Wirksam geschlossener Maklervertrag als Voraussetzung für Provision

14. Januar 2016
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Übergabe eines Schlüssels von Makler an Käufer Urteil des OLG Köln vom 03.12.2015, Az.: 24 U 21/14

Eine Provisionsabrede nach § 652 BGB kann auch stillschweigend durch schlüssiges Verhalten getroffen werden. Dabei stellt eine Zeitungs- beziehungsweise Internetannonce des Maklers in der Regel lediglich eine invitatio ad offerendum dar, sie kann grundsätzlich nicht als Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags gewertet werden. Nimmt ein Kaufinteressent auf die Anzeige hin Kontakt mit dem Makler auf, so kann dennoch bereits zu diesem Zeitpunkt ein Maklervertrag geschlossen werden, wenn im Inserat ausdrücklich und unmissverständlich auf ein Provisionsverlangen hingewiesen wurde.

Oberlandesgericht Köln

Urteil vom 03.12.2015

Az.: 24 U 21/14

Entscheidungsgründe

I.

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil der Klägerin der geltend gemachte Maklerlohn in Höhe von € 9.103,50 gemäß § 652 Abs. 1 S. 1 BGB nicht zusteht. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Parteien einen Maklervertrag geschlossen haben, mit dem sich die Beklagten zur Zahlung der streitgegenständlichen Käuferprovision von 3,57% (inkl. Mehrwertsteuer) verpflichtet haben.

a)

Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. Urteil vom 03. Mai 2012 – III ZR 62/11 – juris) kann eine Provisionsabrede nach § 652 BGB stillschweigend auch durch schlüssiges Verhalten getroffen werden, wobei hieran strenge Anforderungen zu stellen sind. Derjenige, der sich an einen Makler wendet, der mit „Angeboten“ werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt, erklärt damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall, dass ein Vertrag über das angebotene Objekt zustande kommt. Der Interessent darf, soweit ihm Gegenteiliges nicht bekannt ist, davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit der angetragenen Weitergabe von Informationen eine Leistung für den Anbieter erbringen will. Ohne weiteres braucht der Kaufinteressent in einem solchen Fall nicht damit zu rechnen, dass der Makler auch von ihm eine Provision erwartet. Selbst die Besichtigung des Verkaufsobjekts zusammen mit dem Makler reicht bei dieser Sachlage für einen schlüssigen Vertragsschluss nicht aus (vgl. BGH Urteil vom 16. November 2006 – III ZR 57/06 – juris).

Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Makler den Kaufinteressenten unmissverständlich auf eine von ihm im Erfolgsfall zu zahlende Käuferprovision hingewiesen hat. Ein Kaufinteressent, der in Kenntnis des eindeutigen Provisionsverlangens, beispielsweise in einem ihm übersandten Objektnachweis oder Exposé, die Dienste des Maklers in Anspruch nimmt, gibt damit grundsätzlich in schlüssiger Weise zu erkennen, dass er den in dem Provisionsbegehren liegenden Antrag auf Abschluss eines Maklervertrags annehmen will (BGH, Urteil vom 16. November 2006 – III ZR 57/06 – juris). Um die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu vermeiden, muss er ausdrücklich vor Inanspruchnahme der Maklerdienste deutlich machen, solche Willenserklärungen nicht abgeben zu wollen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Oktober 1995 – IV ZR 163/94, NJW-RR 1996, 114, 115).

Dabei ist ein Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags grundsätzlich noch nicht in einer Zeitungs- oder Internetanzeige des Maklers, wie hier der Klägerin im Internetportal „J24″, zu sehen. Ein Vertragsschluss kommt deshalb regelmäßig noch nicht dadurch zustande, dass ein Makler mit Zeitungs- oder Internetanzeigen werbend im geschäftlichen Verkehr auftritt und sich der Interessent daraufhin von sich aus an ihn wendet. Es handelt sich bei solchen Inseraten lediglich um eine invitatio ad offerendum, denn damit wendet sich der Makler an einen unbestimmten Kreis von potentiellen Interessenten (vgl. BGH Urteil vom 03. Mai 2012 – III ZR 62/11 -, juris). Eine dadurch veranlasste Kontaktaufnahme des Interessenten mit dem Makler kann aber dann zum Abschluss eines Maklervertrags führen, wenn der Makler sein Provisionsverlangen im Inserat bereits ausdrücklich und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hat.

b)

Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten mit der Klägerin in Kenntnis des Provisionsverlangens einen Maklervertrag durch Inanspruchnahme der Leistungen konkludent geschlossen haben.

Der Klägerin ist nicht der ihr obliegende Beweis dafür gelungen, dass die Beklagten bei der Inanspruchnahme der Maklerleistungen im Rahmen der Hausbesichtigung mit dem mittlerweile verstorbenen Zeugen L am 09.08.2011 aufgrund des Inhalts der Internetseite „www.J.de“ Kenntnis davon hatten, dass sie im Falle des Hauskaufs an die Klägerin zur Zahlung einer Käuferprovision von 3,57% verpflichtet sein sollten.

aa)

Es steht nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme nicht fest, dass der Beklagte zu 1) bereits zum Zeitpunkt der Durchführung des Besichtigungstermins Kenntnis von dem Provisionsverlangen hatte, wie die Klägerin behauptet. Zwar hat der Zeuge L in seiner schriftlichen Zeugenaussage angegeben, dem Beklagten zu 1) während der Besichtigung des Objektes das Exposé übergeben und ihn auf die Provisionspflicht hingewiesen zu haben, die diesem bekannt gewesen sei. Demgegenüber hat jedoch der beklagte Ehemann, persönlich angehört, erklärt, man habe über Provisionen nicht gesprochen und die Hausbesichtigung habe unverbindlich sein sollen. Auch der Zeuge Q wusste nichts davon zu berichten, dass bei der Besichtigung Provisionsfragen thematisiert worden wären.

Das Landgericht hat den Angaben des verstorbenen Zeugen L nicht den Vorzug vor den Angaben des Beklagten und des Zeugen Q zu geben vermocht. Hieran ist der Senat gebunden.

Die Beweisaufnahme erster Instanz ist einer Überprüfung durch das Berufungsgericht nur insoweit zugänglich, als gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO aufgrund konkreter Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründet sind und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (vgl. BGH, NJW 2004, 1876, Rn. 8 f. – juris -; OLG Köln, Urteil vom 16.12.2008, 3 U 12/08, Rn. 30 – juris). Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Landgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind. Ein solcher Verfahrensfehler liegt namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem erstinstanzlichen Urteil den Anforderungen nicht genügt, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Nach der genannten Vorschrift hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Grundsätzlich ist es dem Gericht freigestellt, in welcher Weise es die maßgeblichen Umstände würdigt. Seine Würdigung muss aber vollständig und widerspruchsfrei sein und darf nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen (BGH, NJW 1987, 1557, Rn. 12 – juris).

Gemessen daran ist die Würdigung der erhobenen Zeugenbeweise zum Hergang des Besichtigungstermins im angefochtenen Urteil weder zu beanstanden noch im Ergebnis in Zweifel zu ziehen. Konkrete Anhaltspunkte, die einen Rechtsfehler bei der diesbezüglichen Tatsachenfeststellung als möglich erscheinen lassen, sind nicht ersichtlich. Es ist auch für den Senat nicht erkennbar, warum den Angaben des seinerzeit – jedenfalls mittelbar am Ausgang des Rechtsstreits interessierten – Zeugen L mehr Glauben zu schenken sein sollte als denjenigen des Zeugen Q und des Beklagten.

bb)

Weiterhin steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die fragliche Internetseite, die die Beklagte zur Kontaktaufnahme zur Klägerin veranlasst hat, das Provisionsverlangen erkennen ließ.

Dabei ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass eine Behauptung dann bewiesen ist, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt ist, ohne dabei unerfüllbare Anforderungen zu stellen. Hierfür genügt – da eine absolute Gewissheit nicht zu erreichen und jede Möglichkeit des Gegenteils nicht auszuschließen ist – ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, das heißt ein für einen vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, dass er etwaigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (Musielak-Voit/Foerste, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 286 Rn. 19).

Zwar hat die für die Klägerin tätige Zeugin L2, an deren Glaubwürdigkeit keine Zweifel bestehen, bei ihrer Vernehmung vor dem Senat glaubhaft bekundet, die Käuferprovision von 3,57% mittels des Computerprogramms „M“ zur Vorbereitung der Internet-Veröffentlichung des Exposés eingegeben zu haben. Die Zeugin hat weiter beschrieben, die Daten stets an den Server der Firma M zu senden, von wo aus diese an die diversen Internet-Portale übertragen würden.

Der Senat vermochte allerdings auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen T nicht zu der Überzeugung zu gelangen, dass die anschließende Datenübertragung fehlerfrei funktioniert hat und die von der Zeugin eingegebenen Informationen ohne Datenverlust auf dem Portal „www.J.de“ tatsächlich erschienen sind. Der Sachverständige hat im Gutachten vom 10.06.2015 lediglich eine Wahrscheinlichkeitsbetrachtung zu der Beweisfrage angestellt, ob technisch sichergestellt sei, dass unter Zugrundelegung der von der Zeugin L2 beschriebenen Dateneingabe und –übertragung das vollständige Exposé mit Provisionsverlagen auf der Internetplattform „www.J24.de“ korrekt erschienen ist.

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass gemäß den Installationshinweisen der Software die Datenübertragung über das Internet Protokoll FTP (File Transfer Protocol) erfolge, wobei als Schnittstellenformat Open-Immo-xml Version 1.2 verwendet werde. Das Protokoll FTP basiere auf dem Internetprotokoll TCP und verfüge damit nur über eingeschränkte Möglichkeiten zur Fehlererkennung beim Datentransport.

Die Herstelleranfrage des Sachverständigen habe ergeben, dass im Herbst/Winter 2011 bei der Klägerin die Version 7.4 der Anwendung „M Immo-Spezial“ im Einsatz gewesen sei und mittlerweile die Version 7.8 verwendet werde. Aufzeichnungen aus dem Jahr 2011 stünden nicht mehr zur Verfügung. Ein gesicherter Datenaustausch mit Quittierung sei an keiner der gängigen Schnittstellen vorgesehen.

Da ein Test infolge der zwischenzeitlichen Aktualisierung der Programmversion keine Aussagekraft habe und die Reinstallation der damaligen Programmversion zu wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht möglich sei, könne nur noch eine Wahscheinlichkeitsbetrachtung nach Aktenlage vorgenommen werden. Danach bestehe keine 100-prozentige Sicherheit, dass das vollständige Exposé mit dem Provisionsverlangen auf „www.J.de“ erscheine, wenn die Daten in der Software „M-Immo Spezial“ eingetragen und zur Übertragung bereitgestellt würden. Bei der Übertragung finde kein sicherer automatischer Abgleich zwischen gesendeten und empfangenen Daten statt. Weiterhin könne die korrekte Datenübertragung im Nachhinein durch Aufzeichnungen oder Protokolle nicht nachgewiesen werden.

Werde jedoch zugrunde gelegt, dass es sich um eine Standardsoftware handele, die für den Datenaustausch mit „J 24“ zum damaligen Zeitpunkt nach Herstellerangaben vielfach im Einsatz gewesen sei, so sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine korrekte Übertragung der Provisionsparameter erfolgt sei. Standardsoftware werde mit identischer Programmierung bei vielen Kunden eingesetzt. Sie sei deshalb nach Erfahrungswerten des Sachverständigen weniger fehlerbehaftet als individuell erstellte Software, da Fehler bei einer breiten Nutzerbasis schneller zutage treten würden. Das Risiko von Übertragungsfehlern bei der FTP-Kommunikation von der Maklersoftware zum Immobilienportal sei zwar vorhanden, allerdings seien einfache Übertragungsfehler aufgrund von Prüfsummen im Paketkopf des zugrundeliegenden Netzwerkprotokolls zu erkennen. Dieses Risiko werde daher als gering eingestuft.

Diese Ausführungen des Sachverständigen sind nicht geeignet, den Senat davon zu überzeugen, dass die Datenübertragung auch vorliegend einwandfrei funktioniert hat. Die der Wahrscheinlichkeitsbetrachtung des Sachverständigen zugrunde liegende Annahme, dass etwaige Übertragungsfehler wegen der breiten Nutzerbasis zutage getreten wären, ist nicht belegt. Es liegen keine Erkenntnisse dazu vor, ob und ggf. wieviele Kundenbeschwerden wegen etwaiger Übertragungsfehler der Nutzer der M-Software auftraten. Auch ist nicht ersichtlich, welche Zielrichtung die Programm-Updates bzw. die Implementierung der neueren Versionen der Software „M-Immo Spezial“ hatten, ob sie also die Behebung möglicher Übertragungsprobleme zum Gegenstand hatten. Angesichts dessen scheint dem Senat die vom Sachverständigen gezogene Schlussfolgerung auf eine geringe Fehlerwahrscheinlichkeit zweifelhaft.

Weiter kommt weder die von der Klägerin im Termin vom 12.11.2015 befürwortete Annahme eines Anscheinsbeweises noch die Annahme eines „Anbeweises“ dafür in Betracht, dass die Übertragung der Daten zur Käuferprovision auf die Internetseite „www.J“ fehlerfrei funktionierte und die Beklagten aufgrund dessen bei der Inanspruchnahme der Maklerleistungen bei dem Besichtigungstermin vom 09.08.2011 Kenntnis von dem klägerischen Provisionsverlangen hatten. Der Anscheinsbeweis erlaubt bei typischen Geschehensabläufen den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs eines schuldhaften Verhaltens ohne exakte Tatsachengrundlage (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. vor § 384 Rn. 29). Hierum geht es vorliegend nicht. Reale Sachverhalte können dagegen grundsätzlich nicht mittels Anscheinsbeweis festgestellt werden (Zöller/Greger, a.a.O. vor § 284 Rn. 31).

III.

Die von Klägerin geltend gemachte Zinsforderung entfällt in Ermangelung eines Hauptanspruchs.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

V.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

VI.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und es einer Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht bedarf (§ 543 Abs. 2 ZPO).

VI.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt € 9.103,50,–.

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