Zur Herkunftstäuschung beim Verkauf von Frischmilch

12. September 2014
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Urteil des OLG Stuttgart vom 04.07.2013, Az.: 2 U 157/12

Der Vertrieb von Frischmilch unter dem Namen einer deutschen Region ist eine Irreführung wegen geographischer Herkunftstäuschung, wenn die Milch zwar größtenteils von ebendieser Region stammt, nicht aber dort abgefüllt wird. Der Durchschnittsverbraucher geht bei einer solchen Produktbezeichnung von einer gewissen Nähe zum Erzeugnis aus. Gerade bei Produkten, deren geographische Herkunft die Kaufentscheidung beeinflussen können, ist eine Täuschung über diese wettbewerbswidrig. Es ändert die Bewertung insbesondere nicht, dass der Milchhersteller Inhaber einer Marke mit Namen der betreffenden Region ist. Obwohl die Region ein eingetragener Markenname ist, so verliert sie dennoch nicht ihre Bedeutung als geographische Angabe.

Oberlandesgericht Stuttgart

Urteil vom 04.07.2013

Az.: 2 U 157/12

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil der Vorsitzenden der 41. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 27.08.2012 geändert.

2. a) Der Verfügungsbeklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern, untersagt, im geschäftlichen Verkehr für Frischmilch, die in K. abgefüllt wurde, zu werben mit der AngabeMARK B,wenn dies geschieht wie auf Seite 3 und 4 des Verfügungsantrages abgebildet wiedergegeben (und als Kopie der dortigen Vorlage zum Bestandteil des Urteils gemacht).

b) Im Übrigen wird die Berufung unter gleichzeitiger Zurückweisung des weitergehenden Verfügungsantrages zurückgewiesen.

3. Der Verfügungsbeklagten wird eine Aufbrauchfrist eingeräumt bis 31.12.2013.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Verfügungskläger 1/3, die Verfügungsbeklagte 2/3.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 100.000,00 EUR

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Verfügungsklägerin ist zulässig, ist hat der Sache nach in Teilen Erfolg.

A.

Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; ferner § 313 a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 542 Abs. 2 ZPO).

Kurz zusammenfassend:

Der Verfügungskläger [im Folgenden kurz: Kläger] wendet sich gemäß § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB und § 5 UWG gegen die Aufmachung von Milchtüten der Verfügungsbeklagten [im Folgenden kurz: Beklagten], da mit MARK B. der falsche Eindruck erweckt werde, die Milch werde dort auch abgefüllt; die Abmahnung rügte noch, dass die Milch überwiegend nicht aus B. stamme.

Solches war in Bezug auf dieses seit 2007 unbeanstandet vertriebene Produkt der Fall. Nun aber kommt die Milch aus verschiedenen Regionen Deutschlands, teilweise aus B. (Beklagte Bl. 20), und wird in K. abgefüllt.

Der Kläger sieht durch den unter das auch Wort-/Bild-Zeichen, das seit 2001 als Marke eingetragen ist (AG 1 e) für die Warenklasse 29 (Milch und Milchprodukte), gesetzten Hinweis

MILCH VON DEUTSCHEN BAUERNHÖFEN“ABGEFÜLLT IN K.

keine die von dem Markeneinsatz ausgehende Irreführung aufhebende Aufklärung, zumal auch das Wort-/Bild-Zeichen in seinem blickfangmäßigen Einsatz unwahr sei und dieser Vermerk am Blickfang nicht teilhabe.

Die Beklagte erhob etliche, nachfolgend abzuhandelnden Einwendungen.

Das Landgericht wies den Verfügungsantrag zurück, da die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG widerlegt sei. Der Kläger habe sich rechtsmissbräuchlich der Kenntnisnahme des Verstoßes verschlossen. Es gehe auf Seiten des Klägers um die Entscheidung, einen ganz offensichtlichen Zustand gerade zu einem bestimmten opportun erscheinenden Zeitpunkt (wieder) aufzugreifen, zu welchem er nämlich hier gerade von einem Politiker bewertet wird (US 8). Doch auch ein Verfügungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Der Hinweis … springt zugleich mit der Angabe Mark B. ins Auge (US 10). Daher braucht der klarstellende und zugleich slapstickartige werbende Hinweis nicht noch vergrößert zu werden um jegliche Verwirrung auszuschließen, sondern reicht in der bisherigen Größe und Aufmachung noch aus (US 11).

Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers mit dem Antrag,

das angefochtene Urteil des Landgerichts Stuttgart abzuändern und die einstweilige Verfügung so wie mit der Antragsschrift vom 22. Mai 2012 nach Maßgabe des dortigen Haupt- oder Hilfsantrages im Urteilswege zu erlassen.

Die Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).

B.

1. Die Rüge der Unzuständigkeit des Gerichts der erstinstanzlichen Entscheidung (wieder Bl. 160), ist schon deshalb ohne Belang, da die Unzuständigkeit nach § 140 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG mit der Berufung nicht mehr geltend gemacht werden kann (§ 513 Abs. 2 ZPO; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. [2010], § 140, 39; Fezer, MarkenR, 4. Aufl. [2009], § 140 MarkenG, 11).

2. a) Soweit die Beklagte die Klagebefugnis des Klägers in Frage stellt, wird damit die von Amts wegen zu beachtende (BGH GRUR 2007, 610 [Tz. 14] – Sammelmitgliedschaft V) – auch – Prozessführungsbefugnis (vgl. Büscher in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2010], § 8, 243 und 245) berührt. Spricht nicht ohnehin eine Vermutung zu Gunsten des Klägers (vgl. allg. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. [2013], § 8, 3.49), so ist wie auch sonst im Rahmen der Amtsermittlung nicht ungeachtet jeglicher Anhaltspunkte für Zweifel oder ungeachtet substantiierter Hinweise und Rügen damit stets ein gerichtlicher Erforschungsauftrag verbunden (BGH ZNER 2012, 601 [Tz. 79] – SWM Infrastruktur GmbH). Die Beklagte hatte erstinstanzlich nur die hinreichende Anzahl von Unternehmen als Mitglieder, die Waren gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG), in Zweifel gezogen und nach Hinweis darauf, dass T. und L. Mitglieder sind (A 1 [S. 17] und A 2), nach Rücksprache mit Justiziarin und Prokuristin W. [erklärt], dass der Einwand der fehlenden Klagebefugnis nicht aufrecht erhalten wird (Bl. 83).

b) Nun in II. Instanz diese Rüge zu erneuern (Bl. 160/161) und dabei u.a. auf Süßwarenhersteller als Mitglieder abzustellen, und im Übrigen anzuführen, der Kläger könne nur zwei Lebensmittelfilialbetriebe aufbieten (Bl. 161), blendet die Machtstärke dieser Handelsketten nach deren Umsatz und Marktabdeckung gänzlich aus.

3. Der weitere Einwand der Beklagten, das Begehren des Klägers sei rechtsmissbräuchlich, weil er eine der Beklagten gewährte Fristverlängerung zur Erwiderung auf die Abmahnung widerrufen und am Ende der ursprünglich gesetzten Äußerungsfrist sogleich Verfügungsantrag gestellt habe, verfängt ebenso wenig.

Die Abmahnung ist keine Pflicht, um dem Gegner die Erstellung und Einreichung einer Schutzschrift zu ermöglichen, sondern nur eine Obliegenheit, um der Kostenfolge des § 93 ZPO zu entgehen (BGH GRUR 2010, 257 [Tz. 9 und 17] – Schubladenverfügung). Insofern hätte der Kläger überhaupt auf eine Abmahnung verzichten können, ohne sich dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs auszusetzen. Zudem hat die Erklärung des Klägers Gewicht, eine Fristverlängerung hätte ihn in die Nähe jener Monatsfrist gebracht, deren bloße Überschreitung manchen Gerichten als dringlichkeitsschädlich gilt.

4. Entgegen der landgerichtlichen Wertung ist die Dringlichkeit nicht widerlegt (§ 12 Abs. 2 UWG).

a) Der Kläger hat wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend gemacht (§ 4 Nr. 11 i.V.m. § 11 LFGB; vgl. zu dieser Anspruchskette auch BGH GRUR 2009, 75 [Tz. 11 und 30] – Priorin; 2008, 1118 [Tz. 15] – MobilPlus-Kapseln) oder § 5 UWG. Dass diese Ansprüche in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 UWG fallen, kann nicht fraglich sein. Mit der wohl noch herrschenden Meinung (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. [2013], § 12, 3.14) hat der Senat im Übrigen dafür gehalten, dass eine analoge Anwendung dieser Vorschrift auch auf Ansprüche aus dem Markenrecht geboten ist (Senat GRUR-RR 2002, 381 [juris Tz. 31]; B. v. 28.10.2011 – 2 W 49/11; Köhler a.a.O. 3.14 m.umfängl.N.).

b) aa) Die Dringlichkeitsvermutung ist von dem insoweit mit der Glaubhaftmachungslast belasteten Antragsgegner (OLG Hamm LRE 60, 84 [juris Tz. 37]; Büscher in Fezer a.a.O. § 12, 78; Hess in Ullmann in jurisPK-UWG, 3. Aufl. [2013], § 12, 109) u.a. dann widerlegt, wenn der Wettbewerber oder hier Verband in Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis vom Wettbewerbsverstoß und vom Verletzer mit der Antragstellung so lange zugewartet hatte, dass daraus zu schließen wäre, es ist ihm tatsächlich gar nicht (mehr) eilig. Bloß fahrlässige Unkenntnis genügt nicht, da eine Obliegenheit zur Marktbeobachtung nicht besteht (herrschend OLG Hamm WRP 2012, 985 [juris Tz. 22, 25 und 26]; Köhler a.a.O. § 12, 3.15 a; Büscher in Fezer a.a.O. § 12, 80; Hess in Ullmann a.a.O. § 12, 107). Eine grob fahrlässige Unkenntnis liegt nur dann vor, wenn sich der Anspruchsinhaber bewusst der Kenntnis verschließt oder ihm nach Lage der Dinge der Wettbewerbsverstoß nicht verborgen geblieben sein konnte (OLG Hamm a.a.O. [juris Tz. 26]; OLG Köln WRP 2011, 362 [juris Tz. 13]; OLG Karlsruhe WRP 2011, 793 [juris Tz. 21]; Köhler a.a.O. 3.15 a; Büscher a.a.O. § 12, 80; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl. [2011], Kap. 54, 29; Kaiser in Götting/Nordemann, UWG, 2. Aufl. [2013], § 12, 161). So soll es Fallgestaltungen geben, in denen völliges Desinteresse am leicht erkennbaren Wettbewerbsgeschehen indiziell gegen echte Eilbedürftigkeit des Vorgehens spricht, auch wenn der Verstoß rein zufällig entdeckt worden wäre (Teplitzky a.a.O. Kap. 54, 29 m.N.). Ist ein Wettbewerber personell und materiell so ausgestattet, dass ihm – wie auch für seine sonstigen Aktivitäten – die Beobachtung des Marktes eine Selbstverständlichkeit ist und steht er aktiv im Marktgeschehen, wird man aus der Nichtverfolgung jedenfalls offener und klar zu Tage getretener Verstöße von Wettbewerbern über einen längeren Zeitraum ein entsprechendes Desinteresse ableiten können, das einem nun eingeleiteten Eilverfahren entgegensteht, jedenfalls aber die Vermutung des § 12 Abs. 2 UWG widerlegt, sodass Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes erforderlich ist (Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl. [2010], § 100, 47 m.N.; Teplitzky a.a.O. 29). Für Verbände oder Institutionen im Sinne von § 8 Abs. 3 UWG soll aufgrund ihrer Funktion und organisatorischen Möglichkeiten jegliche Marktbeobachtungspflicht entfallen (so Spätgens a.a.O. § 100, 47; diff. hierzu Teplitzky a.a.O. Kap. 54, 30 f).

bb) Diese Glaubhaftmachung von Kenntnis des Klägers oder von Umständen, welche nahelegen, dass der Kläger einer sich aufdrängenden Kenntnisnahme bewusst verschlossen hat, ist nicht geschehen. Dass sich die Beklagte mit dem B. Verbraucherschutzverband im Jahre 2007 eben wegen der hier im Streit stehenden Aufmachung auseinandergesetzt hat, betrifft Verhältnisse mit einer gänzlich anderen Rechtsperson, deren Wissen sich der Kläger nicht zurechnen lassen muss. Dass die Verfügungsbeklagte davon ausgehe, wenn ein Schutzverband Kenntnis erlangte, wohl auch der andere informiert sei (Beklagte Bl. 84), blieb bestritten und stellt eine durch nichts nachvollziehbar gemachte Behauptung dar. Die Wendung im Urteil: Der Verfügungskläger räumt selbst ein, durch einen Zeitungsausschnitt (Anlage zum Protokoll) auf den seit Jahren ganz offensichtlichen Zustand der Milchpackungen der Verfügungsbeklagten besonders aufmerksam geworden zu sein (US 8), wäre unzutreffend, wenn der seit Jahren ganz offensichtliche Zustand der Milchpackungen als eigenes Vorbringen des Klägers aufzufassen wäre. Er hat die gute Wahrnehmbarkeit des Hinweises aber durchgängig in Abrede gestellt. Nicht minder würde der Sachstand verfälscht, sollte die Urteilspassage: Es geht jedoch hier nicht um eine Marktbeobachtung, sondern um die Entscheidung, einen ganz offensichtlichen Zustand gerade zu einem bestimmten opportun erscheinenden Zeitpunkt (wieder) aufzugreifen, zu welchem er nämlich hier gerade von einem Politiker bewertet wird (US 8), im Sinne einer schon-einmal-Kenntnis des Klägers verstanden werden müsste. Was bleibt, ist, dass der Kläger einen Bericht in einer Zeitung vom 08.05.2012 zur Kenntnis genommen hat, in welchem ein Bundestagsabgeordneter die Aufmachung der Beklagtenprodukte als Täuschung des Verbrauchers angeführt hat (Bl. 83) und dass diese Aufmachung seit geraumer Zeit so schon bestanden hat. Nichts deutet darauf hin, dass sich dem Kläger solches hätte aufdrängen müssen. Die pointierte Entgegnung des Klägers auf diese vom Sachstand nicht gedeckten Erwägungen des Gerichts, der Kläger hätte dies wahrnehmen müssen, mit: Das Trinken von Milch gehört nicht zum Satzungsauftrag des Antragstellers (Bl. 135), zeigt nur auf, dass der Wertungsansatz des Landgerichts reine Spekulation ist. Der Kläger musste die Aufmachung von Milchtüten nicht ständig prüfen, diese Aufmachung sprang keineswegs ins Auge; ab unstreitiger Kenntniserlangung des konkreten Vorgangs am 08.05.2012 ist der Antragseingang am 22.05.2012 nicht dringlichkeitsschädlich.

c) aa) Zwar mag auch ein verzögerndes Verhalten im Verfahren zur Widerlegung der Vermutung nach § 12 Abs. 2 UWG führen (vgl. Köhler a.a.O. § 12, 3.16; Büscher in Fezer a.a.O. § 12, 84; Spätgens in Gloy/Loschelder/Erdmann a.a.O. § 100, 42).

bb) Soweit die Beklagte aber argumentiert, das zunächst angerufene LG Heilbronn sei wegen des Vorrangs des Markenrechts nicht zuständig gewesen, der Verweisungsantrag des Klägers an das für das Markenrecht zuständige LG Stuttgart habe das Verfahren verzögert, zumal das LG Stuttgart wegen der Geltendmachung rein wettbewerbsrechtlicher Ansprüche wiederum nicht zuständig gewesen sei, verfängt ebenso nicht.

Ruft der Kläger das auch auf der Grundlage der Rechtsmeinung der Beklagten zuständige Gericht (nach dem Wertungsansatz der Beklagten wäre der Antrag nur unbegründet gewesen) an, so stellt ein Verweisungsantrag, nachdem das LG Heilbronn das Verfahren abgegeben hatte (vgl. zum Abgabe- und Verweisungsstreit der beiden Landgerichte Bl. 37, 40, 41 und 47), nur einen sachdienlichen Antrag dar, der gerade auf Verfahrensbeschleunigung gerichtet war und nicht darauf, aus eigenem Antrieb das Verfahren in die Länge zu ziehen.

C.

Verfügungsanspruch.

1. Eine vertiefte und insbesondere eingehende Auseinandersetzung mit den von den Beteiligten behandelten Anspruchsgrundlagen ist vorliegend nicht geboten, weil diese einheitlich das im Kern identische Verbot der (relevanten) Irreführung über eine Produktherkunft betreffen und die jeweils in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen – entgegen der Wertung der Beklagten – nicht unterschiedliche Streitgegenstände darstellen.

a) So mag § 11 Abs. 1 LFGB ein spezialgesetzliches Irreführungsverbot gegenüber § 5 UWG darstellen (Peifer in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2010], § 5, 39 und 40; vgl. aber Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl. [2013], § 5, 1.73 [neben]). Auch mögen die §§ 126 f MarkenG leges speciales zum UWG sein und dessen Vorschriften in ihrem Anwendungsbereich verdrängen (BGHZ 139, 138 = GRUR 1999, 252 [juris Tz. 15] – Warsteiner II; Z 173, 57 [Tz. 31] – Cambridge Institute; Bornkamm a.a.O. § 5, 1.79 und 1.79 a; einschränkend in § 5, 4.203 a; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 2. Aufl. [2011], § 126 MarkenG, 14; vgl. aber Rdn. 15; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. [2010], Vor §§ 126 bis 139, 8; Meyer/Reinhart in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2011], § 4-S4, 195; vgl. auch A. Nordemann in Götting/Nordemann, UWG, 2. Aufl. [2013], § 5, 8.31; krit. Fezer, MarkenR, 4. Aufl. [2009], Vorb § 126 MarkenG, 3, für parallele Anwendung; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl. [2012], § 126, 12 [Ausnahme: Vorrang nur bei § 127 Abs. 3 MarkenG]), während die Bestimmungen des LFGB als spezielle Regelung neben den §§ 126 f MarkenG anwendbar sein sollen (Büscher a.a.O. § 126 MarkenG, 17). Durch die §§ 126 f MarkenG wird aber kein Ausschließlichkeitsrecht begründet. Sie regeln eine besondere Form der Irreführung, welche die täuschende Verwendung geographischer Herkunftsangaben betrifft (Peifer in Fezer a.a.O. § 5, 4); sie sind im Kern Irreführungsschutz (Ingerl/Rohnke a.a.O. § 126 MarkenG, 2; abw. Fezer a.a.O. Vorb § 126, 3). Hier geht es noch am ehesten um einen verhaltensbezogen ausgestalteten Schutz gegen Irreführungen, der allerdings wegen seiner Nähe zum Kennzeichenrecht im Markengesetz angesiedelt wurde. Gleichwohl darf nicht übersehen werden, dass konstruktiv die §§ 126, 127 MarkenG spezielle Ausprägungen des Lauterkeitsrechts darstellen. Die Verwandtschaft zum Markenrecht besteht allerdings darin, dass hier ein kollektiver Goodwill mit geschützt wird, der zwar kein Ausschließlichkeitsrecht verleiht, allerdings in der Praxis häufig wie ein Kennzeichenschutz wirkt (Peifer in Fezer a.a.O. § 5, 41). Damit ist der Schutz der geographischen Herkunftsangabe als wettbewerbsrechtlicher Schutz ausgestaltet. Er bildet im Markenrecht einen Fremdkörper (Ingerl/Rohnke a.a.O. Vor §§ 126 bis 139, 1 und § 127, 3). Diese Regelungen gewähren ihrer Natur nach einen wettbewerbsrechtlichen Schutz, nicht einen Schutz subjektiver Rechte (BGHZ 139, 138 = GRUR 1999, 252 [juris Tz. 16] – Warsteiner II; Bornkamm a.a.O. § 5, 4.203; Ingerl/Rohnke a.a.O. § 127, 3; abl. Büscher a.a.O. § 126 MarkenG, 18).

b) Da allen insoweit in Betracht kommenden Vorschriften eigen ist, dass eine Irreführung verboten ist in dem Sinne, dass bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, insbesondere solche über den Ursprung oder die Herkunft, nicht verwendet werden dürfen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB), dass eine irreführende geschäftliche Handlung vorgenommen wird, die zur Täuschung geeignete Angaben enthält, etwa über die geographische oder betriebliche Herkunft (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG), dass für eine Ware geographische Herkunftsangaben benutzt werden und dadurch eine Gefahr der Irreführung über die geographische Herkunft besteht (§ 127 Abs. 1 MarkenG), und diese Irreführung – wie auszuführen sein wird – auch nach den jeweils beklag-tengünstigsten, weil nach den für den Kläger strengsten Anforderungen bei der Erfüllung der einzelnen Tatbestandsmerkmale (vgl. etwa Relevanz der Irreführung bei § 127 MarkenG nicht Tatbestandsmerkmal [Ingerl/Rohnke a.a.O. § 127, 4]; früher einsetzender Schutz der §§ 126, 127 MarkenG [Bornkamm a.a.O. § 5 UWG, 1.79]; nicht wie bei § 5 UWG konkrete, sondern im Rahmen des § 127 MarkenG ausreichend die abstrakte Gefahr der Irreführung [Hacker a.a.O. § 127, 2]; kein Erfordernis einer kennzeichenmäßigen Verwendung im Rahmen der §§ 126 f MarkenG [Büscher a.a.O. § 126 MarkenG, 14]), gegeben ist, bedarf es letztlich keiner ins Einzelnen gehenden Klärung der Anspruchskonkurrenz.

c) aa) Ein erheblicher Teil des maßgeblichen Verkehrs (vgl. einerseits zum Verbraucherleitbild auch insoweit: Büscher a.a.O. § 126 MarkenG, 22; Ingerl/Rohnke a.a.O. § 126, 2; Meyer/Reinhart in Fezer, UWG, 2. Aufl. [2010], § 4-S4, 164 bis 168 [zu § 11 Abs. 2 LFGB]; zum Quorum: BGHZ 139, 138 [juris Tz. 29] – Warsteiner II [offengelassen, aber für ausreichend erachtet: nicht unwesentliche Teile; Ingerl/Rohnke a.a.O. § 127 MarkenG, 3; Büscher a.a.O. § 127, 11; vgl. auch Fezer a.a.O. § 127, 8 und 9; abw. Hacker a.a.O. § 127, 12: schon ab 10 %) versteht in der Bezeichnung Mark B. die Angabe, dass das Produkt aus dieser Region kommt. Denn er weiß, dass es sich bei B. um ein Flächenbundesland mit auch landwirtschaftlichem Nutzraum handelt. Der Begriff Mark wird nicht nur von Bildungsbürgern, die von einem der Hauptwerke von Theodor Fontane schon gehört oder es gar gelesen haben, sondern jedenfalls von einem erheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs als Region, als geographische Bezeichnung verstanden. Insbesondere im Kontext mit einem Produkt aus dem ländlichen Raum wird die Verbindung hergestellt, dass dieses Nahrungsmittel einen Bezug zu jener auch landwirtschaftlich genutzten Raumschaft besitzt.

bb) Nichts anderes ergibt sich bei einem Wertungsansatz nach den §§ 126, 127 MarkenG. So können geographische Herkunftsangaben die Namen von Gebieten oder Ländern sein (Büscher a.a.O. § 126 MarkenG, 21 m.N.; Hacker a.a.O. § 126, 53; Meyer/Reinhart in Fezer a.a.O. § 4-S4, 196 f). Dabei muss es sich nicht um eine amtliche Bezeichnung handeln, es kommen auch herkömmliche Bezeichnungen in Betracht. Auch eine veraltete oder unpräzise Bezeichnung kann ausreichen (Ingerl/Rohnke a.a.O. § 126, 4; Fezer a.a.O. § 126, 10), auch ist nicht erforderlich, dass der Ort, die Region dem Verkehr näher bekannt ist (BGH a.a.O. [juris Tz. 23] – Warsteiner II; vgl. andererseits zu reinen Phantasiebezeichnungen: Büscher a.a.O. § 127, 7). Damit liegt eine unmittelbare geographische Herkunftsangabe vor, was den Anwendungsbereich der §§ 126, 127 MarkenG eröffnet, ungeachtet der weiteren Frage, ob nur in § 5 oder auch hier die Benutzung im geschäftlichen Verkehr weiteres Tatbestandsmerkmal ist (vgl. hierzu etwa Hacker a.a.O. § 126, 57; Büscher a.a.O. § 126, 24). Denn dieses wäre allemal erfüllt.

cc) Eine Irreführung liegt nach § 127 Abs. 1 MarkenG wie nach § 5 UWG wie nach § 4 Nr. 11 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB vor, da die angegriffene Bezeichnung bei einem nicht unwesentlichen und gar wesentlichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise die unrichtige Vorstellung über die geographische Herkunft des Produkts hervorruft (vgl. BGH GRUR 2001, 420 [juris Tz. 35] – SPA; Ingerl/Rohnke a.a.O. § 127, 3; vgl. zum Irreführungsbegriff bei § 11 Abs. 1 LFGB auch Meyer/Reinhart a.a.O. § 4-S4, 163).

dd) Die Verkehrsauffassung ist auch dafür maßgeblich, welche Produktschritte in dem mit der geographischen Herkunftsangabe angegebenen Gebiet erfolgen oder welche Grunderzeugnisse aus dem geographischen Gebiet stammen müssen. Dabei wird die Verkehrsauffassung wesentlich durch das jeweilige Erzeugnis und dadurch geprägt, was für typische Eigenschaften mit den Waren oder Dienstleistungen verbunden sind, die mit der geographischen Herkunftsangabe bezeichnet werden (BGH GRUR 1995, 65 [juris Tz. 13] – Produktionsstätte; Büscher a.a.O. § 127, 9; Helm in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl. [2010], § 74, 34; Ingerl/Rohnke a.a.O. § 127, 3). Bei unbearbeiteten Naturprodukten wird normalerweise der Ort der Gewinnung entscheidend sein (Hacker a.a.O. § 127, 9). Bei der schwierigen Feststellung des maßgeblichen Herstellungsortes von bearbeiteten und verarbeiteten Naturerzeugnissen kommt es darauf an, ob im Einzelfall für die Wertvorstellung des Verkehrs der Rohstoff oder eher die Verarbeitung des Produkts dominiert (Hacker a.a.O. 10). Für die wettbewerbsrechtliche Relevanz unzutreffender Herkunftsangaben genügt es bereits, dass der Käufer die Herkunft der Ware in seine Überlegung, sich der Ware zuzuwenden, einbezieht (BGH a.a.O. [juris Tz. 13] – Produktionsstätte).

ee) (1) Der Kläger greift nicht an, dass die Milch selbst, wenn überhaupt nur zu einem geringen Teil aus B. stammt. Wie seine Anträge ausweisen, geht es ihm nur um die Irreführung über den Ort der Abfüllung. Insoweit wird ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs wissen, dass Milch – wie ihm dies auch bei ersichtlichen Milchtransporten auf der Autobahn immer wieder begegnet – nicht zwingend vor Ort, weidenah verarbeitet wird, auch nur im Sinne des bloßen Abfüllens, sondern, dass die Milch vom Ort ihrer Gewinnung (Milchkuhhaltung) oft über etliche Strecken bis zu einem molkereiwirtschaftlichen Betrieb verbracht wird. Ein wesentlicher Teil des angesprochenen Verkehrs wird bei den vorliegenden Leitangaben: Mark B., selbst wenn er mangels genauerer (historischer) Kenntnisse diese Regionalangabe auf das ganze Bundesland B. erstrecken sollte, nicht annehmen, dass die Milch gänzlich außerhalb B., nachdem sie mindestens 450 km quer durch die Bundesrepublik gekarrt worden ist, weiterverarbeitet und dann als Produkt aus B. beworben wird. Dabei tritt entscheidend auch hinzu, dass sich der Antrag gegen die Aufmachung nur im Zusammenhang mit Frischmilch wendet. Zwar weiß der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, dass auch Frischmilch in Kühlketten transportiert und so nach Verarbeitung gehalten und nicht ausschließlich erzeugerfrisch veräußert wird. Gleichwohl drückt diese mit zum Streitgegenstand erhobene Bezeichnung eine gewisse Erzeugernähe auch in der Verarbeitung aus, die mit einem Transport nach K. und einer dortigen zentralen Verarbeitung die maßgebliche Verbrauchererwartung verlässt.

(2) Soweit die Beklagte darauf verweist, dass selbst bei produktspezifischem Schutz für Agrarprodukte und Lebensmittel im Anwendungsbereich der VO (EG) Nr. 510/2006 (vgl. hierzu Fezer a.a.O. Vorb § 130 MarkenG, 2 f; Hacker a.a.O. § 126, 41 f und § 130, 14), der vorliegend nicht erfüllt ist, da insoweit eine bestimmte Qualitätserwartung an das jeweilige Produkt Tatbestandsvoraussetzung ist (vgl. Fezer a.a.O. Vorb § 130, 16; Büscher a.a.O. § 130, 12; zur Konkurrenz zu den §§ 126, 127 MarkenG: BGH GRUR 2002, 1074 [juris Tz. 49] – Original Oettinger; Fezer a.a.O. 37 f; Hacker a.a.O. 43; Ingerl/Rohnke a.a.O. Vor §§ 130 bis 136, 2 f), und dort bei geographischen Angaben gemäß Art. 2 Abs. 1 b VO Nr. 510/2006 nur ein bestimmtes Ansehen des Produktes in Bezug auf dessen geographischen Ursprung gegeben sein muss (vgl. EuGH GRUR 2009, 961 [Tz. 97] – Bayerisches Bier), es aber dort nicht erforderlich ist, dass diese Produkte in dem Gebiet sowohl erzeugt als auch verarbeitet und hergestellt worden sein müssen, es vielmehr ausreichend ist, dass nur einer dieser Vorgänge im geographischen Gebiet stattgefunden hat (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke a.a.O. Vor §§ 130 bis 136, 5; Büscher a.a.O. § 130, 14; vgl. auch Hacker a.a.O. § 130, 13), schlägt dieses Erst-Recht-Schluss-Argument vorliegend gleichwohl nicht durch.

Denn dort geht es um die besondere Schutzfähigkeit von Produkten, die nicht aus einer Region zu stammen vorgeben, sondern einen besonderen Qualitätsanspruch in Bezug auf eine Region (geographische Angabe) beanspruchen können, was in besonderen Eintragungsverfahren zu prüfen ist (vgl. § 130 MarkenG). Dass solche registrierten Produkte bestimmte Anforderungen erfüllen müssen, die nicht etwa den Verarbeitungsort betreffen, stellt einen Sonderanwendungsbereich geographischer Angaben dar. Dass die dortigen spezialrechtlich geregelten Merkmale auch das Verständnis bei geographischen Herkunftsangaben, die ein solches Qualitäts- oder Ansehensniveau nicht erreichen, (schon) prägen würden, kann nicht erkannt werden noch ist es sonst nachvollziehbar gemacht. Gerade Zeitungsberichte, die einen Produkttourismus zur bloßen Sicherung geographischer Angaben als Fehlentwicklung europäischer Regelungsflut und -wut und als Farce darstellen, belegen nur ergänzend, inwieweit diese normative Rechtswelt in einem Sonderbereich sich von der Anschauung des maßgeblichen Verbrauchers entfernt hat.

Danach ist in dieser Erwägung auch kein durchschlagender Einwand zu finden, auch nicht als mögliches Element einer – wie darzustellen sein wird – gebotenen Interessenabwägung.ff)

Selbst dort, wo noch eine relevante Irrführung zur Tatbestandsverwirklichung vonnöten ist (§ 5 UWG; nicht als Merkmal im Rahmen des § 127 MarkenG: BGH GRUR 2001, 420 [juris Tz. 35] – SPA; offengelassen in BGH GRUR 2002, 160 [juris Tz. 33] – Warsteiner III; 2002, 1074 [juris Tz. 49] – Original Oettinger), ist auch dieses Merkmal erfüllt. Denn zum einen wird die Relevanz dort, wo sie als Merkmal gefordert wird, bei Irreführung vermutet (BGH GRUR 2008, 443 [Tz. 29] – Saugeinlagen). Zudem ist sie auch konkret gegeben. Denn für den Verkehr ist die Raumschaft von Bedeutung, auch wenn er mit ihr nicht (überragende) Qualitätsvorstellungen verbindet. Ihm kann daran gelegen sein, einen bestimmten Landstrich oder kleinere Erzeuger- und Vertriebsstrukturen zu unterstützen; die Frage der Nachhaltigkeit im Hinblick auf die Länge der Transportwege kann für ihn ebenfalls Beachtlichkeit erlangen wie eine bloße landsmannschaftliche Verbundenheit. Er wird in vielen Fällen auch bezüglich des reinen Abfüllortes eine gewisse Sorge entwickeln und sich fragen, ob bei einer solchen Zusammenführung von Transportwegen nicht auch die Milch unterschiedlicher Provenienzen zusammengeschüttet wird, er wird Zweifel hegen, ob er aus K. tatsächlich noch B. Milch bekommt oder nur noch ein Milchpotpourri.

gg) In dieser (relevanten) Vorstellung wird er vorliegend enttäuscht. Denn die Milch wird nicht in der Mark B. verarbeitet/abgefüllt.

hh) Auch wenn – wie im Rahmen des § 127 MarkenG und damit bei einem insoweit beklagtengünstigen Wertungsansatz – ein Verbotsausspruch auch noch unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit steht (vgl. BGHZ 139, 138 [juris Tz. 31] – Warsteiner II; GRUR 2002, 160 [juris Tz. 34] – Warsteiner III; 2002, 1074 [juris Tz. 54] – Original Oettinger; Büscher a.a.O. § 127 MarkenG, 18; Fezer a.a.O. § 127 MarkenG, 12; Ingerl/Rohnke a.a.O. § 127, 10), so ist auch nach einer solchen Interessenabwägung (vgl. hierzu Büscher a.a.O. 19) von einem fortbestehenden Verbotserfordernis auszugehen. Denn grundsätzlich besteht schon kein schutzwürdiges Interesse Dritter, unrichtige Angaben über die Herkunft zu verwenden (BGH a.a.O. [juris Tz. 37] – Warsteiner III). Zwar waren vorliegend die Angaben einmal zutreffend (vormalige Produktionsstätte: E.). Dieser Bezug ist aber längst aufgegeben. Ein schutzwürdiges Interesse, gleichwohl diesen Regionalbezug in der Werbung als Botschaft zu erhalten, besteht nicht fort.

d) Der Senat war – wie aufgezeigt – zur genauen Festlegung, welcher der durchgängig verwirklichten Irreführungstatbestände nun letztlich zur Geltung kommt, auch nicht im Hinblick auf ein Streitgegenstandsproblem aufgerufen.

Wie aufgezeigt ist mit einem Anspruch gemäß §§ 126, 127 MarkenG kein Schutzrecht betroffen. Insofern stehen nicht Schutzrecht gegen wettbewerbsrechtliche Ansprüche, was das von der Beklagten herangezogene TÜV-Urteil des BGH (vgl. Bl. 61) prägt (vgl. auch BGH GRUR 2013, 397 [Tz. 13] – Peek & Cloppenburg III). Auch bei den §§ 126, 127 MarkenG geht es um Irreführungsschutz als wettbewerbsrechtlichen Schutz (siehe oben C 1 a). Auch wenn der Kläger das werbliche Auftreten unter mehreren unterschiedlichen tatsächlichen Gesichtspunkten als irreführend beanstandet hat, hat er damit nicht mehrere Streitgegenstände in den Rechtsstreit eingeführt. Der Kläger hat sein Unterlassungsbegehren auf eine konkrete Verletzungshandlung gestützt. Er hat nur einen einzigen Lebenssachverhalt zur Begründung seines Unterlassungsbegehrens vorgetragen und damit auch nur einen Streitgegenstand zur Entscheidung gestellt. Dass der vorgetragene Lebenssachverhalt zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, ist für die Frage, ob nur ein Streitgegenstand vorliegt oder mehrere Streitgegenstände gegeben sind, nicht maßgeblich, da die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung Sache des Gerichts ist (BGH GRUR 2012, 184 [Tz. 15] – Branchenbuch Berg; vgl. erneut BGHZ 194, 314 [Tz. 20 und 24] – Biomineralwasser). So liegt es hier. Der Kläger greift das konkrete werbliche Auftreten der Beklagten unter einem einheitlichen Irreführungsvorwurf an. Die Fragestellung, welche Norm letztlich mit welchen einzelnen Tatbestandsmerkmalen und in welcher Normkonkurrenz zum Zuge kommt, spaltet den einheitlichen Streitgegenstand nicht wieder in mehrere auf.

2. Eine Irreführung wird auch nicht durch einen ausreichenden (entlokalisierenden) Hinweis aufgehoben oder etwa unter das maßgebliche Quorum abgesenkt.

a) Zwar kann durch entlokalisierende Zusätze der Gefahr der Irreführung begegnet werden, woran jedoch strenge Anforderungen zu stellen sind (BGHZ 139, 138 [juris Tz. 32] – Warsteiner II; 2002, 160 [juris Tz. 37] – Warsteiner III; 2002, 1074 [juris Tz. 60] – Original Oettinger [deutlich entlokalisierende Zusätze, strenge Anforderungen], dort im Ergebnis wegen Besonderheiten im Rahmen der Interessenabwägung zu Gunsten der Beklagten entschieden; Büscher a.a.O. § 127, 14; vgl. auch Fezer a.a.O. § 127, 17; a.A. Ingerl/Rohnke a.a.O. § 127, 6 [an aufklärende Zusätze nur noch geringe Anforderungen]).

b) Zwar mag die Beistellung

MILCH VON DEUTSCHEN BAUERNHÖFEN“ABGEFÜLLT IN K.

solches grundsätzlich leisten können. Entgegen der landgerichtlichen Wertung springt dieser Zusatz jedoch keineswegs ins Auge. Er geht mit seiner relativ kleinen, weißen Schrift im blassen Blau nachgerade unter. Auch sonst – etwa durch einen Sternchenhinweis – ist keine Verbindung mit der nach Positionierung, Größe und Farbgebung blickfangartig herausgestellten Bezeichnung MARK B. hergestellt.

Dies macht die werbliche Präsentation in der konkreten Aufmachung beanstandungswürdig.

3. An dieser Wertung ändert auch nichts, dass die Beklagte Inhaberin einer Marke ge-rade dieses Zeicheninhaltes, und zwar auch für die hier betroffene Warenklasse, ist.

Eine Ortsangabe, welche sich aufgrund ihrer Benutzung durch einen bestimmten Betrieb für diesen als ein Herkunftshinweis durchgesetzt hat, verliert dadurch nicht ihre ursprüngliche Eigenschaft als geographische Angabe. Es bleibt vielmehr auch in solchen Fällen der Beurteilung des Einzelfalls vorbehalten, ob die Verwendung dieser Bezeichnung eine Irreführung einschließt. Der bereits im Interesse der Allgemeinheit gewährte Schutz (einfacher) geographischer Herkunftsangaben, der jedem zusteht, der seine Betriebsstätte in der bezeichneten Region unterhält, wird nicht dadurch aufgehoben, dass einem Betrieb diese Bezeichnung als Herkunftshinweis kraft Benutzung geschützt ist. Die Rechtsstellung regionaler Wettbewerber wird dadurch lediglich dahin eingeschränkt, dass eine Verwendung der Herkunftsangabe als Unternehmenshinweis dem besseren Schutz des Markeninhabers weichen muss (so BGHZ 139, 138 = GRUR 1999, 252 [juris Tz. 25] – Warsteiner II; bestätigt in GRUR 2002, 160 [juris Tz. 30] – WARSTEINER III). Die Beklagte kann durch die Inhaberschaft und den – je nach regionalem Bezug im Einzelfall unverfänglichen – Einsatz der identischen Bezeichnung nun als Marke keinen Irreführungsfreibrief erlangen. Dass die Beklagte das Zeichen zur Marke aufgewertet hat, kann nicht dazu führen, dass der Zeicheneinsatz anderen Irreführungsregeln folgt oder davon gar freigestellt wird.

4. Gläubiger auch eines Anspruchs gemäß §§ 126, 127 MarkenG ist auch der Kläger (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 128 Abs. 1 MarkenG; vgl. hierzu etwa Büscher a.a.O. § 128, 8; Ingerl/Rohnke a.a.O. § 128, 6; Fezer a.a.O. § 128, 12).

5. Die Bagatellschwelle im Sinn des § 3 UWG ist ebenfalls überschritten, soweit sie überhaupt Teil des jeweiligen Anspruchssystems ist. Denn die wettbewerbliche Erheblichkeit ist ein dem Irreführungstatbestand immanentes, spezifisches Relevanzerfor-dernis, das als eigenständige Bagatellschwelle eine zusätzliche Erheblichkeitsprüfung nach § 3 UWG überflüssig macht (BGH GRUR 2012, 1273 [Tz. 25] – Stadtwerke Wolfsburg).

6. a) Die Fassung des Hauptantrages begegnet Bedenken, da dort ein Aufmachungsverbot vorgegeben wird, das ohne Rücksicht auf entlokalisierende Hinweise Bestand hätte.

b) Das Problem des Falles besteht in einem nicht zureichenden entlokalisierenden Hinweis. Dies greift der Hilfsantrag auf. Allerdings ist darin mit blickfangmäßig ein Antragselement enthalten, welches ebenso unbestimmt ist (BGH GRUR 2000, 619, 620 – Orient-Teppichmuster), wie ohne hinreichend deutlich (BGH GRUR 2008, 84 [Tz. 13] – Versandkosten).

c) Allerdings nimmt der Antrag mit jeweils wenn dies geschieht … schon selbst die konkrete Verletzungsform auf (BGH GRUR 2008, 1121 [Tz. 8 und 16] – Freundschaftswerbung im Internet).

Danach konnte unter Weglassung dieser beiden verunklarenden Antragselemente im Übrigen entsprechend dem Hilfsantrag erkannt werden.

7. Soweit die Beklagte wegen der angeblich drohenden Schäden und der bei dem Kläger schwerlich zu realisierenden Erstattung im Falle eines letztendlichen Obsiegens in einem Hauptsacheverfahren eine hohe Sicherheitsleistung als Vollstreckungsvoraussetzung für geboten erachtet, kann ihrem Anliegen unschwer durch eine entsprechende, vom Kläger ohnehin durchgängig angebotene (Bl. 15, 90) Aufbrauchfrist entsprochen werden. Die Beklagte muss nämlich in regelmäßigen Abständen ohnehin ihre Milchtüten nachbeziehen. Der Schaden kann insoweit allenfalls in einer Änderung der Druckvorlage bestehen. Dies ist kein so außergewöhnliches Risiko, dass eine ausnahmsweise Sicherung im Vollstreckungsverfahren erforderlich würde. Nun divergieren die Vorstellungen über eine Aufbrauchfrist zwischen (Kläger:) 01.09.2013 (Bl. 183) und (Beklagter:) 31.12.2013 (Bl. 187). Da erst das vorliegende Urteil die Unterlassungspflicht begründet, verblieben nach dem Vorschlag des Klägers der Beklagten nicht einmal 2 Monate zur urteilskonformen Umstellung der Verpackung. Insofern ist der Vorschlag des Klägers entschieden zu knapp bemessen. Zwar hat die Beklagte ihre Behauptung, größere Mengen dieses Verpackungsmaterials bezogen und eingelagert zu haben, nicht glaubhaft gemacht. Gleichwohl erscheint der von ihr ins Spiel gebrachte Zeitraum nicht unangebracht und im Hinblick auf den Jahreswechsel eine praktikable Zäsur darzustellen.

II.

Die Kostenentscheidung führt zu einer Kostenquote, welche der Senat im ausgeurteilten Umfang für angemessen gewichtet erachtet (vgl. hierzu auch BGH GRUR 2012, 82 [Tz. 21] – Auftragsbestätigung).

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