Personensuchmaschine muss Inhalte von Dritten nicht vorher überprüfen

11. Juli 2013
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Eigener Leitsatz:

Der Betreiber einer Personensuchmaschine muss seine Beiträge vor Veröffentlichung auf Rechtsverletzungen nicht überprüfen, wenn er ersichtlich Mitteilungen oder Bilder von Dritten, die diese Inhalte öffentlich im Internet zur Schau stellen, veröffentlicht. Dies wäre unzumutbar, da das Informationsportal dadurch die schnellen und aktuellen Informationen nicht verbreiten könnte. Somit trifft den Betreiber erst dann eine Prüfpflicht, wenn er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt.

Landgericht Köln

Beschluss vom 26.06.2013

Az.: 28 O 80/12

 

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger ist stellvertretender Ressortleiter "A" bei dem B. Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse www.anonym1.de eine Personensuchmaschine, die öffentlich im Internet verfügbare Informationen zu Menschen findet. Seit dem 16.1.2012 firmiert die Beklagte nicht mehr unter dem Namen C internetservices GmbH.

Im Jahre 2008 stellte der Kläger fest, dass ein Foto von ihm auf der von der Beklagten betriebenen Website abgebildet wurde. Ausweislich eines unter dem Bild angebrachten Hinweises stammte das Lichtbild von der Internetpräsenz des Bs www.anonym3.de, auf welcher der Kläger mit dieser Abbildung präsentiert wurde.

Mit Schreiben vom 13.8.2008 mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte sie erfolglos auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben.
Der Kläger verklagte die Beklagte infolgedessen auf Unterlassung, Schadensersatz und Ersatz der entstandenen Abmahnkosten (LG Köln, 28 O 662/08; OLG Köln, 15 U 107/09).

Am 3.3.2009 gab die Beklagte eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, die der Kläger spätestens am 14.4.2009 annahm.
In der Folge nahm der Kläger die Beklagte vor dem Handelsgericht Wien auf Zahlung von Vertragsstrafen wegen behaupteter Verletzungen gegen die abgegebene Unterlassungserklärung in Anspruch (Handelsgericht Wien, Az. 18 Cg 223/10y).

Der Kläger stellte Anfang Oktober 2011 fest, dass unter der URL http://www.anonym1.de/s/, ein Lichtbild von ihm zu sehen war.
Mit Schreiben vom 17.1.2012 machte der Kläger die Beklagte auf den Verstoß gegen den geschlossenen Unterlassungsvertrag aufmerksam und forderte sie erfolglos zur Zahlung der Vertragsstrafe und Abgabe einer erneuten strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.

Der Kläger ist der Auffassung, dass sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus dem geschlossenen Unterlassungsvertrag ergebe, da eine Auslegung des Vertragswortlautes, der keine Einschränkung auf eine bestimmte Internetadresse aufweise, unter Berücksichtigung der Umstände der Abgabe der Unterlassungserklärung ergebe, dass es für die Beklagte unerheblich gewesen sei, woher die Beklagte die Bildnisse gehabt habe, die den Kläger abgebildet hätten.

Die Beklagte habe gegen die von ihr abgegebene Unterlassungserklärung schuldhaft verstoßen, da jedenfalls am 16.1.2012 eine weitere Abbildung, auf welcher der Kläger zu erkennen sei, auf der von ihr betriebenen Plattform veröffentlicht bzw. verbreitet worden sei. Der Kläger behauptet, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Lichtbild um dasselbe handele, das bereits im Jahr 2008 von der Website des Bs entnommen worden sei.

Hilfsweise stützt der Kläger seinen Unterlassungsanspruch auf die §§ 1004, 823 BGB, 22, 23 KUG. Hierzu behauptet er, dass sein Lichtbild bei der Beklagten in einem Profil öffentlich zugänglich gemacht werde, das nicht dem Kläger zuzuordnen sei. Das Lichtbild werde somit nicht nur ohne das Einverständnis des Klägers öffentlich zugänglich gemacht, sondern sei darüber hinaus auch noch mit falschen Daten versehen.

Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass die Beklagte schuldhaft gegen die von ihr abgegebene Unterlassungsverpflichtung verstoßen habe. Denn die Beklagte trage selbst vor, nur den Namen des Klägers in ihrer Suchmaschine gesperrt zu haben. Selbst wenn man unterstellte, dass die behauptete Sperrung tatsächlich erfolgt sei, liege auf der Hand, dass eine solche nicht ansatzweise zur nachhaltigen Verhinderung von Rechtsverletzungen in der Lage sei, wenn nicht wenigstens sichergestellt sei, dass die konkrete Abbildung von einer konkreten Domain nicht mehr auf die Seite der Beklagten übernommen werden könne. Dies ergebe sich zudem daraus, dass der Kläger am 10.3.2012 einen erneuten Verstoß gegen die Unterlassungserklärung festgestellt habe (vgl. Bl. 141 d.A.).

Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass sich die internationale örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln aus § 32 ZPO bzw. Art 5 Nr. 3 EuGVVO ergebe, da sich der Verletzungserfolg im Bereich des innerhalb ganz Deutschlands zugänglichen Internets bestimmungsgemäß realisiert habe. Für den vertraglichen Unterlassungsanspruch ergebe sich die Zuständigkeit aus Art. 15 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1 EuGVVO bzw. Art. 5 Nr. 1 EuGVVO. Dies ergebe sich sowohl aus der Rechtsprechung des EuGH zur Anwendbarkeit des Art. 5 Nr.1 EuGVÜ bei Unterlassungserklärungen als auch bei ausnahmsweise gebotener verordnungsautonomer Auslegung des Begriffs "Erfüllungsort" bei Unterlassungserklärungen zum Schutz eines Persönlichkeitsrechts. Etwas anderes würde sich schließlich auch nicht ergeben, wenn der Begriff des Erfüllungsortes im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO nach der lex causae bestimmt würde. Alle Auslegungsmöglichkeiten führten dazu, dass maßgeblicher Ort auch für die Geltendmachung der Vertragsstrafe der Schwerpunkt der durch das Persönlichkeitsrecht geschützten Interessen sei. Dies sei regelmäßig der Wohnsitz des Gläubigers, also vorliegend der Wohnsitz des Klägers in Köln.
Der Kläger beantragt,

1.
die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, Bildnisse zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten, auf denen der Kläger zu erkennen ist, ohne dessen ausdrückliche schriftliche Genehmigung eingeholt zu haben, wenn dies wie aus der Anlage K3 ersichtlich geschieht,

2.
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 15.000,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.2.2012 zu zahlen,

3.
 die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 775,64 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.2.2012 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte rügt die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln.
Sie ist der Auffassung, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Bild nicht um dasjenige handele, welches von dem Unterlassungsvertrag zwischen den Parteien umfasst ist. Hierzu behauptet sie, dass das streitgegenständliche Bild auf einer völlig anderen Internetadresse, nämlich unter der Domain www.anonym2.de, veröffentlicht worden sei.

Die Beklagte behauptet, dass auf die Abmahnung des Klägers vom 17.1.2012 die URL www.anonym2.de und das konkrete Lichtbild und auf die Mitteilung in dem Schriftsatz vom 26.6.2012 auch URL www.anonym2.de – mittlerweile unstreitig – gesperrt worden seien.

Bereits im Jahre 2008/2009 habe die Beklagte eine umfassende Sperrung des Klägers in den Suchergebnissen der Suchmaschine veranlasst, so dass das seinerzeit streitgegenständliche Bild nicht mehr aufgefunden werden hätte können. Die Maßnahmen hätten insbesondere umfasst:
Sperrung sämtlicher Bildsuchergebnisse der URL www.anonym3.de,
Sperrung sämtlicher Bildsuchergebnisse der Domain www.anonym3* (z.B. it, at, etc.),

Sperrung sämtlicher Bildsuchergebnisse mit dem Stichwort "Q",

Sperrung zusätzlich der Namenskombinationen "Q" und

Sperrung zusätzlich der Namenskombinationen "Q".

Die Beklagte habe somit nicht nur alles Erforderliche getan, um die Verlinkung des streitgegenständlichen Bildes des ersten Verfahrens von der Seite www.anonym3.de aus den Suchergebnissen zu entfernen, sondern beispielsweise mit der gesamten Sperrung der URL www.anonym3* darüber hinaus auch noch weitergehende und überobligatorische Maßnahmen getroffen, um dem Begehren des Klägers Genüge zu tun.

Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass der nunmehr geltend gemachte Verstoß von der Unterlassungserklärung nicht umfasst sei, da die Unterlassungserklärung sich in ihrem Umfang ihrer Reichweite konkret auf das in dem Erstverfahren bezeichnete Bild unter der Adresse www.anonym3.de bezöge.

Sie ist zudem der Meinung, dass sie sich die Suchergebnisse inhaltlich nicht zu Eigen mache. Für einen verständigen Internetnutzer sei offenkundig, dass eine Suchmaschine in ihren Ergebnissen gerade keine eigenen Inhalte zur Verfügung stelle, sondern lediglich frei im Netz abrufbare Inhalte dargestellt würden.

Hilfsweise komme die Verwirkung der Vertragsstrafe mangels Verschuldens der Beklagten nicht in Betracht. Die Beklagte habe alles Nötige getan und mit der vollumfänglichen Sperrung der Internetadresse sowie der umfangreichen und überobligatorische Namenssperre des Klägers weitgehende Maßnahmen getroffen, um ihrer Verpflichtung aus der Unterlassungserklärung nachzukommen.

Die Beklagte ist ferner der Auffassung, dass das Verhalten des Klägers rechtsmissbräuchlich sei, da der Kläger der Beklagten zu keinem Zeitpunkt mitgeteilt habe, dass sein Bildnis an völlig verschiedenen Internet-Adressen abrufbar sei und zudem offenbar auch einen Fall konstruiert, der das Auffinden des Bildes unter dem Suchbegriff "Jürgen Naht" erst ermögliche.

Ein gesetzlicher Unterlassungsanspruch scheidet ebenfalls aus, da die Beklagte mit der unverzüglichen Sperrung der neuen Bildnisdarstellung ihren Pflichten vollumfänglich nachgekommen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger seine Ansprüche auf die strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 3.3.2009 stützt, und im Übrigen unbegründet.

I.
Soweit der Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Zahlung einer Vertragsstrafe auf die Unterlassungserklärung vom 3.3.2009 stützt, sind die entsprechenden Anträge zu 1) und zu 2) unzulässig.
Denn das Landgericht Köln ist nicht gemäß Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO international für die Anträge zu 1) und zu 2) zuständig, die auf die Unterlassungserklärung vom 3.3.2009 gestützt werden.

Nach Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre.

Unter den Anwendungsbereich des Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO fallen zwar grundsätzlich sowohl vertragliche Unterlassungserklärungen als auch Vertragsstrafenzahlungsansprüche (vgl. Gottwald in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 3. Auflage 2008, Art. 5 EuGVVO, Rn. 6).

Hierbei kann es offen bleiben, ob man der Auffassung folgt, dass Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO im vorliegenden Fall bezüglich des Unterlassungsanspruchs keine Anwendung findet, weil die besondere Zuständigkeitsregel für vertragliche Streitigkeiten gemäß Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO nicht anwendbar ist in einem Fall, in dem der Erfüllungsort der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Verpflichtung – wie hier – deshalb nicht bestimmt werden kann, weil die streitige vertragliche Verpflichtung eine geografisch unbegrenzt geltende Unterlassungspflicht ist und damit durch eine Vielzahl von Orten gekennzeichnet wird, an denen sie erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, und dass in einem solchen Fall die Zuständigkeit nur nach dem allgemeinen Zuständigkeitskriterium gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO bestimmt werden kann (vgl. EuGH, NJW 2002, 1407).

Denn selbst wenn man von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 1 a) EuGVVO ausginge, ergäbe sich hieraus nicht die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln.

Denn die vertraglichen Pflichten – sowohl die Unterlassungspflicht als auch die Zahlungspflicht bezüglich der Vertragsstrafe – wären am Wohnsitz der Beklagten zu erfüllen.

Der Erfüllungsort, an dem Ansprüche aus einem Vertrag i.S.d. Art. 5 Nr. 1 EuGVVO eingeklagt werden können, bestimmt sich – mit Ausnahme der hier nicht einschlägigen Regelung des Art. 5 Nr. 1 lit. b) EuGVVO – nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts (lex fori) für die streitige Verpflichtung maßgebend ist (vgl. EuGH, NJW 1977, 491 – Tessili; EuGH, NJW 1987, 1131 – Shenavai; EuGH, NJW 1995, 183 – Custom; EuGH, NJW 2000, 719 – Concorde; BGH, NJW 1991, 3095; BGH, NJW-RR 2003, 1582).
Das ist im vorliegenden Fall gemäß Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB a.F. das deutsche internationale Privatrecht.

Welches materielle Recht bei einem Rechtsstreit mit Auslandsbezug zur Bestimmung des Erfüllungsortes anzuwenden ist, richtet sich nach deutschem internationalen Privatrecht (allgemeine Meinung; statt aller Patzina in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2012, § 29 ZPO; Rn. 104; BGH, NJW 1981, 1158 und 2246).

Nach deutschem internationalen Privatrecht ist mangels einer von den Parteien getroffenen Rechtswahl Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB a.F. maßgebend. Sowohl bei der Unterlassungsverpflichtung als auch bei der Pflicht zur Zahlung einer Vertragsstrafe, die aus dem Verstoß gegen die Unterlassungspflicht folgt, handelt es sich um eine rein schuldrechtliche Verpflichtung. Auf diese finden die allgemeinen internationalprivatrechtlichen Regeln über das sog. Vertragsstatut Anwendung, nicht aber das spezielle Schutzlandprinzip (vgl. Magnus in: Staudinger, Kommentar zum BGB, Art. 28 EGBGB, Rn. 600 m. w. N.).

Der streitgegenständliche Unterlassungsvertrag weist die engste Verbindung mit Deutschland als dem Staat auf, für dessen Territorium ausweislich der in der Abmahnung genannten URL www.anonym1.de Schutz begehrt wird, Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB a.F. Art. 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB a.F. findet auf die hier in Rede stehende Unterlassungsverpflichtung keine Anwendung: Es lässt sich schon keine charakteristische Leistung des streitgegenständlichen Vertrages im eigentlichen Wortsinne bestimmen, da Gegenstand der Erklärung in erster Linie eine Pflicht zum Nicht-Handeln ist. Sinn des Art. 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB a.F. ist es aber, mit dem Terminus der "charakteristischen Leistung" an das Recht anzuknüpfen, in dem diejenige Vertragspartei zu Hause ist, die die Leistung beisteuert, die den Kern und Zweck des Leistungsaustausches ausmacht (vgl. Magnus, a.a.O., Rn. 70). Dieser für Art. 28 Abs. 2 S. 1 EGBGB a.F. sinnstiftende Grundgedanke kommt aber gerade nicht zum Tragen, wenn – wie hier – eine Enthaltungspflicht statuiert wird, für deren Erfüllung die Beziehungen des Verpflichteten zu "seinem" angestammten Rechtsraum mit Blick auf den territorialen Schutzbereich der Vertragspflicht gänzlich irrelevant sind. Charakteristikum eines solchen Vertrages ist vielmehr, dass sich der Verpflichtete in einem bestimmten Territorium jedweder Handlungen zu enthalten hat, ohne dass es darauf ankäme, von wo aus er agiert.
Die Bestimmung des Erfüllungsortes für die streitgegenständliche Unterlassungsverpflichtung richtet sich nach § 269 Abs. 1 BGB (vgl. zur Anwendung des § 269 BGB auf Unterlassungspflichten BGH NJW 1974, 410, 411 f.) und führt zum (Wohn-) Sitz des Schuldners.

Nach § 269 Abs. 1 BGB ist primär festzustellen, ob die Vertragsparteien einen Leistungsort bestimmt haben oder ob sich ein solcher aus den Umständen – insbesondere der Natur des Schuldverhältnisses – ergibt. Hilfsweise hat die Leistung am Wohnsitz des Schuldners zu erfolgen.

Eine ausdrückliche Vereinbarung eines Leistungsortes für die Unterlassungspflicht findet sich in der Unterlassungserklärung nicht. Auch aus den Umständen ergibt sich nicht, dass sich die Unterlassungspflicht auf einen bestimmten Ort konkretisiert hätte. Mit der streitgegenständlichen Erklärung hat sich die Beklagte verpflichtet, es zu unterlassen, Bildnisse des Klägers zu veröffentlichen und/oder zu verbreiten. Räumlich besteht die sich insbesondere – aber nicht nur – auf das Internet beziehende Unterlassungspflicht jedenfalls für den deutschsprachigen Raum. Angesichts dieser Verpflichtung sind verschiedenste Handlungen unterschiedlicher Personen an verschiedensten Orten denkbar. Nach der Art der Unterlassungspflicht steht also nicht von vornherein fest, dass die Zuwiderhandlung nur an einem ganz bestimmten Ort stattfinden kann. Hat der Schuldner aber – wie hier – die Handlung überall zu unterlassen, führt dies nicht dazu, dass er überall auf Unterlassung gerichtlich in Anspruch genommen werden kann; vielmehr kann er nur an seinem Wohnsitz verklagt werden (so auch BGH, NJW 1974, 410; Bittner in: Staudinger, BGB – Neubearbeitung 2009, § 269 BGB, Rn. 44).

Es kann offen bleiben, ob der Erfüllungsort des Anspruchs auf Zahlung der Vertragsstrafe eigenständig – also unabhängig vom Erfüllungsort der Unterlassungspflicht – nach § 269 BGB zu bestimmen ist oder ob es sich beim Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe um eine Nebenpflicht handelt, so dass der Erfüllungsort der Hauptverpflichtung (Unterlassung) maßgebend ist.
Denn bei eigenständiger Bestimmung des Erfüllungsortes der Zahlungspflicht aus einer verwirkten Vertragsstrafe ergibt sich nach §§ 269 Abs. 1, 270 Abs. 4 BGB ebenfalls ohne weiteres der (Wohn-)Sitz des Schuldners als Leistungsort (vgl. nur Heinrichs in: Palandt, Kommentar zum BGB, 72. Auflage 2013, § 270 BGB, Rn. 1, der im Übrigen auch für Unterlassungsansprüche nicht den Ort der Zuwiderhandlung, sondern den Wohnsitz des Schuldners als Erfüllungsort ansieht, vgl. § 269 BGB, Rn. 12).

Dem steht auch entgegen der Ansicht des Klägers nicht entgegen, dass die Zuständigkeiten der Gerichte für den vertraglichen Unterlassungsanspruch und für den gesetzlichen Unterlassungsanspruch auseinanderlaufen. Denn es bleibt den Parteien des Unterlassungsvertrags unbenommen, gemäß Art. 23 EuGVVO eine Gerichtsstandvereinbarung zu treffen. Dem stehen die §§ 38, 40 ZPO nicht entgegen. Innerhalb seines Anwendungsbereichs ist Art. 23 EuGVVO lex specialis zu den §§ 38, 40 ZPO, da die Verordnung Vorrang vor dem nationalen Recht genießt (Art. 48 Abs. 2 EGV). Die Zulässigkeit, die Form und die Wirkungen einer Gerichtsstandsvereinbarung bestimmen sich daher im Anwendungsbereich des Art. 23 EUGVVO ausschließlich nach dieser Norm. Sowohl die Formfreiheit für Kaufleute nach § 38 Abs. 1 ZPO als auch die Einschränkung der Prorogationsfreiheit des § 38 Abs. 2 S. 3 ZPO sind insoweit nicht anwendbar (Gottwald, a.a.O., Art. 23 EuGVVO, Rn. 64).

II.
Soweit der Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung auf die §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG stützt, ist die Klage unbegründet.
Denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch aus den zuvor genannten Normen, da die Beklagte – eine Verletzungshandlung unterstellt – weder als Täterin noch als Störerin haftet.

Die Beklagte haftet nicht als Täterin, da sie sich die Veröffentlichung der Bildnisse nicht zu Eigen gemacht hat.

Maßgeblich für die Frage, ob sich der Anbieter die auf seinem Internetportal eingestellten Inhalte, die er – wie hier – nicht selbst geschaffen hat, zu eigen macht, ist eine objektive Sicht auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände, wobei insbesondere die Frage der inhaltlichen redaktionellen Kontrolle der fremden Inhalte und die Art der Präsentation von Bedeutung sind. Schon aus der äußeren Form der Veröffentlichung kann sich ergeben, dass lediglich eine fremde Äußerung ohne eigene Wertung oder Stellungnahme mitgeteilt wird (BGH, ZUM 2012, 566).

Hier ergibt sich bereits aus der äußeren Form, dass sich die Beklagte die präsentierten Inhalt nicht zu Eigen macht. Denn die auf der Website der Beklagten dargestellten Inhalte sind als fremd gekennzeichnet, indem sich direkt unter dem jeweiligen Bild der Verweis auf die Ursprungs- bzw. Zielseite – hier www.anonym2.de – befindet. Dadurch wird dem Nutzer der Website hinreichend deutlich gemacht, dass es sich bei dem Bild nicht um eine eigene Veröffentlichung der Beklagten, sondern um eine fremde Nachricht handelt. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte als Betreiberin des Informationsportals eine inhaltliche Verantwortung für die veröffentlichten Nachrichten Dritter übernehmen wollte, finden sich nicht. Denn die Website der Beklagten ist als Informationsportal ausgestaltet, welches keine eigenen Inhalte enthält.
Die Beklagte haftet auch nicht deshalb auf Unterlassung, weil sie das beanstandete Bildnis auf ihrem Informationsportal zum Abruf bereitgestellt und dadurch verbreitet hat.

Unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Störerhaftung ist verpflichtet, wer, ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Beeinträchtigung des Rechtsguts beiträgt (vgl. BGH, a.a.O.). Die Störerhaftung in der Form der Verbreiterhaftung darf jedoch nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, welche die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben. Denn zu dem von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Kommunikationsprozess kann die Mitteilung einer fremden Meinung oder Tatsachenbehauptung auch dann zählen, wenn der Mitteilende sich diese weder zu eigen macht noch sie in eine eigene Stellungnahme einbindet, sondern die fremde Äußerung lediglich verbreitet (vgl. BGH, a.a.O.). Eine Haftung des Verbreiters fremder Nachrichten als Störer setzt deshalb die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfungspflichten, voraus; deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat, eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, a.a.O.).

Der Betreiber eines Informationsportals, der wie die Beklagte erkennbar fremde Mitteilungen und Bildnisse ins Internet stellt, ist danach grundsätzlich nicht verpflichtet, die Beiträge vor der Veröffentlichung auf eventuelle Rechtsverletzungen zu überprüfen. Das würde den Betrieb des dem Informationsinteresse der Mediennutzer dienenden, auf schnelle und aktuelle Information ausgerichteten Informationsportals unzuträglich hemmen. Den Betreiber eines Informationsportals trifft deshalb erst dann eine Prüfpflicht, wenn er Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Weist ein Betroffener den Betreiber eines Informationsportals auf eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts hin, kann der Betreiber des Portals als Störer verpflichtet sein, zukünftig derartige Verletzungen zu verhindern (vgl. BGH, a.a.O.).
Hier hat die Beklagte, nachdem sie von dem Kläger jeweils auf die – hier unterstellte – Verletzung des Persönlichkeitsrechts hingewiesen worden ist, unstreitig das beanstandete Bildnis aus ihrem Angebot genommen und von dem jeweiligen Speicherplatz gelöscht.

III.
Der Antrag zu 3) ist unbegründet.

Aus den vorgenannten Gründen hat der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 22, 23 KUG bzw. den §§ 677, 683, 670 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 25.000,- €

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