Eintragungsfähigkeit von Werbeslogans

07. April 2009
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Eigener Leitsatz:

Webeslogans werden grundsätzlich, auch wenn sie keine zusätzliche Orginalität aufweisen, nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden. Auch diese müssen das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft aufweisen. Dazu kann keineswegs durch eine analytische, zergliederte Betrachtung gelangt werden, da der Verkehr eine solche für gewöhnlich nicht vornimmt.

Bundespatentgericht

Beschluss vom 28.01.2009

Az.: 26 W (pat) 86/08

Beschluss

In der Beschwerdesache … betreffend die Markenanmeldung 306 67 768.7 hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der
Sitzung vom 28. Januar 2009 durch … beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

Die Wortmarke

ALLES, EIN BISSCHEN BESONDERS

ist für die Waren und Dienstleistungen

"Klasse 11: Beleuchtungsgeräte.

Klasse 20: Möbel; Spiegel; Rahmen; Dekorationsgegenstände, nicht aus textilem Material.

Klasse 35: Dienstleistungen eines Einzelhändlers für Beleuchtungsgeräte, Möbel, Spiegel, Rahmen; Dienstleistungen eines Einzelhändlers für Dekorationsgegenstände, nicht aus textilem Material, Werbung.

Klasse 42: Einrichtungsberatung, Design von Einrichtungsgegenständen, Dienstleistungen eines Innenarchitekten."

angemeldet worden.

Die Markenstelle hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wegen mangelnder Unterscheidungskraft nach
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt worden, dass es sich bei der angemeldeten Wortfolge um einen in sprachlicher Hinsicht
einfachen Slogan werbeüblicher Art handele, der im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen zumindest einen deutlich beschreibenden
Anklang aufweise. Der Begriff "ALLES" deute jeweils auf ein umfassendes Warensortiment bzw. auf ein vollständiges Dienstleistungsangebot auf den beanspruchten Gebieten hin; die Wortbestandteile "EIN BISSCHEN BESONDERS" ergänzten diese werbliche Aussage um den Hinweis, dass sich alle angebotenen
Produkte dadurch auszeichneten, dass sie in irgendeiner Weise etwas Besonderes darstellten, um sich hierdurch vom üblichen Angebot der fraglichen Art abzuheben.

Damit errege der angemeldete Slogan lediglich die Aufmerksamkeit des Publikums und fördere den Konsumanreiz. Die Verwendung von Großbuchstaben
und die Trennung des Wortes "ALLES" von den übrigen Wortbestandteilen durch ein Komma seien werbeübliche Gestaltungsmerkmale. Der Verkehr werde in der
angemeldeten Wortkombination keine Marke sehen, da ein Hinweis auf die individuelle betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen nicht zu erkennen sei.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie weist darauf hin, dass es bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit auf die Marke in ihrer Gesamtheit ankomme und eine Eintragungsfähigkeit auch dann vorliegen könne, wenn das Zeichen aus jeweils schutzunfähigen Bestandteilen bestehe, die aufgrund ihrer Zusammensetzung Schutzfähigkeit erlangten. Dabei schließe jede noch so geringe Unterscheidungskraft das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG aus.

In der Gesamtheit ergebe sich kein unmittelbar beschreibender Sinngehalt der angemeldeten Wortfolge. "ALLES" beziehe sich neutral auf das Waren- und Dienstleistungsangebot, ohne Wertung, um was es sich handele bzw. ob das Angebot umfassend bzw. vollständig sei. Weiterhin sei bei den Ausführungen des Amtes zu den Wortbestandteilen "EIN BISSCHEN BESONDERS" die Bedeutung der Worte "EIN BISSCHEN" nicht berücksichtigt worden. "EIN BISSCHEN" sei Synonym
für "wenig" und ergebe in dieser Bedeutung im Zusammenhang mit "BESONDERS" keinen Sinn, sondern stehe vielmehr im Widerspruch dazu. Der Slogan rege
daher zum Nachdenken an und sei keine rein beschreibende Angabe hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen. Weiterhin weist die Anmelderin auf die eingetragene Marke "Alles, was uns verbindet" hin. Auch bestreitet die Anmelderin das Vorliegen eines Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, da die Wortfolge keine klare Bedeutung habe, der ein unmittelbar beschreibender Gehalt zugemessen werden könne.

II

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die angemeldete Marke weist keine Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf.

Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung besitzt eine Marke dann, wenn sie geeignet ist, die Waren und/oder Dienstleistungen als
von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie somit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH MarkenR 2005, 22, 25 – Das Prinzip der Bequemlichkeit; BGH BlPMZ 2004, 30 – Cityservice).

Auch dieses Eintragungshindernis ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, das ihm zugrunde liegt, und das darin besteht, den freien Waren- und
Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten (EuGH GRUR 2002, 804, 805 und 809 – Philips). Für kennzeichnungsrechtliche Monopole ist damit nur dann Raum, soweit
als Marke beanspruchte Bezeichnungen geeignet sind, dem Verbraucher die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen zu garantieren und damit die Herkunftsfunktion der Marke zu erfüllen (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 – BRAVO). Kann einer Marke ein für die fraglichen Waren
und/oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden oder handelt es sich sonst um ein gebräuchliches Wort
der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur
als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so ergibt sich daraus ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH a. a. O. – Cityservice).

Den vorstehend dargestellten Schutzvoraussetzungen unterliegen auch Werbeslogans und sonstige spruchartige Wortfolgen. Auch wenn sie keine zusätzliche Originalität aufweisen müssen, ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr in einem Werbeslogan gewöhnlich keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der damit bezeichneten bzw. beworbenen Waren und/oder Dienstleistungen sieht. Zur Feststellung der Unterscheidungskraft ist deshalb unabdingbar, dass die fragliche Wortfolge diese Herkunftsfunktion erfüllt, die gegenüber einer möglichen Werbewirkung im Vordergrund stehen muss (EuGH a. a. O. Nr. 35 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

Hiervon ausgehend weist die angemeldete Marke auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Prüfungsmaßstabs nicht das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft auf. Die Wortfolge "ALLES, EIN BISSCHEN BESONDERS" ist eine grammatikalisch korrekte und für den Verkehr verständliche Aneinanderreihung
deutscher Worte. "EIN BISSCHEN BESONDERS" bedeutet, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ein wenig außergewöhnlich sind, d. h. vom üblichen,
vom Verkehr für diese Waren und Dienstleistungen erwarteten Maßstab abweichen.

Die Anmelderin weist in ihren Schriftsätzen zwar darauf hin, dass der Ausdruck "EIN BISSCHEN" auch die Bedeutung "wenig" im Sinne von "gering" haben
könne und führt aus, dass diese Bedeutung im Widerspruch zu "BESONDERS" stehe. Zu diesem Widerspruch gelangt man aber nur durch eine analysierende Zergliederung der Wortfolge "EIN BISSCHEN BESONDERS" unter Vernachlässigung des Wortes "BESONDERS". Eine derartige analytische, zergliedernde
Betrachtung, nimmt der Verkehr nicht vor. Er fasst die Wortfolge "EIN BISSCHEN BESONDERS" vielmehr so auf, wie sie ihm entgegentritt, und wird ihr
daher ohne das Wort "BESONDERS" zu vernachlässigen und ohne eine analysierende Betrachtung vorzunehmen die Bedeutung von einer Qualitätsbezeichnung
beimessen. Dieses Verständnis der Wortfolge "EIN BISSCHEN BESONDERS" entspricht dem allgemeinen Sprachgebrauch, der sich auch durch die der Anmelderin
übersandte Internet-Recherche in Google veranschaulichen lässt. Hier findet man eine Vielzahl von Berichten, in denen die Autoren außergewöhnliche Lebenssituationen bzw. Ereignisse mit den Worten "ein bisschen besonders" im Sinne von "ein wenig außergewöhnlich" beschreiben. Beispielhaft sein der Link
http://www.sz-jugendseite.de/js-texte.php?showid=2394 genannt. Dort findet sich in Zusammenhang mit selbstgeschneiderten Kleidern der Satz: "Selbstbewusst
klingt das, zu Recht, denn Lauras Stücke sehen fachmännisch aus, richtig schön und ein bisschen besonders."

Das Wort "ALLES" stellt – wie von der Markenstelle zutreffend ausgeführt – den Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen her. Insgesamt enthält
die angemeldete Wortfolge eine beschreibende Werbeaussage, mit der in werbeüblicher Weise die Art bzw. Beschaffenheit der beanspruchten Waren und Dienstleistungen angepriesen wird. Der Verkehr versteht die Wortfolge "ALLES, EIN BISSCHEN BESONDERS" dahingehend, dass alle derart gekennzeichneten Waren
bzw. Dienstleistungen etwas außergewöhnlich sind. Angesprochen wird durch diese werbeübliche Anpreisung derjenige Verbraucher, der unter den beanspruchten
Waren und Dienstleistungen nach solchen sucht, die sich von dem sonst üblichen Angebots- und Leistungsspektrum unterscheiden. Für eine andere Interpretation
besteht kein Anlass.

Entgegen der Ansicht der Anmelderin vermag auch die Tatsache, dass die von ihr zitierte Wortfolge "Alles, was uns verbindet" ins Markenregister eingetragen worden ist, zu keiner anderen markenrechtlichen Beurteilung des vorliegenden Falles zu führen. Zum Einen ist zu berücksichtigen, dass die Waren und Dienstleistungen der vorliegenden Marke nicht mit den Waren und Dienstleistungen der Marke "Alles, was uns verbindet" vergleichbar sind. Zum Anderen kann allein aus einer Ähnlichkeit der Zeichen, die sich im Übrigen auch bei allen anderen von der Anmelderin genannten Marken in dem Wort "alles" erschöpft, kein Indiz für eine Eintragungsfähigkeit der vorliegenden Marke abgeleitet werden. Die Schutzausschlussgründe des § 8 Abs. 2 MarkenG sind stets anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen einzelfallbezogen zu prüfen. Letztlich kann die – möglicherweise fehlerhafte – Eintragung ähnlicher oder identischer Marken auch unter Gesichtspunkten wie Vertrauensschutz, Gleichbehandlung, Selbstbindung der Verwaltung oder Ermessensreduzierung keinen Anspruch auf Eintragung begründen. Eine rechtswidrige Verwaltungspraxis vermag weder das Deutsche Patent- und Markenamt noch das Bundespatentgericht zu binden (EuGH
GRUR 2004, 428, 431, Rn. 63 – Henkel; BPatG GRUR 2007, 333 – Papaya).

Ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus eine unmittelbar beschreibende freihaltungsbedürftige Angabe darstellt und demzufolge dem Schutzhindernis gemäß
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt, kann angesichts des Fehlens der Unterscheidungskraft dahingestellt bleiben.

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