Werbung für Pauschalreisen mithilfe eines Preisindikators zu ungenau

13. Mai 2019
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Heft mit Strandstühlen unter Palmen am Meer Urteil des LG Hannover vom 19.07.2018, Az.: 74O 10/18

Pauschalreiseanbieter sind gemäß § 5 Abs. 2 UWG verpflichtet, dem Verbraucher für seine geschäftliche Entscheidung, dazu gehört auch die konkrete Preisanfrage beim Reiseanbieter, alle dafür wesentlichen Informationen zu geben. Teil dessen ist besonders der zu erwartende Reisepreis. Ein in Katalogwerbung verwendeter Preisindikator ist, im Gegensatz zu einem Mindestpreis, nicht ausreichend dafür. Denn mit dem Preisindikator lässt sich nicht erkennen, ob dieser die Preise in der Haupt- oder Nebensaison abbildet, ob es sich um einen Mindest- oder Durchschnittspreis handelt und ob Rabatte mit einbezogen werden. Auch die insgesamte Preisspanne wird nicht deutlich. Die Katalogwerbung, die sich vornehmlich an nicht internetaktive Personen richtet, informiert folglich die Interessenten nicht genug um die Angebote mit anderen vergleichen zu können.

Landgericht Hannover

Urteil vom 19.07.2018

Az.: 74 O 10/18

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr in Reisekatalogen für Pauschalreisen unter Darstellung eines Leistungspakets sowie der Angabe eines „… PREISINDIKATORS“ zu werben, ohne gleichzeitig den Kunden in exakt bezifferter Form über den von ihm zu zahlenden Reisepreis zu informieren, wie geschehen in dem Reisekatalog „Spanien und Portugal“ für den Zeitraum von November 2017 bis März 2018 und in der Anlage K1 wiedergegeben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 267,50 € (brutto) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

4. Das Urteil ist hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 €, im Übrigen vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

5. Der Streitwert wird auf bis zu 30.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Beklagte ist ein bekanntes Reiseunternehmen, welches u.a. Pauschalreisen anbietet und u.a. mit Reisekatalogen, die in regelmäßigen Abständen erscheinen, bewirbt.

Der Kläger ist ein gerichtsbekannter Verband zur Durchsetzung von Verbraucherinteressen wegen unlauteren Wettbewerbs.

Die Beklagte bewarb mit ihrem Reisekatalog mit der Gültigkeitsdauer von November 2017 bis März 2018 Reisen nach Spanien und Portugal, die im Katalog wie folgt beschrieben sind:

Der Kläger meint, der in der rechten unteren Ecke eines jeden Reiseangebots aufgeführte „…-PREISINDIKATOR“ sei unzureichend, um den angesprochenen Verbraucher über die jeweiligen Reisepreise zu informieren. Aus den sog. „Preisbarometern“ ergäbe sich, anders als bei der Angabe eines Mindestpreises („Preis ab“) nicht ausreichend nachvollziehbar das Preisniveau der Reisen. (Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift, Blatt 6 – 10 d.A., sowie die Protokollerklärungen Blatt 61 – 63 d.A. Bezug genommen)

Nach erfolgloser Abmahnung, für die der Kläger den Aufwendungsersatz in Höhe von 250 € zzgl. 7 % Umsatzsteuer begehrt, beantragt der Kläger,

die Beklagte wie erkannt zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie meint, das Preisbarometer sei für die Kundeninformation ausreichend, da es in Kombination mit dem Online-Preisberechnungssystem zu beurteilen sei. Damit entfalle der von Verbrauchern nicht immer positiv aufgenommene, oft kritisierte Preiskatalog, der ersetzt werde durch eine einfache, schnelle und präzise Preisermittlung online auf der Webseite … die per Smartphone, Tablet oder Desktop besucht werden könne. Alternativ könne der Kunde die Preise im Reisebüro oder mittels E-Mail erfragen. Diese Form der Preisermittlung komme Kundenwünschen und Informationen zu Buchungsgewohnheiten der Kunden entgegen und nehme auf die stetig voranschreitende Digitalisierung aller Lebensbereiche Rücksicht. Sie meint, diese Art der Preisinformationen sei auch mit den wettbewerbsrechtlichen Informationsverpflichtungen vereinbar (wegen der weiteren Ausführungen wird auf die Klagerwiderung vom 02.05.2018, Blatt 32 – 46 d.A.) verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten gem. §§ 3, 5 a Abs. 2, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG verlangen, dass diese es künftig unterlässt, unter Darstellung ihres Leistungspaketes sowie der Angabe eines „…-PREISINDIKATORS“ zu werben, ohne gegenüber dem Kunden bezifferte Preisangaben zu machen.

1.

Der Kläger ist als gerichtsbekannter, bundesweit tätiger Verein gem. § 8 As. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt.

2.

Die im Tatbestand wiedergegebene Katalogwerbung verstößt gegen § 5 a Abs. 2 Nr. 1 UWG. Nach dieser Vorschrift handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die dieser je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthaltung geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

a)

Der Katalog wendet sich an Verbraucher.

b)

Zu den geschäftlichen Handlungen im Sinne der Vorschrift gehören nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 9 UWG alle Entscheidungen eines Verbrauchers darüber, „ob und wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen … will, unabhängig davon, ob der Verbraucher sich entschließt, tätig zu werden“. In der Rechtsprechung sind als geschäftliche Entscheidungen im Sinne der Regelung bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift auch solche Entscheidungen anzusehen, die mit den darin aufgeführten Entscheidungen unmittelbar zusammenhängen (vgl. EuGH, WRP 2014, 161 Rn. 38 – Trentos Belupo, BGH WRP 2015, Seite 851 Rn. 20). Dazu gehören auch tatsächliche Entscheidungen wie die, ob ein Geschäft betreten werden soll (EuGH, WRP a.a.O.), das Öffnen einer Internetseite, die es ermöglicht, ein beworbenes Produkt zu erwerben oder sich näher damit zu befassen (BGH WRP 2016, 859 Rn. 16, 17). Der von der Beklagten mit der Katalogwerbung angesprochene Verbraucher soll sich gerade, das ist die Intention des Katalogs, mit den darin konkret beschriebenen Reisen befassen und im nächsten Schritt deren Preis durch eine Abfrage im Internet, per E-Mail oder durch Aufsuchen eines Reisebüros erfragen, wie die Beklagte selbst konkret ausgeführt hat. Die Entscheidung darüber, ob der Verbraucher hier eine derartige Preisanfrage vornimmt und eine Internetnachfrage vornimmt, der Beklagten eine Mail übermittelt oder ein Reisebüro aufsucht, stellt nach den o.g. Kriterien der Rechtsprechung eine geschäftliche Handlung i.S.d. § 5 a Abs. 2 Nr. 1 UWG dar.

3.

Deshalb ist die Beklagte gem. § 5 a Abs. 2 UWG verpflichtet, dem Verbraucher unter Berücksichtigung aller Umstände für diese geschäftliche Entscheidung – Preisermittlung – die dafür wesentlichen Informationen zu geben. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob der Preisindikator ausreichend ist, um dem Verbraucher die Information zu geben, die ihn in die Lage versetzen, sachgerecht darüber zu entscheiden, ob er eine Preisanfrage bei der Beklagten vornehmen sollte oder nicht. In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Katalogwerbung gerade auch an Verbraucher wendet, die nicht internetaktiv sind und gerade deshalb auf der Grundlage von Vorinformationen durch Printmedien darüber entscheiden, ob bzw. bei welchem Veranstalter sie Reisen buchen wollen, welches Reisebüro sie aufsuchen bzw. nach welchen Reisen sie dort nachfragen.

Vor diesem Hintergrund reicht die Preisangabe mit dem Preisindikator ohne Angabe jeder Bezifferung des Reisepreises nicht aus, um konkret festzustellen, ob eine derartige Preisnachfrage seitens des Verbrauchers sinnvoll oder erwägungswert ist.

Tatsächlich wird jeweils bei den „Preisbeispielen“ das komplette Leistungspaket der Beklagten für die entsprechenden Reiseziele und das Hotel dargestellt. Allerdings hängen, wie auch in der mündlichen Verhandlung erörtert, die konkreten Reisepreise üblicherweise von der Buchungszeit und den konkreten Reisedaten ab, die bei attraktiven Reisezeiten in den Sommermonaten bzw. in den Ferienzeiten höher sind (Hauptsaison) als in den weniger nachgefragten Zeiten (Nebensaison). Wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, gibt der Preisindikator keinerlei Hinweis darauf, auf welche Reise- bzw. Buchungsdaten sich der jeweils gesetzte Pfeil zur Preisangabe bezieht, ob es sich dabei um einen Mindestpreis, einen Durchschnittspreis oder einen mit Rabatten für bestimmte Buchungszeiträume versehenen Preis handelt. Auch wird nicht deutlich, innerhalb welcher Preisspanne jeweils die Reisen angeboten werden. In der Verhandlung ist erörtert worden, dass sich der Preisbalken bei den in Rede stehenden Reisen jeweils zwischen 250 € und 1.300 € in 150-Euro-Schritten bewegt. Auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte der Klägerin konkret nicht angeben können, ob der jeweils vorgegebene Preisrahmen von 250 – 1.300 € in den wiedergebebenen Beispielen abgedeckt wird, ohne mit der Beklagten Rücksprache zu nehmen. Daraus ergibt sich, dass jedenfalls aus dem Katalog selbst, aufgrund dessen der Verbraucher seine Entscheidung treffen soll, nicht klar ist, in welchem Preisrahmen sich die Reisen bewegen. Wenn selbst der Bevollmächtigte der Beklagten hierzu Nachfrage halten muss, kann die Information des Verbrauchers selbst nicht ausreichend sein, um hier den Preisrahmen auch nur ansatzweise zu beurteilen. Es liegt zwar nahe, mit Rücksicht auf die jeweils identische Reisedauer und den Abflugort München anzunehmen, dass die unterschiedliche Einstufung der im Tatbestand aufgeführten Reisen mit dem Preisindikator im Bereich von etwa 350 – 700 € pro Woche mit der Qualität und Wertigkeit der Reiseleistung im Zusammenhang steht. Zwingend ist dies nicht, da höhere Preise hier auch auf der Grundlage von Preisermittlungen für die Hauptsaison beruhen können, ohne dass dies aus dem Preisindikator hervorgeht und für den Verbraucher ersichtlich und verständlich wird.

Der Verbraucher soll damit für bestimmte, ihn interessierende Reisen eine Preisanfrage in der o.g. Form vornehmen, ohne vorher über Informationen zu verfügen, die ihm z.B. einen Vergleich des Preisniveaus der Angebote der Beklagten untereinander, aber auch mit Angeboten anderer Anbieter ermöglichen könnte. Da für Urlaubsreisen das Preisniveau naturgemäß eine erhebliche Rolle spielt und Verbraucher, zu denen das erkennende Gericht gehört, üblicherweise vorab sich darüber informieren wollen, zu welchem Preissegment Reiseangebote gehören, die sie konkret in die engere Auswahl ziehen und für die sie weitere Nachforschungen anstellen, reichen die vorliegenden Informationen hier nicht aus, um eine informierte geschäftliche Entscheidung darüber zu treffen, ob für bestimmte Angebote eine Preisanfrage erfolgen soll. Hierzu ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zumindest die Angabe eines „Ab“-Preises erforderlich, aber auch ausreichend (EuGH GRUR 2011, Seite 930 TZ 40).

Der Klage war daher stattzugeben.

4.

Daneben hat der Kläger Anspruch auf Erstattung der angemessenen und berechneten Aufwendungen für die Abmahnungen gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Der Streitwert ist unter Berücksichtigung des vom Kläger angegeben, nach Einschätzung der Kammer nachvollziehbaren Interesses an der verlangten Unterlassung festgesetzt worden.

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