Einwilligung zur Vernichtung

04. Januar 2010
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Eigener Leitsatz:

Werden Waren lediglich mit dem Ziel der Durchfuhr nach Deutschland gebracht und nicht um hierzuland in den Verkehr gebracht zu werden, begründet das noch keine Patentverletzung in Deutschland und somit auch keinen Anspruch auf Vernichtung der Waren nach dem Patentgesetz. Da aber auch bei einer Durchfuhr ins Ausland Schutzrechte der hier ansäßigen Waren beeinträchtigt werden, spachen die Richter der am LG Hamburg der Klägerin nach den allgemeinen Regeln der Unterlassung des § 1004 BGB einen Anspruch auf Einwilligung zur Vernichtung der Waren zu.

Landgericht Hamburg

Urteil vom 30.04.2009

Az.: 315 O 72/08

L A N D G E R I C H T  H A M B U R G

AZ: 315 O 72/08

30.04.2009

Urteil

in der Sache

./.
erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 15

für Recht:

I. Die Beklagte wird verurteilt, in die Vernichtung der 354.600 Stück CD-R-Discs aus Container PRSU 2… …-9, hinsichtlich derer am 24. Januar 2008 durch das Hauptzollamt Hamburg-Hafen, Zollamt W., Abfertigung E., zum Zollaktenzeichen SV … B – …/2008 – … 30…. (AT/B/…/…/…/ 2008/…) die Aussetzung der
Überlassung bzw. Zurückhaltung angeordnet wurde, auf Kosten der Beklagten einzuwilligen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin 12/19 und die Beklagte 7/19.

IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Einwilligung der Beklagten in die Vernichtung vermeintlich patentverletzender CD-Rs.

Die Klägerin ist Inhaberin des EP 0 … 30 („Wobble Sync-Patent“; Anlage B 1),
dessen deutsche Übersetzung als DE 6… … 33 veröffentlicht ist (s. Anlage K 2). Sie ist des Weiteren Inhaberin des EP 0 … 49 („Anwendungscode-Patent“; Anlage K 27), dessen deutsche Übersetzung als DE 6… … 23 T veröffentlicht ist (s. Anlage K 28).

Die Klägerin ist außerdem Inhaberin des tschechischen Patentes CZ 2… 18 (s.
Anlagen K 6, K 6.1, K 7), angemeldet am 12.5.1989, und des russischen Patentes RU 2… … 10 (Anlagen K 12, K 12.1, K 13), angemeldet am 19.1.1989. In Finnland verfügt die Klägerin über kein entsprechendes Patent.

Das tschechische Patent (CZ 2… 18) betrifft technische Schutzmaßnahmen zur
Realisierung eines Kopierschutzes. Mit diesem Schutz soll verhindert werden, dass urheberrechtlich geschützte Daten beliebig vervielfältigt werden. Patentanspruch 1 des tschechischen Patentes lautet in der deutschen Übersetzung (Anlage K 6.1):
Aufzeichnungsgerät zum Aufzeichnen von Information auf einen Aufzeichnungsträger eines beschreibbaren Typs, wobei das Gerät Schreibmittel zum Aufzeichnen von zugeführter Information auf dem Aufzeichnungsträger, Mittel zum Lesen der von dem Steuerungsinformationsmuster repräsentierten Steuerinformation, mit dem der Aufzeichnungsträger versehen ist, Detektionsmittel zum Detektieren der Art der zum Aufzeichnen zugeführten Information, und Steuerungsmittel zur Steuerung des Aufzeichnungsprozesses in der Weise, dass die zugeführte Information nur dann aufgezeichnet wird, wenn die detektierte Art der Information mit der von der ausgelesenen Steuerinformation vorgegebenen Art übereinstimmt, umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass das Aufzeichnungsgerät Mittel zum Abtasten der Servospur auf dem Aufzeichnungsträger umfasst und dass das Lesemittel Mittel zum Detektieren der Spurmodulation bei ihrem Abtasten und zum Ableiten der Steuerinformation aus der detektierten Spurmodulation umfassen.

Art. 13a des tschechischen Patentgesetzes (s. Anlage K 8 – englische Fassung) lautet in der deutschen Übersetzung auszugsweise:

(1) Niemand darf ohne Zustimmung des Patentinhabers einer Person, die nicht zur Benutzung der patentgeschützten Erfindung befugt ist, Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen und dazu dienen, diese zu gebrauchen, liefern oder ihr anbieten, diese zu liefern, wenn es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden.

Die Rechtslage in Tschechien ist in Bezug auf die Frage einer mittelbaren Patentverletzung identisch mit der deutschen Rechtslage. Patentansprüche 1 und 2 des russischen Wobble-Patentes (RU 2… … 10) lauten in deutscher Übersetzung (Anlage K 12.1):

1. Optisch auslesbarer Datenträger vom beschreibbaren Typ mit einem Träger in Form einer Platte, auf deren Oberfläche sich Servospuren konstanter Breite entlang der Erzeugungslinien in Form von Vertiefungen und Erhöhungen mit einer periodischen Modulation in radialer Richtung und eine strahlungsempfindliche Schicht befinden, dadurch gekennzeichnet, dass die Spurmodulation aussieht wie eine Wobbelung dieser Servospuren mit einer ersten oder zweiten Periode dieser Wobbelung, wobei jede Servospur Synchronisations- und Adressinformationsabschnitte enthält, wobei der
Synchronisationsabschnitt Unterabschnitte mit konstanter Wobbelperiode über eine erste Länge enthält und wobei die Unterabschnitte der Adressinformation mit konstanter Periode von der ersten Länge unterschiedene Längen besitzen.

2. Der Datenträger nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Breite der Servospur (0,4 1,25) * 10-6 beträgt, und die Wobbelamplitude der Servospur 30 * 10-6 beträgt. Art. 10 des russischen Patentgesetzes (s. Anlage K 14 – englische Fassung) lautet in der deutschen Übersetzung auszugsweise:

(1) Der Patentberechtigte hat das ausschließliche Recht an der Erfindung […]. Niemand ist berechtigt, eine patentierte Erfindung […] ohne Erlaubnis des Patentberechtigten zu gebrauchen, einschließlich der folgenden Handlungen, wenn diese Handlungen nach diesem Gesetz eine Verletzung des ausschließlichen Rechts des Patentberechtigten darstellen, nämlich:
– ein Erzeugnis, das von der patentierten Erfindung […] Gebrauch macht, in das Territorium der Russischen Föderation einzuführen, herzustellen, zu gebrauchen, zum Verkauf anzubieten, in anderer Weise in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu lagern.“
Die technischen Eigenschaften von CD-R-Discs bzw. CD-R-Recordern sind in einem von der Klägerin mit-herausgegebenen „Orange Book“-Standard beschrieben.
Handelsübliche CD-R-Recorder sind darauf angewiesen, dass die zu beschreibenden CD-R nach dem „Orange-Book"-Standard beschaffen sind, d.h.: Nur wenn die CD-R dem Standard genügt, kann sie mit handelsüblichen CD-RRecordern beschrieben werden.
Die Beklagte ist Herstellerin und Eigentümerin der streitgegenständlichen CD-R. Sie ließ die CD-R in zwei getrennten Containern auf dem Seeweg in den Hamburger Hafen verbringen. Der Zoll verfügte im Januar 2008 hinsichtlich der beiden Container die Aussetzung der Überlassung. Auf Anlagen K 1 und K 3 (AdÜ vom 16. bwz. 24.1.2008) wird verwiesen. Der letztendliche Bestimmungsort der in den Containern enthaltenen CD-R ist zwischen den Parteien umstritten.

Die Klägerin hält die in den Containern enthaltenen CD-R für patentverletzend und hat hierzu im Einzelnen vorgetragen. Sie hat insbesondere Untersuchungsberichte über Musterstücke aus den Containern vorgelegt (Anlagen K 25, K 26).

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe patentverletzende CD-R nach Deutschland eingeführt, um sie hier in den Verkehr zu bringen.
Der Vortrag der Beklagten, nach dem die CD-R tatsächlich nicht für Deutschland,
sondern für Finnland bzw. Tschechien bestimmt seien, werde bestritten. Die von der Beklagten vorgelegten Unterlagen belegten dies nicht. Insbesondere sei für die angeblich für Finnland bestimmten CD-R eine Empfängerin benannt, die ihren Sitz in Russland habe (Anlagen K 9-11). Auch noch weitere Anhaltspunkte belegten, dass diese CD-R, wenn nicht in Deutschland, so in Russland (und nicht in Finnland) in den Verkehr gebracht werden sollten.
Ohnehin könne sich die Beklagte aber nicht darauf berufen, dass die „Durchfuhr“ der Waren nicht zu einer Patentverletzung in Deutschland führe. Das Gegenteil sei der Fall, wie sich aus einer entsprechenden Auslegung der PPVO (Art. 10; 16 f.) i.V.m. deren 8. Erwägungsgrund ergebe. Der 8. Erwägungsgrund enthalte eine eingeschränkte Rechtsgrundverweisung, kraft derer eine Schutzrechtsverletzung so zu prüfen sei, als ob die betreffende Ware in Deutschland hergestellt worden wäre.
Damit sei die Einfuhr von unter das nationale Patent fallenden Waren, auch die
Einfuhr zum Zwecke der Durchfuhr, eine Patentverletzung. Dieses Ergebnis decke sich mit der – richtig verstandenen – aktuellen Rechtsprechung des EuGH und BGH zur Durchfuhr.
Die streitgegenständlichen CD-R seien sogar dann patentverletzend und daher zu vernichten, wenn man auf die angeblichen Bestimmungsländer abstelle. Das bestehende tschechische Patent der Klägerin werde zumindest mittelbar verletzt, das russische Pendant sogar unmittelbar (s. die einschlägigen Normen des ausländischen Rechts, vorgelegt als Anlagen K 8 bzw. K 14, i.V.m. den Patentschriften K 6/K 6.1 bzw. K 12/K 12.1). Zur mittelbaren Patentverletzung in Tschechien: CD-R-Recorder (Aufzeichnungsgeräte i.S.d. Patentschrift) und CD-R bildeten ein  Aufzeichnungssystem. CD-R und CD-R-Recorder wirkten insoweit
„funktional zusammen“, was für eine mittelbare Patentverletzung ausreiche. Die CDR leiste nämlich insoweit einen Beitrag zur Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens.

Die Klägerin beantragt – wobei sie den Klagantrag zu 1. b) mit Schriftsatz vom
25.2.2008 nachgeschoben hat –:

1. a) Die Beklagte wird verurteilt, in die Vernichtung der 600.000 Stück CDR-Discs aus Container MCSU 3… …-2, hinsichtlich derer am 16. Januar 2008 durch das Hauptzollamt Hamburg-Hafen, Zollamt W., Abfertigung E., zum Zollaktenzeichen SV … B – …/2008 – … 30…. die Aussetzung der Überlassung bzw. Zurückhaltung angeordnet wurde, auf Kosten der Beklagten einzuwilligen;

b) – wie mit dem Tenor zu I. erkannt -.

Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Die Beklagte trägt vor, dass sie die für Deutschland Schutz beanspruchenden Patente der Beklagten nicht verletze. Die CD-R seien insbesondere nicht nach Deutschland im patentrechtlichen Sinne eingeführt worden. Sie seien im Falle des einen Containers für Tschechien (dort die L.. S.R.O., Prag), im Falle des anderen Containers für Finnland (dort die D. Europe Ltd., Finnland) bestimmt gewesen. Die Beklagte verweist hierzu auf Transportunterlagen (Anlage B 4; B 7; B 8) und legt Erklärungen des „President“ der Beklagten (Anlage B 3; B 6) bzw. einer „Import Managerin“ vor (Anlage B 5). Die reine Durchfuhr durch deutsches Hoheitsgebiet begründe keine Verletzung eines deutschen Patentes. Dies entspreche der Ansicht der herrschenden Literatur sowie der höchstrichterlichen Rechtsprechung, insbesondere unter Berücksichtigung des Gemeinschaftsrechts.
Auf die Verletzung ausländischer Patente komme es nicht an. Diese seien territorial begrenzt auf das jeweilige Schutzland. Aus der überholten Taeschner/Pertussin-Rechtsprechung lasse sich ein Vernichtungsanspruch zugunsten der Klägerin nicht herleiten. Im Übrigen seien die CD-R mit Tschechien bzw. Finnland auch für Länder bestimmt, in denen die Klägerin gerade über keinen bzw. keinen ausreichenden Patentschutz verfüge. Insbesondere könne von einer mittelbaren Patentverletzung in Tschechien nicht die Rede sein.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 28.1.2009 gem. § 128 Abs. 2 ZPO in das schriftliche Verfahren übergeleitet. Der Tag, der der letzten mündlichen Verhandlung entsprach, war der 1.4.2009.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf die Schriftsätze der Parteien, die Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlungen vom 5.11.2008 und 28.1.2009.
Die Klägerin hat unter dem 17.4.2009 einen weiteren Schriftsatz eingereicht, in dem sie den Rechtsstreit teilweise hilfsweise für erledigt erklärt hat. Auch auf diesen Schriftsatz wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.
Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten Einwilligung in die Vernichtung der 354.600 CD-R verlangen, die Gegenstand der Grenzbeschlagnahme am 24.1.2008 (Container PRSU 2… …-9 – 354.600 Stück) waren, nicht aber Einwilligung in die Vernichtung der 600.000 Stück, die Gegenstand der Grenzbeschlagnahme am 16.1.2008 (Container MCSU 3… …-2 – 600.000 Stück) waren.
I. Vernichtungsanspruch der Klägerin bzgl. der 354.600 CD-R (Container PRSU
2… …-9)  Der Klägerin steht der geltend gemachte Vernichtungsanspruch zwar nicht auf der Grundlage von § 140a PatG zu. Begründet ist das Vernichtungsbegehren aber gem. § 1004 BGB.
1. Zu entscheiden ist über den klägerischen Antrag zu 1. b) in seiner ursprünglichen Fassung. Die mit Schriftsatz vom 17.4.2009 hilfsweise erklärte Erledigung war prozessual unbeachtlich. Sie war zunächst deswegen unbeachtlich, weil die Erledigungserklärung als Prozesshandlung nicht, wie geschehen, bedingt ausgesprochen werden konnte (s. Zöller, ZPO, 27. Aufl., § 91a Rn 13 u. 35; BGH NJW-RR 2006, 1378; zum spätestmöglichen Zeitpunkt einer einseitigen Erledigungserklärung s. außerdem Zöller, a.a.O., Rn 37). Sie ist weiter deswegen unbeachtlich, weil die von der Klägerin vorgesehene Bedingung (SS v. 17.4.2009, S. 3, dort unter Zf. 3) nicht eingetreten ist (dazu im Einzelnen sogleich unter 2.).
2. Der Klägerin steht der geltend gemachte Vernichtungsanspruch auf der Grundlage von § 140a PatG (in der Fassung des zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in Kraft getretenen „Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums“) nicht zu. Es fehlt an hinreichendem Vortrag der Klägerin zu einer patentverletzenden Benutzungshandlung i.S.v. § 140a PatG.

a. Gemäß § 9 PatG ist es jedem Dritten ohne Zustimmung des Patentinhabers verboten, die patentierte Erfindung (Erzeugnis) herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen, oder zu den genannten Zwecken entweder einzuführen oder zu besitzen.
b. Die Klägerin hat nicht hinreichend dazu vorgetragen, dass die Beklagte die
streitgegenständlichen CD-R nach Deutschland im vorstehenden Sinne eingeführt oder dass sie sie hier in den Verkehr gebracht hätte:
Die Klägerin hat zunächst pauschal behauptet, die beschlagnahmten Waren aus
dem Container PRSU 2… …-9 seien nach Deutschland eingeführt worden, um sie hier in den Verkehr zu bringen, und hat hierzu auf die entsprechende AdÜ-Bescheinigungen verwiesen.
Die Beklagte hat demgegenüber zunächst behauptet, die CD-R seien „an die D. Europe Ltd in Finnland“ (im Folgenden wird die Firma als D. Europe Ltd bezeichnet) verkauft worden. Später hat sie ihren Vortrag dahin umgestellt, dass sie, die Beklagte, von der D. Europe Ltd den Auftrag erhalten habe, die Waren nach Finnland zu liefern bzw. liefern zu lassen. Es wäre auf diesen Vortrag der Beklagten hin Sache der Klägerin gewesen, näher darzulegen, warum doch von einer „Einfuhr“ der CD-R gerade nach Deutschland auszugehen sei. Denn die Darlegungs- und Beweislast für die Einfuhr liegt nach allgemeinen Grundsätzen bei der Klägerin. Sie hat aber keine validen Anhaltspunkte dafür geliefert, die darauf schließen lassen würden, dass die CD-R gerade für den deutschen Markt bestimmt waren.
c. Das bloße körperliche Verbringen der CD-R nach Deutschland mit dem – von der Beklagten eingeräumten – Ziel der anschließenden Durchfuhr der Waren ins Ausland begründet keine Patentverletzung (in Deutschland) und damit keinen Vernichtungsanspruch auf der Grundlage von § 140a PatG. Gegenteiliges ist weder der aktuellen Rechtsprechung zu entnehmen, noch der Anwendung der „Produktpiraterie-Verordnung“ auf den vorliegenden Fall.

aa. Der EuGH hat in der Entscheidung Montex/Diesel (abgedruckt etwa in GRUR 2007, 146) für das Markenrecht klargestellt, dass die bloße Durchfuhr Schutzrechtsrelevanter Waren grundsätzlich nicht zu einer Schutzrechtsverletzung im Inland führt. Die abstrakte Gefahr, dass die Waren nicht an ihrem Zielort ankämen, sondern im Schutzland unbefugt in Verkehr gebracht werden könnten, reiche nicht für die Annahme einer Schutzrechtsverletzung aus.
Diesen vom EuGH für das Markenrecht aufgestellten Grundsätzen folgt die Kammer und überträgt sie auf die vorliegende patentrechtliche Fragestellung. Denn es wäre nicht überzeugend, die identische Fragestellung des Einführens bzw. Inverkehrbringens von Waren für das Markenrecht und das Patentrecht unterschiedlich zu beantworten (s. hierzu schon das Urteil der Kammer zum Verfahren 315 O 180/06).
Der EuGH hat sich in der zitierten Entscheidung nicht ausdrücklich zu der Frage
geäußert, unter welchen Voraussetzungen das Stadium einer nur abstrakten Gefahr eines unbefugten Inverkehrbringens der Waren im Schutzland verlassen und eine Schutzrechtsverletzung im (angeblichen) Durchfuhrland im Einzelfall doch begründet sein könnte. Bei ergänzender Heranziehung der Schlussanträge des Generalanwaltes Maduro zum Fall Montex/Diesel erschließt sich, dass eine Durchfuhr „an sich“ schutzrechtsverletzender Ware dann als Verletzungsakt angesehen werden kann, wenn der „begründete Verdacht“ besteht, dass die Waren im Schutzland in den Verkehr gebracht werden sollten. Hierfür könnten Indizien ausreichen (s. die Schlussanträge, Tz. 28, 32 ff., abrufbar etwa unter www.eur-lex.europa.eu).
An greifbaren Hinweisen, also an einem „begründeten Verdacht“ in Bezug auf eine
Schutzrechtsverletzung in Deutschland, fehlt es im vorliegenden Fall.
Insbesondere begründet allein der Umstand, dass die Beklagte ihre Waren offenbar nicht im „externen gemeinschaftlichen Versandverfahren“ versandt hat – wie im Fall Montex/Diesel –, nach Auffassung der Kammer noch nicht einen solchen greifbaren Hinweis. Jedenfalls hat die Kammer keine Anhaltspunkte dafür, dass und warum andere Versandverfahren als das externe Versandverfahren in erhöhtem Maße die Gefahr eines Inverkehrbringens der transportierten Waren in Deutschland mit sich bringen würden. Die Einordnung als „gemeinschaftliches Versandverfahren“ ist eine zollrechtliche, die sich, soweit erkennbar, praktisch – für die Frage des  Inverkehrbringens – nicht auswirkt.
Ein greifbarer Hinweis für eine Einfuhr nach Deutschland wäre auch nicht aus dem Umstand herleitbar, dass die CD-R möglicherweise in ihrem Bestimmungsland außerhalb Deutschlands patentverletzend sind (vgl. aber die insoweit offeneren Ausführungen des Generalanwaltes Maduro, Tz 32: „Eine  Markenrechtsverletzung im Durchfuhrstaat kann nur vorliegen, wenn Indizien die berechtigte Annahme erlauben, dass die Waren mit dem Zeichen DIESEL nicht ausschließlich in Irland in den Verkehr gebracht werden, sondern auch in anderen Staaten, in denen die Marke Schutz genießt, u. a. im Durchfuhrstaat.“; ähnlich Tz 42). Es wäre nämlich nicht überzeugend, ein Indiz für eine Einfuhr oder ein Inverkehrbringen im Inland allein daraus gewinnen zu wollen, dass eine Patentverletzung im Ausland droht (so i.E. auch BGH GRUR 2007, 875 – Durchfuhr von Originalware). Das würde auf eine Art „Generalverdacht“ der (drohenden) Einfuhr in Bezug auf jedes mögliche Schutzland neben dem Bestimmungsland hinauslaufen.
bb. Im Nachgang der EuGH-Entscheidung hat auch der BGH festgehalten, dass in „Durchfuhr-Fällen“ grundsätzlich nicht von einer Schutzrechtsverletzung im Inland auszugehen ist (s. BGH GRUR 2007, 875 – Durchfuhr von Originalware; GRUR 2007, 876 – Diesel II).
cc. Die Kammer teilt nicht die von der Beklagten vertretene Interpretation der PPVO (Verordnung (EG) Nr. 1383/2003 des Rates vom 22. Juli 2003). Die Verordnung enthält Vorschriften, die die Voraussetzungen festgelegen, unter denen die Zollbehörden tätig werden können, wenn Waren in bestimmten Situationen im Verdacht stehen, ein Recht geistigen Eigentums zu verletzen. Schon abgesehen davon, dass die Verordnung aufgrund ihrer Zielrichtung für die hier interessierende Frage nicht einschlägig ist, ist der Wortlaut des Art. 10 der PPVO in der geltenden Fassung – „Ob ein Recht geistigen Eigentums nach einzelstaatlichen Rechtsvorschriften verletzt ist, richtet sich nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet sich die Waren in einer der in Artikel 1 Absatz 1 genannten Situationen befinden“ – eindeutig und insoweit als klarstellender Hinweis anzusehen, dass mit der Verordnung gerade keine materielle Regelung gewollt war (so schon das Urteil der Kammer zum Verfahren 315 O 180/06). Der 8. Erwägungsgrund der Verordnung mag nach allgemeinen Grundsätzen zur Auslegung der Verordnung herangezogen werden können. Den eigenständigen materiell-rechtlichen Gehalt, den die Klägerin ihm zuschreibt, kann die Kammer nicht nachvollziehen. Schon die Einordnung als – dem Regelungsgehalt der Verordnung vorausgeschickter – Erwägungsgrund dürfte dagegen sprechen, ihm einen Inhalt beizumessen, der die Regelungsweite der Verordnung deutlich beeinflussen würde.
d. Eine Verletzung oder drohende Verletzung ausländischer Patente würde einen Vernichtungsanspruch gem. § 140a PatG nicht tragen. Die Durchfuhr von Waren durch Deutschland mag erster Teilakt einer Patentverletzung im Ausland sein können (s. dazu allg. BGH GRUR 1957, 231 – Taeschner/Pertussin I; GRUR 1957, 352 – Taeschner/Pertussin II). Die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 140a PatG sind damit indessen nicht verwirklicht.
3. Die Klägerin kann analog § § 1004, 823 BGB die Einwilligung in die Vernichtung der nach Deutschland verbrachten CD-R verlangen.
a. § 1004 BGB ist grundsätzlich anwendbar, wenn – wie hier – die Beeinträchtigung eines absoluten Rechts, und zwar eines Patentrechtes, in Rede steht, ohne dass die Voraussetzungen von § 140a PatG erfüllt sind (dazu soeben unter I. 2.). § 140a PatG ist möglicherweise in seinem Anwendungsbereich als besondere Ausprägung desjenigen Rechtsgedanken anzusehen sein, den § 1004 BGB – in Gestalt des dort vorgesehenen Beseitigungsanspruchs – als generelle Regelung verkörpert. Im vorliegenden Fall ist aber der Anwendungsbereich von § 140a PatG von vornherein nicht eröffnet. Insoweit spricht nichts dagegen, § 1004 BGB mit Blick auf eine andere Patentverletzung – nämlich eine ausländische Patentverletzung – grundsätzlich heranzuziehen.

b. Die Vorschrift ist deswegen analog anwendbar, weil es nicht um „Eigentum“ im Sinne der Vorschrift geht, sondern um ein eigentumsähnliches absolutes Recht.
Dass § 1004 BGB grundsätzlich auf dem Eigentum vergleichbare absolut wirkende Rechte angewendet werden kann, entspricht der ständigen Rechtsprechung (s. Palandt, BGB, 67. Aufl., § 1004 Rn 4). Vor dem Hintergrund dieses allgemeinen Rechtsgedankens spricht nichts dagegen, § 1004 auf aus einem Patent folgende Rechte entsprechend anzuwenden.
Nicht gänzlich unzweifelhaft, im Ergebnis aber zu bejahen, ist die Frage, ob § 1004 BGB als eigentumsähnliches Recht auch ein ausländisches Schutzrecht umfassen kann.
Das ist insoweit nicht unbedenklich, als damit das an sich territorial begrenzte
Schutzrecht auf fremdes Hoheitsgebiet, im vorliegenden Fall dasjenige der Bundesrepublik Deutschland, „vorverlagert“ wird. Gegen die Zuerkennung solcher „Vorwirkungen“ des fremden Rechts in Deutschland könnte man insbesondere einwenden, dass es der Klägerin offen stehe, ihr Recht gegen die Beklagte im Ausland, also im Bestimmungsland, zu verteidigen und dort in Bezug auf die beschlagnahmten Waren Unterlassungs- und/oder Vernichtungsansprüche – die ggf. in Deutschland vollstreckt werden könnten – geltend zu machen.
Andererseits wird dieser Weg über das Ausland häufig erhebliche praktische Schwierigkeiten aufwerfen und jedenfalls ganz erheblichen Zeit- (und Kosten-
)Aufwand mit sich bringen. Zudem ist der Gedanke der Abwehr „nur“ drohender, also noch in gewisser Weise entfernter, nicht eingetretener Beeinträchtigungen § 1004 BGB immanent. Insoweit erscheint die Annahme bestimmter „Vorwirkungen“ eines absoluten Rechts i.R.v. § 1004 BGB durchaus konsistent. Die Kammer sieht sich bei dieser Annahme auch in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BGH (GRUR 1957, 231; 352 – Taeschner/Pertussin). Der BGH hat – in einem in der Sache parallel zu bewertenden Markenfall – die Durchfuhr von im Bestimmungsland schutzrechts- (nämlich marken-) verletzenden Waren für bereits in Deutschland verbotswürdig erklärt. Die Durchfuhr sei als erster Teilakt der Markenverletzung im Ausland anzusehen. Das ist in der Sache nichts anderes als die Anerkennung einer begrenzten „Vorwirkung“ des ausländischen Rechts insoweit, als es Ansprüche bereits in Deutschland auslösen kann.
c. Die Klägerin macht in der Sache zu Recht eine (drohende) Verletzung ihres
russischen Patentes geltend.
aa. Die Klägerin hat schlüssig dazu vorgetragen, dass die CD-R dazu bestimmt waren, nach Russland geliefert zu werden. Die Beklagte ist diesem Vortrag der Klägerin nicht hinreichend entgegen getreten. Die – für die Patentverletzung in Russland nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastete – Klägerin hat mangels genauerer Kenntnisse über das Bestimmungsland lediglich  Indizien dafür aufgezählt (und aufzählen können), dass die streitgegenständlichen CD-R nach Russland gehen sollten. Sie hat zunächst darauf verwiesen, dass die von der Beklagten vorgelegten
Transportunterlagen einen (End-)Empfänger der Waren in Finnland gerade nicht
erkennen lassen. Lediglich unter „Notify Address“ ist eine Firma D. Europe Ltd
angegeben. Die dabei genannte Adresse ist diejenige eines finnischen Transportunternehmens. Die zur Adresse hinzugefügte Telefonnummer ist offensichtlich weder diejenige des Transportunternehmens in Finnland noch diejenige von D. Europe Ltd; es handelt sich um eine Telefonnummer mit angolanischer Vorwahl. Die Kammer kann daraus nur den Schluss ziehen, dass es sich um eine fiktive Telefonnummer handelt. Die Klägerin hat weiter dargelegt, dass die Firma D. Europe Ltd in Russland ansässig ist. Sie hat aufgezeigt, dass D. Europe Ltd CD-R in der äußerlichen „Aufmachung“ der beschlagnahmten CD-R in Russland über das Internet vertreibt. Die Klägerin hat weiter unwidersprochen vorgetragen, dass CD-R von D. Europe Ltd auf dem finnischen Markt nicht erhältlich sind. Schließlich hat die Klägerin noch e-Mails einer Mitarbeiterin des finnischen Transportunternehmens vorgelegt (Anlage K 44, 45) – auf die es im Ergebnis allerdings nicht mehr ankommt, so dass die von der Beklagten aufgeworfene Frage der Verspätung des Vortrags dahinstehen kann –, aus denen sich ergibt, dass die CD-R für Russland bestimmt gewesen sein dürften.

Vor dem Hintergrund dieses Vortrags oblag es der Beklagten, zum angeblichen Bestimmungsland Finnland näher vorzutragen. Der Beklagten ist ohne Weiteres einzuräumen, dass sie über das End-Bestimmungsland der Waren nicht zwingend etwas wissen kann oder muss. Die Endverwendung ist Sache des Käufers der CD-R, der Firma D. Europe Ltd. Auch mag nicht zwingend aus dem Geschäftssitz des Käufers in Russland abzuleiten sein, dass die Waren auch an diesen Geschäftssitz gehen sollten (zumal die Firma D. Europe Ltd offenbar in mehreren europäischen Staaten tätig ist). Dies entband die Beklagte angesichts des detaillierten Vortrags der Klägerin aber nicht von der Obliegenheit, jedenfalls dasjenige in nachvollziehbarer Form aufzudecken, was ihrem eigenen Wahrnehmungsbereich zugänglich war – den exakten Inhalt ihres „Lieferauftrags“. Die Beklagte hat sich hier auf pauschale, so nicht überprüfbare Aussagen zurückgezogen. An ihrem Vortrag fallen Ungereimtheiten und Widersprüche auf. So hat die Beklagte zunächst vorgetragen, die CD-R seien für den finnischen Markt bestimmt und hätten über Hamburg nach Helsinki verschifft werden sollen. Die Beklagte habe die CD-R nämlich an die „D. Europe Ltd in Finnland“ verkauft (Klagerwiderung, S. 3 f. – Bl. 25a/26 d.A.). Auf das Bestreiten der Klägerin hin und den detaillierten Vortrag, warum alles dafür spreche, dass die Waren für den russischen, nicht aber für den finnischen Markt bestimmt seien, hat die Beklagte ihren Vortrag dahin korrigiert, sie habe die Waren „nach Finnland“ zu verschiffen gehabt (SS. v. 12.1.2009, S. 2 f. – Bl. 186 f. d.A.). Sie hat zum Beleg auf von ihr vorgelegte Transportunterlagen verwiesen, deren Echtheit und inhaltliche Richtigkeit die Klägerin ebenso bestritten hat wie den Umstand, dass sich die Unterlagen auf die streitgegenständlichen Waren beziehen. Der Vortrag der Beklagten ist nicht nur deshalb unzureichend, weil sie keine (unbestrittene oder bewiesene) Adresse eines in Finnland tätigen oder ansässigen Vertriebsunternehmens für CD-R als Empfängeradresse genannt hat, sondern lediglich die Adresse eines  Transportunternehmens. Ihr Vortrag ist auch deswegen unzureichend, weil sich die Beklagte letztlich darüber ausgeschwiegen hat, aufgrund welcher angeblicher vertraglicher Abreden (schriftlich oder mündlich? von wann datierend? exakter Inhalt?) sie die Waren nach Finnland – und nur nach Finnland – habe liefern sollen. Sie hat hierzu auch keine Korrespondenz oder Vertragsdokumente vorgelegt, die aufschlussreich wären.

Den von der Beklagten angebotenen Zeugenbeweis über die inhaltliche Richtigkeit der in Anlage B 6 getätigten Aussagen (SS. v. 12.1.2009, S. 3 – Bl. 187 d.A.) brauchte die Kammer nicht zu erheben. Die Aussagen des Zeugen Zeuge C. sind unerheblich. Es hätte am Ausgang des Verfahrens nichts geändert, wenn der Zeuge Zeuge C. das in Anlage B 6 Niedergelegte bestätigt hätte.
bb. Hat die Klägerin somit ihrer Darlegungslast für eine (drohende) Einfuhr der Waren zum Zwecke des Inverkehrbringens in Russland genügt, so kommt es als nächstes darauf an, ob die CD-R die Patentrechte der Klägerin in Russland verletzen würden.
Davon kann das Gericht ohne Weiteres ausgehen. Die Klägerin hat zunächst detailliert dazu vorgetragen, dass und warum die CD-R ihr deutsches Patent verwirklichten. Die Merkmale des Klag- bzw. Klagerweitungspatents, so hat die Klägerin im Einzelnen und unter Beweisantritt ausgeführt, würden notwendigerweise durch standardgemäße CD-R verwirklicht. Dies hat sie anhand von Untersuchungsberichten untermauert (Anlage K 26). Die Klägerin hat auf parallelen, also sachlich identischen Patentschutz in Russland verwiesen. Und sie hat schließlich beglaubigte Übersetzungen der russischen Patentschrift vorgelegt und zur Rechtslage hinsichtlich Patentverletzungen in Russland im Einzelnen vorgetragen.
Diesem Vortrag ist die Beklagte in der Sache nicht bzw. nicht ausreichend entgegen  getreten. Sie hat lediglich pauschal in Abrede gestellt, die deutschen wie ausländischen Patente der Klägerin zu verletzen. Angesichts des spezifizierten Vorbringens der Klägerin hätte es der Beklagten oblegen, im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen die schlüssigen Darlegungen der Klägerin zur wortsinngemäßen Verwirklichung der Patentansprüche nicht zutreffen. Dies wäre ihr – ggf. mit fachkundiger Hilfe – auch ohne weiteres möglich gewesen. Ihr ersichtlich ins Blaue erfolgtes Bestreiten ist daher unbeachtlich, § 138 Abs. 2 und Abs. 4 ZPO. Die Kammer hatte keinen Anlass, die Beklagte auf die Entscheidungserheblichkeit der Frage der materiellen Patentverletzung noch einmal ausdrücklich hinzuweisen. Die Kammer hat in den Terminen zur mündlichen Verhandlungen deutlich gemacht, dass aus ihrer Sicht eine Fortführung bzw. Übertragung der „Taeschner/Pertussin“- Rechtsprechung des BGH zu erwägen sei. Sie hat damit klargemacht, dass es auf die Verletzung der ausländischen Patente ankommen würde. Das ergibt im Übrigen auch noch aus der Auflage an die Beklagte, beglaubigte Übersetzungen der gesamten Patentschriften vorzulegen.
cc. Dem Vernichtungsanspruch steht schließlich nicht entgegen, dass die Schutzdauer des russischen Patentes im Prozess abgelaufen ist. Vernichtungsansprüche bestehen zutreffender Auffassung nach unabhängig von einem Auslaufen des Schutzrechts, wenn ein Vernichtungsanspruch einmal begründet war (s. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 140a Rn 7; im Grundsatz auch Mes, PatG, 2. Aufl., § 140a Rn 16 m.w.Nachw.). Denn die für die Patentverletzung bestimmten Erzeugnisse bleiben mit dem Makel der Rechtsverletzung behaftet.
Die Kammer kann offen lassen, ob die streitgegenständlichen CD-R in dem Sinne
„bemakelt“ sind, dass sie ein Schutzrecht der Klägerin bereits verletzt haben (so wohl die bereits zitierte Entscheidung Taeschner/Pertussin, in der die Durchfuhr als erster Teilakt einer Verletzung im Ausland bezeichnet wird, s. GRUR 1957, 231). Denn auch dann, wenn man – wofür einiges spricht – davon ausgeht, dass die Waren lediglich bestimmt waren, ein Patentrecht der Klägerin – das russische Patent – zu verletzen (Begehungsgefahr), ergibt sich nicht anderes. Die Waren sind in diesem Fall nicht minder „bemakelt“ und damit nicht weniger vernichtungswürdig.
d. Die begehrte Rechtsfolge – Vernichtung – ist aus § 1004 BGB herleitbar.
aa. Dass in der Rechtsprechung auf der Grundlage von § 1004 BGB (d.h. vor Einführung des § 140a PatG im Jahre 1990) jemals die Verpflichtung zur Vernichtung von patentverletzenden Waren ausgesprochen worden wäre, ist allerdings nicht ersichtlich. Vielmehr wurde vom Reichsgericht für das Patentrecht neben dem Unterlassungsanspruch im Regelfall das Rechtschutzinteresse für die Erhebung des Beseitigungsanspruches (Vernichtung) verneint (s. RG JW 1931, 1878 – dort allerdings in einer Sonderkonstellation, für die offen gelassen wurde, ob auf Basis von § 823 BGB ein Vernichtungsanspruch bestanden haben könnte; s. weiter BGHZ 107, 46 – Ethofumesat: Beseitigungsanspruch, allerdings nicht auf Vernichtung gerichtet).
In der Literatur ist hingegen verschiedentlich auf der Grundlage von § 1004 bzw. § 823 BGB ein Vernichtungsanspruch für möglich gehalten worden (s. Busse, PatG, 6. Aufl., § 140a Rn 4; Benkard, PatG, 10. Aufl., § 139 Rn 38, dort mit dem Hinweis, dass dem Verletzten häufig für die Vernichtung das Rechtsschutzinteresse fehlen werde, wenn schon Unterlassung verlangt werde; Bodewig, GRUR 2005, 632; anders offenbar Mes, PatG, 2. Aufl., § 140a Rn 1, wo es zur Einführung von § 140a PatG heißt: „Der nach bisherigem Recht bestehende Folgenbeseitigungsanspruch (§ 1004 BGB) bzw. der verschuldensabhängige und auf Naturalrestitution gerichtete Schadensersatzanspruch (§ 249 BGB) werden vom Gesetzgeber nicht als ausreichend erachtet, weil sie nur auf unmittelbare Beseitigung des Störungszustandes gerichtet sind, nicht jedoch auf die Vernichtung des patentverletzenden Erzeugnisses.“).
Aus Sicht der Kammer sind grundlegende Einwände gegen einen Beseitigungsanspruch in Form eines Vernichtungsanspruchs nicht erkennbar. Dass die Vernichtung eine effektive Form der Beseitigung einer Störung (auch: einer nur drohenden Störung, s. BGH GRUR 1993, 556 – TRIANGLE für einen „vorbeugenden Beseitigungsanspruch“ im Markenrecht) ist, steht außer Frage. Ob im Einzelfall gerade diese Form der Beseitigung verlangt werden kann, ist Gegenstand der Verhältnismäßigkeitsprüfung.
bb. Auch unter Verhältnismäßigkeitsaspekten sieht die Kammer letztlich keine durchgreifenden Bedenken, die Beklagte im vorliegenden Fall in die Einwilligung in die Vernichtung der streitgegenständlichen CD-R zu verurteilen. Solche grundsätzlichen Bedenken hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 5.11.2008 noch angedeutet. Sie hat darauf hingewiesen, dass jedenfalls im Falle eines „Erstverstoßes“ zu erwägen sein könnte, ob nicht der actus contrarius zur Ein- bzw. Durchfuhr, nämlich die Wiederausfuhr in ein patentfreies Ausland, als milderes Mittel der Beseitigung der (drohenden) Beeinträchtigung in Betracht gezogen werden müsste. Denkbar wäre auch, die Klägerin schon wegen der nur drohenden – noch nicht eingetretenen – Beeinträchtigung ihres Schutzrechts auf die Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen zu verweisen und eine Vernichtung schon unter diesem Aspekt für unverhältnismäßig zu halten.
Diese Bedenken hält die Kammer letztlich nicht für durchschlagend. Die Abwägung der Interessen der Beteiligten spricht für die Vernichtung:
Für die Schutzrechtsinhaberin hat die Beschränkung auf eine Wiederausfuhr oder gar nur auf einen Unterlassungsanspruch den gravierenden Nachteil, dass die Beklagte es mit geringem Aufwand unternehmen könnte, ihre CD-R wenig später wieder – diesmal unbemerkt – durch Deutschland (oder über ein anderes Land) in das Bestimmungsland oder in ein anderes Land zu transportieren, in dem die Klägerin über Patentschutz verfügt (so allg. auch Benkard, PatG, 10. Aufl., § 140a Rn 6: Wiederausfuhr kein taugliches milderes Mittel). In Fällen global tätiger Wirtschaftsunternehmen, wie dem vorliegenden, ist die Vernichtung die einzige Form effektiver Beseitigung der (drohenden) Beeinträchtigung des Patentes.
Es geht aus Sicht der Kammer auch nicht an, im vorliegenden Fall einer „nur“ drohenden Patentverletzung aus generellen Erwägungen heraus einen Vernichtungsanspruch abzulehnen. Dagegen spricht zunächst die Gesetzessystematik. Auch § 140a PatG als paralle bzw. spezielle Vorschrift lässt einen  ernichtungsanspruch in Fällen nur drohender Patentverletzung grundsätzlich zu (s. Benkard, PatG, 10. Aufl., zu § 140a a.F. Rn 3: „Der Anspruch kann nach der Gesetzesfassung gegen jeden gerichtet werden, der einem Anspruch wegen Patentverletzung aus § 139 ausgesetzt ist“; ebenso Mes, PtG, 2. Aufl., § 140a Rn 2). Daran hat die Einführung von § 140a PatG n.F. – trotz neuer Formulierung (s .  insbes. die fehlende Übernahme von § 139 Abs. 1 S. 2 n.F. in die Vorschrift des § 140a PatG n.F.) – nichts geändert. Denn mit der Neufassung der Vorschrift waren insoweit keine materiell-rechtlichen Änderungen bezweckt (s. BT-Drs. 16/5048, S.25 ff. [insbes. 31]; 37 f.). Insoweit spricht nichts dagegen, die Rechtslage bei § 1004 BGB entsprechend zu sehen. Auch in der Sache ist die Zuerkennung eines „vorbeugenden Vernichtungsanspruchs“ angemessen (s. zu einer solchen Konstellation auch die bereits zitierte Entscheidung BGH GRUR 1993, 556 – TRIANGLE). Der Unwertgehalt einer eingetretenen Patentverletzung ist gegenüber demjenigen einer „nur“ drohenden Patentverletzung nicht so deutlich erhöht, dass nur im ersteren Fall die Anordnung der Vernichtung sachgerecht wäre. Es ist vielmehr eine Zufälligkeit, ob der Patentinhaber wie hier kurz vor Eintritt der Schutzrechtsverletzung oder (kurz) nach deren Eintritt auf die Ware aufmerksam wird.
Der Verhältnismäßigkeit der Anordnung der Vernichtung steht schließlich aus Sicht der Kammer nicht entgegen, dass das russische Patent der Klägerin mittlerweile abgelaufen ist. Zwar mag die Beklagte nach Ablauf des Patentschutzes nunmehr berechtigt sein, CD-R wie die streitgegenständlichen nach Russland durchzuführen.
Das ändert aber nichts daran, dass die CD-R insoweit „bemakelt“ sind, als sie für eine Schutzrechtsverletzung bestimmt waren. Die Beklagte hat sich durch die Durchfuhr zu Zeiten gültigen Patentschutzes einen unerlaubten Vorsprung verschafft, den – unter anderem – der Vernichtungsanspruch sanktioniert.
Auch im Übrigen fällt die Interessenabwägung zugunsten der Klägerin aus. Sie sah sich schon angesichts der erheblichen Zahl der eingeführten CD-R einer gravierenden Beeinträchtigung ihres Schutzrechts ausgesetzt. Es handelt sich um leicht  verkäufliche Massenware. Insoweit spricht auch einiges dafür, dass es sich bei den streitgegenständlichen CD-R nicht um einen Einzelfall handelt, sondern, wenn nicht schon für die Vergangenheit, so jedenfalls zukünftig mit weiteren, entsprechenden Lieferungen zu rechnen war. Der Beklagten dürfte es unter Hinzuziehung entsprechend sachverständiger Hilfe auch ein leichtes gewesen sein, die Schutzrechtslage in Russland zu prüfen und das Schutzrecht der Klägerin aufzufinden. Der auf Seiten der Beklagten andererseits entstehende Schaden erscheint, auch unter Berücksichtigung möglicher Ersatzansprüche des Käufers der CD-R, überschaubar.
4. Ob darüber hinaus auf der Grundlage von §§ 823 Abs. 1, Abs. 2; 249 ff. BGB ein Vernichtungsanspruch in Betracht kommt, kann offen bleiben.
II. Kein Vernichtungsanspruch der Klägerin wegen der 600.000 CD-R (Container
MCSU 3… …-2)
1. Zum fehlenden Anspruch der Klägerin gem. § 140a PatG kann auf die Ausführungen unter I. 2. verwiesen werden.
2. Die Klägerin kann auch nicht auf der Basis von § 1004 BGB (analog) die Einwilligung in die Vernichtung der durch Deutschland durchgeführten CD-R verlangen.
Zwar sprechen, wie gesehen, keine durchgreifenden Bedenken dagegen, aus § 1004 BGB einen Vernichtungsanspruch herzuleiten, wenn eine (drohende) Patentverletzung im Ausland erwiesen ist (ob das auch für Fälle einer mittelbaren Patentverletzung gilt, bedarf keiner Entscheidung). In Bezug auf die für Tschechien bestimmten CD-R hat die Klägerin aber eine – mittelbare – Patentverletzung nicht schlüssig vorgetragen. Die Kammer kann den Fall deswegen rechtlich aus eigener Anschauung bewerten, weil die Parteien darin übereinstimmen (und dies auch nachvollziehbar erläutert haben), dass die Rechtslage in Tschechien unterschiedslos der deutschen entspricht, soweit es um die Frage einer mittelbaren Patentverletzung geht. Die streitgegenständlichen 600.000 CD-R verletzen das tschechische Patent der Klägerin nicht mittelbar i.S.v. Art. 13a des Tschechischen Patentgesetzes. Denn bei den streitgegenständlichen CD-R handelt es sich nicht um Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen und dazu dienen, diese zu gebrauchen. Als solche tauglichen „Mittel“ kommen nach der – für das Verständnis des tschechischen Rechts entsprechend  heranzuziehenden – Rechtsprechung des BGH zu § 10 PatG zunächst Mittel in Betracht, die ein oder mehrere Merkmale des betreffenden Patentanspruchs erfüllen (vgl. etwa BGH GRUR 2004, 758 – Flügelradzähler; Überblick bei Scharen in GRUR 2008, 944). Das nimmt die Klägerin – soweit ersichtlich – nicht für sich in Anspruch. Sie verweist aber darauf, dass in der Rechtsprechung des Weiteren „Mittel“ unter § 10 PatG subsumiert würden, die zwar nicht selbst Merkmale des Patentanspruchs verwirklichten, aber dazu geeignet seien, mit einem oder mehreren Merkmalen des Patentanspruchs bei der Verwirklichung des geschützten Erfindungsgedankens funktional zusammenzuwirken (s. auch dazu Scharen, a.a.O., S. 945, unter Hinweis auf BGH a.a.O. – Flügelradzähler).
An einem solchen funktionalen Zusammenwirken fehlt es indessen im vorliegenden Fall. Der Erfindungsgedanke des erfindungsgemäßen Aufzeichnungsgerätes besteht darin, es dem Gerät zu ermöglichen, bestimmte Informationen auszulesen und – je nach ausgelesener Information auf dem zu kopierenden Datenträger – die Aufzeichnungsfunktion des Recorders zu „blockieren“ oder freizugeben. Dies geschieht in der Weise, dass das Gerät in der Lage ist, die Servospur des zu kopierenden Datenträgers abzutasten und hieraus die entsprechende Steuerinformation abzuleiten. Wesentlicher Erfindungsgedanke ist damit der Einsatz einer bestimmten Technologie im Aufzeichnungsgerät. Es mag sein, dass dem Einsatz dieser Technologie im Gerät orrespondiert das Aufbringen von Informationen auf den verwendeten Datenträgern. Der Einsatz der Technologie des Aufzeichnungsgerätes dürfte in allererster Linie die zu kopierenden Datenträger betreffen (auf deren Servospur ggf. die „blockierende“ Information enthalten sein dürfte). Denn auf diesen befindet sich die maßgebliche Information über die „Blockade“ bzw. „Freigabe“ der Aufzeichnungsfunktion. Auch die leeren, zu beschreibenden CD-R werden aber im Recorder eingesetzt; die erfindungsgemäße Technologie des Aufzeichnungsgerätes betrifft also auch diese CD-R. Die Technologie, welche das Aufzeichnungsgerät enthält, und die Technologie der verwendeten Datenträger mögen sich insoweit nach einem Schlüssel-Schloss-Prinzip ergänzen. Ein funktionelles Zusammenwirken von CD-R und Aufzeichnungsgerät in Bezug auf ein und dieselbe Erfindung i.S.d. Rechtsprechung liegt darin nicht. Zur Verwirklichung der technischen Lehre des Aufzeichnungsgeräts trägt die CD-R als solche nicht bei. Die CD-R wird vielmehr, wie die Beklagte es ausgedrückt hat, lediglich bestimmungsgemäß in den patentgeschützten Aufzeichnungsgeräten eingesetzt.
Auf das weitere Argument der Beklagten, dass der Einsatz der CD-R der Beklagten in aller Regel bei „Berechtigten“ – nämlich Käufern von originalen oder lizenzierten Aufzeichnungsgeräten – erfolgen werde, kommt es demnach nicht mehr an.

3. Aus denselben Erwägungen kommt ein Vernichtungsanspruch auf der Grundlage von §§ 823, 249 ff. BGB im vorliegenden Fall nicht in Betracht.

B.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Für die Ermittlung der Gewinnens- / Unterliegensquoten hat das Gericht den Wert der Klaganträge im Verhältnis 12/19 (für den Vernichtungsanspruch, der die 600.000 CD-R betrifft) zu 7/19 (für den Vernichtungsanspruch, der die rd. 350.000 CD-R betrifft) bemessen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
Hinsichtlich des Tenors zu I. hatte die Anordnung vorläufiger Vollstreckbarkeit zu
unterbleiben, s. § 894 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Schneider Dr. Brauer Dr. Franke

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