„Einer zahlt, einer nicht“

30. März 2009
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Eigener Leitsatz:

Wird eine Ware oder Dienstleistung als "kostenlos" beworben, ist bei der Beurteilung der Irreführungsfiktion nach der Richtlinie 2005/29/EG entscheidend, ob der durchschnittliche Verbraucher mit Kosten rechnet. Somit kann mit einer kostenlosen Zugabe geworben werden, wenn erkennbar ist, dass für die "Erstleistung" bezahlt werden muss.

Oberlandesgericht Köln

Beschluss vom 30.12.2008

Az.: 6 W 180/08

Beschluss

Tenor:  

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen vom 19.12.2008 – 41 O 596/08 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.

Gründe:

Die nach §§ 567 Abs. 1 Nr. 2, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen die mit dem angefochtenen Beschluss erfolgte Zurückweisung seines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, der das Landgericht nicht abgeholfen hat, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Angegriffen ist die nachfolgend wiedergegebene Werbung mit dem Hinweis: " Wir bieten Ihnen einen Winter-Check für 15,- € und schenken Ihnen dazu auch noch einen Gutschein für einen kostenlosen Wintercheck, den Sie für ein weiteres Auto gleich welcher Marke nutzen können."

– Kopie von Blatt 19 der Akte (Ausdruck vom: Dienstag, 9. Dezember 2008 – www. E. de)-Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das Landgericht den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG i.V.m. Art. 5 Abs. 5 und Anh. I Nr. 20 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (von deren Maßgeblichkeit für die europarechtskonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts auch der Senat ausgeht) verneint. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Einerseits steht zwar außer Frage, dass die danach verbotene Beschreibung eines Produkts (oder einer Dienstleistung) als "gratis", "umsonst" oder "kostenfrei" keine buchstäbliche Verwendung dieser Wörter voraussetzt, sondern bei der Benutzung anderer ähnlicher Wörter ("autres termes similiaires") wie "kostenlos" (was nur eine andere Übersetzungsmöglichkeit des französischen "sans frais" darstellt) ebenfalls vorliegen kann. Andererseits greift aber nicht schon bei jeder Verwendung des Wortes "kostenlos" (oder ähnlicher Wörter) in einer Absatzwerbung die Irreführungsfiktion gemäß Nr. 20 der Anlage I zur Richtlinie ohne jede Wertungsmöglichkeit. Entscheidend ist vielmehr, ob der durchschnittliche Verbraucher mit Kosten rechnet, die ihm "im Rahmen des Eingehens auf die Geschäftspraktik" entstehen. Dagegen verfolgt die Richtlinie ersichtlich nicht das Ziel, künftig sämtliche Zugaben zu verbieten; bleiben solche für sich genommen kostenlosen Zugaben zu einem (entgeltlichen) Angebot aber erlaubt, müssen sie auch als "kostenlos" oder als "Geschenk" angekündigt werden können, solange nicht beim Durchschnittsverbraucher der Eindruck entsteht, er brauche, um die Zugabe in Anspruch nehmen zu können, nichts anderes abzunehmen und an den Anbietenden folglich überhaupt nichts zu bezahlen.

Das vom Antragsteller (als Anlage 3) in Bezug genommene Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 19.11.2008 – 7KFH O 221/08 – betraf die Werbung für ein mit einem Paketpreis von "0,- €" beworbenes Produktsortiment, das von dem Werbenden nur bei Abschluss eines Vertrages mit zweijähriger Bindung abgegeben wurde, wobei sich diese Bedingung aus einem bloßen Sternchenhinweis ergab. Um einen solchen Fall geht es hier nicht: Dem Verbraucher wurde vom Antragsgegner als "Aktion des Monats: Einer zahlt, einer nicht" ein "Winter-Check" für 15,- € angeboten; er wurde in keiner Weise darüber im Unklaren gelassen, dass er diesen Betrag bei einem Eingehen auf das Angebot jedenfalls zahlen müsse. Bei dieser Sachlage konnte ein durchschnittlich aufmerksamer Verbraucher die Ankündigung, dass der Anbieter ihm nach Bezahlung von 15,- € für die angebotene Dienstleistung "dazu" – als Zugabe – einen "Gutschein" für einen "kostenlosen" Winter-Check bei einem anderen Auto "schenken" werde, nicht missverstehen, so dass für die Fiktion einer Irreführung gemäß Nr. 20 des Anhangs I zur Richtlinie 2005/29/EG kein Raum ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 14.000,00 €

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