Kein Online-Handel mit Bio-Produkten ohne Zertifizierung durch eine Öko-Kontrollstelle

15. April 2015
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Bio-zeichen in grüner Farbe mit drei grünen Blättern auf weißem Hintergrund Urteil des OLG Frankfurt vom 30.09.2014, Az.: 14 U 201/13

Gemäß der EG-Öko-Verordnung trifft einen Verkäufer von Bio-Produkten die Pflicht, sich der Kontrolle einer zuständigen Öko-Kontrollstelle zu unterziehen. Unternehmer, die ihre Waren direkt an Verbraucher abgeben, können von dieser Pflicht befreit werden. Direkt meint dabei eine unmittelbare Übergabe der Waren unter Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers, da der Verbraucher nur so die Möglichkeit hat, zu erkennen, ob die Produkte im Einklang mit den Öko-Anforderungen behandelt werden. Die Ausnahmeregelung kann daher niemals einen Online-Versandhandel betreffen.

OLG Frankfurt

Urteil vom 30.09.2014

Az.: 14 U 201/13

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Fulda vom 23.09.2013, Az. 2 O 161/13, wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteil, an die Klägerin 219,35 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2013 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Parteien streiten um die Erstattung von Kosten für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung.

Die Beklagte betreibt im Internet unter der Internetadresse www…..de einen Versandhandel für Kamin- und Grillbedarf. Zu dem Sortiment der Beklagten zählen auch verschiedene Gewürzmischungen, unter anderem Gewürzmischungen, die die Beklagte bereits Ende des Jahres 2012 unter der Bezeichnung „Bio-Gewürze” zum Verkauf anbot. So weist ein Ausdruck der Angebote aus dem Internetshop der Beklagten vom 17.12.2012 eine Vielzahl von Produkten unter den Überschriften „Bio-Feinschmecker Gewürzmischungen“, „Bio-Feinschmecker“ und „Bio-Feinschmecker Gewürz-Set“ in verschiedenen Geschmacksrichtungen und unterschiedlichen Preisangaben auf. Zu den Einzelheiten des Ausdrucks der Angebote aus dem Internetshop der Beklagten wird auf Bl. 48 bis 57 d.A. Bezug genommen. Am 25.01.2013 verkaufte die Beklagte über ihren „E-Bay Shop” das Bio-Glühweingewürz „…“. Zu jenem Zeitpunkt war die Beklagte nicht dem Kontrollsystem gemäß Artikel 27 der Verordnung (EG) Nr.834/2007 (EG-Öko-Verordnung) unterstellt. Die Beklagte unterzog sich einer Kontrolle nach der vorgenannten Vorordnung (EG) am 24. Januar 2013. Ausweislich der Bescheinigung der Z-GmbH vom 28.02.2013 erfüllt die Beklagte seit diesem Tag die Anforderung der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 sowie der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 (vgl. Anlage K 7, BI. 90 d. A.). Bereits mit Schreiben vom 28.12.2012 forderte die Klägerin die Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung bis zum 11.01.2013 abzugeben. In dem als „Abmahnung” bezeichneten Schreiben heißt es unter anderem:

„Wir haben Beschwerden darüber erhalten, dass Sie in Ihrem Online-Shop unter www…..de Bioprodukte anbieten, ohne selbst bio-zertifiziert zu sein. … Als Online-Händler sind Sie verpflichtet, sich selbst den Kontrollen einer zuständigen Öko-Kontrollstelle zu unterziehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Sie Bio-Produkte zum Verkauf anbieten und damit in Verkehr bringen. … Da Sie als Online-Händler die Bio-Produkte in den Verkehr bringen, sind auch Sie verpflichtet, sich von einer Öko-Kontrollstelle zertifizieren zu lassen …. Durch das Inverkehrbringen bzw. das Anbieten und Bewerben von Bio-Produkten, ohne als Online-Händler selbst zertifiziert zu sein, verstoßen Sie gegen Artikel 28 der EG-Öko-Verordnung.“ Zum weiteren Inhalt des Schreibens wird auf Bl. 58 ff. d. A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 04.02.2013, zu dessen Inhalt auf Bl. 67 f. d.A. Bezug genommen wird, gab die Beklagte ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage eine Unterlassungserklärung ab. Durch eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung entstehen der Klägerin durchschnittlich Kosten in Höhe von mindestens 333,68 Euro netto. Mit der Klageforderung macht die Klägerin einen Teil ihrer Aufwendung gegenüber der Beklagten geltend.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass ihre Abmahnung gemäß § 12 Abs. 1 S.2 UWG berechtigt gewesen sei. Ihrer Ansicht nach habe die Beklagte gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit Artikel 27, 28 Abs.1 der EG-Öko-Verordnung verstoßen, indem sie Bioprodukte auf ihrer Internetseite angeboten habe und diese verkauft habe. Die Werbung im Internet stelle zudem eine irreführende Werbung im Sinne des § 5 UWG und 11 LFBG, da die Beklagte angegeben habe, dass die Bio-Gewürze sofort lieferbar wären, was angesichts der fehlenden vorgeschriebenen Zertifizierung nicht der Fall gewesen sei. Ferner sei die Beklagte nicht gemäß § 3 des Öko-Landbaugesetzes (ÖLG) von der Zertifizierung freigestellt, da jene Norm auf Internetanbieter nicht anzuwenden sei, da diese die Erzeugnisse nicht direkt an den Endverbraucher oder -nutzer abgeben würden, Verkaufsort und Einkaufort auseinanderfielen.

Die Beklagte hat behauptet, sie habe zum Zeitpunkt der Abmahnung weder an Endverbraucher oder -nutzer Bio-Gewürze verkauft noch an solche abgegeben. Vielmehr habe sie erstmals am 22.04.2013 die Bio-Gewürze verkauft. Die Beklagte hat daher die Ansicht vertreten, der Klägerin stehe kein Unterlassungsanspruch wegen Wiederholungsgefahr zu. Weiterhin könne die Klägerin nunmehr – da sich die Abmahnung der Klägerin auf einen vermeintlichen Unterlassungsanspruch wegen Wiederholungsgefahr gestützt habe – nun nicht alternativ einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr geltend machen.

Gemäß § 540 Abs.1 Nr.1 ZPO wird bezüglich der erstinstanzlichen Feststellungen sowie hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge auf das angefochtene Urteil des Landgerichts Fulda – Az. 2 O 161/13 -, welches am 23.09.2013 verkündet wurde, Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stünde der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Gemäß § 12 Abs. I S. 2 UWG könne der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nur verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt gewesen sei. Dies sei der Fall, wenn ein Unterlassungsanspruch bestehe. Ein Unterlassungsanspruch wiederum setzte zumindest die Gefahr der Begehung einer unlauteren geschäftlichen Handlung im Sinne des § 3 ff. UWG voraus. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Klägerin einen Verletzungsunterlassungsanspruch wegen Wiederholungsgefahr oder einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch wegen Erstbegehungsgefahr geltend mache. Denn jedenfalls fehle es an einer unlauteren geschäftlichen Handlung der Beklagten. Zwar handele es sich bei Artikel 27, 28 Abs. 1 der EG-Öko-Verordnung um eine gesetzliche Vorschrift, die auch dazu bestimmt sei, im Interesse der Marktteilnehmer – hier der Verbraucher – das Marktverhalten zu regeln. Allerdings liege kein Verstoß gegen die EG-Öko-Verordnung vor. Gem. 28 Abs. 2 der EG-Verordnung 834/2007 könnten Mitgliedstaaten die Unternehmen, die Erzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer verkaufen, von jener Pflicht befreien, sofern diese Unternehmen die Erzeugnisse nicht selbst erzeugen, aufbereiten oder an einem anderen Ort als in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder solche Erzeugnisse nicht aus einem Drittland einführen oder solche Tätigkeiten auch nicht von Dritten ausüben lassen. Von dieser Befugnis habe der deutsche Gesetzgeber in § 3 Abs. 2 Öko-Landbaugesetz (ÖLG) Gebrauch gemacht. Gemäß § 3 Abs. 2 ÖLG seien Unternehmer, die Erzeugnisse im Sinne von Artikel 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 aIs ökologische-biologische Erzeugnisse oder Umstellungserzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer abgeben, von der Einhaltung der Pflicht nach Artikel 28 Abs. 2 der Verordnung EG Nr. 834/2007 freigestellt, soweit sie diese Erzeugnisse nicht selbst erzeugen oder erzeugen lassen, aufbereiten oder aufbereiten lassen, an einem anderen Ort als einem Ort in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder lagern lassen oder aus einem Drittland einführen oder einführen lassen. Die Formulierung des § 3 Abs. 2 ÖLG „direkt an Endverbraucher oder -nutzer abgeben“ sei nicht dahingehend auszulegen, dass eine Abgabe unter Anwesenheit des Endverbrauchers stattfinden müsse. Eine direkte Verkaufshandlung i.S.d. vorgenannten Vorschrift liege auch beim Internetverkauf an Endverbraucher oder Endnutzer vor, weil der Endverbraucher und spätere Empfänger der Ware direkt ein Angebot an den Verkäufer abgebe, welches dann von diesem angenommen werde. Die jeweiligen Willenserklärungen würden daher direkt vom Erklärenden an den Empfänger – wenn auch nicht unter Anwesenden – abgegeben. Nach Übertragung des Rechtsstreites mit Beschluss vom 30.04.2013 (Bl. 82 d.A.) auf den Einzelrichter hat dieser – ohne zuvor den Rechtstreit nochmals der Kammer zur Übernahme vorzulegen – in seinem Urteil die Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Gegen die Abweisung der Klage wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie meint, die Abmahnung der Beklagten vom 28.12.2012 sei berechtigt gewesen. Die Beklagte habe mit ihrem Angebot und dem ankündigungsgemäßen Verkauf von Bio-Produkten gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 27, 28 Abs. 1 der EG-Öko-Verordnung verstoßen, da sie zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht über die erforderliche Zertifizierung verfügt habe. Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine Ausnahme gem. Art. 28 Abs. 2 EG-Öko-Verordnung bzw. § 3 ÖLG berufen. Der von der Beklagten gewählte Vertriebsweg des Internetversandhandels erfülle die Anforderungen an eine „direkte Abgabe an den Endverbraucher” nicht. Die Direktheit der Abgabe von Bio-Produkten müsse an den Ort der tatsächlichen Übergabe, nicht an den Umständen des Austausches der zugrundeliegenden Willenserklärungen festgemacht werden. Dies ergebe sich daraus, dass nach dem Wortlaut des Art 28 Abs. 2 EG-Öko-Verordnung sowie des § 3 Abs. 2 ÖLG eine Ausnahme nur für solche Fälle in Betracht komme, in denen die Verkaufs- bzw. Abgabestelle mit dem Lagerort der Bio-Ware deckungsgleich sei. Anhand der via Internet ausgetauschten Willenserklärungen sei indes nicht festzumachen, wo die Verkaufs- bzw. Abgabestelle gelegen sei. Die notwendige Verknüpfung von Verkaufs- und Lagerort könne daher nur dann gegeben sein, wenn der „Verkauf“ unmittelbar von Angesicht zu Angesicht, d.h. unter gleichzeitiger Anwesenheit des Einzelhändlers und des Verbrauchers, stattfinde. Nur diese Handhabung trage auch dem Sinn und Zweck der EG-Öko-Verordnung Rechnung, eine für den Verbraucher verlässliche und nachvollziehbare Erzeugung und Behandlung von Bio-Erzeugnissen zu gewährleisten. Hierzu gehöre, dass nicht nur die Erzeugung, sondern auch die weitere Behandlung von Bio-Produkten behördlich überwacht werde, um einen Betrug mit solchen Lebensmitteln zu verhindern (Erwägungsgrund 32 zu der EG-Öko-Verordnung). Ohne von diesem Ziel abzuweichen, könne eine Ausnahme von der Überwachungspflicht sinnvollerweise nur dort zugelassen werden, wo der Verbraucher die Überwachung der Abgabe von Bio-Produkten aufgrund eigener Anwesenheit selbst übernehmen könne, weil er den Verkaufs- und Lagerort kenne. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Klägerin vom 20.11.2013 (Bl. 221 – 226 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 16.04.2014 (Bl. 253 – 2254 d. A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Fulda vom 23.09.2013, Az. 2 O 161/13, zu verurteilen, an die Klägerin 219,35 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Auffassung, auch bei stationären Ladengeschäften werde dem Verbraucher oftmals der Zugang zu Lagerräumlichkeiten verwehrt, so dass auch hier für den Verbraucher nicht die Möglichkeit der Kontrolle der Lagerung bestehe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 06.01.2014 (Bl. 241 – 242 d. A.) verwiesen.

II.

1. Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Denn die Berufung ist der gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Fulda statthafte Rechtsbehelf. Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Obwohl der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,- € nicht übersteigt, ist die Berufung aufgrund Zulassung durch den Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Fulda zulässig, § 511 Abs.2 Nr.2 ZPO. Entscheidet der Einzelrichter in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, und lässt die Berufung zu, so ist die Zulassung wirksam (für den entsprechenden Fall der Zulassung der Rechtsbeschwerde: BGH, Beschluss vom 13. März 2003, Az. IX ZB 134/02, zitiert nach juris; BGH, Beschluss vom 03. Juli 2014, Az. IX ZB 4/14, zitiert nach juris).

2. Die Entscheidung unterliegt nicht bereits wegen fehlerhafter Besetzung des Gerichts der Aufhebung von Amts wegen. Zwar bestimmt § 348 Abs.3 S.1 ZPO, dass der Einzelrichter in Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimisst, zwingend das Verfahren an das Kollegium zu übertragen hat. Bejaht er – ohne die Rechtssache der Zivilkammer vorzulegen – mit der Zulassungsentscheidung zugleich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, ist seine Entscheidung objektiv willkürlich und verstößt gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (BGH, Beschluss vom 13. März 2003, Az. IX ZB 134/02, zitiert nach juris; BGH, Beschluss vom 03. Juli 2014, Az. IX ZB 4/14, zitiert nach juris; Greger in Zöller, ZPO, 30.A., § 348, Rn.24). Allerdings hatte der Einzelrichter der 2. Zivilkammer des Landgerichts Fulda den Rechtsstreit nicht der Kammer zur Übernahme vorzulegen. Denn gem. § 348a Abs. 2 Nr.1 ZPO hat der Einzelrichter in Rechtssachen, denen er grundsätzliche Bedeutung beimisst, das Verfahren in Fällen, in denen keine originäre Einzelrichterzuständigkeit begründet ist und die Zivilkammer die Sache durch Beschluss einem ihrer Mitglieder übertragen hat, nur dann an das Kollegium (zurück) zu übertragen, wenn sich die grundsätzliche Bedeutung der Sache aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt. Vorliegend hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Fulda dem Einzelrichter mit Beschluss vom 30.04.2013 den Rechtsstreit gem. § 348 a Abs.1 ZPO zur Entscheidung übertragen. Die grundsätzliche Bedeutung der Sache hat sich im Anschluss hieran nicht aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage, d.h. aus einer Klageänderung oder völlig neuem Vortrag der Parteien ergeben, vielmehr wurde der der Entscheidung zugrundeliegende Vortrag bereits in der Klageschrift und der Klageerwiderung, die im Zeitpunkt des Übertragungsbeschlusses bereits vorlagen, gehalten.

Die Übertragung der Rechtssache auf den Einzelrichter stellt sich nicht bereits als objektiv willkürlich dar und verstößt dementsprechend nicht gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters nach Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Denn Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung der Kammer nicht auf sachlichen, vertretbaren Erwägungen zur Frage der fehlenden grundsätzlichen Bedeutung der Sache beruht, sind nicht ersichtlich.

3. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Aufwendungsersatz in Höhe von 219,35 Euro aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

Der Kläger ist gemäß § 8 III Nr. 2 UWG aktivlegitimiert.

Gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für eine Abmahnung verlangt werden, soweit die Abmahnung berechtigt gewesen ist. Berechtigt in diesem Sinne ist eine Abmahnung, wenn ihr ein Unterlassungsanspruch zugrunde liegt und sie erforderlich ist, um dem Schuldner einen Weg zu weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 12 Rn. 1.80).

Ein Unterlassungsanspruch besteht gem. § 8 Abs.1 S.1 UWG, wenn der Schuldner eine unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und eine Wiederholungsgefahr besteht. Die Beklagte hat eine solche unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen, indem sie bereits am 17.12.2012 unter der Bezeichnung „Bio-Gewürze” verschiedene Produkte zum Verkauf anbot. Gem. § 4 Nr. 11 UWG liegt eine unlautere geschäftliche Handlung vor, wenn der Betreffende einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Beklagte hat durch Anbieten ihrer „Bio-Gewürze” gegen Art. 27, 28 Abs. 1 der EG-Öko-Verordnung verstoßen, da sie zum Zeitpunkt des Anbietens im Dezember des Jahres 2012 der Unterstellungspflicht und Meldepflicht gem. Art. 27, 28 der EG-Verordnung 834/2007 nicht genügt hatte.

a) Bei Art. 27, 28 Abs. 1 der EG-Öko-Verordnung handelt es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG. Eine Vorschrift wird nur dann von § 4 Nr. 11 UWG erfasst, wenn sie (zumindest auch) den Schutz der Interessen der Marktteilnehmer bezweckt (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 11.35a). Marktteilnehmer sind nach der Legaldefinition des § 2I Nr. 2 UWG u.a. Mitbewerber und Verbraucher. Art. 27, 28 Abs. 1 der EG-Öko-Verordnung sind gesetzliche Vorschriften, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer – hier der Verbraucher – das Marktverhalten im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG zu regeln. Vorschriften, die eine Kennzeichnung von Produkten vorsehen, dienen durchweg dem Schutz der Verbraucher und stellen somit Marktverhaltensregelungen im Interesse der Verbraucher dar (Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl., § 4 Rn. 11.118; Urteil des Landgerichts Frankfurt vom 25.11.2010, Az. 2-03 O 221/10, zitiert nach juris). Art. 27, 28 der EG-Verordnung 834/2007 sind solche Vorschriften. Die Verordnung Nr. 834/2007 schafft die Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung der ökologischen/biologischen Produktion. Sie gilt nach Art. 1 Abs.2 für verarbeitete landwirtschaftliche Erzeugnisse, die zur Verwendung als Lebensmittel bestimmt sind. Nach Art. 28 Abs.1 b) ist jeder Unternehmer, der Erzeugnisse im Sinne des Artikels 1 Abs.2 in den Verkehr bringt, verpflichtet, vor dem Inverkehrbringen von Erzeugnissen als ökologisch/biologische Erzeugnisse sein Unternehmen dem Kontrollsystem nach Art. 27 zu unterstellen, wobei jede Kontrollstelle, die das Kontrollsystem im Sinne des Art. 27 durchführt, eine Codenummer zugeteilt bekommt (Art. 27 Abs.10), die im Falle der Verwendung einer Bezeichnung des Art. 23 Abs.1 nach Art. 24 Abs.1 a) als Kennzeichnung aufgeführt werden muss.

Darüber hinaus ergibt sich aus den in der Verordnung mitgeteilten Erwägungen des Verordnungsgebers, dass die Bestimmungen über das Kontrollsystem und die Teilnahme hieran in Art. 27, 28 Abs. 1 der EG-Öko-Verordnung sowie die hierauf aufbauenden Regelungen zur Kennzeichnung in Art.23 Abs.1 und 24 Abs.1 i.V.m. Art.27 Abs.10 verbraucherschützenden Charakter haben. Denn in Ziff. (23) der Erwägungen wird ausgeführt, dass im Interesse des Verbraucherschutzes und eines fairen Wettbewerbs die Begriffe, die der Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen dienen, in der gesamten Gemeinschaft und unabhängig von der verwendeten Sprache vor der Benutzung für nicht ökologische/biologische Erzeugnisse geschützt werden sollen. Ziff. (27) führt weiter aus, die Verbraucher sollten ferner zur Verhinderung betrügerischer Praktiken und zur Vermeidung von Unklarheiten darüber, ob das Erzeugnis aus der Gemeinschaft stammt oder nicht, bei der Verwendung des Gemeinschaftslogos über den Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe, aus denen sich die Erzeugnisse zusammensetzen, informiert werden. Schließlich erläutert Ziff. 31 hierzu, um sicherzustellen, dass die ökologischen/biologischen Erzeugnisse im Einklang mit den Anforderungen erzeugt werden, die der gemeinschaftsrechtliche Rahmen für die ökologische/biologische Produktion vorschreibt, sollten die Tätigkeiten der Unternehmer auf allen Stufen der Produktion, der Aufbereitung und des Vertriebs ökologischer/biologischer Erzeugnisse … einem eingerichteten und betriebenen Kontrollsystem unterliegen.

b) Die Beklagte hat gegen Art. 27, 28 EG – Öko-Verordnung verstoßen, indem sie (spätestens) Ende des Jahres 2012 unter der Bezeichnung „Bio-Gewürze” verschiedene Produkte zum Verkauf anbot, ohne sich zuvor dem Kontrollsystem nach Art. 27 EG – Öko-Verordnung zu unterstellen.

Die Beklagte war nicht gem. § 3 Abs.2 ÖLG von der Unterstellungspflicht und Meldepflicht befreit. Bezüglich einer Unterstellungspflicht und Meldepflicht der Unternehmen regelt zwar Art. 28 Abs. 2 der EG-Verordnung 834/2007, dass Mitgliedsstaaten die Unternehmen, die Erzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer verkaufen, von jener Pflicht befreien können, sofern diese Unternehmen die Erzeugnisse nicht selbst erzeugen, aufbereiten oder an einem anderen Ort als in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder solche Erzeugnisse nicht aus einem Drittland einführen oder solche Tätigkeiten auch nicht von Dritten ausüben lassen. Von dieser Befugnis hat der deutsche Gesetzgeber in § 3 Abs.2 Öko-Landbaugesetz (ÖLG) Gebrauch gemacht. Gemäß § 3 Abs. 2 ÖLG sind Unternehmer, die Erzeugnisse im Sinne von Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr.834/2007 als ökologische-biologische Erzeugnisse oder Umstellungserzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer abgeben, von der Einhaltung der Pflicht nach Art. 28 Abs. 1 der Verordnung EG Nr. 834/2007 freigestellt, soweit sie diese Erzeugnisse nicht selbst erzeugen oder erzeugen lassen, aufbereiten oder aufbereiten lassen, an einem anderen Ort als einem Ort in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagern oder lagern lassen oder aus einem Drittland einführen oder einführen lassen.

Bei der Entscheidung, ob die Beklagte als Online-Versandhändler von der Unterstellungspflicht und Meldepflicht befreit ist, kommt der Auslegung des Wortes „direkt“ in § 3 Abs.2 ÖLG entscheidende Bedeutung zu. Die Auslegung einer Rechtsnorm erfordert es, sie in ein dem objektivierten Willen des Normgebers zu entnehmenden Begriffs- und Wertsystem einzuordnen und so ihren Sinngehalt zu ermitteln. Dabei stehen die üblichen Auslegungsmethoden zur Verfügung. An dem Wortlaut einer Norm muss bei deren Auslegung nicht unbedingt festgehalten werden. Diese sogenannte grammatikalische Auslegung ist nur eine von mehreren sich gegenseitig ergänzenden Methoden. Daneben treten besonders die Auslegung der Norm aus ihrem Zusammenhang und die Auslegung nach ihrem Zweck. Die Auslegung der Norm muss auf die realen Gegebenheiten Bedacht nehmen, aus denen sie erwachsen und auf die sie bezogen ist; sie darf an den konkreten Lebensverhältnissen nicht vorübergehen. Auch die Entstehungsgeschichte einer Rechtsnorm kann bei der Auslegung Berücksichtigung finden und Anhaltspunkte geben (vgl. Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 12. Juni 2013, Az. Vf. 11-VII-11, zitiert nach juris). Bei nationalen gesetzlichen Regelungen, die Gemeinschaftsrecht betreffen, ist zudem zu beachten, dass durch die Auslegung dessen volle Wirksamkeit gewährleistet und zu einem Ergebnis gelangt wird, das mit dem vom Gemeinschaftsrecht verfolgten Ziel in Einklang steht (vgl. EuGH, Urteil vom 5. September 2012 – C-42/11 -, juris; Urteil vom 9. April 2013, Az. C-85/11, zitiert nach juris).

aa) Aus dem Gesetzeswortlaut lässt sich nicht erkennen, wie der Gesetzgeber den verwendeten Begriff verstanden hat. Das Wort „direkt“ hat laut Duden – Deutsches Universalwörterbuch, verschiedene Bedeutungen: ohne Umweg, in gerader Richtung auf ein Ziel zuführend, sich auf ein Ziel zubewegend; unverzüglich, sofort, ohne Aufenthalt; in unmittelbarer Nähe; ohne Vermittlung, ohne Mittelsperson, unmittelbar; durch unmittelbare Beziehung o. Ä.; persönlich, nicht vermittelt; (umgangssprachlich) unmissverständlich, unverblümt. Nach dem Wortlaut der verwendeten Regelung könnte daher die Formulierung „direkt an Endverbraucher oder -nutzer abgeben“ – entsprechend der Ansicht des Landgerichtes – so verstanden werden, dass der Endverbraucher und spätere Empfänger der Ware direkt – ohne Zwischenschaltung Dritter, wie etwa Zwischenverkäufer – ein Angebot an den Verkäufer abgibt, welches dann von diesem angenommen wird, mit der Folge, dass auch beim Internetverkauf an Endverbraucher oder Endnutzer eine direkte Verkaufshandlung vorliegt.

Allerdings könnte das Wort „direkt“ auch – entsprechend der Ansicht der Klägerin – so verstanden werden, dass der Verkauf bzw. die Abgabe unter gleichzeitiger Anwesenheit des Einzelhändlers und des Verbrauchers, stattfinden muss, um die Voraussetzung von der Befreiung von den Unterstellungspflicht und Meldepflicht aus § 3 Abs.2 ÖLG zu erfüllen.

bb) Weder aus den Materialien des Bundesrates aus den Dokumenten des Bundestages zur Entstehung des § 3 Abs. 2 ÖLG lassen sich entscheidende Anhaltspunkte für die Auslegung des Wortes „direkt“ ableiten. Ausweislich des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung (vgl. BR-Drucksache 340/08 vom 23.05.2008), war ursprünglich in § 3 Abs. 2 die Formulierung „direkt an Endverbraucher oder -nutzer verkaufen” beabsichtigt. Der Agrarausschuss empfahl dem Bundesrat in § 3 Abs. 2 ÖLG nach den Wörtern „direkt an Endverbraucher oder -nutzer verkaufen” die Wörter „oder unentgeltlich abgeben” einzufügen. In der Begründung heißt es: In § 3 Abs. 2 wird mit dem Wort „verkaufen“ ein Begriff genutzt, der die Abgabe des Produktes auf eine bestimmte Form beschränkt. Jede andere Abgabe an den Verbraucher mit einem Hinweis auf den ökologischen Landbau (z. B. Verschenken im Rahmen von Verkostungen, jede andere Form der Weitergabe) wäre damit kontrollpflichtig. Aus diesem Grunde und um Missverständnissen vorzubeugen, soll die Formulierung um die Wörter „oder unentgeltlich abgeben” erweitert werden (vgl. BR-Drucksache 340/1/08 vom 20.06.2008). Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages gab die Empfehlung ab, in § 3 Abs. 2 wird das Wort „verkaufen” durch das Wort „abgeben” ersetzt. In der Begründung zu jener Empfehlung heißt es lediglich: „Es handelt sich um eine redaktionelle Klarstellung”. (vgl. BT-Drucksache 16/10595 vorn 15.10.2008). Ohne in der zweiten und dritten Beratung auf die Formulierung näher einzugehen (vgl. Plenarprotokoll 16/183, Seite 19547(B)/19548(A) vorn 16.10.2008) beschloss der Bundestag das Gesetz zur Anpassung von Vorschriften auf dem Gebiet des ökologischen Landbaus an die Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juli 2007 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökologischen/biologischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 2092/91 mit der vom Ausschuss empfohlenen Formulierung in § 3 Abs. 2 „direkt … abgeben” (vgl. Bundesgesetzblatt 2008, Teil I, Nr. 56, Seite 2358 f.). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des Gesetzes – die Anregung des Agrarausschusses übernehmend – die Ausnahmevorschrift über die Modalität des Verkaufens hinaus auch auf die Modalität des unentgeltlichen Abgebens erweitern wollte. Ob das Wort „direkt“ im Sinne eines Verkaufes ohne Zwischenschaltung Dritter zu verstehen ist oder im Sinne einer unmittelbaren Warenübergabe unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers meint, ist hieraus nicht erkennbar.

cc) Bei der Auslegung des Wortes „direkt“ auch zu beachten ist der Umstand, dass der Wille des Gesetzgebers dahin ging, von der Möglichkeit des Artikels 28 Abs. 2 EG-Öko-Verordnung Gebrauch zu machen und diese Ausnahme im deutschen Bundesrecht zu kodifizieren. Daher muss, auch um eine richtlinienkonforme Auslegung vorzunehmen, berücksichtigt werden, welchen Sinn dem Wort „direkt“ in der dem § 3 Abs.2 ÖLG zugrundeliegenden Verordnung (EG) Nr. 834/2007 des Rates vom 28. Juli 2007 beizumessen war. Anhaltpunkte hierfür ergeben sich weder aus dem Wortlaut des Art. 28 Abs.2 der Verordnung noch aus den in Art. 2 der Verordnung enthaltenen Begriffsbestimmungen, welche eine Bestimmung des Begriffes „direkt“ nicht enthält. Auch aus den der Verordnung vorangestellten Erwägungen zu Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 ergibt sich kein entscheidender Hinweis darauf, welche Bedeutung dem Wort „direkt“ letztendlich beizumessen ist. Zwar ist unter Nr. (32) der Erwägungen ausgeführt: „In einigen Fällen könnte es als unverhältnismäßig erscheinen, die Melde- und Kontrollvorschriften auf bestimmte Arten von Einzelhandelsunternehmern, z. B. auf solche, die Erzeugnisse direkt an Endverbraucher oder -nutzer verkaufen, anzuwenden. Es ist daher angebracht, den Mitgliedstaaten zu erlauben, solche Unternehmer von diesen Anforderungen auszunehmen. Um jedoch Betrug zu verhindern, sollte die Ausnahmeregelung nicht für diejenigen Einzelhandelsunternehmer gelten, die ökologische/biologische Erzeugnisse erzeugen, aufbereiten oder an einem anderen Ort als der Verkaufsstelle lagern, aus einem Drittland einführen oder die vorgenannten Tätigkeiten an Dritte vergeben haben. Aus der Formulierung „… auf bestimmte Arten von Einzelhandelsunternehmern …“ ergibt sich, dass nach der Vorstellung des Verordnungsgebers von der in Art. 28 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 vorgesehenen Öffnungsklausel nicht sämtliche, sondern nur einzelne Einzelhandelsunternehmen, welche dort genauer bezeichnet sind, erfasst sein sollen.

Nur, wenn man unter einem Einzelhändler nach herkömmlichem Sprachgebrauch ein Handelsunternehmen versteht, das Waren verschiedener Hersteller beschafft, zu einem Sortiment zusammenfügt und an nichtgewerbliche Kunden, das heißt Verbraucher bzw. Letztverwender, verkauft, und den Begriff „direkt“ in dem Sinne eines Verkaufes ohne Zwischenschaltung Dritter mit Abgabe von Willenserklärungen zwischen dem Einzelhändler und einem Verbraucher versteht, werden von der (Ausnahme-) Regelung alle Einzelhändler erfasst, war allerdings ausweislich der Erwägungen zu Art. 28 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 nicht gewollt war. Allerdings fällt gem. Art.3 Nr. 7 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unter „Einzelhandel“ die Handhabung und/oder Be- oder Verarbeitung von Lebensmitteln und ihre Lagerung am Ort des Verkaufs oder der Abgabe an den Endverbraucher; hierzu gehören Verladestellen, Verpflegungsvorgänge, Betriebskantinen, Großküchen, Restaurants und ähnliche Einrichtungen der Lebensmittelversorgung, Läden, Supermarkt-Vertriebszentren und Großhandelsverkaufsstellen. Nach dieser Begriffsbestimmung sind Einzelhändler nicht nur Handelsunternehmen, die Waren verschiedener Hersteller an nichtgewerbliche Kunden, das heißt Verbraucher bzw. Letztverwender, verkaufen, sondern auch Unternehmen, die Lebensmittel Handhaben, Be- oder Verarbeiten und am Ort des Verkaufs oder der Abgabe an Endkunden lagern, wie Verladestellen oder Großhandelsunternehmen.

dd) Letztlich kann daher für die Bedeutung des Wortes „direkt“ nur auf Sinn und Zweck des § 3 Abs.2 ÖLG sowie des dieser Vorschrift zugrundeliegenden Art. 28 Abs. 2 EG-Öko-Verordnung abgestellt werden. Zweck der Regelung des § 3 Abs. 2 ÖLG war es, für Fälle „in denen es als unverhältnismäßig erscheint“, die Melde- und Kontrollvorschriften auf bestimmte Arten von Einzelhandelsunternehmern anzuwenden, eine Ausnahme von den in Art. 27, 28 EG-Öko-Verordnung geregelten Melde- und Kontrollvorschriften zuzulassen. Eine Ausnahme soll jedoch nicht zugelassen sein, sofern ein Unternehmen die Erzeugnisse an einem anderen Ort als in Verbindung mit der Verkaufsstelle lagert. Unter Berücksichtigung des mit den Regelungen bezweckten Verbraucherschutzes können als Fälle „in denen es als unverhältnismäßig erscheint“, die Melde- und Kontrollvorschriften auf bestimmte Arten von Einzelhandelsunternehmern anzuwenden, nur Fälle gemeint sein, in denen es dem Verbraucher auch ohne Unterstellung unter das staatlich organisierte Kontrollsystem des Art. 27 EG-Öko-Verordnung möglich ist, zu erkennen, ob die ökologischen/biologischen Erzeugnisse im Einklang mit den Anforderungen behandelt werden, die der gemeinschaftsrechtliche Rahmen für alle Stufen der ökologisch/biologischen Produktion, der Aufbereitung und des Vertriebs vorschreibt und betrügerische Praktiken oder Unklarheiten darüber vermieden werden. Dies kann nur bei Unternehmen der Fall sein, bei denen der Verbraucher von den Gegebenheiten der Abwicklung des Erwerbes her zumindest dem Grunde nach den Abgabevorgang persönlich überschauen und kontrollieren kann. Dies ist im Online-Handel allerdings nicht der Fall. Denn hier ist es bereits nicht möglich, anhand der via Internet ausgetauschten Willenserklärungen festzumachen, wo sich die Verkaufsstelle befindet. Der Verbraucher ist hier darüber hinaus nicht in der Lage, die Umstände der Behandlung des von ihm erworbenen Produktes in Augenschein zu nehmen. Daher ist das Wort „direkt“ im Sinne der vorgenannten Vorschrift so zu verstehen, dass es einen Verkauf am Ort der Lagerung unter gleichzeitiger Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers meint.

c) Die Beklagte war auch verpflichtet, sich bereits bei Anbieten der Produkte Ende des Jahres 2012 dem Kontrollsystem des Art. 27 der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 zu unterwerfen, selbst wenn ein Verkauf der entsprechenden Produkte erst im Januar 2013 (wie die Klägerin vorträgt) oder gar im April 2013 (nach der Behauptung der Beklagten) erstmals stattgefunden haben sollte. Denn nach Art.28 Abs.1 b) der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 ist ein Unternehmer, der Erzeugnisse im Sinne des Art. 1 Absatz 2 erzeugt, aufbereitet, lagert, aus einem Drittland einführt oder in Verkehr bringt, verpflichtet, vor dem Inverkehrbringen von jeglichen Erzeugnissen als ökologische/biologische Erzeugnisse oder als Umstellungserzeugnisse sein Unternehmen dem Kontrollsystem nach Artikel 27 zu unterstellen. Zur Bestimmung des Begriffs „Inverkehrbringen“ verweist Art.2 j) der Verordnung (EG) Nr. 834/2007 auf die Begriffsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit. Dort regelt Art.3 Nr. 8, dass „Inverkehrbringen“ das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst ist.

Durch das Anbieten der streitgegenständlichen „Bio-Gewürze“ im Dezember des Jahres 2012 in ihrem Internetshop hat die Beklagte die betreffenden Lebensmittel im Sinne der vorgenannten Begriffsbestimmung zum Verkauf angeboten.

d) Der gerügte Verstoß führt auch zu einer spürbaren Beeinträchtigung im Sinne des § 3 I UWG. Die Unterwerfung unter das Kontrollsystem des Artikel 27 der EG-Verordnung 834/2007, die zur Folge hat, dass dem Unternehmer die zutreffende Kennzeichnung u.a. mit der Angabe der Kontrollstellennummer möglich ist, ist für den Verbraucher von erheblichem Interesse. Sie dient dem Nachweis, dass das Produkt bzw. der Hersteller von einer staatlichen Kontrollbehörde überprüft worden ist und enthält mit der Angabe der Kontrollstellennummer gleichzeitig die Information, an welche Behörde sich insoweit wenden kann.

e) Aufgrund der Erstbegehung durch die Beklagte – dem „Inverkehrbringen“ der streitgegenständlichen „Bio-Gewürze“ durch Anbieten auf der Internetplattform der Beklagten – besteht auch die für den Unterlassungsanspruch notwendige Wiederholungsgefahr. Diese kann im Regelfall nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden. Eine solche haben die Beklagten jedoch vor dem beanstandeten Anbieten der Produkte nicht abgegeben.

f) Die Klage ist auch der Höhe nach begründet. Dem Kläger als abmahnenden Verband steht die geltend gemachte Kostenpauschale in Höhe von 219,35 Euro zu. Dabei kann dahinstehen, ob die Abmahnung in allen Punkten berechtigt war. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung der vollen Kostenpauschale, da diese unabhängig von der Wertigkeit des abgemahnten Wettbewerbsverstoßes anfällt (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 13. Dezember 1990, Az. 6 U 39/89, zitiert nach juris). Die geltend gemachte Kostenpauschale ist in der Höhe nicht zu beanstanden (vgl. Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 12 Rn. 198). Hiergegen wendet sich die Beklagte auch nicht.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 I BGB ab Rechtshängigkeit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet seine Grundlage in den §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hat.

Einer Rechtssache kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn die Sache eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.11.2008, Az. 1 BvR 2587/06, NJW 2009, 572, 573; Beschluss vom 27.05.2010, Az. 1 BvR 2643/07, FamRZ 2010, 1235, 1236; Beschluss vom 29.09.2010, Az. 1 BvR 2649/06, zitiert nach juris; BGH, Beschluss vom 04.07.2002, Az. V ZB 16/02, NJW 2002, 3029; Ball in Musielak, Kommentar zur ZPO, 10. A. 2013, § 543 ZPO, Rn. 5; Heßler in Zöller, ZPO, 30. A. 2014, § 543, Rn. 11; Kessal-Wulf in Vorwerk/Wolf, Beck’scher Online-Kommentar ZPO, Stand: 01.04.2013, § 543, Rn. 19). Klärungsbedürftig sind dabei solche Rechtsfragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2007, Az. 1 BvR 650/03, NJW-RR 2008, 26, 29; Beschluss vom 27.05.2010, Az. 1 BvR 2643/07, FamRZ 2010, 1235, 1236; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 03.09.2013, Az. 15 U 92/12, ZEV 2013, 674, 677; Heßler in Zöller, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 543, Rn. 11). Dies ist hier der Fall. Denn die Sache wirft die klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage auf, wie das Wort „direkt“ § 3 Abs. 2 ÖLG auszulegen ist und ob die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 2 ÖLG auch für den Internethandel gilt. Hierzu werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, die Frage ist höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt, eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu dieser Frage liegt nicht vor. Angesichts der erheblichen Bedeutung des Verkaufs durch Internet sowie der stets wachsenden Nachfrage nach Bioprodukten ist zu erwarten, dass die Frage nach der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 2 ÖLG auf den Internethandel sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt.

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