294 und zu § 149, jetzt § 140 die Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drucks. IV/270, S. 116). Auf diese Frage kommt es nicht an, weil eine Verlängerung der Schutzfrist für vom Welturheberrechtsabkommen erfasste Werke durch die am 17. September 1965 in Kraft getretene Regelung des § 64 Abs. 1 UrhG aF selbst dann nicht in ihrem Bestand geschützt ist, wenn der Schutzfristenvergleich nach Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA nicht bereits seit dem Inkrafttreten des Welturheberrechtsabkommens am 16. September 1955, sondern erst seit dem Inkrafttreten des § 140 UrhG am 1. Januar 1966 durchzuführen ist.
Die Schutzfristverlängerung durch § 64 Abs. 1 UrhG aF kommt allerdings nach § 129 Abs. 1 Satz 1 UrhG allen bereits bestehenden und noch geschützten Werken und so auch den Werken zugute, die vom Welturheberrechtsabkommen erfasst werden. Sie genießt für diese Werke jedoch keinen Bestandsschutz. Die Bestimmung des § 64 Abs. 1 UrhG aF ist nicht etwa deshalb bereits am 17. September 1965 (dem Tag nach der Verkündung des Urheberrechtsgesetzes) und nicht wie § 140 UrhG (und nahezu alle anderen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes) erst am 1. Januar 1966 in Kraft getreten, um der Verlängerung der Schutzfrist für Werke Bestandskraft zu verleihen, die vom Welturheberrechtsabkommen erfasst werden und daher dem Schutzfristenvergleich unterliegen. Wäre die Verlängerung der Schutzfrist nach § 64 Abs. 1 UrhG aF für diese Werke bestandskräftig, wäre der nach § 140 UrhG anzustellende Vergleich mit der Schutzfrist im Ursprungsland sinnlos, da er ohnehin nicht zu einer Verkürzung der im Inland geltenden Schutzfrist führen könnte. § 64 Abs. 1 UrhG aF ist allein deshalb bereits am 17. September 1965 und nicht erst am 1. Januar 1966 in Kraft getreten, weil die Schutzfristverlängerung auch für diejenigen Werke noch wirksam werden sollte, für die die geltende Schutzfrist von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers am Ende des Jahres 1965 abgelaufen wäre, weil ihre Urheber im Laufe des Jahres 1915 verstorben sind (vgl. den Bericht des Abgeordneten Reischl zu § 152, jetzt § 143, UFITA 46 [1966] 174, 201; Katzenberger in Schricker/Loewenheim aaO § 143 UrhG Rn. 1 und 2).
Der deutsche Gesetzgeber hat gleichzeitig – nämlich mit dem Urheberrechtsgesetz vom 9. September 1965 – in § 64 Abs. 1 UrhG aF die Schutzfristverlängerung und in § 140 UrhG den Schutzfristenvergleich als maßgeblich erklärt. Danach kommt vom Welturheberrechtsabkommen erfassten Werken zwar – soweit sie beim Inkrafttreten des § 64 Abs. 1 UrhG aF am 17. September 1965 noch nach inländischem Recht geschützt waren (§ 129 Abs. 1 Satz 1 UrhG) -grundsätzlich die Schutzfristverlängerung auf 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers zugute; da für die Dauer des Schutzes jedoch letztlich der Schutzfristenvergleich nach Art. IV Abs. 4 bis 6 WUA maßgeblich ist, wirkt sich diese Verlängerung nur insoweit aus, als die Schutzfrist im Ursprungsland länger währt als die vor der Verlängerung geltende Schutzfrist im Inland (vgl. BGH, GRUR 1978, 302, 304 – Wolfsblut; E. Ulmer, GRUR Int. 1979, 39, 42). Soweit der Senatsentscheidung „Wolfsblut“ zu entnehmen ist, dass den aufgrund des Welturheberrechtsabkommens im Inland geschützten Werken die Schutzfristverlängerung durch § 64 Abs. 1 UrhG aF immer schon dann zugutekommt, wenn diese Werke bei Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes am 1. Januar 1966 noch nach Inlandsrecht geschützt waren und außerdem auch die Schutzfrist im Ursprungsland noch nicht abgelaufen war, wird daran nicht festgehalten (vgl. Katzenberger in Schricker/Loewenheim aaO § 140 UrhG Rn. 6; E. Ulmer, GRUR Int. 1978, 214, 215; ders., GRUR Int. 1979, 39, 41 f.; Drexl, GRUR Int. 1990, 35, 41).
(4) Für den Streitfall folgt daraus, dass dem Roman, der beim Inkrafttreten des § 64 Abs. 1 UrhG aF am 17. September 1965 nach inländischem Recht für 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers am 19. März 1950 und damit noch bis zum 31. Dezember 2000 geschützt war, zwar grundsätzlich die Schutzfristverlängerung auf 70 Jahre nach dem Tode des Urhebers am 19. März 1950 bis zum 31. Dezember 2020 zugutekommt; da die Schutzfrist des Romans im Ursprungsland aber bereits am 31. Dezember 1987 abgelaufen war, bleibt es aufgrund des Schutzfristenvergleichs nur bei der nach Art. XIX Abs. 3 WUA bestandsgeschützten inländischen Schutzfrist bis zum 31. Dezember 2000. Die Verlängerung der Schutzfrist bis zum 31. Dezember 2020 wirkt sich nicht aus, weil die Schutzfrist im Ursprungsland nur bis zum 31. Dezember 1987 und damit nicht länger währte als die vor der Verlängerung geltende Schutzfrist im Inland bis zum 31. Dezember 2000.
c) Aus der Berner Übereinkunft ergibt sich für das Werk in Deutschland kein Urheberrechtsschutz.
aa) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu den Vereinigten Staaten von Amerika die Revidierte Berner Übereinkunft in ihrer am 24. Juli 1971 in Paris revidierten Fassung anwendbar ist. Sie ist für die Bundesrepublik Deutschland am 10. Oktober 1974 und für die Vereinigten Staaten von Amerika am 1. März 1989 in Kraft getreten (vgl. BGBl. II 2013, Fundstellennachweis B, S. 265 und 268).
bb) Die von der Revidierten Berner Übereinkunft erfassten Werke US-amerikanischer Urheber sind seit dem Inkrafttreten der Übereinkunft für die Vereinigten Staaten am 1. März 1989 in Deutschland nach inländischem Recht 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers geschützt (vgl. Katzenberger in Schricker/Loewenheim aaO Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 72 und § 140 UrhG Rn. 7; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 140 Rn. 7; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann aaO § 140 UrhG Rn. 3; Hartmann in Möhring/Nicolini aaO Vor §§ 120 ff. Rn. 138; Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel, Urheberrecht, 3. Aufl., § 121 UrhG Rn. 41; Drexl, GRUR Int. 1990, 35, 43; Schack, GRUR Int. 1995, 310, 313). Das ergibt sich aus folgender Überlegung: Das Welturheberrechtsabkommen räumt der Berner Übereinkunft den Vorrang ein. Es ist gemäß Buchst. c der Zusatzerklärung zu Art. XVII WUA in den Beziehungen zwischen den Ländern des Berner Verbandes auf den Schutz der Werke nicht anwendbar, die als Ursprungsland im Sinn der Berner Übereinkunft ein Land des Berner Verbandes haben. Die Berner Übereinkunft räumt ihrerseits dem Übereinkommen von 1892 den Vorrang ein. Nach Art. 20 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 RBÜ bleiben die Bestimmungen bestehender Abkommen anwendbar, die den Urhebern Rechte verleihen, die über die ihnen durch die Übereinkunft gewährten Rechte hinausgehen, oder andere Bestimmungen enthalten, die der Übereinkunft nicht zuwiderlaufen. Zu diesen Bestimmungen gehört Art. 1 des Übereinkommens von 1892, wonach die Angehörigen der Vereinigten Staaten in Deutschland urheberrechtlichen Schutz nach inländischem Recht genießen.
cc) Die Revidierte Berner Übereinkunft ist jedoch für das hier in Rede stehende Werk nicht anwendbar.
(1) Nach Art. 18 Abs. 1 RBÜ gilt die Übereinkunft für alle Werke, die bei ihrem Inkrafttreten noch nicht infolge Ablaufs der Schutzdauer im Ursprungsland Gemeingut geworden sind; dies gilt nach Art. 18 Abs. 4 Halbsatz 1 RBÜ auch, wenn ein Land dem Verband neu beitritt. Die Übereinkunft ist danach nicht für Werke anwendbar, die beim Beitritt eines Landes zum Verband infolge Ablaufs der Schutzdauer im Ursprungsland gemeinfrei sind (vgl. Katzenberger in Schricker/Loewenheim aaO Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 72 und § 140 UrhG Rn. 7; Dreier in Dreier/Schulze aaO § 140 Rn. 7; Schack, GRUR Int. 1995, 310, 313).
(2) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass die Vereinigten Staaten als Ursprungsland des Werkes anzusehen sind. Da der Roman beim Beitritt der Vereinigten Staaten zur Revidierten Berner Übereinkunft am 1. März 1989 infolge Ablaufs der Schutzdauer in den Vereinigten Staaten am 31. Dezember 1987 gemeinfrei war, gilt die Übereinkunft nicht für dieses Werk.
Das Berufungsgericht hat angenommen, der Begriff des Ursprungslandes im Sinne von Art. 18 RBÜ sei nicht der zum Zeitpunkt des Beitritts der Vereinigten Staaten im Jahr 1989 geltenden Pariser Fassung der Berner Übereinkunft, sondern der zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung des Werkes im Jahr 1912 geltenden Berliner Fassung der Berner Übereinkunft zu entnehmen. Nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 RBÜ (Berliner Fassung) wird als Ursprungsland veröffentlichter Werke das Land angesehen, in dem die erste Veröffentlichung erfolgt ist, und für die gleichzeitig in mehreren Verbandsländern veröffentlichten Werke das Verbandsland, dessen Gesetzgebung die kürzeste Schutzdauer gewährt. Das Berufungsgericht hat gemeint, danach seien die Vereinigten Staaten als Ursprungsland des Werkes anzusehen, da der Roman dort erstmals veröffentlicht worden sei. Die Vereinigten Staaten seien aber auch dann als Ursprungsland des Werkes anzusehen, wenn das Werk – wie von der Beklagten behauptet – zwischen dem 11. und dem 17. September 1912 auch im Vereinigten Königreich veröffentlicht worden sein sollte. Der Roman sei dann nämlich nicht „gleichzeitig“ im Vereinigten Königreich veröffentlicht worden, da dieser Begriff in Art. 4 Abs. 3 Satz 1 RBÜ (Berliner Fassung) im Sinne von „am selben Tage“ zu verstehen sei (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 1985 – I ZR 50/83, BGHZ 95, 229, 238 – Puccini).
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Begriff des Ursprungslandes im Sinne von Art. 18 RBÜ allerdings nicht der zum Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung des Werkes im Jahr 1912 geltenden Berliner Fassung der Berner Übereinkunft, sondern ihrer zum Zeitpunkt des Beitritts der Vereinigten Staaten im Jahr 1989 geltenden Pariser Fassung zu entnehmen. Zwar bemisst sich ein abgeschlossener Sachverhalt – nämlich die Entstehung des Schutzes im Ursprungsland eines Werkes – im Regelfall nach dem damals maßgebenden Rechtszustand und scheidet eine Rückwirkung der Neuregelung der Voraussetzungen für die Entstehung des Urheberrechtsschutzes im Ursprungsland für bereits erwachsene Rechte grundsätzlich aus (BGHZ 95, 229, 237 – Puccini; vgl. auch Katzenberger in Schricker/Loewenheim aaO Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 48). Das hier in Rede stehende Werk konnte zum Zeitpunkt seiner ersten Veröffentlichung am 10. September 1912 im Verhältnis zwischen dem Deutschen Reich und den Vereinigten Staaten von Amerika aber keinen Urheberrechtsschutz nach der damals geltenden Fassung der Berner Übereinkunft erlangen, weil die Vereinigten Staaten seinerzeit noch nicht Vertragspartner dieser Übereinkunft waren. Die Voraussetzungen für die Entstehung von Urheberrechtsschutz nach der Revidierten Berner Übereinkunft im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika sind erst durch den Beitritt der Vereinigten Staaten zur Berner Übereinkunft in der Pariser Fassung am 1. März 1989 geregelt worden. Deshalb ist der Begriff des Ursprungslandes dieser Fassung der Berner Übereinkunft zu entnehmen.
Auch nach der Pariser Fassung der Berner Übereinkunft sind jedoch die Vereinigten Staaten als Ursprungsland des Werkes anzusehen. Nach Art. 5 Abs. 4 Buchst. a RBÜ (Pariser Fassung) gilt als Ursprungsland für die zum ersten Mal in einem Verbandsland veröffentlichten Werke dieses Land; handelt es sich jedoch um Werke, die gleichzeitig in mehreren Verbandsländern mit verschiedener Schutzdauer veröffentlicht wurden, das Land, dessen innerstaatliche Rechtsvorschriften die kürzeste Schutzdauer gewähren. Als gleichzeitig in mehreren Ländern veröffentlicht gilt nach Art. 3 Abs. 4 RBÜ (Pariser Fassung) jedes Werk, das innerhalb von dreißig Tagen seit der ersten Veröffentlichung in zwei oder mehr Ländern erschienen ist. Zuerst veröffentlicht wurde das Werk am 10. September 1912 in den Vereinigten Staaten; als Ursprungsland gelten somit die Vereinigten Staaten. Selbst wenn das Werk zwischen dem 11. und dem 17. September 1912 und damit innerhalb von dreißig Tagen seit der ersten Veröffentlichung auch im Vereinigten Königreich veröffentlicht wurde, gelten die Vereinigten Staaten als Ursprungsland des Werkes, da die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Vereinigten Staaten eine kürzere Schutzdauer als diejenigen des Vereinigten Königreichs gewähren. Die Schutzfrist in den Vereinigten Staaten endete am 31. Dezember 1987; dagegen lief die Schutzfrist im Vereinigten Königreich bis zum 31. Dezember 2000 (vgl. oben Rn. 28 bis 31).
d) Auch aus dem TRIPS-Übereinkommen und dem WIPO-Urheberrechtsvertrag kann die Klägerin keinen Urheberrechtsschutz für das W erk in Deutschland herleiten.
aa) Das TRIPS-Übereinkommen ist für die Bundesrepublik Deutschland und die Vereinigten Staaten sowie die Europäische Gemeinschaft am 1. Januar 1995 in Kraft getreten (vgl. BGBl. II 2013, Fundstellennachweis B, S. 844 f.). Der WIPO-Urheberrechtsvertrag ist für die Vereinigten Staaten am 6. März 2002 und für die Bundesrepublik Deutschland sowie die Europäische Union am 14. März 2010 in Kraft getreten (vgl. BGBl. II 2013, Fundstellennachweis B, S. 864).
bb) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens und des WIPO-Vertrags über Darbietungen und Tonträger zwar integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung und daher in der Union unmittelbar anwendbar (EuGH, Urteil vom 15. März 2012 – C-135/10, GRUR 2012, 593 Rn. 37 bis 40 = WRP 2012, 689 [EuGH 15.03.2012 – Rs. C-135/10] – SCF/Del Corso); Einzelpersonen können sich jedoch weder auf das TRIPS-Übereinkommen noch auf den WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger berufen (EuGH, GRUR 2012, 593 Rn. 43 [EuGH 15.03.2012 – Rs. C-135/10] bis 48 – SCF/Del Corso). Entsprechendes gilt für den WIPO-Urheberrechtsvertrag. Danach dürften diese Abkommen jedenfalls für den unionsrechtlich harmonisierten Bereich des Urheberrechts für Einzelpersonen keine unmittelbare Wirkung entfalten (vgl. Katzenberger in Schricker/Loewenheim aaO Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 117; Nordemann-Schiffel in Fromm/Nordemann aaO Vor §§ 120 ff. UrhG Rn. 11; Dreier in Dreier/Schulze aaO Vor § 120 Rn. 14; aA Kotthoff in Dreyer/Kotthoff/Meckel aaO § 121 UrhG Rn. 20). Das kann hier aber letztlich offenbleiben.
cc) Das TRIPS-Abkommen und der WIPO-Urheberrechtsvertrag sind jedenfalls auf das hier in Rede stehende Werk nicht anwendbar. Gemäß Art. 70 Abs. 2 Satz 2 TRIPS bestimmen sich urheberrechtliche Verpflichtungen in Bezug auf vorhandene Werke ausschließlich nach Art. 18 RBÜ. Gemäß Art. 13 WCT wenden die Vertragsparteien Art. 18 RBÜ auf alle in dem Vertrag vorgesehenen Schutzgüter an. Danach sind beide Übereinkommen entsprechend der Regelung in Art. 18 Abs. 1 und 4 Halbsatz 1 RBÜ nicht für Werke anwendbar, die beim Inkrafttreten des jeweiligen Übereinkommens im Ursprungsland nicht mehr geschützt sind (vgl. zum TRIPS-Übereinkommen Hartmann in Möhring/Nicolini aaO Vor §§ 120 ff. Rn. 108). Da der Roman beim Inkrafttreten des TRIPS-Abkommens für Deutschland und die Vereinigten Staaten am 1. Januar 1995 und dem Inkrafttreten des WIPO-Urheberrechtsvertrags im Verhältnis zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten am 14. März 2010 infolge Ablaufs der Schutzdauer in den Vereinigten Staaten als dem Ursprungsland am 31. Dezember 1987 gemeinfrei war, sind diese Übereinkommen nicht für dieses Werk anwendbar.
4. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, aus § 137f Abs. 2 Satz 1 UrhG und Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (kodizifizierte Fassung) folge, dass das Werk in Deutschland bis zum 31. Dezember 2020 geschützt sei.
a) Nach § 137f Abs. 2 Satz 1 UrhG sind die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes in der ab dem 1. Juli 1995 geltenden Fassung auch auf Werke anzuwenden, deren Schutz nach dem Urheberrechtsgesetz vor dem 1. Juli 1995 abgelaufen ist, nach dem Gesetz eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union zu diesem Zeitpunkt aber noch besteht. Zu den nach § 137f Abs. 2 Satz 1 UrhG anzuwendenden Vorschriften gehören die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes über die Dauer des Urheberrechts und insbesondere die Bestimmung des § 64 UrhG, wonach das Urheberrecht siebzig Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt. § 137f Abs. 2 Satz 1 UrhG dient der Umsetzung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG und ist daher richtlinienkonform auszulegen und anzuwenden.
Nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG findet die in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2006/116/EG vorgesehene Schutzdauer des Urheberrechts an Werken der Literatur und Kunst im Sinne des Artikels 2 der Berner Übereinkunft von siebzig Jahren nach dem Tod des Urhebers auf alle Werke Anwendung, die am 1. Juli 1995 zumindest in einem der Mitgliedstaaten aufgrund der Anwendung nationaler Bestimmungen im Bereich des Urheberrechts geschützt waren.
Die Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dahin auszulegen, dass die in der Richtlinie 2006/116/EG vorgesehenen Schutzfristen Anwendung finden, wenn das betreffende Werk als solches am 1. Juli 1995 in zumindest einem Mitgliedstaat nach dessen nationalen Bestimmungen über das Urheberrecht geschützt war und der Inhaber solcher Schutzrechte an diesem Werk, der Drittstaatsangehöriger ist, zu diesem Zeitpunkt den in diesen nationalen Bestimmungen vorgesehenen Schutz genoss (EuGH, Urteil vom 20. Januar 2009 – C-240/07, Slg. 2009, I-263 = GRUR 2009, 393 Rn. 26 [EuGH 20.01.2009 – Rs. C-240/07] bis 37 – Sony/Falcon; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Oktober 2009 – I ZR 80/04, GRUR Int. 2010, 532 Rn. 23 bis 27 – Tonträger aus Drittstaaten II). Danach kommt es für die Anwendung des Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG und damit auch des § 137f Abs. 2 Satz 1 UrhG nicht darauf an, ob der Inhaber des Schutzrechts Staatsangehöriger eines Drittstaates ist (EuGH, GRUR 2009, 393 Rn. 35 [EuGH 20.01.2009 – Rs. C-240/07] – Sony/Falcon; BGH, GRUR Int. 2010, 532 Rn. 23 – Tonträger aus Drittstaaten II).
Ferner ist es unerheblich, ob das Werk in dem Mitgliedstaat, für den Schutz beansprucht wird, zu keiner Zeit geschützt war; entscheidend ist allein, dass das Werk am 1. Juli 1995 zumindest in einem der Mitgliedstaaten geschützt war (EuGH, GRUR 2009, 393 Rn. 20 [EuGH 20.01.2009 – Rs. C-240/07] bis 25 – Sony/Falcon; BGH, GRUR Int. 2010, 532 Rn. 14 bis 22 – Tonträger aus Drittstaaten II). Danach scheidet eine Anwendung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG und damit auch von § 137f Abs. 2 Satz 1 UrhG – entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung – auch nicht deshalb aus, weil der Schutz des Werkes in Deutschland nicht vor dem 1. Juli 1995 abgelaufen war.
Da der hier in Rede stehende Roman sowohl in Deutschland (vgl. Rn. 13 bis 53) im Vereinigten Königreich (nach Sec. 3 des britischen „Copyright Act 1911“) während der 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers am 19. März 1950 und damit bis zum 31. Dezember 2000 geschützt war, war er in diesen Mitgliedstaaten auch am 1. Juli 1995 geschützt. Daher ist auf dieses Werk nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG die in Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie für Werke der Literatur und Kunst vorgesehene Schutzdauer von siebzig Jahren nach dem Tod des Urhebers anzuwenden.
b) Dabei ist allerdings zu beachten, dass der in den Mitgliedstaaten gewährte Schutz für Werke, deren Ursprungsland im Sinne der Berner Übereinkunft ein Drittland und deren Urheber nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft ist, nach Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/116/EG spätestens mit dem Tag endet, an dem der Schutz im Ursprungsland des Werkes endet, ohne jedoch die Frist nach Art. 1 dieser Richtlinie zu überschreiten (vgl. auch Erwägungsgrund 21 der Richtlinie 2006/116/EG).
Danach endete der in den Mitgliedstaaten gewährte Schutz für das hier in Rede stehende Werk spätestens am 31. Dezember 1987. Ursprungsland des Werkes im Sinne der Berner Übereinkunft sind die Vereinigten Staaten (vgl. oben Rn. 46 bis 49). Bei den Vereinigten Staaten handelt es sich um ein Drittland im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/116/EG, also ein Land, das kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist. Der Urheber des Werkes war auch nicht Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen Union. Der Schutz im Ursprungsland des Werkes endete am 31. Dezember 1987. Mit diesem Tage endete auch der in den Mitgliedstaaten gewährte Schutz. Er überschreitet nicht die erst am 31. Dezember 2020 endende Frist von siebzig Jahren nach dem Tod des Urhebers.
c) Allerdings dürfen nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2006/116/EG Mitgliedstaaten, die am 29. Oktober 1993 insbesondere aufgrund ihrer internationalen Verpflichtungen eine längere Schutzdauer als die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2006/116/EG vorgesehene gewährt haben, diesen Schutz bis zum Abschluss internationaler Übereinkommen zur Schutzdauer des Urheberrechts beibehalten.
Danach durfte Deutschland den aufgrund des Übereinkommens von 1892 und des Welturheberrechtsabkommens gewährten Schutz des hier in Rede stehenden Werkes bis zum 31. Dezember 2000 beibehalten, obwohl dieser länger dauerte als der bis zum 31. Dezember 1987 währende Schutz in den Vereinigten Staaten. Es kommt nicht darauf an, ob das Vereinigte Königreich dem Werk danach, wie die Beklagte geltend macht, urheberrechtlichen Schutz bis zum 31. Dezember 2020 gewährt hat oder, wie die Klägerin geltend macht, bereits im Jahre 1988 einen Schutzfristenvergleich eingeführt hat, der dazu führt, dass das hier in Rede stehende Werk nur noch bis zum 31. Dezember 2000 geschützt war.
Macht ein Mitgliedstaat von der ihm durch Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2006/116/EG eröffneten Möglichkeit Gebrauch, eine längere Schutzdauer beizubehalten, führt dies auch dann, wenn das Werk dadurch in diesem Mitgliedstaat am 1. Juli 1995 geschützt war, nicht dazu, dass auf dieses Werk nach Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG in sämtlichen Mitgliedstaaten die Schutzfrist von 70 Jahren nach dem Tod des Urhebers anzuwenden ist oder jedenfalls die von diesem Mitgliedstaat beibehaltene längere Schutzdauer auch in allen anderen Mitgliedstaaten gilt. Vielmehr gilt diese Schutzfrist nur in dem Mitgliedstaat, der von der Möglichkeit, eine längere Schutzfrist beizubehalten, Gebrauch gemacht hat (vgl. auch Walter in Walter/v. Lewinski, European Copyright Law, 2010, Rn. 8.10.25 f.).
II. Der Beklagten stehen gegenüber der Klägerin auch keine Ansprüche wegen der Verwendung der Angaben „Tarzan“, „Tarzan of the Apes“ oder „Tarzan bei den Affen“ zur Bezeichnung einer Verfilmung des Romans „Tarzan of the Apes“ in Deutschland zu. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass titelschutzrechtlichen Ansprüchen jedenfalls die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG entgegensteht.
1. Auch hinsichtlich der geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche ist gemäß § 32 ZPO die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte begründet und nach Art. 8 Abs. 1 der ROM-II-Verordnung deutsches Recht als Recht des Schutzlandes anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – I ZR 49/04, BGHZ 173, 57 Rn. 23 und 26 – Cambridge Institute, mwN).
2. Der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung hat nach § 23 Nr. 2 MarkenG nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr ein mit der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen oder ein ähnliches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere ihre Art oder ihre Beschaffenheit zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstößt. Zu den geschäftlichen Bezeichnungen gehören auch Werktitel (§ 5 Abs. 1 MarkenG), also die Namen oder besonderen Bezeichnungen von (unter anderem) Druckschriften und Filmwerken (§ 5 Abs. 3 MarkenG).
Die Klägerin beabsichtigt, die Angaben „Tarzan“, „Tarzan of the Apes“ oder „Tarzan bei den Affen“ als Angaben über ein Merkmal oder eine Eigenschaft einer Ware im Sinne von § 23 Nr. 2 MarkenG zu verwenden, nämlich als Hinweis darauf, dass es sich bei dem Film um eine Verfilmung des Romans „Tarzan of the Apes“ von Edgar Rice Burroughs handelt.
Die beabsichtigte Benutzung der Zeichen verstößt auch nicht gegen die guten Sitten. Ein solcher Verstoß setzte voraus, dass die Benutzung die berechtigten Interessen des Kennzeicheninhabers nach einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls verletzte (vgl. BGH, Urteil vom 14. April 2011 – I ZR 33/10, GRUR 2011, 1135 Rn. 23 = WRP 2011, 1602 – GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE, mwN). Diese Voraussetzung ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Streitfall nicht erfüllt. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Sittenwidrigkeit ergebe sich insbesondere daraus, dass die Angaben für einen Film verwendet würden, der ihre inländischen Urheberrechte verletze. Zum einen ist es für die Beurteilung, ob die Benutzung eines Zeichens gegen die guten Sitten verstößt, grundsätzlich unerheblich, ob die Zeichenbenutzung im Zusammenhang mit einer Urheberrechtsverletzung steht (BGH, Urteil vom 1. Oktober 2010 – I ZR 12/08, GRUR 2011, 134 Rn. 60 = WRP 2011, 249 – Perlentaucher). Anders kann es sich zwar verhalten, wenn sich die Urheberrechtsverletzung auf die berechtigten Interessen des Kennzeicheninhabers auswirken kann (vgl. zu Wettbewerbsverstößen BGH, Urteil vom 27. März 2013 – I ZR 100/11, GRUR 2013, 631 Rn. 37 = WRP 2013, 778 – AMARULA/Marulablu). Dafür gibt es im Streitfall aber keine Anhaltspunkte. Zum anderen verletzt eine Verfilmung – wie ausgeführt – keine inländischen Urheberrechte der Beklagten.
C. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen. Der Streitfall wirft keine entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des Unionsrechts auf, die nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union erfordern (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 16 = NJW 1983, 1257, 1258 [EuGH 06.10.1982 – 283/81] – C.I.L.F.I.T.). Die Auslegung von Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2006/116/EG ist durch die Entscheidung des Gerichtshofs „Sony/Falcon“ geklärt (GRUR 2009, 393); an der Auslegung von Art. 7 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 2006/116/EG bestehen – auch im Blick auf die Ausführungen des Gerichtshofs in der Sache „Sony/Falcon“ -keine vernünftigen Zweifel.